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Ausgabe:

1885 Nr. 5

Spalte:

113

Autor/Hrsg.:

Steck, Rudolf

Titel/Untertitel:

Zum Johannesevangelium. a) Die Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu. b) Die Perikope von der Ehebrecherin 1885

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Seite 1

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U3 Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. 5. 114

Steck, R., Zum Johannesevangelium, a) Die Dauer der öffentlichen
Wirksamkeit Jesu, b) Die Perikope von der Ehebrecherin
. Gratulationsfchrift der ev.-theologifchen
Facultät an der Hochfchule Fern zur Feier des

focialer und wiffenfchaftlicher Beziehung neben den kirchlichen
und religiöfen in Betracht ziehen'. Er hat fich bemüht
, die Wurzeln, mit denen Luther mit feiner Zeit ver-
wachfen und aus ihr hervorgewachfen ift, bis in die fern-
ften Fafern zu verfolgen, die geiftigen Bedürfnifse und
fünfzigjährigen Amtsjubiläums des Herrn Alexander I Bewegungen in Kirche und Gefellfchaft, welche von
Schweizer. Bern, 1S84. 20 S. 4.) | Jugend an auf Luther eingewirkt, aufzuzeigen. Die in-

_ .. . — .,, . ,' „ j, - ! haltsreichen Einleitungen zum erften und zweiten Buche:

Der Verfaffer will in der erften Abhandlung nach- , Zuftände und Stimmungen in Deutfchland am Ausgang
weifen, dafs auch m der Berechnung der Dauer der | des Jahrh , und Zuftände in Kirche und Gefellfchaft,
Wirksamkeit Jem dasjohannesevangehum dmfelbe Grund- um bewcifen, wie fchön Koldc feine Aufgabe ge-

lage habe, wie in der übrigen Gefchichtsdarftellung, ! m Djefe Abfchnitte dürften nicht nur dem gröfseren
namhch nicht eine eigene genauere lradttion, fondern den , bildetcn Pubiicum Genufs bereiten, fondern dem Buch
fynoptifchen Bencht. Die Notiz 5, 1 deutet Steck auf j auch unt_ den Gdehrten Freunde gewinnen. Solche
das Pfingftfeft und fucht ferner zu zeigen, dafs die An- | Ueberfichtcn, die auf eingehenden Detailftudien beruhen,
gäbe 6, 4: y' dt »pvg to 7raaya rt eo^ tojv lordcuwv, orientiren mit ihrer eindrucksvollen Gruppirung und fchär-
mcht chronologlich zu yerftehen, fondern aus der Ab- : fen den und dag Urtheü

licht des Verfaffers abzuleiten fei, dem m c. 6 Erzählten ßefonders anziehend find die Abfchnitte, die Kolde

eine Beziehung auf das Abendmahl zu geben. Die Angabe ■ Schilderung von Euther's Seelenverfaffung auf den
feiaufdenfynopt.fc^ Epochepunkten feines Lebens widmet.

1^,22 l:W«v_W H ! Man vergleiche den Abfchnitt über Euther's innere Stel-

ebenfo zurückzuführen, wie 2, 13 f. auf den l^opfa^M , und feine Kämpfe vor dem Eintritt ins Klofter S. 44,
Bericht über die i empelreinmune;; fomit habe auch . ° ... , , .. , Fr- ■ r . • M c .TT

tu • • G &«r ir„i :> ur„ den Ruckblick auf feine innere Entwicklung S. 193.

Johannes nur eine einiahnee Wirkfamkeit Jelu ange- 1 lt , ,, .r . , , ,. • a/t r uv 1 u

j • 1 1.J 1 ? iu 11 u -r„a„ „T, 1 Ueberau weifs Kolde das allgemein Menfchhche hervor-
nommen und innerhalb derlelben alle Haupttelte mar- ; , , r . ., , . ,, ,p c , , . ... n

, ._. „ ,. 'y ,■ ,. .,r - .Sc u^-fr zuheben, er fchudere Luther als Studenten oder im Klofter.

kirt, erft die Leier, die in die Abf.chten des Sehr ft- , Da ^ y fchon der __ Reformator prädeftinirte,
ftellers nicht eingedrungen feien hatten 6, 4 irrtümlich dem es in jedem Wort und jeder Miene an-

als chronologliche Notiz verftanden. - Den Bemühungen t ^ ^ ^ ^ inJanderenLuther_

die Chronologie des 4. Evangeliums mit der fynoptifchen ; £ hi entgegentritt, fondern es ift der Magifter, der
zu vereinigen, wird man Beifall fchenken; aber ob der ^ d p rf *ft * wie ^ feiner Zeit angehört und Einer
vom Verf. eingefchlasene Weg der richtige in, wird lo ... , . ' .. , , , . J?. ... ,.

. . T „ 8.. ,, . ., °. ,' t>q^u^ Kirche treu anhangt. Und doch wie fieht man uberall

lange mindeflens zweifelhaft bleiben, bis das Recht 1 -

wiffenfehaftlich feftgeftellt ift, die Worte des 4. Evange-
liften zu allegorifiren, um ihren eigentlichen Sinn zu
ermitteln. Hält man den Widerfpruch der Synoptiker
und des Johannes in den Andeutungen über die Dauer
der öffentlichen Wirkfamkeit Jefu für unerträglich

das Neue vom Alten fich losringen! Vgl. die Schilderung
von Euther's erften Predigten. Wenn fchon Köft-
lin mit Recht fich gegen die Vorausfetzung wendet, als
habe er nur eine Apologie Luther's fchreiben wollen, fo
tritt die Anerkennung der endlichen Schranken in Euther's

und er ift auch für die unbefangene Kritik eine crux -, Perfonhchkeit auch bei Kolde klar hervor. Er hütet fich,

fo fcheint mir der Vorfchlag Hitzig, die chrono- ™. ÄÄkT Sr fk ZÄ"-^
logifche Angabe in 6, 4 als Gloffe zu ftreichen, noch 1 l^^^^^^tS^I^ Man vergleiche wie nuch-
immer weniger kühn als der Vorfchlag Steck's tern Kolde die Ablafsthefen und ihren Zweck S. 140 u.
(ähnlich fchon Schweizer). Eine chronologifche An- , lM r™'™,', i , . M> , j/Eo:

gäbe, die lediglich ein Deckmantel für eine Idee ift - ; Meifterhaft klar, kurz und plaftffch wcifsKolde die
man müfste jedem Kritiker aufrichtig dankbar fein, der , f. .^7?s Leben eingreifenden Perfonhchkeiten und
das beweift und damit das Princip zur Auslegung des ! dlf wichtigften Zeitereignissezufchildern. Um von Stau-
Evangeliums findet; aber bewiefen ift es noch nicht. , Pltzzu [chweigen dem Kolde m feiner früheren Schrift
Steck fagt freilich: die johanneifchen Wundergefchichten eln pEP^ gefetzt, heben wir die Charakterbilder von
lind alle aus fynoptifchem Stoffe gebildet, wie die Kritik , jte° X. SL 113 , Erasmus S 118, Melanchthon S. 168,
langft in allen Einzelheiten nachgewiefen hat'; aber g&| I^°' Hutten S 224 Glapio S. 307 hervor. Die
diefe Nachweifungen ftehen m. E. zur Zeit noch unter, Schilderung; der Wormfer Tage hat in der Separatpubh-
einem Zwangscurs innerhalb einer gewiffen Schule. I ?atl°n »^»™er.» Worms' verdiente Anerkennung ge-
Was die zweite Abhandlung anlangt, fo will der funden> aber nicht minder anziehend ift Luther in Augs-
Verf. zeigen, dafs die Perikope von der Ehebrecherin! burg "nd auf der Leipziger Disputation Man vergl. auch
zwar nicht vom 4. Evangeliften herrühre, dafs diefer fie feine Schilderung des Lateranconcils S. 114
aber felbft feinem Werke einverleibt habe; diefe Hypo- ! ffle ^eichnung des S Annacultus und des Bruder-
thefe fei empfehlenswerth, weil die Annahme der fpä- , [chatewefens etc wird in den Kre.fen, welche diefoecicl-
teren Hinzufügung des Stückes zum Evangelium viel | en. Studien nicht verfolgen konnten, die über diefe Ma-
lchwieriger fei als die Annahme der nachträglichen : "> d^n letzten Jahren zu Tage traten, auf Dank

Ausmerzung. Pofitive Argumente über diefe allgemeine recijne.n durtem ... , .,

Erwägung hinaus hat der Verf. nicht beizubringen ver- ! _ nachfolgenden Bemerkungen folleninuf das warme

mocht; denn die Erörterungen über Correcturen in den fe*5W bekunden, mit dem der Referent Koldes Arbeit
alterten griechifchen Bibelhandfchriften tragen nichts hat. • :j

aus, noch weniger die Unterfcheidung, die der Verf. 1 b. 45 if zu lefen Stotternheim; S 64 textuahs; S 69
andeutet, zwifchen .officiellen Kirchenbibeln' und ,Volks- | Mellerftad d h. Mcllnchftadt. Das alte Madalrichft hat
bibeln' im Alterthum m plattdeutfchen Moller nichts zu thun. S. 195, Z. 11

Giefsen A Harnack. v- u- ftatt des finnftörenden Papft zu lefen: Türke.

----_J______________ ' ._ S. 242 ift sacerdos airatus mit Weltgeiftlicher erklärt j

Kolde, Prof. Thdr Martin Luther Eine Biographie. 1—3. j das ift nicht ganz zutreffend. Luther warKloftergeiftlicher
Lfg, Gotha, F. A. Perthes, 1884. (1. Bd. S. l-396. Ä^^Ä^

er 81 M „' 10°4- t*. «»• - w • officielle Uebcrfetzung diefes Begriffs mit Scelforgegeift-

lichen ift ganz zutreffend. Das find wohl jetzt in Deutfchland
nach Aufhebung der Klöfter allgemein Weltgeift-
liche, aber zu Luther's Zeit waren unzählige Pfarreien
den Klöftern incorporirt und wurden durch Mönche als

Kolde will uns in diefemWerk ,Luther auf dem Grund
der Gefammtentvvicklung feines Volkes zeichnen und die
vielfeitigen Strebungen und Hemmungen in politifcher,