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Ausgabe:

1888 Nr. 17

Spalte:

419-422

Autor/Hrsg.:

Klostermann, Aug.

Titel/Untertitel:

Die Bücher Samuelis und der Könige 1888

Rezensent:

Horst, L.

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Theologifche Literaturzeitung. 1888. Nr. 17.

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beurtheilen, ob er fpäter einen gediegenen Beitrag zu
den LXX-Studien bringen wird. So viel aber läfst fich
fchon deutlich erkennen, dafs er zu feinem Schaden fich
mit der einfchlägigen Literatur durchaus nicht genügend
bekannt gemacht hat. So fcheint er nicht einmal die
gründliche Textvergleichung von Völlers zu kennen;;
wenigftens nennt er diefe verdienftvolle Arbeit gar nicht.
Er hätte fich in diefem Falle die Vermuthung zu 2, 15 (17)
gewifs erfpart (S foll renn für mpn gelefen haben).
Die Bemerkung zu ixbQcp 3, 3 zeigt, dafs er auch nicht
die Neftle'fche Collation des cod. Vatic. mit Tifchendorf
eingefehen hat. Die Unkenntnifs der bekannten Dill-
mann'fchen Unterfuchung über 1) Baal führt ihn auf
S. 16. 17. zu der fonderbaren Zumuthung an die künftigen
Herausgeber der LXX, /) Baal in b Baal zu corrigiren.
Uebrigens follten die Verfe nicht blofs hier und da einmal
, fondern ftets angegeben fein.

Bielefeld. Joh. Hollenberg.

Klostermann, Prof. Dr. Aug., Die Bücher Samuelis und
der Könige, ausgelegt. [Kurzgefafster Kommentar zu
den heiligen Schriften Alten und Neuen Teftaments,
hrsg. v. H. Strack u. O. Zöckler, Altes TelL, 3. Abth. |
Nördlingen, Beck, 1887. (XL, 503 S. gr. 8.) M. IQ.—

Kloftermann hat für den kurzgefafsten Commentar
zu den heiligen Schriften des A. u. N. T.'s die Bücher
Samuelis und der Könige bearbeitet, ein ftattliches Werk
von 543 Seiten. Die Abweichungen im Umfang und in

der Einrichtung von dem bisher innegehaltenen Schema j Ich kann z. B. nicht einfehen, warum IS. 1, 3 die

tirte Handfchrift des N. T.'s mit all ihren Schreibfehlern,
Auslaffungen, Verfetzungen, den Urtext des N. T.'s, oder
ein mit dem Namen Paul Gerhard's verfehenes Lied aus
dem Schleswig-Holfteinfchen Gemeindegefangbuche das,
was jener wirklich gefungen hat'. Diefe Erkenntnifs
rechtfertigt die fouveräne wiffenfehaftliche Freiheit, mit
welcher Verf. feinen Text behandelt, auf der Suche nach
dem richtigen Sinn und dem urfprünglichen Wortlaut,
und zwar in erfter Linie durchgängig mitteilt forgfäl-
tigfter und fcharffinnigfter Benützung der Septuaginta.
Was wir erhalten, ift alfo nicht einfach eine neue Ueber-
fetzung der BB. Samuelis und der Könige, fondern
eigentlich eine neue Recenfion derfelben in der Ueber-
fetzung. Der Verf. hat fich nicht darauf befchränkt, die
offenbar verderbten und finnlofen Stellen des Hebräers
womöglich zu heilen, fondern manches hat er aus der
S. in feinen überfetzten Text aufgenommen, was nach
feinem Urtheil zu reftituiren war; anderes aus dem H.
geftrichen; anderes, auch wo der H. einen mindeftens
erträglichen Sinn giebt, meiftens nach S. verändert, in
der Abficht, eine frühere noch erkennbare Textgeftalt
wiederzugeben. Ref. zählt zu denjenigen, welche durchaus
(S. X.) ,diefe biblifchen Bücher noch nicht ebenfo
gründlich oder beffer zu kennen glauben' als Kloftermann
; daher wohl feinerfeits ein vielleicht übertriebener
Skepticismus gar manchen der hier vorgetragenen Er-
gebnifse gegenüber, ohne dafs er die grofse Bedeutung
der S. zumal für die betreffenden Bücher irgendwie verkennen
möchte. Aber Kloftermann fcheint ihm in
feinem Vertrauen auf S. vielfach zu weit gegangen zu fein.

des kurzgef. Commentars find willkommen. Die Erwei
terung des Umfangs rührt her von der forgfältigen Be-
rückfichtigung der zahlreichen Parallelen zum Texte,
welche theils in den Noten angemerkt, theils, wo fie
fich als anderweitige Verarbeitung desfelben Urtextes
gaben, als Parellelcolumnen in den Text aufgenommen
wurden; fie rührt her ferner von der Schwierigkeit des
zu behandelnden Textes und der Nothwendigkeit, bei

Worte Eli und die beiden Söhne Eli's nothwendig nach
S. zu reftituiren feien, weil fonft Eli gegen V. 9 u. f. aus-
gefchloffen wäre. Jedenfalls genügt, angefichts derTextver-
hältniffc, der angegebene Grund nicht. Es läfst fich die Anficht
, dafs dieEinfetzung von Eli inS. vielmehr eine Verbef-
ferung fei, recht gut vertheidigen. V. 11, Sie gelobte ein
Gelübde demjahveh; wenn in S. demjahveh ,vielleicht
blofs richtige Erweiterung ift', fo verliehe ich nicht, warum

der heute brennend gewordenen Frage nach der wirk- j die Worte in den überfetzten Text aufgenommen wer-
lichen Gefchichte des Gottesvolkes, denfelben Fleifs, den j den, wenn auch zwifchen Klammern. V. 18, Die Ein

man den Propheten und Dichtern zugewandt, auch den BB
Samuelis und der Könige zuzuwenden. Was die Einrichtung
betrifft, fo find die Erläuterungen nicht einge-
theilt in Noten unter dem Texte und in Reflexionen
über feinen Inhalt, welche die einzelnen Textftücke in
gleicher , Linie mit ihnen von einander trennen. Die
Reflexionen fallen weg. Ferner überläfst Verf. die Beant

fetzung der Worte und kam in die Zelle nach S.
fcheint mir nicht gegründet, ebenfowenig wie die Aufnahme
von und trank; ich weifs auch nicht, warum
diefer Zufatz allein eingeklammert ift und nicht auch
jener. Bei den für V. 24 u. f. vorgefchlagenen Aende-
rungen möchte ich eine Reihe von Fragezeichen machen.
Warum 4, 2 ftatt mit dem H. zu lefen: und Israel wurde

wortung der einzelnen geographifchen, hiftorifchen, anti- I gefchlagen, nach S. die Mannfchaft Israels als urfprüng-
quarifchen Fragen, infofern fie für das Verftändnifs 1 licher eingefetzt wird, leuchtet mir nicht ein. Confequent
nicht entfeheidend find, den allgemein zugänglichen werden für die Zufätze die Klammern nicht angewendet,
Hilfs- und Wörterbüchern zur Bibel, verzichtet auch I denn hier fehlen fie. Die Textveränderung in 4, 3 ift

darauf, fein Buch mit Citaten aus den Gramirfatiken und
Lexicis zu verzieren; er erkennt feine Aufgabe darin,
den unverfälfehten Wortlaut der Erzählung in deutfeher
Sprache verftändlich wiederzugeben, die Quellen aber,

fcharffinnig, aber lange nicht ficher genug, um einfach
in den Text aufgenommen zu werden: lafst uns unferen
Gott holen von Silo, ftatt lafst uns zu uns herbei holen
von Silo die Bundeslade Jahveh's. Gefetzt auch, dafs der

aus denen er den Text conftituirt, und die Gründe, aus 1 Ausdruck die B undesl ade Jahveh's bei H. (S. die Lade

denen er ihn fo und nicht anders überfetzt hat, in Noten
zum Texte gewiffenhaft zu verzeichnen, um fo den Lefer
mit den Acten des Proceffes, wenn ich fo fagen darf,
bekannt zu machen und feinem Commentar einen mög-

unferes Gottes) nicht urfprünglich fei, wer bürgt mir für
die Urfprünglichkeit des Textes Kloftermann's, über S.
hinaus? ,Dafs urfprünglich unfern Gott gedacht war,
zeigen die folgenden Abfichtsfätze W'iöi'i tüil, welche

lichft quellenmäfsigen Charakter zu geben. nur Gott zum Subject haben können'. Das ift nur ein

Diefer Commentar will die Bibel in ihrer Wirklich- I Scheingrund; denn die Lade hilft infofern, als die Gegen

keit dem Leier bekannt machen. ,So gewifs es ift, was j wart Jahvehs daran gebunden ift, folglich ift Jahveh

unfere Väter fagten, dafs dies autoritative Gotteswort J Subject der Abfichtsfätze, ob es heifse: lafst uns die Lade

nur zu fuchen fei in primogenio scripturae textu, weil die unferes Gottes holen, oder: lafst uns unfern Gott holen.

versiones concinnatae sunt studio hominum, qui in trans- I Ferner lefen wir bei H. fcO'n, und bei S. kgtl&hai (KS^I).

ferenda scriptura aliquid humani pati et errare potuerunt, fo
zweifellos ift es heute, dafs der von der jüdifchen Synagoge
anerkannte hebräifche Text des A. T.'s unter die Kategorie
der Versiones gehört und nicht in höherem Grade
dafür gelten kann, den urfprünglichen Wortlaut zu re-
präfentiren, als irgend eine interpungirte oder Unpunk-

Die von Kloftermann reeipirte Leetüre der S. ift gewifs
anfprechender, aber folgt daraus, dafs fie urfprünglicher
fei? Ich glaube nicht, dafs man ohne weiteres das Recht
habe, von zwei an fich möglichen Lesarten die gefälligere,
dem Zufammenhang angemeffenere fchon deshalb als
die urfprünglichere, der hlteften Textesform entfprechen-