Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1887

Spalte:

549

Autor/Hrsg.:

Thomasius, G.

Titel/Untertitel:

Christi Person und Werk. Darstellung der evangelisch-lutherischen Dogmatik vom Mittelpunkte der Christologie aus. 3. Aufl., nach des Verfassers Tode bearb. von F. J. Winter. 1. Bd. Die Voraussetzungen der

Rezensent:

Herrmann, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

549

ernfte Erkrankung, welche ihn über ein Jahr lang an
aller Thätigkeit hinderte und theilweife noch hindert, ift
die Urfache.

Darmftadt. K. Köhler.

Thomasius, (Ich. Kirchenr. Prof. Dr. G., Christi Person

und Werk. Darftellung der evangelifch-lutherifchen
Dogmatik ,vom Mittelpunkte der Chriflologie aus.
3. Aufl., nach des Verfaffers Tode bearb. von Pfr.
geiftl. Infp. Tic. F. J. Winter. 1. Bd. Die Voraus-
fetzungen der Chriflologie und die Perfon des Mittlers.
Erlangen, Deichert, 1886. (XII, 642 S. gr. 8.) M. 9. —

Es ist mit Dank zu begrüfsen, dafs der Herausgeber
fich der Mühe unterzogen hat, diefe Dogmatik leichter
zugänglich zu machen und die kritifche Arbeit derfelben
bis auf die Gegenwart fortzuführen. Das erftere hat er
dadurch bewirkt, dafs er die dogmenhiftorifchen Ausführungen
, namentlich durch zweckmäfsigen Erfatz der i kann ich den officiellen Text nach meinen bisherigen

D. Kamphaufen in Bonn'. Sie fchliefsen fich an-die
von Neftle in diefer Zeitfchrift (1886, Nr. 10) bereits
befprochene Ausgabe des Propheten Ezechiel von
Cornill, jetzt a. o. Profeffor der Theologie in Königsberg
, an. K. will nicht eine eingehende Beurtheilung des
Cornill'fchen Buches geben, wohl aber die Lefer der
,Theologifchen Arbeiten' ,fchon mit diefen Zeilen zu
fleifsigem Studium (desfelben) ermuntern'. Bekanntlich
gehört Cornill zu denjenigen Auslegern des A. T.,
welche neueflens den Werth der LXX ganz befonders
betonen. Auch K. verkennt keineswegs die Bedeutung
der alexandrinifchen Ueberfetzung, warnt aber vor
Ueberfchätzung. ,Ich bin weit davon entfernt' bemerkt
der verehrte Verf. auf S. 3 unten, ,den von der Synagoge
der Kirche überlieferten hebräifchen Text mir
durch die Dogmatik als einen zuverläffigen verbürgen
zu laffen; aber fo mangelhaft, als der M. T. Cornill
und manchen tüchtigen Gelehrten erfcheint, welche die
Bedeutung namentlich der LXX m. E. fehr überfchätzen,

Quellenauszüge, verkürzt hat. Zu dem letzteren Zweck Studien unmöglich finden'. Zum Beleg geflattet fich K.
hat er die Bezugnahme auf einige neuere Autoren ein- j einen Hinweis auf die Bücher Jeremia und Samuel
gefügt, bei denen er eine principielle Uebereinftimmung (S. 4—23). Was Jeremia anbetrifft, fo nimmt er mit
mit Thomafius zu erkennen meint, wie Dorner und ! Graf und Wellhaufen gegen Movers, Hitzig und
Frank in ihren Darftellungen des dogmatifchen Syftems. Bleek den hebräifchen Text in Schutz und hält den
Daneben hat er aber auch das Buch mit einer kräftigen letzteren für den älteren. ,Ueberall in dem ganzen
Polemik gegen principielle Gegner ausgeftattet. Dafs 1 Buche' fagt Graf, dem unfer Verf. zuftimmt, ,kom-
unter den letzteren Ritfehl bevorzugt wird, entfpricht I men gewiffe flehende, oft wiederholte Formeln und Re-
nicht nur den Bedürfnifsen, welche in dem zu erwarten- ; densarten vor, welche häufig da, wo fie im hebräifchen
den Leferkreife herrfchen werden, fondern auch dem Texte flehen, im griechifchen fehlen; fo fehlt rimjklih
thatfachlichen Verhältnifs diefes Theologen zu folchen 64mal, von dem häufigen: jhvh sVvt oder: jhvh sUvt

Erfcheinungen wie Thomafius. Zu dem weichen Syn
kretismus eines folchen Mannes fleht die energifch vordringende
Art Ritfchl's, der die von Luther wieder
aufgedeckte F'ülle des praktifch wirkfamen Chriften

'Jkj j.sr'/ ift gewöhnlich blos jhvh ausgedrückt, und das
Wort ftb'vt fehlt 56mal; ebenfo fehlt oft das zur Einführung
einer neuen Gedankenreihe dienende kh 'mr
jhvh..... Auch kommen im M. T. viele fynonyme

glaubens nie aus dem Auge verliert, in fehr ftarkem Ge- I und pleonaflifche Ausdrücke und Sätze vor, welche oft
genfatz. Die Referate des Herausgebers über Ritfehl in LXX nicht vorhanden find; der Grund zu einer Weg

laffen erkennen, dafs feine Anhänglichkeit an den Standpunkt
von Thomafius, welche ihn zur Bekämpfung Ritfchl's
verpflichtet, ihn zugleich verhindert hat, die Gedanken
des letzteren einer gründlichen Vertiefung in diefelben
für werth zu halten. Wenn der Herausgeber B. Weifs
als Zeugen gegen die von Ritfehl befolgte eschato-
logifche Aufiaffung der o^yij d-nov anführt, fo hätte er
vielleicht erwähnen können, dafs H. Crem er Ritfehl
beipflichtet. So wenig ich dem Standpunkt des Buches

affung des als überllüffig Erfcheinenden ift überall leicht
zu erkennen' (S. 5. 6). Eine Anwendung von diefen
Beobachtungen bei Jeremia wird nur in fcharflinniger
Weife auf Ezechiel 24, 16 gemacht. — Mit befonderem
Intcreffe haben wir die ungemein klaren und überzeugenden
Ausführungen Kamphaufen's über die Erzählung
von der erften Bekanntfehaft David's mit
Saul gclefen. Es handelt fich hier um die bekannte
Differenz zwifchen 1 Sam. 16, 14—23 und 1 Sam. 17,

zuflimmen kann, welches vielmehr zu einer fruchtlofen ! 1 ff. Der Verf. weift nach, wie LXX fich in harmo-
Art von Speculation anleitet, als zu der ernften Erkennt- I niftifchem Intereffe allerlei Auslaffungen geflattet, dafs
nifs des in Chriftus uns erfchienenen Gottes, fo kann ich aber trotz „der grofsen Auslaflüng 17, 12 — 31.
doch nur wünfehen, dafs es auch in diefer Gcftalt wie- 55~ 18,5 der eclatante Widerfpruch zwifchen 16,
derum eifrige Lefer finden möge. Die Arbeit von Tho- 18 und 17,33 vor wie nach befteht, dafs alfo die

1 harmoniftifche Auslaffung der LXX ihren Zweck nicht
erreicht' (S. 17). Aehnlich geftaltet fich die Sache bei

mafius wird wohl noch auf längere Zeit hinaus den Bedürfnifsen
Vieler dienen. Namentlich alle diejenigen, welchen
nach der unfterblichen Formel von Kahnis der Sohn
Gottes ,nur in des Wortes zweitem Sinne' Gott ift, werden
fich in dem vorliegenden Buche leicht zurechtfinden
und in der Meinung beftärkt werden, dafs fie fich mit
folchen Gedanken auf dem Wege Luther's befinden.

Marburg. W. Herrmann.

Theologische Arbeiten aus dem rheinischen wissenschaftlichen
Prediger-Verein. In Gcmeinfchaft mit den übrigen Vor-
ftands-Mitgliedern: Dr. Fabri, Prof. Dr. Kamphaufen,
Konfift.-R. Prof. Dr. Krafft, Konfift.-R. Prof. Dr. Mangold
, Pfr. Sänger, Lic. Dr. Thönes, hrsg. v. Superint.
Dr. Fr. Evertsbufch. 7. Bd. Bonn, Weber, 1886.
(III, 108 S. gr. 8.) M. 2.50.

Der vorliegende fiebente Band der ,T h e o 1 o g i fc h e n
Arbeiten aus dem rheinifchen wiffenfehaftlichen
Predigerverein' enthält zunächft .Bemerkungen
zur altteftamentlichen Textkritik von Profeffor

der Entftehung der F"urcht des Saul vor David
in 1 Sam. 18. Drei Züge find hier nach K. .unglaubwürdig
', ,nämlich das Fuchteln mit dem Speere, das
Nichtgeben der vorher angebotenen älteren Tochter und
das heimtückifche Benehmen gegen den zukünftigen
Eidam des Königs. Wir werden fehen, dafs die beiden
erften Züge in LXX glücklich fehlen, nicht aber der noch
viel fchlimmere dritte, der uns im M. T. offenbar in
befferer und urfprünglicherer Geftalt vorliegt, als in der
echten LXX' (S. 19). Auch diefer Nachweis, der auf
S. 21, 22 erbracht wird, ift als gelungen zu betrachten.

In den folgenden Bemerkungen Nr. 6 und 7
(S. 23 bis 36) fpricht der Verf. über E mendationen
und Conjecturen in Bezug auf den M. T. mafsvoll
und umfichtig. Insbcfondere fetzt er fich hier noch mit
Cornill über einige Conjecturen in Ez. 1,18. 3,21 und
Cap. 4 auseinander, worauf wir nicht mehr eintreten
können. Für alle feine werthvollen Bemerkungen zur
altteftamentlichen Textkritik sagen wir ihm herzlichen
Dank. Möchten fie nur von unteren rheinifchen Amts-