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Ausgabe:

1885

Spalte:

489-492

Autor/Hrsg.:

Pearson, William L.

Titel/Untertitel:

The prophecy of Joel: its unity, its aim and the age of its composition 1885

Rezensent:

Smend, Rudolf

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. H inrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

m- 2L

17. Oktober 1885.

10. Jahrgang.

Pearson, The prophecy of Joel (Smend).
Glock, Die Gefetzesfrage im Leben Jefu und

in der Lehre des Paulus (Weifs).
MOB ml* en, Römifche Gefchichte. 5.Hand (Loofs).
Linke, Die lateinifchen Hymnen der alten Kirche

verdeutfclit (Brandes).

Salmon, The Cross-References in the Philoso-
phumena (Harnack).

Merz, Die Bildwerke an der Erzthüre des Augsburger
Domes (Eicker).

II off mann, Mein Weg nach Jerufalem. 2. Theil
(Rade).

Gallwitz, Das Evangelium eines Empiriften
(Kaftan).

Ein Vermächtnifs Straufsens an den deutfchen

Liberalismus (Köhler).
Kurzgefafste Mittheilungen.

Pearson, William L., A. M., Ph. D., The prophecy of Joel:

its unity, its aim and the age of its composition.

Leipzig, Staufler, 1885. (X, 154 S. gr. 8.) M. 4.—
Anläfslich einer Heufchreckenplage wird im Buche
Joel eine Summe von eschatologifchen Erwartungen vorgetragen
, vor allem die eine vom Tage Jahve's, der zu

Es ift nun für die vorliegende Arbeit fchon bezeichnend
genug, dafs die Frage nach dem Verhältnifs von
Apokalyptik und Prophetie für den Verf. gar nicht
exiftirt. Wiederholt betont er den apokalyptifchen Charakter
der Schrift, der eine gewiffe Unklarheit bedinge
und deshalb eine befondere Art der Exegefe erfordere,
er ftellt diefelbe mit der neuteftamentlichen Apokalypfe
nachft für Jahve's eigenes Volk, dann aber für die Heiden |n Parallele und fcheidet fie von der prophetifchen Litc-

naci n iurjanve a eigenes voix, uamt auci iui u.c in parallele und fcheidet fie von der prophetifchen Lite-

furchtbar wird und den endgültigen Ir.umph der Ge- | ratur fowdt) dafs er c. 3. 4. 1 fi auf eine ferne Zukunft
meinde über fie herbeiführt. Im Zufammenhang damit 1 abzielen lafst rS> 3$ ff-). Dabei meint er aber ohne alle
erfchemen aber auch die Erwartungen yon dem letzten Bedenken joel unter Rehabeam fdzen zu dürfen. Nc_
Feinde au^ d^m^Nordei,, von ^^^^^ de^l&ea | benbd nur bemerkt er> dafs nach Am $j l8 die £r.

Wartung des Tages Jahve's zu Arnos' Zeit vom Volke
verfpottet wurde, alfo jedenfalls fchon länger von den
Propheten gepredigt war (S. 148). Der "Verf. mufste
wiffen, dafs diefe Auslegung von Am. 5, 18 neuerdings
vielfach beftritten wird und thatfächlich unmöglich
ift. Die populäre Erwartung des Tages Jahve's, die
Amos bekämpft, war der prophetifchen total entgegengefetzt
.

In Wahrheit ift es dem Verf. auch gar nicht um
das Buch Joel, fondern vielmehr um eine Widerlegung
der neueren Pentateuch-Kritik zu thun, der er durch den
Beweis einer frühzeitigen Entftehung jenes Buches einen
tödtlichen Streich verfetzen zu können glaubt. Er richtet
deshalb feinen Angriff zunächft gegen die allerdings
fehr anfechtbare Exegefe des neueften proteftantifchen
Commentators, der ihm in Bezug auf das Buch Joel als
der bedeutfamfte Vertreter der neueren Kritik gilt, um
dann aus den c. 4 vorausgefetzten politifchen Zeitver-
hältnifsen die Entftehungszeit zu bdbmmen. Seine Argumentation
ift hier wefentlich die auch fonft übliche.
Joel befchuldigt freilich alle Heiden, dafs fielfrael zerftreut
und Jahve's Land unter lieh getheilt haben, aber mit
Namen nennt er nur die Phönicier und Philifter, Aegypter
und Edomiter. Daraus foll folgen, dafs Joel vor der
affyrifch-babylonifchen Zeit, ja vor den Syrer-Kriegen

über die Gemeinde, von der Rettung, die auf dem Berge
Sion fein wird, an welcher auch ein Reft der Heiden
Antheil hat, von dem grofsen Gerichtstage über die
Heiden, von der Tempelquelle und von dem ewigen Wohnen
Jahve's unter feinem Volke. Diefer eschatologifche
Gedankenkreis war dem Verfaffer im wefentlichen überliefert
, durch die Heufchreckenplage wird er nur von
neuem lebendig. Wir haben es mit einem Schriftfteller
zu thun, der nach Fug und Recht zu den Apokalyptikern
gezählt werden mufs, fofern er die Erfüllung überlieferter
(3, 5) Weisfagungen von der nächften Zukunft erwartet
und diefelben der gegenwärtigen Zeitlage anpafst.
Wenn er in den Heufchrccken ein furchtbares Kriegsheer
fieht, das Jahve gegen fein Volk heraufführt, und
er daraus auf die Nähe des Tages Jahve's fchliefst, fo
ift deutlich, dafs die Erwartung eines (olchen Heeres,
deffen Erfcheincn den Tag Jahve's einleiten folltc, ebenfalls
überliefert war. Es ift deshalb nicht gerade kritifcher
Muthwille, wenn man i;BSn (2, 20), das auf Heufchrecken
an fich für Paläftina wenig pafst, mit Ez. 38. 39 in Verbindung
bringt. Ebenfo ift Jo. 2, 11 nach Mal. 3, 2
zu erklären, es handelt fich um das letzte Läuterungsgericht
, durch das die Gottlofen aus der Gemeinde aus-
gefchieden werden. Wie dem aber auch fein mag,
zweifellos ift der apokalyptifche Charakter des Buches
Joel d. h. aber im Verhältnifs zur Prophetie fein feeun

därer Charakter. Nachdem dies zuerft von Duhm aus- lebte. Während der Oberherrfchaft der Affyrer und
führlich gezeigt ift, lautet die kritifche Frage betr. des Chaldäer hätten diefe mit Namen genannt werden müffen,
Buches Joel zunächft dahin, von welcher Zeit an eine folche nach dem Exil wäre dagegen der politifche Horizont
Apokalyptik in Ifrael möglich war. Konnte fie neben niemals wieder fo eng gewefen wie vor dem Auftreten
der Prophetie hergehen oder konnte fie nur ihr folgen? ! der Affyrer (S. 51. 56. 118). Thatlächlich war das Ver-
Dicfe Fkageftellung ift um fo nothwendiger, als das Buch ' hältnifs der voraffyrifchen und nachexilifchen Zeit in
Joel fich auf's ftärkfte mit faft allen prophetifchen j diefer Hinficht wohl eher das umgekehrte. In Wahrheit
Büchern berührt, fo dafs wir auch deshalb fragen müffen, [ fteht es auch an diefem Punkte um die Meinung der
ob Joel das Vorbild faft aller anderen Propheten ge- vorexilifchen Entftehung des Joel ungünftig genug. Augen-
wefen ift oder ob er faft fämmtliche Propheten benützt fcheinlich ift Jo. 4, 5 von einer Plünderung des Tempels
hat. Wir fehen ferner die einzelnen Zukunftsideen je ; durch Phönicier und Philifter die Rede; es ift kaum
für fich befonders bei verfchiedenen Propheten unter denkbar, dafs eine folche in vorexilifcher Zeit Statt hatte,

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beftimmten zeitgefchichtlichen Verhältnifsen auftauchen,
wie vor unfern Augen erwachfen fie dort — im Buche
Joel treten fie dagegen alle auf einmal anläfslich einer
Heufchreckenplage auf und zwar fo, dafs ein innerer
Zufammenhang zwifchen ihnen nicht hergeftellt ift.

da fonft das Königsbuch davon erzählen würde, wogegen
Erzählungen der Chronik nicht in Betracht kommen können
. Ueber die Schickfale des zweiten Tempels wiffen
wir dagegen für die Zeit von Zerubbabel bis auf Ezra
und von Nehemia bis auf die Seleuciden fo gut wie

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