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Ausgabe:

1886 Nr. 17

Spalte:

396-397

Autor/Hrsg.:

Ludwig, Jac.

Titel/Untertitel:

Die reformierte Gemeinde in Fredericia 1886

Rezensent:

Schott, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1886. Nr. 17.

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Auch fcheint nicht mehr nur die Anklage auf Manichä- priscillianiftifche Kirchen im Bisthum Emerita fondern

ismus gegen Priscillian die Urfache der Verwirrung in
Spanien gewefen zu fein, neue Verhältnifse fpielen jetzt
hinein, die auf Grund der Mittheilungen Sch.'s noch nicht
zu überfehen find. Weiter ift Priscillian Bifchof geworden,
eine Synode in Saragoffa ift gehalten worden, und der
Schauplatz ift ein völlig anderer als im eriten Tractat.

Kirchen in Priscillian's Sprengel. Wie kann dort gegen
den Bifchof von Emerita geklagt werden? Endlich: ,die
meiften der Kleriker des Hydatius fagen fich von ihm
los', — wie erklärt es fich dann, dafs (f. u.) das Presby-
terium in Emerita dem Priscillian fich fpäter feindfelig
erweift: — An einer andern Stelle (Sch. p. 17) hören wir,

Emerita, Saragoffa, Priscillian's Bifchofsftadt [Avila1, Hydatius habe — wann? ift nicht erfichtlich — ,die sacer-
Aftorga, Corduba fcheinen jetzt betheiligt zu fein, — wo dotalis reverentia des Priscillian verletzt'. Dafs übrigens

aber eigentlich das Infectionsgebiet der priscillianiftifchen
Ketzerei gewefen ift, das bleibt dunkel. Auch im Einzelnen
ift in dem Referat von Sch. noch vieles räthfel-
haft. — Bei der Synode von Saragoffa fetzt Priscillian's
Bericht ein. Keiner feiner Freunde hat an derfelben

bei all diefen Gefchehnifsen der Verdacht der Ketzerei
gegenüber Priscillian und feinen Freunden eine Rolle
fpielt, erhellt aus dem Folgenden, durchaus unklar ift
aber bis jetzt der ganze Hergang. Flrfichtlich ift nur,
dafs die gröfste Aufregung Platz greift (omnia subita

Theil genommen (fo auch Sulpicius Severus), doch weifs fitere turbata), der Friede der Kirche dahin ift. Priscillian
Priscillian aus ficherer Quelle, dafs dort aus feinem und die Seinen reichen nun [das ,/tinc nos couvenli',

Kreife nemo accusatus, nemo convictus, nemo damnatus est
(Sch. p. 19). Hydatius von Emerita hat auf der Synode
eine Art von Regulativ für das chriltliche Leben (ein
commonitorium, quod velut agendac vitae polieret discipli-
nani) vorgelegt, und Priscillian erklärt nachträglich, inhaltlich
mit demfelben ftets vollftändig einverftanden
gewefen zu fein. — Diefe Angaben über die Synode
von Saragoffa weichen von denen des Sulpicius Severus
fehr ab, paffen aber fo gut zu den Acten der 380 gehaltenen
Synode von Saragoffa (Manfi III, p. 633—639),
dafs der Zweifel (f. Manfi) an der Identität der von Sulpicius
erwähnten Synode und der der Acten künftig ver-
ftummen darf. Diefe Erkenntnifs ift von doppeltem Werth:
zunächft wird die weitgehende Unzuverläffigkeit des Sulpicius
Severus offenbar und fodann erhalten wir wenig-
ftens einen feften Punkt für die Chronologie. Den
Anfang des Vorgehens gegen Priscillian wird man als-

welches die Erzählung einleitet, ift aufser dem Zufam-
menhange nicht zu überfetzen] eine Befchwerdefchrift
ein an Hyginus (Bifchof von Corduba) und Symphofius
(Bifchof von Aftorga) mit der Bitte, diefe möchten die
Wiederherftellung des kirchlichen Friedens fich angelegen
fein laffen. Die Bifchöfe ftellen ein Concil in Ausficht
und erklären [wenn ich den bei Sch. S. 20 mitgetheilten
Satz recht verftehe], die [der Ketzerei verdächtigen?]
Laien könnten, wenn fie dem Hydatius nicht trauen
wollten, vor Priscillian ihre Rechtgläubigkeit bekennen.
Priscillian begiebt fich deshalb nach Emerita [Ift dort
der Herd der Ketzerei? vgl. das oben über ,ecclcsiac
uostrae' Bemerkte], nimmt dort — im Presbyterium
zurückgewiefen, ja mit Schlägen tractirt — die professio
laicorum entgegen und richtet dann an alle feine coepi-
scopi eine Befchwerdefchrift nebft genauer Erzählung aller
Vorkommnifse. Nun verlegt fich Hydatius aufs Lügen.

dann fehr gut mit Prosper in's Jahr 379 fetzen können. Durch entftellende Berichte erwirkt er, ohne beftimmte
Zum Zweck des Nachweifes höheren Alters der ,Härefie' j Namen zu nennen, ein Edict gegen ,Pfeudopropheten
an die Angaben des Sulpicius über Marcus und Agape, ! und Manichäer' (vgl. Sulpic. Severus II, 47. p. 101, 4)

die Eltern der priscillianiftifchen Irrlehre, bodenlofe
Combinationen anzuknüpfen (Garns, Kirchengefch. von
Spanien II, 1 S. 361 ff., und ältere Forfcher), dazu wird
nach Erkenntnifs der Unzuverläffigkeit des Sulpicius

und verläumdet zugleich Priscillian und die Seinen, ja
mit ihnen den Hyginus, vor den Gemeinden als Ketzer,
fchwärzt fie auch bei Ambrofius an. Deshalb ift jetzt
Priscillian mit einem Schreiben totius cleri et plebis [ fei-

Severus hoffentlich niemand mehr fich veranlafst fehen. 1 ner Bifchofsftadt Avila?] nach Rom gekommen, um vor

Da Sulpicius den Hieronymus kannte, den die Priscil- | dem Papfte oder nöthigenfalls vor weltlichen Gerichten

lianiften an den Marcus bei Irenäus erinnerten (f. Garns ■ feine Unfchuld darzuthun.

a. a. O. S. 361 und de vir. ill. a. a. O.), fo ift auch in j Weiter führt Priscillian's Bericht nicht. Doch wenn

dem Marcus bei Sulpicius fchwerlich ein anderer zu j wir auf Grund desfelben über den Anfang der priscillia-

fuchen, und die Agape quaedam, non ignobilis mutier, ift j niftifchen Wirren genau unterrichtet würden, der Vortheil

vielleicht urfprünglich — der valentinianifche Aeon. Die wäre grofs genug. Möge nur die Publication der Tractate

fchändliche Flrzählung von der Reife des Priscillian durch
Südgallien {Sulp., chor. II, 48) wird fchwerlich etwas anderes
fein als eine Ausdeutung der ausgegebenen Lofung:
Priscillianus diseipulus Marci (vgl. Irenaeus I, 13. Maffuet).

Hat die Synode zu Saragoffa keinen der Priscillia-
niften verurtheilt, woher dann die Verfolgung derfelben ?
Priscillian wirft felbst die Frage auf, woher die wüthende
Gereiztheit des Hydatius flamme. Hydatius — fo erklärt
Priscillian den Hergang — sedens in media ecclesia a pres-
bytero suo (sie! es mufs wohl presbyterio suo' heifsen) reus
petitur actis ecclesiasticis; datur etiam post dies parvos in
ecelesiis nostris a quibusdam libellits et deteriora, quam
prius apresbytero objecta fiterant, obponuntur. ,Die meiften
der Kleriker des Hydatius fagen fich von ihm los und
erklären se non nisi purgato episcopo communicaturos'.
Die erfterwähnte Scene fpielt nach der Rückkehr des
Hydatius aus Saragoffa, alfo in der Kirche von Emerita
. Aber worin befteht fie? ,Mitten in der Kirche
fitzend wird Hydatius von feinem Presbyterium als
fchuldig in Anfpruch genommen ,actis ecclesiasticis'. Ift
das ein Ablativus legis: auf Grund der kirchlichen Abmachungen
? oder ein Dativ wie Tert. adv. Marc. II, 7:
legi reusr oder Näherbeftimmung zu petitur: durch kirchliche
Verhandlungen und während derfelben? Und was
hat Hydatius gethan? — Räthfelhaft bleibt auch der
folgende Satz: Die ecclesiae uostrae find doch wohl nicht

felbft nicht zu lange auf fich warten laffen. Vor derfelben
hat Herr Dr. Sch. eine ausführliche Abhandlung über
feinen Fund in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie
in Ausficht geftellt. Wenn es erlaubt ift, in Bezug
auf diefe eine Bitte auszufprechen, fo ift es die, dafs
derfelben ein möglichft vollftändiges Referat über die
Darfteilung, welche Priscillian von den Vorgängen in
Spanien giebt, möge einverleibt werden.

Das gröfste Räthfel, das der neue Fund aufgiebt, ift
die Möglichkeit desfelben. Wie kam jene Handfchrift
nach Würzburg? Bis jetzt fcheint keine Hoffnung zu fein,
auf diefe Flage eine Antwort zu finden.

Leipzig. F. Loofs.

Ludwig, Paff. Jac, Die reformirte Gemeinde in Fredericia.

Ein Beitrag zur Gefchichte der franzöfifch-reformirten
Kolonien im heutigen Dänemark. Bremen, Müller,
1886. (137 S. 8.) M. 1.80.

Bekanntlich trieb der grofse Auswanderungsftrom
der franzöfifchen Proteftanten nach der Aufhebung des
Edictes von Nantes eine kleine Welle auch in die fean-
dinavifchen Länder; auch die dänifche Regierung lud die
fleifsigen Flüchtlinge zu fich ein, weniger aus religiöfen
Gründen, als um die Arbeitskraft, das Capital und Ta-