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Ausgabe:

1887 Nr. 21

Spalte:

508-509

Autor/Hrsg.:

Werner, Johs.

Titel/Untertitel:

Hegels Offenbarungsbegriff. Ein religionsphilosophischer Versuch 1887

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Seite 1, Seite 2

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507 Theologifche Literaturzeitung. 1887. Nr. 21. 508

behaupten, nicht höher fchlüge', fagt Ranke (Franzöfifche j mann, nicht nur als tüchtiger Offiicer, fondern auch als
Gefchichte I, 409). Wenn letzterer gleichwohl durch die ! Militärfchriftfteller befonders auch über die Befreiungs-
politifchen Erwägungen und die in diefer Bez-iehung für j kriege geachtet, war, wie ein deutfeher Patriot, fo auch

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Frankreich heilfamen Folgen den Schritt nahezu recht
fertigt, bleibt Verf. dabei: ,Ein Treubruch gegen Gott
und die Menfchen war Heinrich's Uebertritt'. Und warum
follen wir nicht auch an die gefchichtlichen Gröfsen
den Mafsftab des Gewiffens legen und auch bei Königen
uns daran erinnern, dafs es dem Menfchen nichts hilft,

ein guter evangelifcher Chrift, dem u. a. die Gefang-
buchsreform warm am Herzen lag. Als er z. B. 1866
in den Krieg zog, hielt er mit feiner Compagnie Andacht.
Als eine überaus fchmerzliche Fügung wurde es damals
von Freund und Feind empfunden, dafs er, dem der
deutfehe Beuf Preufsens immer mehr gewifs geworden

wenn er die ganze Welt gewinnt und Schaden an feiner 1 war, am 13. Juli 1866 bei Laufach von einer preufsifchen
Seele nimmt? Und der Erfolg giebt diefem Urtheil Recht. ! Kugel zum Tod getroffen wurde. -— Ueber Wilhelm
Denn trotz des Edikts von Nantes liegen die Wurzeln i von Plönnies, den Sohn der Dichterin Luife von Blonder
völligen Niederlage des franzöfifchen Proteftantismus nies, waren fchon bald nach deffen Tode, irre ich nicht,
und des daraus für Frankreich hervorgegangenen Unheils 1 in den ,deutfchen Blättern' von Füllner Mittheilungen
im Uebertritt feines einfügen Vorkämpfers. Dennoch, desfelben Verf.'s erfchienen. Plönnies, geb. 1828, war ein
wenn bei dem Hiftoriker der geifUiche Hinter- in den Kämpfen des badifchen Revolutionskrieges, wie
grund, insbefondere das Verhältnifs zu feinen hugenotti- I in Schleswig-Holftein bewährter, durch mehrere kriegs-
fchen Freunden und feine eigene, im Grunde doch j wiffenfehaftliche Werke in Deutfchland und Rufsland
hugenottifche Ueberzeugung nicht genug betont wird, anerkannter üfficier. der mit militärifchen früh geiftige
auch dem Theologen war es geftattet, gerade wenn er j Intereffen, wie für das Volkslied, und ernfte kirchliche
den Leichtfmn Heinrich's in religiöfen und fittlichen j verband. Eine fchwere Krankheit wirft ihn gelähmt und
Dingen kennt, die beftechenden äufscren Motive, welche faft blind auf jahrelanges Siechbett. Von dort aus be-
durch die für den Augenblick wenigftens unleugbaren ! gleitet er die Siege des Jahres 1870 mit prächtigen Lie-
Erfolge beflätigt zu werden fchienen, zur Erklärung, wenn I dern, deren eines, über die Schlacht bei Wörth, fchliefst:
nicht zur Entfchuldigung mehr gelten zu laffen. — Es ,Und der dies Lied gehangen frei, liegt auf dem Siechen-
war ein guter Gedanke, wenn ,Friedrich Spec'" und bette, viel lieber wär er auch dabei, wo man geftritten
,Paulus Gerhardt' neben einander gehellt werden und i hätte, und läg im Blut auf kühlem Grund ganz ohne

ein paffenderes Thema konnte für einen Vortrag am Se-
dantag kaum gefunden werden, als ,Walther von der
Vogelweide und Max von Schenkendorf, die beiden
Kaiferherolde'. — Von ,des Kaifers Mutter' ift

Schmerz mit bleichem Mund; es kann doch nie kein Leiden
fein Herz von Deutfchland fcheiden'. Auch einen
fatirifchen Roman ,Leben, Wirken und Ende weiland
feiner Excellenz des Oberfürftlich Winkelkram'fchen Ge-

befonders die Jugendzeit, in welcher die Wurzeln ihrer nerals der Infanterie von Knopf hat er gefchrieben. Vor
Perfönlichkeit liegen, lebendig gefchildcrt. Hatte doch allem aber wird durch die Leidenszeit eine Tiefe chrift-
Darmftadt, wo fie ihre Jugend verlebte, recht eigentlich j liehen Lebens in ihm offenbar, aus der ergreifende Lieder
in der Mitte des deutfehen Lebens gehanden und der [ und Gedichte emporquellen. Ich möchte ihn dem auch
Geih ,der grofsen Landgräfin' umfehwebte ihre Jugend. I vielfach vergeffenen Heinrich Möwes an die Seite Hellen.
— Wenn die erften Auffätze meid aus Quellen zweiter , Während der letztere mehr chriftlich einfach ift, macht
Ordnung fchöpfen, merkt man es den folgenden immer J jenen das fo liebenswürdig, dafs fein weltüberwindender
mehr an, wie fie aus dem Vollen ftrömen und in den j Chriftenglaubc nicht das geringfte mit Weltabgezogenhcit
beiden Bildern ,Arndt über Stein' und ,Ernft Moritz zu thun hat, fondern in feinem reichen Geilt und Gemüth
Arndt als evangelifcher Chrift' ftehen wir mit dem hat neben der wachfenden Sehnfucht nach Erlöfung das
Verf. auf einem Boden, auf welchem er, wie wenige, zu Intereffe für die Kleinigkeiten feiner Berufswiffenfchaft,
Haufe ift. Befonders aber find wir ihm für die die Liebe zu feiner Frau, der fchwergeprüften Pflegerin,
letzten vier Auffätze dankbar, in denen er aus per- und feinen Kindern, die PTeundfchaft, vor allem die Liebe
fönlicher Erinnerung Männer, die ihm nahe geftanden ' zum Vaterlande Raum, wie er fich felbft die Grabfchrift
haben, uns in das Gedächtnifs ruft: den Volksfchrift- gegeben hat: ,lch hab' in_ fefter Treue mein Vaterland
fteller Rudolf Oefer (Otto Glaubrecht), den Theologen
Hundeshagen, die Officiere Julius Königer und Wilhelm
von Plönnies. Glaubrecht, diefer Beobachter der
Wirklichkeit mit dem höchften chriftlichen und deutfehen
Ideal im Herzen, unendlich wahrer als Berthold Auerbach
, zarter, wenn auch weniger genial, als Jeremias
Gotthelf, intereffanter als die erften chriftliche Schrift-
fteller der Gegenwart, ift in Norddeutfchland weit weniger
bekannt, als er verdient. Wenn auch an manchem
feiner Bücher, wie es bei einem Volksbuch felbftver-
itändlich ift, eine Scholle der heimatlichen Wetterau
hängt, fo find doch z. B. ,die Heimathlofen' werth, All-
deutfchland anzugehören. — Es ift wahr, es giebt kaum
ein geiftesmächtigeres Buch, als Hu nd eshagen's .deutfehen
Proteltantismus' und wer fich in füllen Stunden

geliebt, und glaube, dafs Gott mir die neue, ewige Hei-
math giebt'. Solche Lebensbilder find der fprechcndfte
Beweis dafür, welcher Segen darin liegt, für den Einzelnen
, wie für das Ganze, wenn evangelifcher Glaube
und die Liebe zum deutfehen Vaterland miteinandergehen.

Leipzig. Härtung.

Werner, Dr. Johs., Hegels Offenbarungsbegriff. Ein reli-
gionsphilofophifcher Verfuch. Leipzig, Breitkopf &
Härtel, 1887. (90 S. gr. 8.) M. 2. —

Eine wackere, flcifsige und kluge Arbeit. Man darf
dem jugendlichen Verfaffer herzlich Glück wünfehen zu
diefem speeimen eruditionis. Verf. läfst Hegel's VorKopf
und Herz erfrifchen will, der nehme feine von I Heilung von der Offenbarung, eine fehr wefentliche und
Chriftlieb gefammelten Abhandlungen zur Hand und lefe nachdrücklich betonte Vorftellung in feiner Religions-

philofophie, im Zufammenhange feiner Gefammtweltan-

eine oder die andere durch. Heutzutage, wo es fo vielen
felbftverftändlich ift, zu haben und zu befitzen in Kirche
und Vaterland, ift es fo heilfam, die zu uns reden zu
laffen, welche gefucht und gefunden haben und trotz
des Ernftes der Zeit fröhlich in Hoffnung gewefen find.
— Glaubrecht hatte Verf. in feinem Pfarrhaus zu Lindheim
, Hundeshagen, den älteren Mann, hier und da im
Freundeskreife und bei ernften Berathungen kennen gelernt
, mit den letzten beiden war er felbft durch Freund-

fchauung entftehen und macht fie recht gut verftändlich.
Seine Darfteilung ift klar und fehr gewandt. Sie wird
denen, die Hegel noch immer nicht begriffen haben,
gute Dicnlte thun können. Wer fich erftmals über Hegel's
Religionsphilofophie orientiren will, darf auch befonders
auf das Schriftchen hingewiefen werden. Verf. ift ein
Schüler — ob direct oder indirect habe ich nicht con-
ftatiren können — von Biedermann, Lipfius, Pflciderer.

fchaft verbunden. Julius Königer, heffifcher Haupt- Er betont fehr mit Recht, dafs Hegel's Vorftellung von