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Ausgabe:

1885 Nr. 22

Spalte:

530-533

Autor/Hrsg.:

Holtzmann, Heinrich Julius

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in das Neue Testament 1885

Rezensent:

Schürer, Emil

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529 Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. 22. 550

der Inder von den Iraniern und der Befiedelung des
Pandfchab nicht gelegen haben; einige Jahrhunderte find
ein grofser Zeitraum und ich halte an der älteften Meinung
feft, wonach religiöfe und politifche Differenzen
die Urfachen der Trennung beider Stämme waren. Dafs
religiöfe Momente in weitem Umfange in Betracht kommen
, beweifen die wenn auch noch fo thörichten, fo
doch wegen ihrer Wiederkehr nicht ganz bedeutungs-
lofen Legenden über Kämpfe der Afura's und Deva's
in Angelegenheiten des Cultus. Dafs Afura in widergöttlicher
Bedeutung ein blofses ins Sanskrit rücküber-
fetztes Lehnwort fein foll, wie der Herr Verf. meint,
ift darum zweifelhaft, weil die Inder gewifs lieber das
abweichend klingende ahura mit feiner für fie anftöfsigen
Bedeutung zur Bezeichnung der Teufel beibehalten, als
es wieder mit asura, ihrer Bezeichnung höchfter Götter,
zufammengeworfen haben würden. Dafs das Wort eben
asura bei ihnen lautet, nicht ahura, erweift nach meiner
Anficht, dafs wir in jene ,Urzeit', fagen wir lieber: Vorzeit
, zurückzugehen haben, um die Entftehung der asura
adevah, der widergöttlichen Afura's, im indifchen Glauben
zu begreifen.

Kritik und Methode des Buches find des Beifalls

für feine intereffante und belehrende Unterfuchung aus-
gefprochen zu haben.

Breslau. Alfred Hillebrandt.

Holtzmann, Prof. Dr. Heinr. JuL, Lehrbuch der historischkritischen
Einleitung in das Neue Testament. Freiburg i/Br.,
Mohr, 1885. (XVI, 504 S. gr. 8.) M. 9. -

Mit diefer ,Einleitung in das Neue Teftament' wird
eine Sammlung theologifcher Lehrbücher eröffnet, welche
im Verlage der J. C. B. Mohr'fchen Buchhandlung in
Freiburg erfcheinen foll. Der Plan des ganzen Unternehmens
ift ohne Zweifel ein' glücklicher. Zwar haben
uns ja die letzten Jahre das Zöckler'fche ,Handbuch
der theologifchen Wiffenfchaften' gebracht, das einen
ähnlichen Zweck verfolgt, wie diefes neue Unternehmen.
Wer es aber nicht gerade für die Aufgabe eines folchen
Handbuches hält, das Niveau, auf welchem die Durch-
fchnittsbildung unferer Theologen fteht, noch um ein
Erhebliches herabzudrücken, der wird dem Zöckler'fchen
Werke doch kaum feinen Beifall zollen können. Denn
der enge Raum, welchen der Herausgeber feinen Mitwürdig
, insbefondere verdient Anerkennung, dafs Herr [ arbeitern vorzufchreiben für gut fand, hat es felbft denen,
v. Bradke fich die hiftorifche Unterfcheidung der Hym- j die ihrem Stoffe gewachfen waren (und das ift doch nur
nen, ausgehend von fprachlichen Gefichtspunkten, hat 1 die Minderzahl), unmöglich gemacht, etwas Genügendes
in jedem Falle angelegen fein laffen. Hinzufügen möchte ; zu leiften.

ich noch, dafs auch gewiffe locale Unterfchiede in diefen 1 Bei dem neuen Unternehmen dürfte nun vor allem,
nach Zeit und Ort verfchiedenen Liedern vielfach ge- 1 was den Raum anlangt, das richtige Mafs getroffen fein.

fucht und vielleicht auch gefunden werden möchten.
Was wir aus der vergleichenden Grammatik der arifchen
Sprachen gelernt haben, dafs nämlich trotz aller Sprach-
verfchiedenheit continuirliche Uebergänge von Dialekt zu
Dialekt zu verzeichnen find, jft ein vielleicht auch auf dem
Gebiet der indifchen Mythologie gelegentlich geltend zu
machendes Princip. Was die Brahmanen uns überliefert
haben, athmet ihren Geift und fie werden ausgefchloffen
oder nur mifsverftändlich aufgenommen haben, was ihren
Anfchauungen zuwider lief. Wir werden aber a priori
annehmen dürfen, dafs bei der Mannigfaltigkeit der vedi-
fchen, einander zum Theil bitter befehdenden Stämme

Jede einzelne Disciplin foll in einem mäfsigen Bande
ungefähr von dem Umfang des vorliegenden, behandelt
werden. Den umfangreicheren Disciplinen follen zwei
Bände gewidmet werden. Auf diefem Räume kann in
der That das geleiftet werden, was jedem Theologen,
der eine wiffenfchaftliche Ausrüftung zu feinem Berufe
nicht für überflüffig hält, geboten werden mufs. In Bezug
auf den theologifchen Standpunkt wird man dem
Unternehmen wenigftens Einfeitigkeit nicht vorwerfen
können. Die Namen derer, die bis jetzt ihre Mitarbeit
zugefagt haben, find: Budde (Altteftamentliche Einleitung
), Smend (Altteftamentliche Theologie), Holtz-

zwifchen ihnen auch Glaubensdifferenzen hervortraten | mann (Neuteftamentliche Einleitung), Schürer (Neu-
und dafs die gefchmähten anindrük, die IndralofenFeinde, j teftamentliche Theologie), Kattenbufch (Symbolik),
nicht ausfchliefslich bei den Aboriginern und raffenver- Nitzfeh (Dogmatik), Weifs in Tübingen (Ethik), Möl

(chiedenen Völkern zu fuchen find. Nach den Sitzen
der Lanier hin mochte der eine oder andere fanskritredende
Stamm geblieben fein, der zwar in vielen, aber nicht in
allen Punkten mit den mehr oftwärts Wohnenden eines
Glaubens war. So gut wie ein rein weltliches, in
die Sammlung gar nicht gehörendes Lied (9, 112) mifsverftändlich
, wegen eines ganz unzugehörigen Zufatzes,
feine Stelle fand, kann auch ein Reft abweichender Glaubensmeinungen
fich in ein Buch wie das zehnte einge-
fchlichen haben, das ohnehin nur eine Nachlefe vedifcher
Gedichte enthält. Daher mufs ich auch noch nach Herrn
von Bradke's Bemerkungen in dem hochwichtigen Liede
RV 10, 124, 1—5 einen folchen Reft fehen; denn u. a. eya-
vante v. 4 heifst wanken, nicht rütteln und es kann
nur überfetzt werden: ,Agni, Sorna, Varuna, diefe wanken
'. Damit fteht in Uebereinftimmung der auf eine
Neubelebung des Feuercults hinweifende erfte Vers:
,0 Agni, komme zu meinem Opfer, — lange haft du in
tiefem Dunkel gelegen', fowie v. 5: ,und du, o Varuna,

ler (Kirchengefchichte), Harnack (Dogmengefchichte),
Chantepie de la Sauffaye (Religionsgefchichte), Gottfeh
ick (Religionsphilofophie). Die Verantwortung für
die Auswahl der Mitarbeiter trägt Herr Privatdocent
Völter in Tübingen, der die erfte Anregung zu der
Sache gegeben hat.

Zur Bearbeitung einer ,Einleitung in das Neue Teftament
' war kaum ein Anderer unter den Theologen
der Gegenwart in gleichem Mafse wie Holtzmann durch
die umfaffendfte Kenntnifs des Stoffes, vor allem der
gefammten neueren Literatur ausgerüftet. Seit 27 Jahren
hat er nicht nur regelmäfsig Vorlefungen über diefe
Disciplin gehalten, fondern diefelbe überhaupt als fein
eigentliches Arbeitsfeld betrachtet, auf welches der
gröfste Theil feiner Studien bezogen war. Eine Anzahl
der wichtigften Probleme hat er bereits in werthvollen
Monographien bearbeitet (Synoptiker 1863, Ephefer und
Koloffer 1872, Paftoralbriefe 1880). Unzählige Artikel
in Zeitfchriften und Sammelwerken, namentlich in Hil-

mögeft mich lieben'; cansämi cevam kann nicht heifsen: genfeld's Zeitfchrift für wiffenfchaftliche Theologie, find
,Adieu fagen', das erweift weder der Hinweis auf civa j demfelben Gegenftande gewidmet. Keine darauf bezüg-
noch auf svasti; und fowohl ayajniya — das fehr leicht liehe literarifche Erfcheinung, fie mochte noch fo unter-
als Gegenftück zu yajniya gebildet fein kann — als geordneter Art fein, ift der Aufmerkfamkeit des Ver-
adhipatya laffen fich durch den Hinweis auf eine locale faffers entgangen. Alles hat er der Beachtung gewürdigt,
Sonderftellung des Dichters entkräften. Nur Vers 2 kann über Alles auf's forgfältigfte Buch geführt. So merkt
Agni in den Mund gelegt werden. man es denn jeder Seite des vorliegenden Buches an,

Auf die an fachgemäfsen Bemerkungen reiche Ein- dafs es die reife Frucht einer Arbeit von Jahrzehnten
leitung einzugehen, ift hier nicht der Ort. Ich möchte ift: nur ein knapper Auszug aus einem dem Verfaffer
aber nicht fchliefsen, ohne dem Herrn Verf. einen Dank vorliegenden unerfchöpflich reichen Materiale.