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Ausgabe:

1888

Spalte:

5-9

Autor/Hrsg.:

Usteri, Joh. Mart.

Titel/Untertitel:

Wissenschaftlicher und praktischer Commentar über den 1. Petrusbrief. 2 Thle 1888

Rezensent:

Krüger, Gustav

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vorliegenden Texte fich einem ins Einzelne ausgebildeten
Syftem nicht mehr fügen, und keine Kunft ausreicht, das
Verlorene wiederherzuftellen. Die wenigen Textänderungen
, welche Ley vollzieht, die noch felteneren Fälle, in
denen er eine Verderbnifs nur feftftellt, verfchwinden
gegenüber der Maffe der wirklich vorhandenen Unzulänglichkeit
.

Für fein Syftem weifs Ley fich freilich auf ,die mafs-
gebenden Urtheile' einer Reihe von vortrefflichen Bürgen
zu berufen. Jeder Fachmann wird die anerkennenden Worte
aus Briefen von Juftus Olshaufen hoch anfchlagen; aber
fo allgemeine Aeufserungen können nicht die fchweren
Bedenken heben, die bei der Prüfung des Einzelnen fich
einftellen. Wenigftens weichen Franz Delitzfch, E. Riehm
und Schlottmann trotz ihres günftigen Urtheils in der Praxis
fo weit von Ley ab, dafs fie für den Dritten als Bürgen
kaum in Betracht kommen. Als Beifpiel führe ich die
neuefte Veröffentlichung an, Schlottmann's Auffatz in
den Acten des 6. (Leidener) Orientaliftencongreffes II, i,
S. 475 ff. Von feinen Strophenanalyfen aus dem erften
Buche der Pfalmen ftimmen zwei, zu Pf. 2 und Pf. 27, mit
der von Ley überein, während die übrigen 17 (3, 5, 6, 8,
11, 19, 20, 21, 22, 24, 25, 31, 34. 37) grundverschieden
ausfallen. Dyferinck endlich (Th. L 1878 S. 280) benutzt
Ley's Ergebniffe nur für Pf. 9, 7. —

Meine Arbeit über ,das hebräifche Klagelied' gedenkt
der Verf., weil fie ihm zu fpät bekannt geworden,
an anderer Stelle zu berückfichtigen; da er ihr einigen
Werth beimifst, mag auch noch auf mein motivirtes
Glaubensbekenntnifs von den Strophen in den Acten
des Leidener Orientaliftencongreffes (I, S. 93 ff.) verwiefen
werden.

Zu bedauern ift, dafs der Verf. für die Beifpiele
nicht wie Bickell u. A. ftatt der hebräifchen Typen die
Transfcription gewählt hat. Seine Abfichten würden dadurch
weit klarer werden, der Druck nicht von fo vielen
Fehlern entftellt fein. Auch die fehr häufige unrichtige
Setzung des Tonzeichens unter dem Vocalbuchftaben
verletzt das Auge. Vor allem aber mag bei Transfcription
der Metriker Vocale fetzen und weglaffen, welche
ihm beliebt; von dem hebräifchen Vocalfyftem dagegen
mufs es heifsen: sit 11t est ant non sit! Formen wie
i*nPCn S. 3, "HTE u- f- w- S. 4 find darin ein Unding.

Zum SchluYfe fei ausdrücklich hervorgehoben, dafs
die Arbeit eines Mannes von fo ungemeinem Fleifse und
fo feiner Beobachtungsgabe im einzelnen auch demjenigen
vielfach nützlich fein wird, der darin das Problem
der hebräifchen Metrik nicht gelöft findet.

Bonn. K. Budde.

Usteri, Pfr. Privatdoc. Joh. Mart, Wissenschaftlicher und
praktischer Commentar über den 1. Petrusbrief. 2 Thle.
Zürich, Höhr, 1887. (VIII, 349 S. gr. 8.) M. 7.50.
Der uns vorliegende umfangreiche Commentar ift
eine in jeder Beziehung vortreffliche und durchaus felb-
ftändige Arbeit. Sie unterfcheidet fich befonders in Hinficht
des letzteren Prädicats zu ihrem Vortheil von der
faft gleichzeitig erfchienen Neubearbeitung des Meyer-
fchen Commentars durch Prof. Kühl in Breslau. Wären
einzelne Partien kürzer, vornehmlich aber überfichtlicher
gehalten, fo würde Ref. nicht anflehen, den Ufteri'fchen
Commentar als mufterhaft zu bezeichnen. Der Verfaffer
hat feiner Arbeit die Bezeichnung: ,vviffenfchaftlicher und
praktifcher Commentar' gegeben. Nicht blofs in erfterer
Beziehung, auch in letzterer ift derfelbe fehr zu empfehlen.
Einzelne prächtige Ausführungen des Verfaffers, aber
auch die gelegentlich eingeftreuten Paraphrafen des alten
Leighton und die Stellen vornehmlich aus Kögel's Predigten
beleben die Exegefe und zeigen, wie oft eine Stelle
erft durch folche praktifche Exegefe in das rechte Licht
gerückt wird, wenn dabei das predigende Allegorifiren

vermieden wird, was freilich feiten genug gefchieht. Ich
hebe ferner die wohlthuende Einfachheit der meinen Erklärungen
des Verfaffers hervor und betone die einfichts-
volle Zurückhaltung bei Fragen, deren Löfung nun einmal
unmöglich ift (befonders im 2. Theil). Stiliftifch
wäre vielleicht die öftere Bildung fchwerfälliger Sätze
zu rügen; dafs man .gefpiefen' für ,gefpeift' fagen darf,
möchte ich bezweifeln. Sinnftörende Druckfehler find mir
nicht aufgefallen; der Herausgeber der patres apostolici
fchreibt fich Gebhardt.

Auf Debatten über Einzelheiten der Exegefe einzugehen
ift hier nicht der Ort. Erwähnt fei Folgendes: in der
Adreffe fafst U. diaojtoyäg nicht bildlich, bei scaQSJtiö»'/ftoi^
1 möchte er die bildliche Faffung vorziehen. Das fcheint
mir richtig, fofern man nicht, wie Weifs-Kühl, von Fremdlingen
der Diafporaj u d e n fchaft reden will; gemeint ift
die Diafporachriftenfchaft. — In 1, 7 doxi/tior anders
als Prüfungsmittel zu verliehen, fcheint mir bei der feft-
ftehenden Bedeutung des Wortes auch in Hinblick auf
die von Ufteri als Vorlage für Petrus angezogene Stelle
Prov. 27, 21 (vgl. auch Prov. 17, 3. 12, 7 und die Jaco-
busftelle) unmöglich trotz der nicht zu verkennenden
Schwierigkeiten, die diefc Deutung für die weitere
Erklärung bietet. — 1, 18 wird mit Recht volles Gewicht
darauf gelegt, ^afs fchon die negative Beftim-
mung ov yftaQTolc, änyvQh» ?} xQVöim vollftändig genügt
zur Auffaffung des Blutes Chrifti unter dem Gefichts-
punkt des Löfepreifes. — Die vortreffliche Erörterung
über 2, 22 ff. wird in den Worten zufammengefafst:
,Das ftellvertretende und fühnende Strafleiden Chrifti
kann deshalb unmittelbar als Bekehrung bezweckend
dargeftellt werden, weil es viel mehr noch als das Vorbild
, das der Herr in einer durch kein Unrechtleiden
! fich vom chriftlichen Verhalten abtreiben laffenden Ge-
j rechtigkeit gegeben, von aller Sünde löft, Chrifto zu
, Dank verpflichtet, die Gewiffen fchärft und dem Beifpiel,
| das der Herr gegeben, von Herzen unterthan macht'. —
1 Ueber die berühmte Stelle 3, 19 ff. hat Ufteri fich fchon
früher geäufsert (vgl. diefe Zeitung 1886 Col. 341 ff.;.
Er ift feiner Auffaffung im wefentlichen treu geblieben
(nur nimmt er jetzt in 3, 21 avveiöijaemi richtig als gen.
obj. und deutet ,auf Gott gerichtetes Verlangen nach
einem guten Gewiffen'). Den vereinzelten Stimmen von
1 Schweizer, v. Hofmann, v. Soden gegenüber bleibt er
bei der, auch dem Referenten als allein möglich erfchei-
nenden Beziehung auf die Hadespredigt ftehen. Unver-
ftändlich ift mir, dafs U. bei der Deutung von vixqoU
in 4,6 auf .gegenwärtig Todten' beharrt. Auch dort ift
von Hadespredigt die Rede, und man mufs das xQt&töot
als Plusquamperfect faffen (fo richtig Steiger u. A.) und
durch xQiÜbvrtq auflöfen. — 5,2 ift ein längerer Excurs
beigegeben, der fich mit den neueften Hypothefen über
; die Verfaffung im apoftolifchen Zeitalter auseinanderfetzt,
um Nachficht bittet und mit der verftändigen Bemerkung
fchliefst: ,Die herrfchende Mannigfaltigkeit ift wohl überhaupt
der Grund, warum — bei der kleinen Zahl der
Quellen — die Forfchungen über die urchriftlichen Gemeindeeinrichtungen
noch zu keinem übereinftimmenden
Refultat geführt haben'.

Ufteri hat den exegetifchen Theil feines Commentars
zunächft allein erfcheinen laffen; erft ein halbes Jahr
fpäter ift der .hiftorifch-kritifchc' Theil gefolgt. Dem Angriff
eines Recenfenten des erften Theils gegenüber, dem
die .hartnäckige Vertagung der hiftorifchen Hauptfrage' faft
wie ein Verbrechen erfchienen ift, erwidert er ganz
richtig, dafs es ,das Ungefunde rechts und links fei, dafs
man fich mit einer fieberhaften Ungeduld auf die Ein-
lcitungsfragen ftützt, fei's in apologetifcher, fei's in kri-
tifcher Voreingenommenheit, und dafs darüder die unbefangene
Vertiefung in den Inhalt und das allfeitige
, Auffichwirkenlaffen desfclben Noth leidet'. Ufteri's zweiter
Theil zeigt, dafs er fich mit den .Einleitungsfragen'
| felbft fehr gründlich auseinandergefetzt hat. Um fo auf-