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Ausgabe:

1886 Nr. 13

Spalte:

291-293

Autor/Hrsg.:

Herbst, Adolf

Titel/Untertitel:

Das apokryphische Buch Baruch 1886

Rezensent:

Kneucker, Johann Jacob

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Theologifche Literaturzeitung. 1886. Nr. 13.

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erborgte Glanz echte Auslegung, - fo müfste mir das
fpätere Plrbleichen diefes übermenfchlichen Glanzes des
idealen Davididen ganz unerklärlich erfcheinen. Zwar
läfst der Verf. 32,1 un d 33, 17 in königslofer, nachexi-
lifcher Zeit gefchrieben fein; aber die von Guthe vorgebrachten
exegetifchen Gründe haben mich nicht davon
überzeugt, dafs diefe Capitel dem Jefaja abzufprechen
feien.

Die Fachgenoffen werden die ,in erweiterter Form
herausgegebene Vorlefung', mit welcher der Verf. fein
akademifches Amt angetreten hat, von felber forgfältig
prüfen. Auch die übrigen Freunde des A. T.'s brauche
ich zu folcher Prüfung nicht aufzufordern, weil der geachtete
Name, welchen fich Guthe durch feine bisherigen
Schriften erworben hat, ihnen fchon Bürgfchaft dafür
leiftet, dafs fie trotz meiner Ausftellungen auch in diefer
neuen Schrift Guthe's mancherlei Gutes finden können.

Bonn. Adolf Kamphaufen.

Herbst, Dr. A., Das apokryphische Buch Baruch (nebft
Brief Jer.), aus dem Griechifchen ins Hebräifche übertragen
. (Programm.) Hildesheim, Gerftenberg, 1886.
(10 S. gr. 4.)

Bei hebräifchen Ueberfetzungen altteftamentlicher
Apokrypha, wie die genannte aus der Feder eines Schülers
von P. de Lagarde, kann es fich wiffenfehaftlich nur
um Wiederherftellung der hebräifchen Urfchrift von nur
blofs in Ueberfetzung auf uns gekommenen Büchern handeln
. Es fallen alfo alle urfprünglich griechifch gefchrie-
benen Apokrypha und Pfeudepigrapha des A. T. von
vorne herein aufser Betracht, und hebräifche Ueber-
tragungen folcher, wie z. B. hier des Briefes Jeremiä,
können nur den Werth von fprachlichen Stilübungen
beanfpruchen.

Soll aber eigentlichen Rücküberfetzungen von urfprünglich
hebräifch verfafsten Apokryphen wirklich
wiffenfchaftliche Bedeutung zukommen, fo müffen folche
mit peinlichfter Genauigkeit — mit der Ptrengfben Mi-
krologie im beften Sinne des Worts — und unter forg-
fältigfter Berückfichtigung altteftamentlicher Citate und
Anfpielungen fowie des hebräifchen Sprachgebrauchs
überhaupt gearbeitet werden, um den verbis ipsissimis
der Originalfchrift möglichft nahe zu kommen.

So grofs nun auch die an vielen Stellen zu Tage
tretende Sorgfalt ift, welche der Verf. bei feiner Arbeit
aufgewendet hat, fo fcheint diefer doch nur in wenigen
Stellen einen wahrfcheinlicheren Originaltext gewonnen
zu haben, als f. Z. Ref. erreicht hat. Schon in der Berückfichtigung
fo mancher Citate und Anfpielungen hat
Verf. irre gegriffen; fo Jer. 2,26 ftatt Dan. 9, 7 ff. (zu
Bar. 1, 15 ff.); Dan. 9, 10 (zu 1, 21); Thren. 5, 19 ftatt
Jef. 57, 15 (zu 3, 3); Hi. (28, 12.) 36, 11 (zu 3, 14); tp.
i°4, S (z- 3. 32); Jef- 46, 10 (z. 3, 36); Ez. 20, 11 (z. 4, 1);
Jef. 54,6 (z. 4, 12); Efth. 8,6 (z. 4, 17); Jer. 50,6 (z. 4,
26); Hof. 2, 13 (z. 4, 34); Jer. 16, 7 (z. 4, 36); Zeph. 3, 20
(z. 5, 3); Lev. 26, 13 u. Efth. 3, 1 (z. 5, 6). Und mit diefem
Mangel hängen urfächlich viele wortreiche Paraphrafen
zufammen, zu denen der griech. Text kein Recht giebt,
die derfelbe fogar direct verbietet. Warum z. B. konnte
2, 6 wörtlich überfetzt, dagegen in der gleichlautenden
Stelle 1, 13 aus Jer. 2, 26 fogar ein fremder Gedanke eingetragen
werden? Desgleichen ift 2, 9a Schlimmbefferung
des Griechifchen in Folge Nichtbeachtung der Grund-
ftelle Dan. 9, 14. Ebenfo ift für 2, 14—17 Dan. 9, 17. 18
unberücksichtigt geblieben; und auch die anfprechende
Conjectur 2, 18 dürfte an zu geringer Wörtlichkeit, ins-
befondere aber infolge Nichtbeachtung der zu Grunde
liegenden Stelle Dt. 28, 65 fcheitern. Ueber die fyntak-
tifche Verbindung bezw. Trennung, und das Verftändnifs
von 2, 12. 13 nach der Grundftelle bei Daniel f. meinen
Commentar. Ohne Noth ift 2, 21 aus Jer. 27, 12 be-

1 reichert worden. Eben folche Nimia finden fich 2, 2
(nias). 13 (Tjrrani); 2, 19 (nwn u. ebnak); 3, 3. 4b- 5a- 10.
4,'6.'15. 26. 33/34. 35 (!). s, 1. 6. 7. Ueberhaupt hat
Verf., in Anbetracht der fichtlichen Wörtlichkeit der
griech. Ueberfetzung, zumal im erften Theile des Apo-
kryphum, viel zu frei überfetzt; fo 1, 6b. 8a. ioa. 1 ib.
I2a. I3b. 15 (die letzten Worte). i8b. 21. 22. 2, ib. 5a.
I4b /wenn auch richtig erklärend). 15. 20. 29. 30 (die
Umfchreibung am Schlufs ftatt äb3©' pltä, wie V. 32

! fleht). 3, 14. 15. 18 (ficher irrige Auffaffung). 21. 32°.

j 33b- 35b- 4, I. 2b. 8a (vgl. Dt. 32, 19). 9a. 12. 15 (iUÖ-
'/ktoaaov bedenklich überfetzt). 22a (nicht verftanden).

j 22b (!). 24—29. 31. 32L 36b. 5, 3—6b. 9. Insbefondere ift

I auch 3, 4 Mab -fbin T"BS eine verunglückte Umfchreibung
(f. meinen ComnV.}. Und warum 2, 33. 3, 13. 36
den Sing. -["P nicht gelten laffen?

Ebenfo wurden ohne Nöthigung die Participialver-
bindungen aufgelöst 1, 3 (rwv eQ%ofiivoiv). 7.8. 2, 33. 3, 3.

4. 7. 4, 18. 29, und umgekehrt Participia ftatt der Verba
finita gefetzt i, 10. 14. 3, 33. Desgleichen wäre der

I Infinitivus construetus mit Präposition ftatt des Finitupi mit
I Conjunction oder Vav rclativum am Platze gewefen 1,9.

I 14; 2,2. 3. 28 (Tin^n-rs). 35 3> 14 (nrty; 4, 7

(natb). 17 (yi«inb); 5, 7 (bBtt?'b), wogegen wieder ohne
Grund 3, 27.Syntaxis ftatt J'araiaxis beliebt wurde. Ebenfo
unnöthig erfcheint eine Reihe von Erleichterungen
für das Verftändnifs durch eingefchobene Partikeln, z. B.

2, 23. 3,34 vs; 2, 24. 3, 28 -ab; 2,25 nn?i; -2, 27 nxrbaa;

2,29 fiVVl; 3,8 Ti37 (zweideutig); 3, 12 (1, 17) ite« •pr;

3, 20. 23 Vjs; 3, 23 a?"l; zu freie Wortstellungen 1, 20. 3, 5.
2> 7 (vgl- Dan. 9, 13) u. a., überhaupt Widerfprüche gegen
den griech. Text: 2, 3. 4, 4 (woher die 2. Perfon Sing.?).
3, 8 (,ihr Gott'); auch Ausladungen: 1, 19. (jdje). 22 (tijs
novrßag). 2, 8 (tos nqoaänav u. %xctazov). 2,3 («Vifipai-
nov); 3, 3 (ort). 3, 6 (xvqit). 2, 19 (/.vgie h Ätog ijiuüv).
3, 14 (a/u<). 4, 11. 19. 22. 23. 24. 28. 5,6 (yüq). 4,24 (vl-v).

5, 6 (de xai) 3, 26 (warum nicht Eün "nDtit? 3, 26b ift viel
zu kurz gekommen). 4, i (o V71uqxiov). Andere Unge-
nauigkeiten und Fehlgriffe in Einzelausdrücken begegnen
uns 1, 4 (Qi-i© ftatt n"näa; vgl. 1,9). 5 (b» ftatt 13 ßb).
9 (die Aufzählung). 11. i3 (lS»ba?). 15. (sY*an beruht"auf
Verkennung des Sprachgebrauchs bei LXX). 2, 2 (dem
zweimaligen enobi'jxh} ift durch PirPn und Micy (Var.

j inoirjaev) nicht das Recht geworden;. 34 (xvgievaovaiv
airrfjg ift offenbar TTltn?). 3, 17 (ar/wi-). 30 (warum
PTPna?!). 4,17. i4;(n*OT»'; f.|meinenComm.). 21 (warum,zum
Schaden des Folgenden, ix övvaazeiac; durch BaE"ny T»tt
wiedergeben?). Und warum ,'>idc fo oft durch"njn*
überfetzen, und 6 auinog 4, 20 ff. durch Jiab3?? Ob ferner

! in einer fo fpäten Schrift Eigennamen mit der Endung
(ftatt ff)) und mit dem Anfang ini (ftatt t>) gestanden haben
mögend darf gefragt werden; jedenfalls aber hätte in diefer
Beziehung confequent verfahren werden iollen; vgl. 1, r.
7. 8 und 1, 3. 9. Hebräifche Formenlehre betreffend er-

I laubt fich Ref. zu fragen: Lautet der Imperativ 3, 14 irjb
oder lab (vgl. Tab"')? warum 4, 7 Uyjlti ftatt EEnrP? wird
2,25 nicht beffer 'nrji und 4, n'. 23 blKl gefprochen?
und 4, 13 fnbra gefchrieben? Da 2, 25'und öfters Pau-
falformen gefetzt wurden, fo hätte folches durchgängig
gefchehen follen, z. B. auch 2, 32 kftffo 4, 8 ^b; 4,9
"lEfcWP. — Von abgefprungenenVocalpunkten und andern

j Druckfehlern abgefehen (z. B. Dagesch forte in PTnon 1, 1),
fehlt z.B. 2, 20in neso das Dagesch lene, und follte fehlen
1, 2 in 1,3 in jpHÄ; 1, 10 in qDD3; I, II in l»3 u. f. w.

Auch die'Schreibung 2, 28 3"in?b ohne Dag. lene in n

I fcheint kein Druckfehler zu fein, fo wenig als 5, 6 aT'Tn"'"

1 (!) ftatt E^tJ"1- und 4, 37 vrhti.

Wenn Ref. folche Ausftellungen mit der Anzeige
obiger Arbeit verbindet und fchliefslich auch fein Bedauern
darüber ausfpricht, dafs Verf. keinerlei Kritik,
weder niedere noch höhere, an dem überlieferten griechifchen
oder an dem durch diefen hindurchfehimmern-

I den hebräifchen Texte geübt hat: fo foll dadurch der