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Ausgabe:

1885

Spalte:

527-530

Autor/Hrsg.:

Bradke, P. v.

Titel/Untertitel:

Dyâus Asura, Ahura Mazdâ und die Asuras. Studien und Versuche auf dem Gebiete altindogermanischer Religionsgeschichte 1885

Rezensent:

Hillebrandt, Alfred

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527 Theologifche Lil eraturzeitung. 1885. Nr. 22. 528

60, 9 — Ö2, 14 jUa*j — 64, 14 jüLL: — 66, 5

J.ot — 71, 10 xXLLo —72Ueberfchrift^lxä.f — 76, 12
? — Gloffar 134b Z. 5 Teakholz — 150b Z. 5 v. u.

V ftatt VIII (81, 12) — 153a Z. 7 v. u. ;r<aj>. — Im

Druckfehlerverzeichnifs ift zu Parad. 3, 1 ein falfches
Tefchdid untergelaufen. —

Das Beftreben, ein jetzt fchon verdienftliches Buch
für feinen nützlichen Zweck noch mehr vervollkommnen
zu helfen, möge die Länge diefer Anzeige entfchuldigen.

Königsberg. A. Müller.

Bradke, Privatdoc. P. v., Dyäus Asura, Ahura Mazda und

die Asuras. Studien u. Verfuche auf dem Gebiete alt-
indogermanifcher Religionsgefchichte. Plalle, Niemeyer
, 1885. (XX, 128 S. gr. 8.) M. 3. 60.

Seit den Jahren, in welchen die heiligen Bücher Indiens
dem europäifchen Welten zum erften Male fich er-
fchloffen, ift das Intereffe an diefen für die Entwicklungsgeschichte
der arifchen Menfchheit fo bedeutungsvollen
Schriften nicht mehr erkaltet. Die Hoffnungen derer,
welche in ihnen uralte /Weisheit' zu finden hofften, find
zwar herabgeftimmt und der Glaube an fchlichte Natur-
poefie ift erschüttert worden, aber dennoch hat der Veda
feinen Werth als unerschöpfliche Fundgrube mythologischer
Probleme nicht verloren und wird nach wie vor
eine Hochfchule mythologischer Forfchung bleiben. Je
deutlicher freilich wir unterfcheiden lernen, defto lebhafter
treten uns die Schwierigkeiten vor Augen, welche die
fichereErfaffungfeiner mythologifchen Gestalten umgeben.
Eine der wefentlichften liegt in dem den vedifchen Liedern
anhaftenden ,Henotheismus', der Neigung, den Gott,
an welchen ein Sänger feine Wünfche richtet, über alle
anderen zu Stellen und ihn weit über feinen Wirkungskreis
mit Machtvollkommenheiten auszustatten. Mochte auch
dem indifchen Dichter das Bewufstfein von der urfprüng-
lichen Bedeutung des Gottes allezeit gegenwärtig fein;
für uns, die wir erft alles Rankenwerk feiner Phantafie
forgfältig bei Seite biegen müffen, ift es nicht immer
leicht, die wefentlichen Charakterzüge herauszufinden.

Ein weiteres erfchwerendes Moment liegt in dem
bunt zufammengewürfelten Charakter der vedifchen Lieder
, die, nur zum Theil nach Familien gruppirt, weder
nach der Zeit noch etwa nach dem Ort ihres Ur-
fprunges gefondert find. So haben wir mehrere Sonnengötter
; aber es ift noch nicht ausgemacht, ob jeder
urfprünglich einem befonderen Localcult angehörte oder
etwa einen befonderen Jahresabfchnitt repräfentirt, und
noch gar nicht ift erwogen, ob nicht die Aboriginer, die
Däfa's, manchen Namen ihres eigenen Götterfyftems in
der vedifchen Mythologie zurückgelaffen haben.

Etwas beffer fleht es dort, wo uns die Schriften des
Avefta, deffen Sprache von der des Veda eigentlich nur
dialektifch verfchieden ift, aufklärend entgegenkommen
und wenigftens einen chronologifchen Ausgangspunkt
gewähren. Auf diefem nichts deftoweniger fchwierigen
Grenzgebiete bewegt fich die gründliche und inhaltreiche
Studie, die wir Herrn von Bradke verdanken.

Es ift eine bekannte Thatfache, dafs Inder und
Iranier in mehreren ihrer wefentlichften rcligiöfen Bezeichnungen
völlig übereinftimmen, in mehreren anderen um
fo fchärfer contraftiren. Eine auffallende Thatfache tritt
uns bei dem Worte asura, ahura entgegen. In Ahura
Mazda bezeichnet Ahura den höchften iranifchen Gott;
auf indifchem Boden dagegen ift das ahura entfprechende
Wort asura fowohl eine Bezeichnung der Götter und
zwar einiger der vornehmften Götter, als auch der Teufel.

Der Vergleich mit dem Avefta lehrt, dafs die Bedeutung
.Teufel' nicht die urfprüngliche fein kann, fondern
fich erft fpäter eingeftellt haben mufs; wenigftens
hat die Anficht, dafs asura als epith. ornans der Götter
erft den Zarathuftriern entlehnt fei, einen Vertreter bisher
noch nicht gefunden. Was bedeutet aber asura urfprünglich
? War es das Beiwort eines beftimmten Gottes,
von dem es auf die anderen Götter übertragen wurde?
Vor allem, wie kommt es, dafs asura in fpäterer Zeit
.Teufel' bedeutet? Gefchah dies in allmählicher hiftori-
fcher Entwicklung, haben wir äufsere Einflüffe anzunehmen
? Dies find die Fragen, die uns der Herr Verfaffer
diefer Monographie mit Gefchick zu löfen fucht. Zunächft
weift er die öfter hervorgetretene Vermuthung, dafs asura
urfprünglich eine indifferente Bedeutung gehabt und
weder göttliches noch widergöttliches bedeutet habe, wie
mich dünkt, mit Erfolg zurück. Mit weniger Sicherheit
läfst fich beiftimmen, wenn der Verf. ausgehend von
asurya die Bedeutung ,Gott y.ar höchfter Gott, Götterherr
' für asura zu ermitteln fucht. Es läfst fich nur
fagen, dafs die von ihm angezogenen Stellen eine folche
Bedeutung wahrfcheinlich machen, nicht aber, dafs fie
fie völlig beweifen. Dagegen fcheint mir der fchwicrige
Nachweis, in welchem der Verf. asura als urfprüngliches
Beiwort des dyäus in Anfpruch nimmt, gelungen und
namentlich auch fein Princip, gegenüber den henotheifti-
fchen Tendenzen der Lieder mehr Werth auf gelegentlich
hingeworfene Bemerkungen als auf dithyrambifche
Hymnen zu legen, gerechtfertigt. Weiterhin ergiebt fich
als Refultat, dafs ein Uebergang des Begriffes ,asura =
höchfter Gott' in den von .Teufel, Nichtgott' oder auch
nur zur Bedeutung .niedere Götter' nicht wahrzunehmen
ift. .Sind uns keinerlei Mittelglieder überliefert, die einen
Bedeutungsübergang von dem göttlichen Afura zu den
widergöttlichen Afura's verftändlich machen könnten, fo
fehlt uns fogar der geringfte Anhalt zur Vermuthung;
dafs folche Mittelglieder ehemals vorhanden gewefen
wären' (S. 104. 105) und es folgt als, wie mir fcheint,
wichtigftes Ergebnifs, dafs ,die jüngeren asurä adevah
von aufsen in die brahmanifche Welt hineingetragen'
find und zwar in einer Zeit, ,da das Wort asura in feiner
älteren Bedeutung noch gebraucht wurde, aber bereits
obfolet zu werden begann'. Charakteriftifch ift hierfür
die S. 21 ff. gemachte Beobachtung, dafs asura in
der Bedeutung ,Teufel' im Rigveda vorwiegend im Plural
(8 Stellen von IO), in der Bedeutung .göttlich' dagegen
vorwiegend im Singular (57 oder 58 Stellen gegen 4)
gebraucht wird. Das fteht in Uebereinftimmung mit dem
Atharvaveda, welcher nur 2 oder 3 Mal den Singular
von Afura = Teufel (gegen circa 30 Mal im Plural) aufweift
, und mit den Brnhmana's, in denen der Singular in
diefer Bedeutung gar nicht vorzukommen fcheint. Der
Singular mufs alfo vorwiegend als Bez. für Götter
empfunden worden fein.

Woher kamen nun die widergöttlichen Afura's?
v. Bradke meint, aus dem Umftande, dafs der Gegenfatz
vielmehr als theologifcher denn als nationaler (befonders
in den Brahmana's) behandelt wird, fchliefsen zu follen,
dafs wir an andere arifche Stämme zu denken haben.
Ich möchte, da wir für jene Zeit confeffionelle und nationale
Gegenfätze nicht ftrenge fondern dürfen, auf
diefen Grund kein Gewicht legen. Aber von Bedeutung
ift der auch von Herrn v. B. verwerthete Umftand, dafs
unter allen arifchen Stämmen die Lanier des Avefta
die einzigen find, von denen wir mit Sicherheit wiffen,
dafs fie den Afura verehrten und die Devas (die Götter
der Inder) verabfcheuten. Wir müffen daher beiftimmen,
wenn er zu jener älteren, leider mehrfach aufgegebenen
Anfchauung zurückkehrt, wonach die .Verteufelung' des
Afura bei den brahmanifchen Indern auf den Zufammen-
ftofs der letzteren mit den Anhängern Zarathuftra's zurückgeführt
werden mufs. Nur ,in die arifche Urzeit'
meint er, dürfen wir diefen Zufammenftofs nicht verlegen
. Warum nicht? Eine Urzeit, bemeffen nach Taufenden
von Jahren, wird gewifs zwifchen der Trennung