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Ausgabe:

1887

Spalte:

369-371

Titel/Untertitel:

Annales du Musée Guimet. Tome IX 1887

Rezensent:

Wiedemann, Alfred

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Hamack, Prof. zu Marburg,und D. E. Schürer, Prof. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
die 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°z 16.

13. Auguft 1887.

12. Jahrgang.

Annales du Musee Guimet T. IX. (Wiedemann).

Vetus Testamentum Graecum, cura Leandri van
Ess (Schürer).

Ryffel, Cnterfuchungen über Micha (Stade).

Gla, Die Originalfprache des Matthäusevangeliums
(Schnapp).

Antiqua Mater. A Study of Christian Origins

(A. Harnack).
Wilpert, Ein Gemälde aus der Katakombe der

h. Domitilla (Ficker).
Blicke auf die Gefchichte der lateinifchen Bibel

im Mittelalter III. (Ranke).

Döllinger und Reufch, Die Selbftbiographie
des Cardinais Bellarmin (A. Harnack).

Burggraf, Die Moral der Jefuiten (Fay).

Previti, Giordano Bruno (Reufch).

Büch fei, Erinnerungen aus dem Leben eines
Landgeiftlichen. 4. Bd. (Meier).

Annales du Musee Guimet. Tome IX. Paris, Leroux, 1886. ; und ward von Sharpe und Bonomi, The sarcophapis of

,or . 1 Oimenepthah L, London 1864, publicirt. Die Mumie

Inhalt: Les hypogees royaux de Thebes Par M. E. Lefebure. j fehlte; fie ward in einem weifsen Holzfarge in dem Ver-

1. divislon Le tombeau de Seti I", public in extenso avec la • fteck von Der el bakari entdeckt und befindet fich nun-

collaboration de MM. U. Bouriant et V. Loret et avec le con- j mehr wohlerhalten im Mufeum ZU Bulaq.

cours de M. Ed. Naville. (31 S. m. 235 autogr. Taf.) r)je Grabreliefs enthalten einmal Darftellungen des

Das Werk, deffen erfter Theil hier vorliegt, ift be- | Königs, wie er von den Gottheiten des Kreifes des Sonnen-
ftimmt, eine empfindliche Lücke in der aegyptologifchen ! gottes und desOfiris imjenfeits empfangen wird, dann aber
Literatur auszufüllen. Seit Champollion und Rofellini eine Reihe reich illuftrirter Werke, die fich auf den Todten-
1829 Theben befuchten, wufste man, welch einen reichen j cultus und auf die Topographie der Unterwelt beziehen.
Schatz an religiöfen Infchriften hier die Königsgräber 1 Zu erfteren gehören die Sonnenlitaneien, Anrufungen an
enthielten; aber bei den Schwierigkeiten, welche einem Ra, welche man Angefichts von 75 Statuettchen des
längern Aufenthalte in denfelben, mehrere Kilometer I Sonnengottes auszufprechen hatte, und das Ritual vom
vom Nile entfernt, in den nur mit Mühe erhellbaren, j ,Oeffnen des Mundes', deffen Inhalt eine Reihe von heiligen
von fchlechter Luft erfüllten unterirdifchen Gängen, ent- ! Handlungen bilden, welche von verfchiedenen Perfönlich-

gegentraten, hatte fie keiner der neuern Reifenden einem
genauem Studium unterzogen. Erft 1883 benutzte Lefebure
einen zweimonatlichen Aufenhalt in Theben zu
dieiem Zwecke und copirte mit Hülfe einiger anderer
Aegyptologen die Texte an den Wänden der verfchiedenen
Gräber. In vier Bänden gedenkt er feine Refultate zu
publiciren, der erfte vollendete giebt die Infchriften des
Grabes Seti I; der zweite foll die des Grabes Ramfes III,
der dritte die Varianten, welche die übrigen Gräber enthalten
, und der vierte endlich eine Befprechung des Inhaltes
der Texte u. f. f. vorführen.

Das Hauptgewicht ift in diefem Bande auf die Tafeln
gelegt worden, welche die Infchriften nach ihrer topo

keiten bei der Statue des todten Königs vollzogen werden
follten. Befchreibenden Inhaltes find das Buch von der
Unterwelt, das Buch vom Amtuat, die Legende von der
Aufrichtung des Himmelsgewölbes und eine aftronomifche
Karte des Himmels mit Beifügung einer Lifte der Dekane.
Die Texte berichten dabei vor allem die Fahrt des
Sonnengottes während der Nacht von Wellen nach Often,
fchildern die Räume, welche er während der 12 Nacht-
ftunden zu durchwandern hatte, ihre Thorhüter, die guten
Dämonen, welche den Sonnengott unterftützten, und die
böfen, welche ihm entgegentraten, ihre Geftalt u. f. f.
Die Zahl der dabei erwähnten Gottheiten ift eine ungeheuere
, fie wechfelt fortwährend und es fcheint eine

graphifchen Vertheilung Gang für Gang und Saal für j Hauptbefchäftigung der Priefterfchaft gewefen zu fein,
Saal darftellen. Die Reproduction ift klar und über- 1 das Bild diefer Räume immer bunter und bunter zu ge-

fichtlich und die Wiedergabe, foweit anderweitige
Copien mir eine Vergleichung geftatten, durchaus cor-
rect. Auf eine paläographifch genaue Copirung der
einzelnen Zeichen ift freilich verzichtet worden; es hätte

Halten. Da fich die hierauf bezüglichen Texte faft aus-
fchliefslich in Theben gefunden haben, fo liegt in ihnen
wohl die thebanifche Auffaffung des Sonnengottes vor,
welche in einem gewiffen Gegenfatze fleht zu der helio-

dies die Arbeit ungemein erfchwert, ohne wiffenfehaft- politanifchen, wie fie uns im Todtenbuche, den Pyramiden-

lich entfprechenden Nutzen zu bringen; eine Separat
publication von 30 Tafeln foll übrigens die kunfthiftorifch
intereffanteren Partien vorführen.

Im Allgemeinen find die Texte gut erhalten, doch
fehlen mehrere gröfsere Basreliefs und Pfeiler, welche
ausgebrochen und in die Mufeen zu Paris, Florenz und
Berlin gebracht worden find. Aufserdem haben moderne
Sammler und die Araber zahlreiche Hieroglyphen ausge-
fägt und fortgefchleppt und bei diefer Gelegenheit die
umliegenden Theile der Infchriften zerftört. Als Belzoni
1815 das Grab eröffnete, war es noch ganz unverfehrt,

texten und ähnlichen Compofitionen entgegentritt. Vereinzelt
fich auch an anderen Orten — bef. auf iaiti-
fchen Sarkophagen — findende Darftellungen der theba-
nifchen Lehren können gegen deren oberägyptifchen
Urfprung Nichts beweifen, da die Aegypter ftets fyn-
kretiftifchen Tendenzen gehuldigt und die verfchiedenen
Localculte trotz innerer Widerfprüche neben einander
verwendet haben. Zeitlich fällt die Hauptblüthe
diefer Religionsauffaffung in die Periode der 18—20.
Dynaftie; fpäter unter den Saiten und Ptolomäern wurde
fie wieder hervorgefucht, wohl mehr aus abergläubifchen

obgleich ein Papyrus aus der Zeit Ramfes X uns be- J als aus wirklich religiöfen Beweggründen, wie man da-
richtet, dafs es bereits damals von Dieben ausgeraubt ! mals überhaupt mehr auf die Zahl der zu Hülfe geworden
fei. Diefelben haben fich jedenfalls darauf be- i rufenen Dämonen als auf den Sinn der einzelnen Ge-
fchränkt, die Werthgegenftände fich anzueignen, Infchriften j Halten Gewicht legte.

u. f. f. dagegen unberührt gelaffen. Der Sarg aus | Der die Tafeln begleitende Text ift fehr kurz ge-
Alabafter ftand, freilich mit zerbrochenem Deckel, an | halten. Er fchildert den Eindruck, den das Thal der
Ort und Stelle, er ift jetzt im Soane-Mufeeum zu London ! Königsgräber in feiner Oede und Einfamkeit auf den

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