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Ausgabe:

1885 Nr. 21

Spalte:

506-507

Autor/Hrsg.:

Salmon, G.

Titel/Untertitel:

The Cross-References in the ‚Philosophumena‘ 1885

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. 21. 506

er es wie fo manches andere, deffen er bedurfte, aus
J. Kayfer's trefflichen .Beiträgen zur Gefchichte und Erklärung
der älteften Kirchenhymnen' leicht hätte entnehmen
können, noch verftand er die auch an fich durchaus
nicht fchwierige Stelle aus ihrem lateinifchen Wortlaut
, denn er überfetzt den heitern Unfinn: ,Der Kirche
Fels ift Hort und Halt, Nun trotz ich Holl' und Todsgewalt
'. Dafs nun auch S. 58 die Beziehungen auf Petrus
in den Verfen Jesu latentes respice et nos videndo
corrige u. f. w. völlig unverftanden und unüberfetzt bleiben
, bedarf kaum der Erwähnung. Wundern foll es mich
nur, ob er wie hier beim Ambrofius, fo auch fpäter beim
Prudenz alle die von Wackernagel für feinen Zweck mit
Recht beigefügten Umarbeitungen fpäterer und fpätefter
Jahrhunderte in feinen gereinigten Schatz der alten Hym-
nenpoefie aufnehmen wird.

Aber Linke hat nicht blofs die Auswahl und Reihenfolge
, fondern auch den Wortlaut des Wackernagel'fchen
Textes beibehalten und zwar aus dem Grunde, weil
Wackernagel .vermöge feines feinen Urtheils und ich
möchte fagen kanonifchen Inftinktes den relativ correc-
teften Text giebt'. Gott behüte mich, an Wackernagel
Linke'fche Kritik zu üben — fein feines Urtheil in allen
Ehren, aber die myftifche Redensart vom kanonifchen
Inftinkte ift denn doch eine baare Lächerlichkeit. Ich
erwähnte fchon früher die Stelle aus dem zweiten Verfe
des Laurentiushymnus, wo Wackernagel Christum sequens
hie martyrem responsa vatis rettulit bietet. Alles wies
hier auf die Correctur Mone's Xistum hin — die Erzählung
des Vorganges bei Prudenz, die Beziehung des vates
auf einen vorhergehenden Namen, vor allem aber der
Umftand, dafs Chriftus denn doch nun und nimmermehr
ein Märtyrer ift. Wer ,fein Lebelang die Luft der alten
Kirche geathmet und das Brot der alten Kirche gegeffen',
wie das Linke von fich rühmt, follte doch eine fo elementare
Begriffsverwirrung nicht weiter propagirt, fondern trotz
Wackernagel das Richtige eingefetzt haben. Freilich mufs
man es vorher als folches erkennen. Wer weitere Bei-
fpiele für die grofse Correctionsfähigkeit des Wackernagel
'fchen Textes wünfeht, findet fie leicht z. B. durch
eine Vergleichung des pfeudo-hilarianifchen Ad coeli clara
non sinn dignus sidera, wie es bei ihm und Linke fteht,
mit dem Text und den Varianten bei Mone, Daniel, du
Mcril u. A. Der fchlagendfte Beweis aber fcheint mir
die Thatfache, dafs Linke felbft, um von gleichgültigen
orthographifchen Aenderungen zu fchweigen, einzelne
offenbare Fehler des Wackernagel'fchen Textes corrigirt
hat, fo S. 2 V. 8 angustae in angusto, S. 66 V. 11 ad
o rat um in adoratum — an anderen Stellen find freilich
ebenfo augenfällige Druckverfehen ftehen geblieben, z.
B. S. 134 V. 11 persequeutem, S. 152 V. 4 lapso — ja
dafs er verfchiedentlich fogar abfichtlich oder unabficht-
lich feinen Text verfchlechtert hat. Ich rechne dahin
Stellen, wie S. 36 V. 1 wo Summe (Wackernagel Sunt'
mar) metrifeh unzuläffig ift, ferner S. 58 V. 8 te (W. et),
vor allem aber S. 134 V. 11 ff. Diefe Strophe lautet
bei Linke: Iam coelos referes arvaque laxes foecundo
Placidus imbre rogamus, Heliae meritis impia saecla |
donati pluvia: nos quoque dones. Für referes im erften
und donati in der letzten Zeile bietet Wackernagel die
einzig möglichen Formen reseres, ,öffne des Himmels
Schleufen', und donasti. Das Unglaublichfte bei der Sache
ift aber, dafs Linke, während er im letzten Verfe vor-
fichtig umfehreibt (,'drang aus himmlifcher Thür einft für
die Sünder Thau und Regen herfür: denke der Kinder!'),
im erften feinen Druckfehler (?) auch noch fchwungvoll wie
immer überfetzt: .Fülle des Himmels Gewand wieder
mit Segen!'

So leicht es mir fallen würde, auch die doppelte und
dreifache Spaltcnzahl mit ähnlichen Nachweifen zu füllen,
mufs ich doch mit Rückficht auf den fchon übermäfsig
in Anfpruch genommenen Raum diefer Blätter und die
fehwergeprüfte Geduld des Lefers hier zum Ende kommen
; zur Kennzeichnung des Linke'fchen Machwerkes
wird die Auslefe, die ich im Vorftehenden gegeben,
ohnehin genügen. Was aber den Verdeutfcher felber
betrifft, fo würde ich den Zweck diefer Kritik für erreicht
halten, wenn er bei den etwa weiter zu erwartenden
Bänden feines Te Deum laudamus fich ein gründliches
Studium des alten Textes und feiner modernen Erklärer
und Ueberfetzer zur erften Pflicht machte, den Gedanken
an fein ,grofses Werk' aber, das Corpus hymnorum, we-
nigftens folange aufgäbe, bis er fich wirklich in den Belitz
der dazu nöthigen umfaffenden Kenntnifse gefetzt,
zu dem ihm jetzt nicht weniger fehlt, als Alles.

Braunfchweig. Wilhelm Brandes.

Salmon, Dr. G., The Cross-References in the ,Philosophumena'

(,Hermathena', A Series of papers on Literature,
Science and Philosophy, by Members of Trinity
College, Dublin Nr. XI [1885] p. 389—402).

Diefer kurze Auffatz weift auf ein Problem in den
Philofophumenen hin, welches m. W. bisher noch nicht
erkannt worden ift, und deutet eine Löfung an, die auf
jeden Fall Erwägung verdient.

Salmon wirft die beiden Fragen auf, ob die gnofti-
fchen Schriften, welche aufser Hippolyt {Philosoph)
fonft Niemand citirt hat, echt find, und ob die Secten,
denen fie angehören follen und die fonft Niemand genannt
hat, überhaupt exiftirt haben. Das Recht, diefe
Fragen zu ftellen, hat der Verf. durch eine Vergleichung
der von Hippolyt benutzten Schriften der Naaffener, der
Peraten, der Sethianer, des Gnoftiker Juftin, der Simo-
nianer (r/ ctnocpaoig iieyahf), der Doketen und des Mo-
noimus gewonnen. S. hat nachgewiefen, dafs diefe
Schriften nicht nur in der Benutzung der h. Schriften
verdächtige Uebereinftimmungen aufweifen, fondern auch
vielfach im Gebrauche von Worten, Formeln, Bildern
und ganzen Satzgruppen übereinftimmen. Die Vergleichung
ift keine erfchöpfende — was der Verf. felbft con-
ftatirt —; aber fie reicht allerdings vollftändig aus, um
die Behauptung zn rechtfertigen, dafs hier entweder
gemeinfame Quellen vorliegen — die Schulformeln grie-
! chifcher Philofophen, was in einzelnen Fällen auch nach
S. die nächftliegende Annahme ift —, oder dafs ein
directes Benutzungsverhältnifs zu ftatuiren ift, oder dafs
ein und derfelbe Autor diefe Schriften verfafst
hat. Salmon ift nun geneigt, da Hippolyt für uns der
einzige Zeuge diefer Secten ift, das Letztere anzunehmen.
Da aber, wie er wohl mit Recht behauptet, an der Ehrlichkeit
Hippolyte nicht zu zweifeln fei, fo bleibt nach
S. nur die Annahme übrig, dafs der eifrig häretifche
Schriften fammelnde Hippolyt von einem .Simonides'
getäufcht worden fei, der ihm für gutes Geld Echtes
und Unechtes, letzteres aus eigener Schmiede, verkauft
habe. Salmon beurtheilt am Schlufs des Auffatzes auch
die viel umftrittenen Mittheilungen H.'s über die Bafili-
dianer und findet, dafs die Quelle, aus welcher H. ge-
fchöpft hat, ebenfalls um ihrer Beziehung zu anderen
Quellen willen verdächtig fei. ,1t is true that his aecount
of their system has fezver coincidences zvith other Systems
than are found in other cases; yet there are some. At an
early stage we meet< (p. 232, 40 Miller) navzct öoa eotiv
uneiv y.ai i'zz fir) tvoövza naoaliuelv; the Illustration of
the Indian Naphta [p. 239) is used by the Peratae {p. 137),
and in the place assigned to the Holy Spirit, and in zuhat
is said about its sweet fragrance, zue haue an echo of
what was said before. I cannot help suspecting this Basi-
lides to be also a Valentin/an in disguise. The Valentinia 11
technical zvords slip out: dtjiuovQyög, «xrpw/m, znnog;
the same use is made of the texts, Prov. 1, 5 {comp.
P- 239» 65>' I9L 82; C/em., Strom. II, 4%),; Exod. 6, 2. 3
{comp. 238, 36; 196, 25); zuhile the tietröoinr nveifia of
this Basilides seems to be closely related to the Valentinian