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Ausgabe:

1887 Nr. 7

Spalte:

157-160

Autor/Hrsg.:

Steiner, Heinr.

Titel/Untertitel:

Der Zürcher Professor Johann Heinrich Hottinger in Heidelberg 1655 - 1661 1887

Rezensent:

Kneucker, Johann Jacob

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Theologifche Literaturzeitung. 1887. Nr. 7.

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dienende Genoffin refp. Gehülfin des Welterlöfers zu
fein... Durch ihren Glauben, ihre Demuth, ihre Reinheit
und ihre Liebe, fowie durch ihr unaufhörliches

widmet worden find, ift die genannte eine der intereffante-
flen auch für ein gröfseres Publicum durch ihren reichen
allgemein gefchichtlichen, cultur- und kirchengefchicht-

Sehnen Seufzen und Rufen nach dem verheifsenen i liehen Inhalt, fowie durch ihre Quellennachweife.

Meffias impetrirte fie {per meritum de congruo) die Sen
dung des Weltheilandes, dann beginnt ihre eigentliche
Mitthätigkeit mit dem Erlöfer felber {cooperatio in opere
edemtionis) zunächft bei feiner Empfängnifs refp. Geburt

Unter den Kriegsflürmen hatte die Pfalz furchtbar
gelitten, die Univerfität Heidelberg war in Folge der
Eroberung der Stadt feit 1622 factifch aufgelöft. Ein
Glück für das unglückliche Land war es, dafs es in Karl
und findet endlich ihren Abfchlufs bei feinem Kreuzes- ! Ludwig, ,dem deutfehen Salomo', einen Kurfürften er-
tode. Vorerft hat fie die erlöfende Thätigkeit Chrifti hielt, der es fich angelegen fein liefs, die gefchlagenen
dadurch ermöglicht, dafs fie vollkommen frei einwilligte, j Wunden zu heilen und das Land auf alle Weife wieder
Mutter Gottes des Erlöfers zu werden. . . . Sie hat aus , zu heben. Als den zweckentfprechendflen Weg dazu er-
ilirem Fleifch und Blut dem Sohne Gottes zuvörderfl 1 kannte er die Forderung der Bildung, alfo in erfter Linie
die Opfergabe (den Leib) dargeboten, nachher bei der j die Fürforge für Schul- und Kirchenwefen. Und Dank
Darfteilung im Tempel diefe ihr gehörige Opfergabe (das 1 feiner raftlofen Arbeit und Anftrengungen konnte nach
göttliche Kind) dem himmlifchen Vater gewidmet und i 30 Jahren, am 1. November 1652, die Univerfität, und
zuletzt auf Golgotha in die wirkliche Darbringung (Schladt- I 3 Jahre fpäter, 1655, auch das Collcgium Sapientiae, eine
tung) des göttlichen Opferlammes eingewilligt. Hier hat | Stipendiatenanftalt, wieder eröffnet werden. Da es jedoch
fie im Namen und zu Gunften der Mcnfchheit das Er- | an tüchtigen Lehrern in der Nähe fehlte, fo fuchte man

löfungsopfer als ihr eigenes Opfer mitdargebracht, fofern
fie nämlich Mutterrechte über die Opfergabe hatte und
fofern fie das Leiden Chrifti als von ihr mitgelitten, d. h.
als ihr eigenes Leiden für das Heil der Welt mit aufopferte
. . . Durch eine folche Betheiligung am Erlöfungs

folche auch von der Ferne herbeizuziehen. So J. H.
Hottinger von Zürich.

Hottinger, geboren 1620 zu Zürich, feit 1642 Profeffor
der Kirchengefchichte und der orientalifchen Sprachen
dafelbft, wurde vom Zürcher Rath dem Kurfürften von

opfer Chrifti hat nun Maria auch alle Früchte und Seg- j der Pfalz zur Wiederherftellung der Heidelberger Hochnungen
diefes Opfers miterwirkt und miterworben, und I fchule zunächft auf 3 Jahre, vom Sommer 1655 bis Herbft
in diefem Sinne kann fie darum mitwirkende Gehülfin ' 1658, dann bis October 1661 leihweife überlaffen, und

und Genoffin zur Erlöfung der Welt genannt werden.
In einem mit 100 Tagen Ablafs bereicherten Gebete
wird fie als mundo rtditnendo coadjutrix bezeichnet' (S.
53. Den Ausdruck corredetn/rix bezeichnet der Ver-

verunglückte fpäter, nach feiner Rückkehr nach Zürich,
am 5. Juni 1667 mit 3 Kindern und einem Freunde (Schnee-
berger) in der Limmat, auf einer P'ahrt nach feinem Landhaufe
bei Zürich als er eben im Begriffe ftand, einem ehren-

faffer doch als ,verfänglich, zu Mifsverftändnifsen oder vollen Rufe nach Leiden zu folgen,
doch zu Mifsdeutungen Anlafs gebend'). ,Sodann hat Dem entfprechend werden in einem elften Abfchnitte

Maria durch ihre Verdienfte refp. durch ihre überfliefsen- der Feftfchrift ,die Beziehungen von Kurpfalz zur evan-
den Genugthuungen, deren fie ja nicht bedurfte, auch I gelifchen Schweiz von 1556—1652' mit fpecieller Berück-
den Schatz der Kirche [thesaurus Ecclesiae, — er fpielt j fichtigung der Gefchichte und Frequenz der Univerfität

bekanntlich in der modernen Ablafslehre eine grofse
Rolle] bereichert und zugleich die Macht erworben, im
Stande der himmlifchen Erhöhung den hülfs- und er-
löfungsbedürftigen Menfchen die Heilsgnaden in cinzig-

Heidelberg nachgewiefen; im zweiten Abfchnitt ,die Berufung
J. H. Hottinger's nach Heidelberg', im dritten,
vierten und fechsten Abfchnitt deffen vielfeitige und
fich immer weiter ausdehnende Wirkfamkeit dafelbft als

artiger Weife zu vermitteln und zuzuwenden (S. 59). ,Profeffor, Rector und Kirchenrath,' als ,Ephorus des
All unfere Hoffnung ruht auf dem Kreuze, all unfere | Collegium Sapientiae' und in ,verfchiedenen weltlichen
Zuverficht ftützt fich auf Jefus und Maria, auf das Leiden [ Angelegenheiten' erzählt. Der fünfte Abfchnitt fchildert
des Sohnes und auf das Mitleiden der Mutter' (S. 129). j ,Hottinger's Verhältnifs zur heimathlichen (Zürcher)
Diefe ebenfo unkatholifchen wie unevangelifchen j Obrigkeit und die Verhandlungen wegen Verlängerung

feines Aufenthalts in Heidelberg', und wie der Kurfürft
fogar den Verfuch gemacht, diefen Gelehrten für immer
in feinem Dienfte zu behalten. Im fiebenten Abfchnitte
wird ,Hottinger's Verhältnifs zum Kurfürften und zum

Anfchauungen find nicht etwa als Verirrungen eines
einzelnen Schriftftellers anzufehen. Der Verf. verweilt
für die zuletzt angeführten Lehren auf die ausführlichere
Entwicklung in dem Handbuch der katholifchen Dog-

matik von Scheeben (III, 592—629). Diefes bildet, wie 1 kurfürftlichen Haufe' beleuchtet, wobei insbefondere feine
gefagt, einen Theil der erlten Serie der ,Theologifchen | Vertrauensftellung und fein perfönlicher Charakter im
Bibliothek', alfo eines Sammelwerkes, an welchem die j glänzendften Lichte erfcheinen. Der achte Abfchnitt er-
angefehenften vatikanifchen Theologen Deutfchlands mit- J zählt fchliefslich den ehrenvollen ,Abfchied von Heidel-
arbeiten, Hergenröther, Hettinger, Kaulen, Schegg, Thal- berg'. — Von S. 38—57 folgen dann Beilagen: Corre-
hofer, Jungmann, Pruner, Kihn; die Bibliothek erfcheint fpondenzen zwifchen dem Kurfürften Karl Ludwig,
mit bifchöflicher Genehmigung, und der uns vorliegende | Hottinger und dem Bürgermeister und Rath der Stadt

Band fogar mit ,Approbation und Empfehlung' des Erz-
bifchofs von Freiburg, und Pius IX. hat durch die Erhebung
des Alfons Liguori zum Doctor Ecclesiae alle
Schriften desfelben, auch diejenigen, welche eine noch
fchlimmere Mariologie enthalten als die Bücher von Gihr
und Scheeben, in der feierlichften Weife approbirt.
Bonn. F. H. ReufcE^

Steiner, Prof. Dr. Heinr., Der Zürcher Professor Johann
Heinrich Hottinger in Heidelberg 1655—1661. Zürich,
Schulthefs, 1886. (61 S. gr. 4.) M. 2.4O.

Unter den zahlreichen Feftfchriften, welche der Univerfität
Heidelberg zu ihrer 500jährigen Jubelfeier geil
Eine überfichtliche DarfU-llung der Scheeben'fchen Mariologie
hndet man in dem Münchener .Deutfehen Merkur', 1883, Nr. 7—9, Auszüge
aus Liguori's .Herrlichkeiten Maria' ebend. 1885, Nr. 46 — 52.

Zürich, fowie Briefe der Pfalzgräfin Elifabeth an Hottinger
. In den darauf folgenden Noten S. 58 ff. werden
hauptfächlich Quellen- und andere Literaturnachweife
gegeben, und dabei der Thesaurus Hottingerianus der
Zürcher Stadtbibliothek als ein Quellenwerk erften Rangs
erwähnt, welches in 52 Foliobänden eine ,grofsartige, von
J. H. Hottinger angelegte und geordnete Sammlung von
Urkunden, Denkfchriften, Briefen, Diarien u. f. w. (theils
im Original, theils in Abfchrift) aus dem 16. und 17. Jahrhundert
' umfafst.

Dreierlei ift es, was aus dem reichen Inhalte der Feftfchrift
in der ,Theol. Literaturzeitung' befonders hervorgehoben
zu werden verdient: Hottinger's Lehrthätigkeit
zu Heidelberg, feine fchriftftellerifchen Arbeiten und feine
dem Kurfürften geleifteten Dienfte im Intereffe der .Religionseinigung
' zwifchen Reformirten und Lutheranern.
— Schon feine am 16. Auguft 1655 gehaltene Antritts-