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Ausgabe:

1886 Nr. 3

Spalte:

53-55

Autor/Hrsg.:

Volkmar, G.

Titel/Untertitel:

Epistulam Plycarpi Smyrnaei genuinam 1886

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1886. Nr. 3.

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lerifcher Speculation ausgebeutet wird. Der Auszug mag I gründung diefes Verfahrens hat der Herausgeber nichts
gut oder fchlecht fein, er ift an fich fchon etwas Un- beigebracht.

ftatthaftes. Diefe Behandlung einer der wichtigften Fragen aus

Für einen künftigen felbftändh'en Bearbeiter eines j der altchriftlichen Literaturgefchichte darf als antiquirt
folchen Werkes füge ich nur noch den Wunfeh bei, dafs | gelten. Ich würde nicht auf fie eingehen, wenn fie nicht
nicht der Text Tifchendorf's fondern derjenige von j den heute gewonnenen Stand der Frage mit Verwirrung
Weftcott und Hort zu Grunde gelegt, oder eine eigene ' bedrohte. Der Polykarpbrief ift untheilbar: entweder er
Recenfion gegeben, und dabei auch ein ausgewählter ift echt — welche Bedeutung feine Echtheit für die Igna-
textkritifcher Apparat mit»etheilt werde. { tiusfrage hat, ift bekannt — oder er ift unecht. Die Inter-

r. . . .. polationshypothefe 2) fcheitert, von Anderem abgefehen,

üielsen- QChurer. | an zwej Gruppen von Beobachtungen. Erdens ift die

,., .. , ATT ~~P~, u-u 1 Abhängigkeit vom I. Clemensbrief in den angeblich interWalter
. Paft. Emil, Die Sprache der revidirten Lutherbioei. polirten stücken eben diefelbe wie in den echten Be

Auf der Grundlage feiner Schrift ,Die fprachliche Be
handlung des Textes in der Probebibel' nach ihrem
Verhältnifs zur Luther'fchen und Luther-Canftein'fchen
Bibelfprache befchrieben und kritifch unterfucht. Bernburg
, Schmelzer, 1885. (58 S. gr. 8.) M. 1. 20.
Walter wendet fich gegen die böfen Germaniften,
von denen er glaubt, dafs fie befondere Neigung für das
^rchaifiren haben. Wie die Dinge fich wirklich verhalten,
habe ich in diefem Blatt 1885 Col. 572 dargelegt. Auch
in der Beurtheilung fprachlicher Thatfachen befteht zuweilen
eine kleine Disharmonie zwifchen Walter und den
Germaniften. Allein das hindert uns nicht, feine Schrift

ftandtheileiv1). Eine kurze Mufterung jener fei geftattet.
In Polyc. I findet fich das ganz feltene Wort icyinrcge-
■mg, vgl. / Cletn. 13, 3 — Polyc. 3: iyv.viizrcit, diefes
auch nicht häufige Wort ift dem Clemens geläufig, f.
c. 40. 45. 53. 62 — Polyc. 3: 0 r/ojy äydrtijv xz'K., vgl.
/ Cletn. 49 — Polyc. 9: daxsiv näaav vnöfiov^v yiX. (es
folgen die Apoftel), vgl. IC/cm. 5. 6 — Polyc. 9: ovy. eig
y.tvov i'ögauav, vgl. I Clcm. 6, 2 — Polyc. 9: tlg zbv bqtti-
Xöfzevov /.iL, vgl. / Clem. 5, 4 — Polyc. 11: ,qui estis in
prineipio etc.1*), vgl. I Clcm. 47, 2 — Polyc. 12: yonfido
enim, -cos bene etc.', vgl. I Clcm. 53, 1. Volkmar ift auf
diefe Beobachtungen überhaupt nicht eingegangen. Es
wäre intereffant zu erfahren, wie er fich mit ihnen ausfür
eine recht verdienftliche zu erklären: in keiner der j einandergefetzt hat; denn unbekannt können fie ihm
uns bekannt gewordenen Schriften findet fich ein fo dra- : fchwerlich geblieben fein. Traut er dem angeblichen
ftifches Bild der zahllofen Inconfequenzen, deren die Probe- j Fälfcher die Einficht und die Verfchlagenheit zu, dafs
bibel in fprachlicher Beziehung fich fchuldig gemacht, derfelbe die Abhängigkeit des Polykarpbriefs vom Cle-
Ob fich wohl noch ein Kämpe finden wird, der mensbrief erkannt und demgemäfs in feine Interpola-
diefe Grundfatzlofigkeit zu vertreten wagt: tionen ebenfalls Clementinifches eingemengt hat?

Bare] O. Beha^hel. Zweitens zeigt die Identität des Stils und Charakters

der angeblich interpolirten Stücke die Einheit der Ver-
-r u 11 j 1 t a 1 vx i,,,.,, faffer. Hier verdankt man Lightfoot in feiner neuen

Tappehorn, Ehrendomhr. Landdech. Pfr. Ant, Ausser- ; Ausgabe der ignatiusbriefe unS des Polykarpbriefes, die

biblische Nachrichten, oder die Apokryphen über die 6e- ich demnächft in diefer Zeitung anzeigen werde, wichtige
burt, Kindheit und das Lebensende Jesu und Maria. Be- : Beobachtungen. Lightfoot fchreibt (f. Vol. I p. $9&sg.):
leuchtet. Paderborn, F. Schöningh, 1885. (88 S. i ,Da ift in c.^ eine Schnur von Relativfätzen og ytvöfievog
<y 8 ) M 1 — ■ •• yal »lg «S luv... fjttg eari y.tX., ganz

', , „ ' ' , jj . . : D, nach Polykarps Manier (z. B. c. 1 Sß vsitittivev . . . or

Verfatfer. Ehrendomherr, Landdechant und Pfarrer ::.,UUEV . . . dg g„ my id„,Ttg . . . eig tiv nolloi v<) f
in Vreden, hat fich nie entfehhefsen können, die aufser- , cc 2 8 I2). da ift das Wort ohodo^uiöllai, welches
bibhfehen Nachrichten über Jugend und Lebensende der ■ mebr als emmai fonn- noch in dem Briefe begegnet
Mutter Gottes, fowie über jefu Kindheit in der Predigt !CC. 11. 12. 13); da findet fich ferner ein Lieblingsausoder
im katechetifchen Unterricht zu verwerthen. Um druCK p0lykarp's tig zt]v önif&ioiv niaziv (vgl. c. 4 Iv
fich ein felbftändiges Urtheil zu bilden, hat er den neu- - do'dtia^ at icug H lotet, c. 7 zbv 1% «oyrjc viuv :,aqa-
teftamentlichcn Apokryphen eingehendere Studien zuge- dolrtvia 'löyov, c. Ii Jocum qui datum est ei'); 'ferner ein
wendet, deren Kefultat vorliegende, mit Genehmigung Citat aus dem Qalaterbrief (4, 26), der auch fonrt von
des hochw. bifchöflichen General-Vicariats zu Munfter p0iyb. citirt jn. (6> 7 in c C). ferner die Formel des Polygedruckte
, Schrift darftellt. Er befpricht darin hauptfach- barp #efiv ^ai Xqiöt6v, die fonft noch zweimal in dem
lieh das Protevangclium, das Thomasevangelium, das Briefe vorkommt, aber nicht ein einziges Mal in den
Pfeudo - Matthäusevangehum, das Evangelium de nativi- ! Ignatiusbriefen; ferner der Ausdruck httttMtv dr/.aioavvng,
täte Manae, das Evangelium Nicodemi und die verfehle- die Worte find an fich gewöhnlich, aber fie find in dem
denen Darftellungen des Todes der Maria. Was er da- p olykarpbrief häufiger als gewöhnlich (sveoh' c. 2. 4. 5,
rüber fagt, ift, foviel die katholifche Tradition dem Ur- p lvltilcwilia c. 6. 13; öixcuoovvr, cc. 2. 4. 5.8.9); fchliefs-
theil freien Spielraum läfst, meift richtig, zuweilen treffend. iich bndet flch noch ein anderer von Polykarp gern ge-
Strafsburg iE. H. Holtzmann. brauchter Ausdruck iiaußav lau näorjg äiiagriag (f. c. 4

__________ 1 ftüXQUV ovaag ifäac]g uiiagziag, c. 6 /scc/.guv ovztg nctOrig

Volkmar, G., Epistulam Polycarpi Smyrnaei genuinam, sub- tpilaQyvqtac). Demnach ift der Charakter diefes Abfchnitts
iuneta interpolatione Ignatiana, recensuit G. V. Zürich, vom Anfang bis zum Ende durchaus polykarpifch.'
c-u ■ _ 00 r o , „ o- Man wird zugeftehen muhen, dafs man in Bezug auf

Schroter. 1885. (12 S. gr. 4.) M. -. 80. cjnen Abfchnitt vSn 12 Zeilen - denn mehr umfafst das

In diefer Gratulationsfchrift hat Volkmar auf Grund incriminirte dritte Capitel nicht — nicht mehr Ueberein-
der Ausgaben von Zahn und Funk den Polykarpbrief ftimmungen mit dem Ganzen, welches felbft nur aus
griechifch und lateinifch abgedruckt, fo jedoch, dafs er wenigen Capiteln befteht, verlangen kann. Lightfoot hat
die Abfchnitte, welche von Ritfehl (Entfteh. der alt- j aber auch für die übrigen ausgemerzten Abfchnitte ähn-
kathol. Kirche, 2. Aufl. S. 5848".; als Interpolationen des 1 liehe Uebereinftimmungen nachgewiefen. Die Hypothefc

Fälfchers der Ignatiusbriefe ausgefchieden worden find, -r-r— . _ t _ . , . ,. _

ausgemerzt und an den Schlufs verwiefen hat'). Zur Be- : 2^ b' g.ege" f,e ,Zahn ^tias v- Ant'ocl»e» s- 497 ff.) u. A

1) Ganz ausgefchieden find die cc. 3. 9. 13, zum Theil ausgefchieden
die cc. I. II. 12, genau wie bei Ritfehl, mit einer kleinen Modification

3) S. die Ausgabe der Opp. Patr. App. von v. Gebhardt u. f. w.
I, 1 p. XXIV *jj>.

4) Zu diefer Stelle hat Volkmar eine Conjectur gemacht. Er will

in Uezug auf den Schlufsfatz in c. 10 und einem Satz in c. 11. 1 lefen: ,qui est testis in prineipio epislulae eins' [sie