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Ausgabe:

1887

Spalte:

321-323

Autor/Hrsg.:

Bois, Henri

Titel/Untertitel:

La poésie gnomique chez les Hébreux et chez les Grecs, Salomon et Théognis 1887

Rezensent:

Horst, L.

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I

Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Marburg,und D. E. Schürer, Prof. zu Giefsen.

Erfrheint . '' ,'" '" ' . , ,. ,Prei*

alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 14.

16. Juli 1887.

12. Jahrgang.

Bois, La po£sie gnomique chez les Hebreux
et chez les Grecs (Horn).

Ledrain, La Bible, Tome I (Guthe).

Holtzmann, O., Das Johannesevangelium
(Schiirer).

Heinricl, Erklärung der Korinthierbriefe.
2. Band (Schürer).

Loofs, Leontius von Byzanz (Möller).
Magani, Ennodio. 3 Vol. (Vogel).

Bois Henri La poesie gnomique chez les Hebreux et chez verhindert, S. 133 von ihrem Syftem zu reden. Ihre ein-
Ip'c. Grecs' Salomon et Theognis. These publique- : zig? eigentümliche Idee ift die der Weisheit, genauer
les brecs, öaiomon er in ug h^iL:- nro ' ge<agt, nicht e.nmal diefe Idee an fich, fondern die Stel-

ment soutenue devant la faculte de theolog.e pro fungf wdche fie bd ihnen einnahm> und die Entwicklungi
testante de Montauban, pour obtenir le grade de wdche fie unter ihren Händen durchmachte. Sie ift der
bachelier en theologie. Toulouse, 1886. (330 S. gr. 8.) | Grundgedanke des Spruchbuchs, theoretifch, als Erkennt-
H Bois' Schrift ift forgfältig gearbeitet, unter Be- : nifs Iconnaissance), praktifch, als Fertigkeit und Kraft
rückfichtigung auch der deutfchen Literatur des Gegen- j Uiabiletejorce), beides ungetrennt und beständig ineinander-
ftandes, deffen Wahl ein erfreuliches Zeichen ift. Steht fpielend. Das Ziel, zu dem fie führt, ift das Glück, das ift,
es doch fchlimm, wenn der Theologieftudirende alles, | vor allem, nach echt hebräifcher Weife, langes Leben,
was nicht jüdifch und chriftlich ift, als fremdes Gebiet j Nachkommenfchaft, Reichthum. Die Weisheit ift die
betrachtet. Kenntnifs der dazu führenden Mittel, alfo zunächft welt-

Nachdem Verf. das Verhältnifs der lyrifchen Dich- | liehe Klugheit; allein man darf dabei Gott nicht aufserhalb
tung zur gnomifchen erörtert, entwirft er eine Skizze : der Rechnung laffen, von deffen Wohlwollen alles ab-
der Entwicklungsgefchichte der letzteren bei den He- j hängt. So befteht denn die Weisheit vor allem in Ge-
bräern und Griechen (S. 1—38). Die Urfprünge find | rechtigkeit und Frömmigkeit und wird Religion und Sitt-
bei den Hebräern dunkel, Salomo ift der Begründer der hchkeit die Thüre weit geöffnet, dies zwar lange nicht

gnomifchen Poefie jedenfalls nicht, aber feine Herrfchaft
war ihrer Entwicklung günftig. Der falomonifchen
Legende liege immerhin fo viel Wahrheit zu Grunde, dafs

immer ohne Beigefchmack von Utilitarismus.

Nun nimmt der Begriff der Weisheit feinen Auffchwung.
Vom Menfchen wird er auf Gott übertragen und wird

der König felbft die Weisheit gepflogen habe, ihr einen j zur göttlichen Weisheit, welche nun wieder zum Menfchen
mächtigen Impuls gegeben und einer der gröfsten Gno- herabfteigt und die Quelle aller menfchlichen Weisheit
miker feiner Zeit gewefen fei. Im weiteren Verlauf der ift. Zunächft als Eigenfchaft Gottes aufgefafst, tritt fie
Entwicklung nahmen die Chakamim einen immer wich- j im achten Capitel perfonificirt, noch nicht aber, nach der
tigeren Platz ein. Wie fehr Verf. über Salomo's Rolle Anficht des Verf.'s, als Hypoftafe auf. Das fcheitit mit
zurückhaltend ift, fo ift er es, u. E., doch nicht genug, feinen weiteren Ausführungen S. 103 nicht gut zu ftim-
Dafs diefer einer der gröfsten Gnomiker feiner Zeit war, [ men, allwo er, was die Disciplin betrifft, die Thätigkeit
ift trotz allem eine gewagte Behauptung, und auch über I Gottes und die der Weisheit auseinander hält, der göttfeine
politifche Weisheit denkt Verf. allzu günftig. Er liehen Weisheit das Amt des Lehrens und Rügens, Gott
hätte gut daran gethan, die Ueberlieferung über Salomo j das Amt des Strafens überträgt. Dann ift die Weisheit
prüfen. Will man einen literarifchen Auf- j doch wohl bereits mehr als nur eine poetifche Perfoni-

fchwung unter ihm anfetzen, fo darf wenigftens der Hin
weis darauf nicht fehlen, dafs die Gnomik nicht allein
dabei betheiligt war. Es wäre dem Lefer fehr lieb gewefen
, wenn Verf. über die beftändige Bereicherung der
Schätze der Weisheit nach Salomo und über Rolle und
Stellung der Weifen fleh nicht blofs mit einigen allgemeinen
Sätzen begnügt hätte. Der Vergleich mit den
griechifchen literarifchen Verhältnifsen, mit dem die Ein

fication?

Aus der Idee der Weisheit entfpringt und an die-
felbe reiht fleh die Idee der Disciplin, vollzogen durch
das lehrende und ermahnende Wort und durch die Züchtigung
, einestheils von Gott und feiner Weisheit, anderes-
theils von den Menfchen — Eltern und Weifen. Hier giebt
fich der Verf. fehr viel Mühe, um zu erörtern, auf welchem
Wege wohl die Erweiterung der elterlichen Dis-

leitung fchliefst, ift recht anfprechend ausgefallen. eiplin zu der Ausübung derfelben durch die Weifen ge-

Der erfte Theil der Schrift handelt vom Buch der fchehen fein mag, wie die Weifen dazu gekommen find,
Sprüche (S. 39—174). Die kritifchen PTagen über Ur- J lehrend aufzutreten, warum in den Sprüchen von der
fprung und Zufammenfetzung desfelben liegen aufserhalb ! praktifchen Disciplin, der Züchtigung, fo wenig die Rede
des Plans des Verf.'s, der fich hierin einfach an Brufton ift, um dann auf 14 kleinen Seiten die Lehren der
anfchliefst. Es handelt fich für ihn darum, bei der Viel- . theoretifchen Disciplin, den Hauptinhalt des Spruchbuches,
heit der Verfaffer und der Gleichheit des Inhalts — nur 1 zu abfolviren. In diefem Abfchnitt fällt am meiften in
in der Idee der Weisheit ift ein Fortfehritt bemerkbar —, die Augen, was, u. E., der Hauptfehler diefer Schrift ift:
bei dem Mangel an jeder Claffification der Sprüche im der Mifsbrauch der logifchen Combinationen und der
Spruchbuch felbft, den Grundgedanken zu finden, an den pfychologifchen Deductionen. Der Charakter des Spruch-
fie fich wie an einen goldenen F"aden reihen laffen, um ■ buchs kommt dabei nicht zu feinem Recht; aus dem
fo zu einem geordneten Ueberblick über das Ganze zu ! Spruchbuch wird das Syftem der hebräifchen Weifen
gelangen. abftrahirt und fo der Sammlung der Stempel einer inne-

Verf. giebt fich zunächft eine allzugrofse und etwas j ren Einheit aufgedrückt, welche fie, jedenfalls in diefem
überflüffige Mühe, eingehend zu beweifen, dafs die hebräi- ; Mafse, nicht befitzt.

fchen Weifen keine Philofophen gewefen find, was ihn nicht i ImFolgenden befpricht Verf.in fehr verftändiger Weife
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