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Ausgabe:

1886 Nr. 21

Spalte:

495-497

Autor/Hrsg.:

Eppel, Ch.

Titel/Untertitel:

Das Rätsel dieser Welt und seine Lösung durch die heilige Schrift. Ein Beitrag zur Apologie des Christentums 1886

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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Theologifche Literaturzeitung. 1886. Nr. 21.

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reformatorifchen Wahrheit in ihrer fchneidigen Beftimmt-
heit verlernt hat, wie Tie Gott die Ehre giebt und dem
Menfchen die Schande, wie fie jede Mitthätigkeit des
Menfchen, auch die feinde, abweift, während fonft überall
nur noch im beften Falle die immer matter werdenden
Laute eines evangelifchen Pietismus gehört werden,
der die gewaltigen Gegenfätze von Gott und Menfch in
unbeftimmter Frömmigkeit und leerem Gefühl hat verkümmern
laffen'.

Das find die Schlufsworte und zugleich die Ergeb-
nifse des Buchs, — eine Hinweifung auf die nieder-
ländifche reformirte Kirche als die einzig kraftvolle
Wurzel eines zukünftigen neuen, evangelifchen Kirchenthums
. — Sollte wirklich dort oder in Kohlbrügge's

Jeder Zweifel an der beften Abficht des Herrn Verf.s
und an feinem bienenartigen Fleifse ift völlig ausge-
fchloffen. J. Böhme und Oetinger vor Allen haben es
ihm angethan; ihre theologifchen Speculationen oder
auch Träumereien werden vorzugsweife citirt, und die
Art ihres Denkens und Darftellens ift ihm homogen.
Daneben hat der Herr Verf. Mofes Mendelsfohn und
Ebrards Dogmatik, Martenfen's und R. Rothe's Ethik
und ohne Zweifel eine Reihe natuwiffenfehaftlicher Bücher
und Schöpfungsgefchichten gelefen, und er verwendet
diefe Autoren, wie es der Gegenftand mit fich bringt.
Die Abficht der Arbeit ift augenfeheinlich, gebildete Gemeindeglieder
für die Weisheit des Chriftenthums zu gewinnen
und fie zu überzeugen, dafs das Chriftenthum

Gründung das Häuslein im Weinberg, die Hütte im oder genauer: eine chriftlich gefärbte Gnolis wirklich
Gurkenfelde fein? i alle Fragen des menfehlichen Geiftes beantworte und

Eine genauere Auseinanderfetzung mit den Anflehten
Z.'s ift hier nicht ftatthaft. Im Allgemeinen kann ich
nicht umhin, die Z.'fche Gefchichtsbetrachtung, die ich
mehr habe charakterifiren als kritifiren wollen, eine fub-

allen Zweifel löfe. Der Grundfehler des Buches ift darin
zu fuchen, dafs der Herr Verf. die Frage fich gar nicht
vorgelegt hat, welches die fubjektiven Vorausfetzungen
in denjenigen feien, welchen die Wahrheit des Chriften-

jective und tendenziöfe zu nennen. Es wäre ja möglich, j thums bewiefen werden foll. Dafs ganz beftimmte fitt

dass Z.'s Mafsftab und Urtheil richtig wäre, und dafs
Gott wirklich feine Chriftenheit in dem gewaltigen Wogen
und Strömen der modernen Zeit fo gar vergeffen und
verlaffen hätte. Allein Z.'s negatives Refultat macht
doch die andere Möglichkeit viel wahrfcheinlicher, die
nämlich, dafs die altreformirte Dogmatik als Norm des
gefchichtlichen Urtheils und die ganze, fubjectiv gefärbte
Art der Z.'fchen Gefchichtsanfchnuung ungeeignet find,
für das Verftändnifs der wunderbaren Wege Gottes mit
feiner evangelifchen Kirche als einziger Schlüffel und
Mafsftab zu dienen. Nicht nur, dafs fich für Z.'s Blick
fachlich die gefchichtlichen Gröfsenverhältnifse ftark
verfchoben haben: — wir glauben auch, dafs rechter
evangelifcher Glaube berechtigt und verpflichtet ift, die
Gegenwart anders zu deuten, als es von Z. gefchieht,
aus den vergangenen Jahrzehnten anderes zu lernen und
für die Zukunft anderes zu hoffen und zu erftreben. —
Einzelne Unrichtigkeiten finden fich, z. B. p. 55
(Herzog ift 1882, nicht 1883 geftorben), p. 67 (Pfann-
fchmidt ift nicht der einzige bedeutende Künftler, der
religiöfe Bilder liefert); p. 77 (das 50jährige Jubiläum

liehe Vorausfetzungen in der That vorhanden fein müffen,
kommt ihm nicht in den Sinn; in echt rationaliftifcher
Art will er alles demonftriren zwar nicht dem ordinären
Verftande, aber dem für Speculationen offenen Gemüth.
Auf phyfiko-theologifchem Wege unternimmt er esTheil I
Abfchnitt 2 das Dafein Gottes an fich zu beweifen; auf
einer Art von ontologifcher Bafis ruht der Beweis, dafs
Gott Liebe fei. Dafs wir dies nur aus der Offenbarung
Gottes in Chrifto wiffen, dafs es nur der
gläubige Chrift wiffen kann, dafs daher aufserhalb der
gefchichtlichen Offenbarung Gottes in Chriito, alfo aufserhalb
der Chriftenheit, niemals ein Menfch auf den Gedanken
kommen konnte und thatfächlich niemals auf
den Gedanken gekommen ift, dafs Gott Liebe fei,
daran denkt der Herr Verf. nicht. Wären ihm diefe Gedanken
gekommen, fo würde er von Chrifto aus und
von unferer Seligkeit in Chrifto aus feinen Lauf
begonnen und einen fichern Grund unter den Füfsen
gehabt haben, während fo alles in fpeculativer Luft
fchwebt. Denn es ift doch nur leerer Schein, dafs diefe
fpeculative Luft als biblifcher Realismus, wir würden

des Guft.-Adolf-Vereins war nicht 1883, fondern 1882); i denfelben lieber biblifche Maffivität nennen, uns ent-
p. 88 (der betr. Autor der Brüdergemeinde heifst Kol- j gegentritt. Die Bibel foll nach dem Herrn Verf., der
bing, nicht Kölling). Druckfehler find ziemlich zahlreich: ! übrigens felbftverftändlich optima fide operiert, min-

z. B. p. 1 (1. Mejer ftatt Meyer); p. 27, i. 6. 20. p. 30,
8 v. u.j p. 34 (1. Kurtz ftatt Kurz); p. 112, 9; 119, 16;
128, 9; 132, 13. 19; 134, 6. 15; 136, 11 v. u.; 140, 6 v.
u.; 142, 18; 144, 24. 25; 162, 6 v. u.; 171, 2; 175, 18;
186, 4; 189, 12; 191, 13.

Göttingen. W. Bornemann.

deftens ,Raum laffen' für haltlofe naturphilofophifche Einfälle
, fie foll jenes Gerede, welches überall entfteht, wo
phyfikalifche und ethifche Probleme und Potenzen ver-
mifcht werden, fort und fort fanetioniren. Man höre:
,in Gottes reiner Lichtwelt, wo alles Licht und Leben,
Friede und Freude war, drang die Sünde als Finfternifs
und Tod ein, indem fie einen Theil der freigefchaffenen

Eppel, Pfr. Ch., Das Rätsel dieser Welt und seine Lösung Wefen von Gott, dem Centrum des Lichtes und des
durch die heilige Schrift. Ein Beitrag zur Apologie des , Lebens, losrifs und die Liebe in Selbftfucht, die Ccn-

Chriftentums. Karlsruhe, Evang. Schriftenverein für
Baden, 1886. (XI, 228 S. gr. 8.) M. 3. —; geb. M. 4. —

,Und der Prophet Jeremia redete mit Baruch, dem
Sohne des Nerija, und fprach: du begehreft dir grofse
Dinge, begehre fie nicht' (Jerem. 45, 5). Referent ift
verfucht, dies als Motto über fein Referat zu fetzen.

tripe talbewegung in Centrif ugalbewegung verkehrte
, fo dafs diefe Welt feiiger Lebensharmonie in die
Brüche ging und auseinanderftob wie die Funken eines
Lichtes, auf welches ein Tropfen von dem feindfeligen
Elemente des Waffers gefallen ift — zerriffene Welten,
hinausgeftürzet in das leere Nichts, in die öde Nacht,
immer noch Licht, aber gefchwängert mit Finfternifs und

Grofse Dinge hat der Herr Verfaffer fich vorgenommen, j preisgegeben dem Kampfe widerftreitender Kräfte, die
Nicht weniger als alle FTagen der Kosmogonie, die in felbftifchem Drange bald fich fuchen und gatten, bald
Fragen über den Urfprung der Stürme, Erdbeben und | einander zurückftofsen und befehden — aufgehalten in
Wafferfluthen, der Sünde und des Uebels, über den Fall ihrem jähen Sturze und feftgebannt von der Hand des
Satans und feiner Genoffen, über die Erlöfung und über [Allmächtigen in den weiten Gottesfernen, wo das in
fpecielle und fpeciellfte Probleme der PJschatologie werden 1 fpröde Form eingekerkerte Leben nur träge fchleicht,
im Laufe der Darftellung aufgeworfen und wenn auch krampfhaft pulfirt, erftarrt und Hille fleht, und wo fie,
nicht beantwortet, fo doch mit einer Antwort bedacht. . immer noch getragen von Gottes Erbarmen fich abmühen
Und die arme Bibel rnufs der Märtyrer fein; fie wird in j müffen in halbem Leben, in eitlem Ringen zwifchen

ihrem Reden und in ihrem Schweigen daraufhin geprefst,
dafs fie wohl oder übel beftätigen mufs, was andere Leute
und der Herr Verf. fich ausgedacht haben.

Licht und Finfternifs, bis in der Zeiten Fülle der Bann
fich löft und fie wieder zurückkehren dürfen in den
ewigen Friedensfchofs, dem fie entftürzet find. Man mag