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Ausgabe:

1886

Spalte:

289-291

Autor/Hrsg.:

Gute, Hermann

Titel/Untertitel:

Das Zukunftsbild des Jesaia 1886

Rezensent:

Kamphausen, Adolf

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Theologische Literaturzeitung,

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Ericheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

Na 13. 26. Juni 1886. 11. Jahrgang.

Guthe, Das Zukunftsbild des Jefaia (Kamp- | Bleek, Einleitung in das N.T., beforgt von Troostenburg de Bruyn, De hervormde
häufen). Mangold (Holtzmann). I kerk in Nederlandsch Oost-Indie(Kattenbufch).

Herbft Das apokryphifche Buch Baruch Luciferi C^^^r^.^tUl^Mgayl^ Darftellung und Beurtheilung derA.

(Kneucker). Eucken, Die Philofophie des Thomas von

Naumann, Wellhaufen's Methode kritifch be- ; Aquino (Nitzfeh).

leuchtet (G. Baur). | Kraufe, Melanthoniana (Enders).

Ritfchl'fchen Theologie (Reifchle).
Knitfchky, Staat und Kirche (Köhler).

Guthe Prof. Herrn., Das Zukunftsbild des Jesaia. Akade- ! Zeichen aus der Hölle' hätte anbieten können, kehrt

mifche Antrittsvorlefung, in erweiterter Form hrsg.
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1885. (49 S. gr. 8.) M. 1. 20.

Die Vorlefung (S. 2—36) wird durch 22 Anmerkungen
(S. 37—49) gefr.ützt und erläutert. Der Verfaffer (vgl. Proteid.
Kirchenzeitung 1885, Col. 927) will in diefer beachtens-
werthen Schritt den eigentümlichen Wechfel der Erwartungen
des Propheten Jefaja über die Zukunft feines Volkes
erörtern und dabei auf die durch die affyriologifchen
Eorfchungen aufgehellte Zeitgefchichte forgfältige Rücklicht
nehmen. So finden wir Anm. 10 (S. 42 ff.) gute Bemerkungen
zu Jef. 10, 5—34, welche Rede Guthe kurz vor
die Züchtigung Asdod's im Jahre 711 v. Chr. fetzt. Treffend
nennt der Verf. das Gemälde 10, 28—32 ein Er-
zeugnifs der Phantafie des Propheten und bezeichnet das
Reden von einem Feldzuge Sargon's gegen Juda als
völlig unberechtigt; aber er meint nach den affyrifchen
Angaben, dafs Sargon felbft gegen Asdod gezogen fei,
während die biblifche Angabe Jef. 20, welche nur den
Oberfeldherrn Sargon's den Zug unternehmen läfst, von
Ed. Meyer (Gefch. d. Alterth. I § 375) und C. P. Tiele
(Babylonifch-affyrifche Gefchichte, Gotha 1886, S. 269)
mit gutem Grunde als die vermuthlich richtigere ange-
fehen wird.

Hätte der Verf. feine Arbeit in der Zeitfchrift für
die altteft. Wiffenfchaft erfcheinen laffen, fo würde ich
lie jetzt nicht als felbffändiges Schriftchen zu recenfiren
haben, dürfte aber einen gröfseren Leferkreis für fie vorausfetzen
. Eben darum nun, weil ich der Arbeit viele
Lefer wünfehe, fällt es mir nicht ein, hier ihre Quinteffenz
mitzutheilen. Vielmehr begnüge ich mich mit der Darlegung
einiger Ausftellungen, welche Dinge allgemeineren In-
tereffes betreffen. Der Verf. rechnet die erfte Periode
der Wirkfamkeit des Jefaja von 736 bis 724 v. Chr. und
fchreibt der zweiten Periode die letzten 24 Jahre des
achten Jahrhunderts zu; demgemäfs unterfcheidet er von
dem erften Zukunftsbilde des Jefaja das kleinere und
weniger glänzende zweite, indem er die für jefajanifch
gehaltenen Stücke auf die genannten beiden Perioden und
Zukunftsbilder vertheilt. Natürlich weifs ich mich vielfach
in Uebereinftimmung mit Guthe; aber es ift mir
doch beim Lefen diefes Schriftchens eine folche Fülle
von Differenzen nicht nur hinfichtlich der chronologifchen
Bcftimmung der einzelnen Abfchnitte, fondern auch in
der Auslegung felber entgegengetreten, dafs mir der geringe
Grad von Sicherheit, welchen die altteft. Wiffenfchaft
bis jetzt bei den vielgelefenen Weisfagungen Je-
faja's erreicht zu haben fcheint, etwas fchwer auf die
Seele gefallen ift. Wollte ich meine Ausftellungen mit
ihren Gründen ausführlich vorbringen, fo müfste ich ganze
Bogen füllen; es feien mir daher nur wenige Andeutungen
geftattet.

Obgleich ich nicht verftehe, wie der Prophet ,ein

S. 6 die gegen den natürlichen Sinn, gegen die Punktation
, gegen LXX (dg ßä&og i) dg vipog) u. f. w. ver-
ftofsende irrige Entdeckung der Scheol in Cp. 7, 11
wieder. Nicht nur 9, 5 f. und 11, i ff., fondern auch 7,
14 ff. findet Guthe die angeblich von Jefaja gefchaffene (vgl.
S. 7. 36. 42) Geftalt des Meffias, d. h. eines einzigen Da-
vididen, der dazu berufen fei, das Reich Gottes in Ifrael
der Idee gemäfs zu begründen. Ich denke, dafs Jefaja
weder 9, 5 f., noch fonftwo fich den Meffias als ewig
regierende Einzelperfon gedacht hat, dafs vielmehr eine
folche Annahme mit der Entwicklung fowohl der meffia-
nifchen Idee, als auch des Unfterblichkeitsglaubens in
fchneidendem Widerfpruch fteht. Darauf gehe ich nicht
ein, dafs ich mit Riehm (Die meffianifche Weisfagung,
2. Aufl., Gotha 1885, S. 110 Anm.) die Annahme, Immanuel
wäre wirklich im Sinne des Propheten der Meffias
, nicht für eine richtige halten kann. Vielmehr will
ich nur dies betonen, dafs ich Cp. 9, 5 ,Heldengott' und
,Vater von Ewigkeit' als irrige Auslegung betrachten
mufs. Obgleich auch Riehm (a. a. O., S. 134 f.) an den
Faffungen ,ftarker Gott' und .immerwährender väterlicher
Verforger des Volkes' fefthält, mufs ich alle Deutungen,
welche von dem einfachen ,Wunder-Rath, Gott-Held,
Beutefpender, Friedefürft' abweichen, für exegetifch unmöglich
erklären. Schon über ein Vierteljahrhundert fteht
in Bunfen's Bibelwerk zu Jef. 9, 5 zu lefen: ,Der Name
befteht aus paarweife zufammengehörigen Gliedern:
Wunder von einem Berather (vgl. Gen. 16, 12, wo Is-
mael wörtlich heifst .Waldefel von einem Menfchen'),
Gott von einem Helden, d. h. göttlicher Held, vgl. für
letztern Ausdruck die eben angeführte Stelle, woraus
noch Niemand gefchloffen hat, dafs Ismael wirklich ein
Waldefel gewefen fei'. Da aber Bunfen den in 9, 5 ver-
heifsenen Sohn irrig vom jungen Hiskia deutete, fo hat
vielleicht die Beimifchung diefes groben Irrthums dazu
beigetragen, das Durchdringen der eben mitgetheilten
fcharfen, aber m. E. vollkommen richtigen Worte
zu verhindern. Im Zufammenhang ift nur die Ueber-
fetzung möglich ,Gott von einem Helden, d. h. Gott-
Held, göttlicher Held' und die fchon durch Vs. 2 nahegelegte
Faffung von 'ad als Beute hat, noch ganz ab-
gefehen von der Unmöglichkeit des ,Ewigkeitsvaters', an
Q?- 33, 23 eine unverwerfliche Stütze. Guthe vergleicht
vergeblich zu ,Vater, d. h. Befitzer von Ewigkeit', wie
der Meffias als ewige Perfönlichkeit heifsen foll, die aus
Brugfch's Gefchichte Aegyptens mitgetheilten heidnifchen
Prädicate, die Königs-Titel: ,Der Lebensfpender in Ewigkeit
; der ewig Lebende', als wäre Jefaja mit folchen
Titeln orientalifcher Fürften vielleicht bekannt gewefen,
und bemerkt S. 41, Ewigkeit habe hier denfelben be-
fchränkten Sinn, wie fonft im A. T. Von übermenfeh-
lichem Wefen des Meffias (S. 8) weifs Jefaja (vgl. 11, 2 ;
überhaupt nichts; wäre der aus der Dogmatik für 9, 5

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