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Ausgabe: | 1888 Nr. 9 |
Spalte: | 222-225 |
Autor/Hrsg.: | Leendertz, W. I. |
Titel/Untertitel: | Melchior Hofmann 1888 |
Rezensent: | Kattenbusch, Ferdinand |
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Theologifche Literaturzeitung. 1888. Nr. 9.
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der Bekanntfchaft des Evangeliften mit einer Welt-
anfchauung, der alles Irdifch-Vergängliche nichts als ein
Gleichnifs des Ewigen ift.
Durch die Nichtbeachtung diefer und ähnlicher That-
fachen ift es dem Verfaffer möglich, den Zebedäiden für
den Evangeliften zu halten, der zwifchen 80 und 100
n. Chr. in Ephefus fchreibt und auch der Verfaffer der
Apokalypfe ift. Was die Dispofition betrifft, fo hat der
Evangelift fein Material nach Wahle's Anficht nicht ftoff-
lich geordnet, fondern er ift bei feiner Schilderung einfach
der Zeit nachgegangen. Freilich haben wir trotzdem
in dem vierten Evangelium nicht einfache Wieder-
wird; die pfychologifche Entwicklung, die Verknüpfung
der einzelnen Beftandtheile mit der äufseren und inneren
Gefchichte der neuen Religion ift ebenfo nur geftreift,
wie die /ata des merkwürdigen Buches. An dem Ver-
fuche, durch Nachbildung einiger charakteriftifcher Stellen
dem deutfchen Lefer von der Art und der eigen-
thümlichen Originalität des Stiles — denn hier ift Mohammed
in der That original — einen Begriff zu geben,
ift der Verf. (er felbft giebt es befcheiden zu) nicht
minder gefcheitert, als bis jetzt noch jeder, der Solches
gewagt hat: einen einigermafsen zureichenden Eindruck
davon wird erft gewinnen, wer die Ueberfetzung lieft,
gäbe deffen, was gefchehen ift. ,Der Evangelift giebt deren Herausgabe aus Rückert's Nachlaffe der Bericht
die Materie in der Eorm, die fie in feiner durch ffe zum erftatter zu feiner Freude, da der Druck bereits begonnen
Leben gekommenen Perfönlichkeit angenommen hat. — hat, in nächfte Ausficht ftellen kann. — Auch im Ein-
Und die Reden, die er berichtet, find nicht ein mecha- zelnen begegnet man bei Steck nur an wenigen Stellen
nifches Referat deffen , was er gehört, fondern fie find unbedeutenden Verfehen oder zweifelhaften Behauptun-
das in's eigene, durch Chriftum gefchaffene Leben über- gen; befonders aufgefallen ift mir die unrichtige Ueber-
nommene, gehörte Wort. So können auch wohl Johannes fetzung des Glaubensfymboles (Sure 112): ftatt nicht
der Täufer und Jefus in demfelben Stile reden'. ; zeugt er, nicht wird er gezeugt, mufs es bekanntlich
Der Commentar felbft, dem die übliche Einleitung heifsen: er hat nicht gezeugt, er ift nicht gezeugt
vorhergeht, wird anfangs zweimal durch befonders hervor- Rückert überfetzt dies Bekenntnifs:
gehobene Äuseinanderfetzungen unterbrochen (1. Ueber Sprich: Gott ift Einer,
die Begriffe: Logos, Meffias, Gottesfohn, Menfchen- Ein ewig Reiner,
fohn. 2. Das Wunder. — Das Wunder auf der Hoch- Hat nicht gezeugt, und ihn gezeugt hat Keiner
zeit zu Kana). Befonders erwähnenswerth ift die merkwür- I Und nicht ihm gleich ift einer,
dige Art, wie Wahle die bekannte Differenz zwifchen Sy- ! „.. .
noptikern und Johannes bezüglich des Todestages Jefu i Königsberg. A. Müller,
fchlichtet. Die Abfchiedsreden find nämlich nur fehr theil
weife am 13. (Vorabend des 14.) Nifan gefprochen. Der 1 ' _
Evangelift hat die Reden diefes mit den Reden des folgenden h Leendertz, 1 redikant W. I., Melchior Hofmann. [VerAbends
, die 13, 33 beginnen, auf's Engfte zufammenge- j handelingen rakende den natuurlijken en geopenbaar-
fchweifst; fo erklärt fich auch das Fehlen eines Berichtes den godsdienst, uitgegeven door Teylers godgeleerd
über die Einfetzung des h. Abendmahls und Chriftus ftirbt Genootschap. Nieuwe serie. 11 deel 1 stuk ' Haar
auch nach Johannes am K.Nifan. Hier geht des Verfaffers 1 , „ . -r. u- t, , 00 .... ' '-L
pof.t.ve Kritik mit dem Evangelium kaum fanfter um, ! de Rven R Bohn' l883- [Le.pz.g, Harraffowitz.|
als je die vielfach von ihm getadelte negative Kritik es ( > 4*3 9- gr- <-*•) cart. fl. 2.50.
gewagt hat. - 2. Linden, Lic. Frdr. Otto zur, Melchior Hofmann, ein Pro-
Was an dem Commentar anmuthet, ift die durch- nhoiaoriA/ioriontö..*— nr*„n 1 rr t. , ,•
• c » ij , , , ,. , ,. pnetoerWiedertäufer. AI toBcilagen. Vtrhandelin<Tenetr
greifende Hervorkehrung des rehgiofcn Gehaltes, und die , ? 5 1 u'"umc"|i!,<-nc[c.
oft glänzende Ausdrucksweife des Verfaffers erhöht den I "' deeL 2' stuk'J Haarlem, de Erven F. Bohn, 1S85.
Genufs des Buches. Bei dem fonftigen Standpunkte [Leipzig, Harraffowitz.] (XII, 477 S. gr. 8.) cart. M. 6.—
Wahle's berührt der Satz S. 75 etwas feltfam: Er (der j Als das erfte der beiden oben bezeichneten Werke
Logos) verband fich ihm (dem Schopfungsacte) fo fehr, über Melchior Hofmann erfchien, war aus dem voree-
dafs er fich gewiffermafsen zur Seele der gefchaffenen
Dinge hingab, infofern fie in ihm Licht und Leben haben'.
Der Logos — Weltfeele und doch nicht ftoifch?
Grofs-Gerau. Oscar Holtzmann.
Steck, Prof. R., Der Koran. Vortrag. [Oeffentliche Vorträge
, gehalten in der Schweiz, 9. Bd. 5. Hft.J Bafel,
Schwabe, 1887. (29 S. gr. 8.) M. —. 80.
Eine gefchickte, verftändige und ruhige Würdigung
des Koranes, deren anerkennenswerthe Objectivität nicht
dadurch beeinträchtigt ift, dafs fie vom Standpunkte des
chnftlichen Glaubens aus angeftellt wird. Nicht weniger
in diefer Beziehung unterfcheidet fich der Vortrag zu
feinem Vortheile von den gewöhnlichen Verwerthungen
der Sprenger'fchen Auffaffung für gewiffe Kreife, als
durch die eigene Bekanntfchaft des wohlunterrichteten
Verfaffers mit feinem Gegenftande. Nur in einer Beziehung
kommt der Koran vielleicht nicht ganz zu feinem Rechte: I o-etreniihfr ms^iT
■ i I pBenuber mich zu rechtfertigen. Nachdem ich nunmehr
o
druckten Urtheil der Directoren der Teyler'fchen Gefell-
fchaft zu erfehen, dafs noch ein zweites, deutfch ge-
fchriebenes, welches ebenfo wie jenes unter der Bedingung
einer nochmaligen Ueberarbeitung von der Gefellfchatt
angenommen war, zu erwarten ftehe. Das beftimmte
mich, die Anzeige des Leendertz'fchen Buches vorläufig
auszufetzen. Als dann zwei Jahre fpäter das
zweite Werk, das von zur Linden, herauskam, war ich
zunächft nicht im Stande, beide Werke zu lefen, beziehend.,
wie nothwendig, im Einzelnen zu vergleichen. So kam
es, dafs ich meine Verpflichtung gegen die Theolog.
Literaturzeitung noch nicht eingelöft hatte, als ich durcli
eine neue amtliche Function auf ein Jahr von faft jeder
literarifchen Thätigkeit ausgefchloffen wurde. Die Re-
daction, welche die Verhältnifse kannte, übte Nachficht.
Ich erwähne die Gründe der Verzögerung meiner An
zeige der beiden Werke, einestheils um mich vor den
Lefern zu entfchuldigen, mehr noch um den Verfaffern
mir fcheint feine Abhängigkeit von der chriftlichen und beide Werke nach- und nebeneinander durchgenommen
jüdifchen Ueberlieferung noch mehr in den Vordergrund
geftellt als das bekannte Sachverhältnifs das ja ohne
Zweifel forderte. Manches ift meines Erachtens doch in
dem .ideenarmen' Buche, was neben jenen Beftandtheilen
etwas ftärker hervorgehoben zu werden verdiente, als
dem Verf. zweckmäfsig erfchienen ift; freilich kann er
fich auf die en^en Grenzen des Vortragsrahmens berufen.
Aus eben diefem Zwange wohl ift in der Hauptfache es
der Inhalt des Korans als Ganzen, über den gefprochen
habe, bedauere ich, des Genuffes nicht eher theilhaftig
geworden zu fein, diefe werthvollen Arbeiten kennen zu
lernen. Beide find fehr forgfältig. Die befte Probe auf
ihre Gediegenheit ift ihre überaus grofse Uebereinftim-
mung. Da zur Linden das zuerft genannte Werk, trotzdem
er mit dem feinigen foviel fpäter hervorgetreten ift,
nie citirt, wird man anzunehmen haben, dafs er mit Abficht
keine Kenntnifs von demfelben genommen hat.
Sein Werk gewährt daher, vermöge deffen, dafs es in