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Ausgabe:

1887 Nr. 17

Spalte:

409

Autor/Hrsg.:

Baur, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Prinzess Wilhelm von Preussen, geborene Prinzess Marianne von Hessen-Homburg. Ein Lebensbild aus den Tagebüchern und Briefen der Prinzess 1887

Rezensent:

Meyer, Ernst Julius

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409

Theologifche Literaturzeitung. 1887. Nr. 17. 410

welche der Papft fäet, fo wird man den Preis feines
Händedrucks anders würdigen1 (S. 21).

Es wird keine gute Saat fein, die dann aufgegangen

bei feiner lebhaften Phantafie ein begeifterter Verehrer
der Dichter, befonders Jean Paul's, durch Tholuck in
feinem Glaubensleben und feiner theologifchen Erkennt-

fein wird! Soll fie den Weizen evangelifchen Glaubens nifs vertieft, hat Appuhn, eine frifche, lebensvolle Per-
nicht erfticken, dann mufs allerdings unfere evangelifche | fönlichkeit, ein kerniger, volksthümlicher Mann mit klarem

Kirche, an welcher der Staat, als er in feinem Kampfe
gegen Rom ihre ,Aufsenwerke' vertheidigte, ,nicht die
Unterftützung gefunden hat, welche er erwarten durfte',
die ,evangelilche Volkskraft wach rufen, welche der
Politik andere Ziele ftecken, aber auch wirkfame Mittel
darbieten wird' (S. 22).

Crefeld. F. R. Fay.

Baur, Wilh., Prinzess Wilhelm von Preussen, geborene
Prinzefs Marianne von Heffen-Homburg. Ein Lebensbild
aus den Tagebüchern und Briefen der Prinzefs.
Hamburg, Agentur des Rauhen Haufes, 1886. (VIII,
355 S. gr. 8.) M. 4.50; geb. M. 6.—

Prinzefs Wilhelm von Preufsen, Tochter des Landgrafen
Friedrich V. von Heffen-Homburg, geboren den

14. October 1785, geftorben den 14. April 1846, die in I gebung befonders »i^te^t^S^e SHÖrtV^hbbkt*

Kopf, mit warmem Herzen und charaktervoller Thatkraft,
in feinem Amte, und über die Grenzen feiner Gemeinde
hinaus Vielen, und nicht zum wenigften feinen Amtsbrüdern
, auf die er u. A. als ein Hauptführer der Gnadauer
Conferenz eingewirkt, zur Ueberwindung des alten
Rationalismus und zur Förderung des Glaubenslebens
wefentliche Dienfte geleiftet. Er war dazu um fo ge-
fchickter, je unbefangener und je felbftlofer, je freier
von allen Prätentionen er auftrat, ein demüthiger und
liebenswürdiger Chrift. Für die Provinz Sachfen, in deren
neuere Kirchengefchichte die Gcfchichte feines Lebens
und feines Amtes wefentlich mit verflochten ift, hat der
freimüthige, glaubenswarme und geiftvolle Zeuge des
Evangeliums, der auch als Mitglied der geiftlichen Behörde
der kirchlichen Bureaukratie entgegenzuwirken verflucht
hat, eine hervorragende Bedeutung. Im Jahre 1848-
hat er in mannhafter Oppotition gegen die in feiner Ura-

der Zeit der Befreiungskriege nach dem Tod der Königin perfönlichen Muth und Energie bewiefen und nicht min-
Louife eine hervorragende Stelle am preufsifchen Hole | der grofse Klugheit

als die erfte Vertreterin des königlichen Haufes einge- Das intereffante, in die verfchiedenften Situationen-

nommen, wahrend ihr Gemahl für das Vaterland lein , einführende und zugleich erbauliche Lebensbild diefes
tapferes Schwert geführt, gehört zu den, edelften furftlichen - Mannes hat eine weibliche Feder unter Benutzung von
Frauengeftalten der neueren Zeit. Nicht gerade eine , eigenen Niederfchriften desfelben in trefflicher Weife ge-
,geniale' brau, aber von lebhaftem, für die verfch.eden- zeichnet Mit feinem weiblichen Takt, ohne weibliche
ften Intereffen empfänglichen Gehle und tiefem Gemuthe, i Ueberfchwänglichkeit, hat die Verfafferin in wohlthuen-
jft fie auch eine lebendige Chnfl.n, ebenfo fefl und tief , dem Gegenfatz zu nicht wenigen Biographen, die immer
im Glauben gewurzelt, als mild und weitherzig, gereift leich ejn Bi,d der gej & ^ d'er ihr Mann

unter perfönlichem Leide wie unter dem Wehe des
Vaterlandes, das fie mit ftarker Seele getragen und in
edler Hingabe mit durchgerungen, in nahem Verkehr mit
den grofsen Führern der deutfehen Erhebung, u. A. mit
Stein und Blücher, in chriftlicher Liebe thätig zur Heilung
der Nöthe des Volkes und der Gemeinde. Das find
die Züge in dem Lebensbilde der edlen Fürftin, die der
Verf. mit warmer Liebe und lebensvoller Anfchaulichkeit
in breiten Strichen zeichnet; was er in feinen Gefchichts-
und Lebensbildern nur fkizzirt, das hat er hier aufs
Reichfte ausgeführt und allfeitig ergänzt, nachdem fich
ihm dazu ganz neue und höchft ergiebige Quellen in den
Tagebüchern und Briefen der Prinzeffin erfchloffen, die
ihm deren Tochter, Prinzefs Carl von Heffen, mitgetheilt,
abgefehen von anderem biographifchem Material, das fich
ihm geboten hat. Unter den mitgetheiltcn Briefen an

gelebt, fich darauf befchränkt, das Zeitgefchichtliche nur
in der unmittelbaren perfönlichen Beziehung auf ihren
,Helden', wie es in fein Leben eingreift und fich in feiner
Perfönlichkeit wiederfpiegelt, in feine Darftellung hereinzuziehen
, und hat es fehr wohl verftanden, die charakte-
riftifchen Züge und Erlebnifse hervorzuheben. Die Leetüre
des frifch und lebendig gefchriebenen Buches ifii
ein Gcnufs.

Dresden. AI ei er.

Schmidt, Pfr. Dr. A. F., Ein theologisches Asyl. Kritifche
Aphorismen über die prinzipielle und zeitgemäfse
Bedeutung der evangelifchen Myftik für Lehre und
Leben. Cannftatt,Bosheuyer, 1887. (79 S. gr. 8.) M. 1.20.

die Prinzeffin find von befonderem auch kirchlichem In- *. rji •<-.. tu j- m n-i u - .. * t c

rr A ,. v, • r . ir 1 j.. . ■ Dane Scnutzlchnft für die Myftik bietet uns der Verl.

fmrr»im 11 A rlm Krmm npt; Hrwhwm wnn .Sr<-in rmr ■ ........ _ J . . ....

teereffe u A. die Briefe des Freiherrn von Stein, der j jn eigenthümlicher Form. Sie "riebt in thetifchen und
fehr ubel zu reden ift auf die Aufklarer und Metaphy- ; kritifchen Aphorismen the.ls eigene Reflexionen desVerf.'s
fiker', die den einlaltigen Ichlichten Bibelglauben hinwegexe- 1 ■- " - r

gefirt, die alte deutfehe Biederkeit und Treue hinwegräfonnirt

theils Proben aus der myfiifchen Litteratur. Wir theilen
zunächlt das Wefentliche ihres Inhalts mit Den Begriff

unddenfehhchten, gefundenMenfchenverllandverdunkelt; der Myftik beftimmt Verf. dahin, dafs es ihre Abficht
dagegen rühmt er in etwas eigenthümlicher Weife Herder :ft ^ ^ auf dem w traditionellcr piftjs auch
als feinen Mann, der einen kräftigen, gefunden Menfchen- , njcht zunachft durch rfie Diafektik der Gnofls, ^ndern
verftandfeinen rel.giofen, tugendhaften Sinn, einen zarten, : auf immediatem Eindruck des Ueberf.nnlichen als eines
feinen Gefchmack' befeffen und .damit einen grofsen j Gegenwärtigen, Offenbarungswilligen und mit innerem
r.effinn, eine grofsen Gelchrfamke.t verbunden'. j Sinne Wohlwahrnehmbaren das Heil und die Wahrheit

Dresden. Meier.

Walther, L., Erinnerungen aus Wilhelm Appuhns Leben. Aus

feinen Aufzeichnungen zufammengeftellt. Mit Portr.
Gotha, F. A. Perthes, 1885. (V, 342 S. gr. 8.) M. 5.—

Wilhelm Appuhn, geb. am 4. Oct. 1804 in Groningen
bei Halberftadt, geft. den 6. Juni 1882, vom Jahre
1852 an bis zum Jahre 1871 Domprediger und Confifto-
rialrath in Magdeburg, hat f. Z. in grofsem Segen gewirkt
und als reichbegabter Prediger wie als ascetifcher
Schriftfteller in weiten Kreifen fich einen Namen erworben
. Im Rationalismus, aufgewachfen, als Student

zu ergreifen'. Sie repräfentirt ihm einen Fortfehritt
über das reformatorifche Bekenntnifs hinaus, fo-
fern diefem das Bedürfnifs der Sündenvergebung das
Einzige und Primitive ift, während dem Myftiker das
Vacuum einer nach Gott dürftenden Seele im Vordergrund
fleht, welches erfahrungsgemäfs ernfte und edle
Seelen tiefer ergreift als jenes. Sie ift eine befondere
Hülfe für die Apologetik unferer Tage; denn indem
fie ,über die gewöhnliche Führung hinaus' einen eigenen
Verkehr der Seele mit Gott begründet, kommt fie in
befonderer Weife allen denen entgegen, welche trotz
ihrer Gottentfremdung das ftille Heimweh der Seele
nach Gott im Sinne von Pf. 42 empfinden. Alles in