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Ausgabe:

1886 Nr. 16

Spalte:

376-377

Autor/Hrsg.:

Eibach, R.

Titel/Untertitel:

Das Märchen von der Nassauischen Union 1886

Rezensent:

Köhler, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1886. Nr. 16.

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einem ähnlichen Unternehmen gegeben. Der als Lehrer
wie durch feine zahlreichen Publicationen um die chrift-
liche Alterthumskunde verdiente Herausgeber liefs fich
für die Redaction der Encyklopädie gewinnen. Die
Grundfätze, welche für die Bearbeitung mafsgebend fein
follten, giebt er in der Vorrede des erften Bandes an. —
Während Martigny und befonders die Engländer in ihren
Arbeiten dem kirchen- und litterargefchichtlichen Stoff
einen wefentlichen Platz einräumten, glaubte der Herausgeber
, diefen aus feiner Encyklopädie ausfcheiden und
fich auf,die Alterthümer der Verfaffung, des Rechts, des
Cultus, des Privatlebens und der Kunit der erften fechs
Jahrhunderte der Chriftenheit' befchränken zu follen.
Dabei follte im Gegenfatz zu jener älteren Behandlung
der chriftlichen Archäologie, welche fich faft nur auf
literarifche Quellen ftützte, in erfter Linie auf die Denkmäler
Bezug genommen werden. Nur einmal wegen der
eminenten Bedeutung für die gefammte chriftliche Alterthumskunde
würde hiervon in der kritifchen Darfteilung
der Chriftenverfolgungen abgewichen werden. — Einer
Mitwirkung von Fachgenoffen, wie fie — anders als
Martigny, der fein Werk allein gefchrieben — die Engländer
Smith und Cheetham ftattgegeben hatten, glaubte
auch der Herausgeber der deutfchen Encyklopädie den
Vorzug geben zu follen. In der Verwendung der Spe-
cialftudien jedes einzelnen der herangezogenen Gelehrten
erfah er zugleich einen nicht geringen Vorteil des Unternehmens
, überdiefs verfprach er fich ,von einem derartigen
Zufammenwirken zahlreicher Kräfte eine fruchtbringende
Anregung und eine für den Betrieb unferer
chriftlichen Alterthumswiffenfchaft erfpriefsliche Concen-
trirung bisher zufammenhanglofer Beftrebungen'.

So wie angegeben, ift der Plan im Grofsen und
Ganzen auch zur Durchführung gelangt. Nicht immer
genau ift die Begrenzung des Stofffes und der Zeit eingehalten
, indeffen ift hier ein Zuviel beffer als ein Zu

der altchriftlichen Symbolik und Mythologie fcitens
De Waal's, Münz', Heufer's, Bruzza's und des Herausgebers
aufmerkfam. Da ein Mitarbeiterverzeichnifs der
Encyklopädie nicht beigegeben ift, fo ift vielleicht
manchem Lefer hiermit gedient. Die Namen derfelben
find: Beilesheim, Bickell, Bruzza, Dippel, Funk, Gcnnaro
Gelante, Franz Görres, Hermesdorff, Heufer, Hytrek,
Kaltenbrunner, Kellner, Kirfch, Kober, Kraus, Krieg,
Krüh, Künftle, Lütolf, Mosler, Münz, Peters, Pfannen-
fchmid, N. Scagliofi, Schill, A. Schmid, Ant. Schubiger,
Sdralek, Stephinsky, Stevenfon, De Waal, Wandinger,
Weifs und Wilpert.

Dafs bei der Interpretation der altchriftlichen Denkmäler
die antiken Monumente zu wenig herangezogen
oder ganz vernachläffigt find, ift ein Vorwurf, den man
fchon von anderer Seite nicht ohne Grund der Encyklopädie
gemacht hat. Eine mehr äufscrliche Ausheilung
möchten wir hier noch hinzufügen, die vielleicht bei
einer anderen Auflage Bcrückfichtigung findet. Die fehr
häufig in den Text gedruckten literarifchen Belegftellen
find für die Ueberfichtlichkeit und den Zufammenhang
entfchieden hörend. Hier wäre durch kleineren Druck
der Citate leicht eine Aenderung zu erzielen. Ein bei
weitem empfindlicherer Mangel als diefer ih aber das
Fehlen der in der Vorrede verheifsenen Ueberficht der
Literatur der chrihlichen Archäologie, welche die in dem
Text gebrauchten Abkürzungen erklärt. Ebenfo ih bei
dem am Schluffe des Werkes befindlichen Verzeichnifs
der Holzfchnitte die Provenienz der einzelnen Vorlagen
nicht angegeben worden. Eine baldige Ergänzung nach
diefer Seite hin ih darum fehr erwünfcht.

Wenn wir bei der Befprechung diefer Encyklopädie
von einer eingehenden Kritik abfehen, fo hat das einmal
feinen Grund in dem principiellen Gegenfatz in der
Auffaffung der Aufgabe, dann aber darin, dafs wir
meinen, eine wirkliche Kritik der Kraus'fchen Real-Kn

wenig. Die Angabe des monumentalen Quellenmaterials J cyklopädie kann nur ein entfprechendes Werk protehanü-

ih als befonders forgfältig hervorzuheben, ebenfo die
Auffätze aus der monumentalen Archäologie, von denen
die meihen aus der Feder des Herausgebers felbh herrühren
, fo namentlich die Artikel: ,Bafilika', /Elfenbein',

fchen Geihcs fein.

Die Aushattung, welche die Herder'fche Verlagsbuchhandlung
dem Werke hat zu Theil werden laffen,
ih eine würdige. Die 793 in den Text gedruckten Ab-

,Infchriften', ,Katakomben', ,Kreuz', ,Münzen' u. a. m. bildungen find theils zu diefem Zweck eigens angefer-
In den beiden hihorifchen Beiträgen: ,Chrihenverfolgun- tigt, theils der ,Rovia sotteranea' des Herausgebers,
gen' und ,Toleranzedikte' hat Franz Görres theilweife : meihens aber dem Martigny'fchen Werke entnommen
ebenfo Gutes geliefert. An lehrreichen, manches Neue j worden.

enthaltenden Arbeiten find noch zu erwähnen die über Berlin. Otto Pohl.

,Kleidung' von Krieg, ,Liturgie' von Bickell, ,Liturgieen'______

von Schill, ,Musik' von Hermesdorff, ,Namen' von

Schill, ,Taufe' von Kirfch und der Artikel ,Topo- Eibach, Pfr. R., Das Märchen von der Nassauischen Union.

Eine exegetifche Vorarbeit für die von der aufser-
ordcntl. Bezirks-Synode vorzunehmende authentifche
Interpretation der Unionsurkunden. Dillenburg, Seel,
1886. (31 S. 8.) M. —. 50.

Der Verfaffer behreitet die von der liberalen Seite
vertretene Anfchauung, welche bereits zur fable convenue
zu werden beginne, dafs durch die Naffauifche Unions-
fchlicfsung von 1817 die reformatorifchen Bekenntnifse
für die vereinigte Kirche aufser Geltung gefetzt worden
feien. Man mufs ihm darin Recht geben, dafs eine förmliche
Abfchaffung der Bekenntnifse im damaligen Zeitpunkte
nicht als wahrfcheinlich zu vermuthen, und dafs
eine folche in der Unionsurkunde und in dem begleitenden
Edict v. 8. April 1818 nirgends ausgefprochen ih.
Die Abficht der Unionshifter kann alfo nur gewefen fein,
die Sache, abgefchen von der durch die Thatfache der
Union an fich gegebenen Befeitigung der innerconfeffio-
fowie die Zufätze jedesmal, als von ihm herrührend in nellen Trennung, auf dem feitherigen Fufs zu laffen. Man
Klammern gefchloffen und mit einem K. bezeichnet, an j wird der Meinung gewefen fein wie in dem benachbarten
die betreffende Stelle gefetzt. Dafs Widerfprüche zwifchen j Rheinheffen, wo die Unionsurkunde v. 1822 fich dahin
den einzelnen Mitarbeitern vorkommen, die nicht von ausfprach: ,die ev.-prot. Kirche ... erklärt die beiden

graphie und Mufeographie' von dem Herausgeber. Auffallend
mangelhaft gegen die eben aufgeführten find fah
durchgängig die Auffätze über Verfaffung und Recht behandelt
und die, welche die Kirchengefchichte berühren.
Hierher gehören namentlich Artikel wie: ,Arcandisciplin',
,BifchoP, ,Bufse', ,Cölibat', ,Concilien', ,Eucharihie', ,Mar-
tyrerblut', ,Reliquien' u. a. m. Die Bedeutung der
Kraus'fchen Encyklopädie liegt alfo wefentlich auf dem
Gebiete der Cultus-, Privat- und Kunhalterthümer, und
man möchte es fah bedauern, dafs der Herausgeber fie
nicht darauf befchränkt hat. Die Arbeit wäre dann zum
gröfsten Theil auf ihn felbh gefallen, und gerade dies
hätte dem Werke nur zum Vortheil gereicht. Das Nebeneinanderarbeiten
fo mannigfacher Kräfte hat ja meihens
das Nebeneinanderhehen verfchiedener Meinungen zur
Folge. Das hat der Herausgeber auch vorausgefehen.
Die Verantwortung für die fremden Auffätze hat er daher
nicht übernommen und feine abweichenden Anflehten

der Redaction vermerkt find, ih erklärlich; wir machen

hier aber befonders auf die verfchiedene Interpretation bolifchen Bücher . . . mit Ausnahme der . . . hreitig ge

bisher getrennten Confeffionen gemeinfehaftlichen fym-