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Ausgabe:

1887

Spalte:

593-595

Autor/Hrsg.:

Harris, J. Rendel

Titel/Untertitel:

The origin of the Leicester codex of the New Testament 1887

Rezensent:

Gregory, Caspar René

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Marburg,und D. E. SchÜrer, Prof. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N° 25.

17. December 1887.

12. Jahrgang.

Harris, The origin of the Leicester codex of
the N. T. (Gregory).

Funk, Doctrina XII apostolorum (Krüger).

Wiegand, Der Erzengel Michael in der bildenden
Kunft (Ficker).

Köft Iin, Religion nach dem N. T. (Gottfchick).
Gafs, Gefchichte der chriftlichen Ethik, 2. Bd.
(Thönes).

Katzer, Der Geiftliche und die moderne Ge-

fellfchaft (Achelis).
Beecher, Drei Predigten (Achelis).
Kingsley, Andachten für den häuslichen Sonn-

tags-Gottesdienft (Achelli.s).

Mit Beginn des neuen Jahrgangs wird Prof. D. SchÜrer (Giefsen) die äufseren Gefchäfte

beforgen. — Wir bitten daher alle Zusendungen für die Redaction der Literaturzeitung künftig an

ihn ZU adressiren. Alle Bücherfendungen find an die Verlagsbuchhandlung zu richten.

Die Redaction.

Harris, Prof. J. Rendel, The origin of the Leicester codex
of the New Testament. London, C. J. Clay and sons,
1887. (56 S. 4.)

Profeffor Harris ift ,Fellow' von Cläre College zu
Cambridge in England, aber feit einiger Zeit docirt er
als Profeffor der biblifchen Sprachen im Haverford College
, Pennfylvanien, einem Inftitut der fogenannten Ge-
fellfchaft der Freunde oder der Quakers. Er hat, wie
untere Lefer wiffen, verfchiedenes veröffentlicht in Bezug
auf die Stichometrie von griechifchen Handfchriften. Das
vorliegende Buch behandelt ein Thema, nicht ohne Wichtigkeit
für die Kritik des neuteftamentlichen Textes. Die
nächffe und die ficherfle Aufklärung über die Gefchichte
jenes Textes ift dadurch zu verfchaffen, dafs wir rückwärts
gehen, dafs wir die Entftehung der jüngften Handfchriften
unterfuchen und auf diefe Weife die Grenzen
der Finfternifs weiter zurück und hinauf verlegen. Harris
liefert hier einen werthvollen Beitrag zu der Gefchichte
einer der wichtigften der jüngeren Evangelienhandfchriften,

Pfalters; 6. über William Chark, ehemaligen Befitzer des
Codex Leicestrensis; 7. über Chark's Bibliothek; 8. über
den Codex Montfortianus j 9. über John Clement und feine
Bücher; 10. über Handfchriften, deren Hefte aus Pergament
und Papier beliehen; II. über die Wafferzeichen
im Papier; und 12. über die nicht biblifchen Beftandtheile
des Codex Leicestrensis.

Im erflen Abfchnitt tritt Harris fonderbar genug
für die Eleganz der Schrift des Codex Leicestrensis ein.
Jedermann, der die Handfchrift gefehen, ift erftaunt ge-
wefen über die groben Züge, und Scrivener fchliefst aus
deren Unförmlichkeit, dafs der Schreiber eine Rohrfeder
gebraucht habe — wir möchten dem entgegentreten mit
der Bemerkung, dafs eine Rohrfeder die zierlichfte Schrift
fehreiben kann, und dafs diefer Codex, im Weften ge-
fchrieben, aller Wahrfcheinlichkeit nach mit Gänfefedern
hergeftellt wurde. Doch hat Scrivener recht, wenn er
die Schrift grob und nachläffig nennt, und Harris' Behauptung
, dafs fie nicht grob ift, und dafs ihr ein gewiffer
Grad von Eleganz nicht fehle, ift geradezu unerklärlich,

und der Werth feiner Arbeit ift deswegen höher zu > auch angefichts des diefem Buche beigelegten Facfimile.
fehätzen, weil die betreffende Handfchrift auf der einen ! Abgefehen von diefem Punkte, fchliefst Harris aus der

Seite Glied einer Gruppe von vielleicht zehn Handfchriften
ift, welche eine beftimmte wohl auf eine einzige Cala-
brifcheUrhandfchrift zurückzuführcndeTextform aufweifen,

Schrift wie aus dem Wafferzeichen von gewiffen, einem
ähnlichen Codex beigelegten Papierbogen, dafs der Codex
Leicestrensis in Italien gefchrieben wurde; die Schrift

und auf der anderen Seite, durch die Apokalypfe — denn kann italienifch fein, aber jene Beweisführung ift recht
die Handfchrift enthält Evangelien, Apoftelgefchichte, j wejt hergeholt. Wir meinen, dafs die Schrift nicht ita

Briefe und Apokalypfe — mit einer ganz anders geftal
teten Gruppe von jüngeren Handfchriften in Verbindung
fleht.

Der Codex Leicestrensis trägt in der Lifte der Evangelienhandfchriften
die Nummer 69 und ift, mit den
Nummern 13 (zu Paris), 124 (zu Wien), und 346 (zu Mailand
), feinen engen Verwandten, von Prof. T. K. Abbot
zu Dublin, als Nachfolger feines Lehrers Prof. Ferrar,

lienifch ift, fondern, dafs fie von einem zum Schreiberhandwerk
gar nicht erzogenen Griechen herrührt. Er
kann die Arbeit leicht in Italien beforgt haben. Der
zweite Abfchnitt führt eine verwandte Handfchrift in die
Erörterung ein, ein Pfalterium aus Caius College zu
Cambridge, und der dritte zeigt, wie die Signaturen diefer
beiden Handfchriften fie noch enger verbinden; dabei
kommt Harris auf die Frage der Reihenfolge der Bücher

ausführlich unterfucht worden: A collation of four impor- im Leicestrensis zu fprechen, und erklärt, dafs die Bücher

taut mamiscripts of the Gospels, Dublin, 1877. Diefe vier
Handfchriften haben aber noch andere Verwandte, zwei
vom Abbe Martin nachgewiefen — Martin leugnet die
enge Familienvcrbindung —, und zwei von Harris; es
exiftiren ficherlich noch viel mehr und Ref. kann eine
zu Grottafcrrata und eine zu Athen hinzufügen. Nach
kurzem Vorwort geben zwölf Abfchnitte Auskunft, i.über
die Schrift des Codex; 2. über ein anfeheinend verwandtes
Pfalterium im Caius College; 3. über die Fas-
cikel und Signaturen des Codex Leicestrensis; 4. über die
früheren Befitzer jenes Pfalterium; 5. über Einband des

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urfprünglich fo ftanden: Paulinifche Briefe, Apoftelgefchichte
, Katholifche Briefe, Apokalypfe, Evangelien1
Ref. ftimmt mit Harris hierin überein, denn er kam zu
demfelben Schluffe, als er die Handfchrift im Jahre 1883
unterfuchte. Für die eigenthümliche Verbindung von
Papier und Pergament im Leicestrensis, nämlich dafs von
fünf Doppelblättern das äufsere und das innere Blatt
Pergament, die übrigen drei Papier find, weifs Harris
keinen anderen Grund als den praktifchen anzugeben,
dafs die einzelnen Hefte auf diefe Weife beffer gefchützt
werden. Er hätte hinzufügen follen, dafs die Naht der

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