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Ausgabe:

1885

Spalte:

369-372

Autor/Hrsg.:

Schlottmann, Konst.

Titel/Untertitel:

Wider Kliefoth und Luthardt. In Sachen der Lutherbibel 1885

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegebein von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 16. 8. Auguft 1885. 10. Jahrgang.

Schlottmann. Wider Kliefoth und Luthardt Otte, Handbuch der kirchl. Kunft-Archäologie
... ... . a»= Amttfhmn Mittelalters tPohll.

(Kautzfeh)

Kahnis, Über das Verhältnifs der alten Philo-
fophie zum Chriftenthum (Möller).

Krüger, Monophyfitifche Streitigkeiten (Möller).

des deutfehen Mittelalters (Pohl).
Analecta Franciscana T. I. (K. Müller).
Berger, La Bible frangaise au moyen age

(Birch-Hirfchfeld).
Le Psautier de Metz, par Fr. Bonnardot
(Derf.).

Enders, Luther's fämmtliche Werke. 25. und
26. Bd. (Brieger).

Sachfse, Urfprung und Wefen des Pietismus
(Weizfäcker).

Notiz über die Anfänge des Mönchthums in
Syrien, von V. Ryffel.

Schlott mann, KonfL, Wider Kliefoth und Luthardt. In

Sachen der Lutherbibel. Halle, Strien, 1885. (108 S.
gr. 8.) M. 1. 50.
Vorliegende Brofchüre ift aus zwei ziemlich hetero

Grund befonders fcharf redet, fich nicht zu ihren Mit-
fchuldigen machen'.

Referent hat fich in der Theolog. Literaturzeitg.
(1885 No. 4) auch auf die Seite der .vorlauten und ab-
fprechenden Herren' geftellt, welche die fprachliche Be-

genen Beftandtheilen erwachfen. Durch mancherlei An- handlung der Probebibel als eine in vielfacher Hinficht
griffe auf die 1883 veröffentlichte ,Probebibel' fah fich verfehlte und im Intereffe der Gemeinde, wie ganz bef.
Prof. Schlottmann, der langjährige Vorfitzende der Halle- der Schule, energifch zu bekämpfende betrachten. In
fchen Revifions-Commiffion, zur Vertheidigung derfelben diefer Anficht ift Referent durch alle die oben citirten
veranlafst. Der betr. Auffatz war bereits an die Redac- Liebenswürdigkeiten nur noch beflärkt worden. Diefel-
tion der .Deutfch-evangelifchen Blätter' abgegeben, als I ben beweifen nämlich, dafs Schlottmann fammt den er-
in der ,Evangel.-Luther. Kirchenzeitung' vom 15. Jan. | zürnten Germaniften gar nicht fieht oder fehen will, wo-
1885 die bekannte Erklärung von Kliefoth und Luthardt | rum fich der Streit eigentlich dreht. Wem in aller Welt
gegen die Probebibel erfchien. Dies bewog Prof. Schlott- ift es denn eingefallen, die Lutherfprache oder Frommann
, den erwähnten Auffatz nunmehr in Verbindung mann's feines Verftändnifs derfelben anzuzweifeln, ge-
mit einer Streitfchrift gegen K. und L. zu veröffentlichen. 1 fchweige gar .anmafsend u. f. w.' zu verurtheilen? Mögen
Diefe Entftehung der Brofchüre bringt es mit fich, dafs j doch die Germaniften in Gottes Namen einen noch viel
Schlottmann im erften Theile (S. 10-27) vielfach einen I .reineren' Luthertext herftellen, z. B. überall auch zuStandpunkt
vertritt, der fich (im Intereffe der Confervi
rung des Luthertextes) mit dem von Kliefoth und Luthardt
eingenommenen berührt, im zweiten Theil dagegen
mehrfach Grundfatze geltend macht, deren confequente
Verfolgung er im erften Theile bekämpft hat.

Unter den Gegnern der Probebibel haben bef. ,die
vorfchnellen Kritiker', welche die fprachliche Behandlung
des Textes zu tadeln fich erdreifteten, den Unwillen
Schlottmann's erregt. Ihnen vor allen foll Luther's
fprachliche Genialität und Frommann's feines Verftändnifs
dafür zu Gemüthe geführt werden. Schlottmann erfreut
fich dabei der Bundesgenoffcnfchaft des Halle'fchen
Germaniften Zacher, der es in feiner germaniftifchen Zeit-
fchrift als eine .bedenkliche und gefährliche Thatfache'

brechen, zureifsen' u. f. w. aufnehmen — kein Menfch
wird ihnen diefes Vergnügen mifsgönnen oder fich als
Laie ein Urtheil über ihre Arbeit anmafsen. Aber eine
total andere Frage ift die, ob folche Arbeit auch für die
Zwecke der Gemeinde und der Schule zu brauchen ift,
und das ifts, was wir nach wie vor energifch beftreiten.
Wenn ich in der Lage wäre, mir ein Zimmer in alt-
deutfehem Gefchmack vollftändig ftilgemäfs einzurichten,
fo würde ich mich an einen Archäologen wenden und
feine Anweifungen als unbedingt mafsgebend anfehen.
Wenn ich mir aber ein Zimmer zu bequemem und behaglichem
Wohnen einrichte, dann brauche ich ganz
ficher keinen Archäologen, fondern halte den Gefchmack
einer tüchtigen Hausfrau für competenter, als den feinigen.

hingeftellt hat, dafs viele, ,denen aus Mangel der dazu Und diefer Gefchmack kann fich unter Umftänden darin

beweifen, dafs man etwas, was am rechten Platz durch-

Petenten Urtheile gebricht, gegen die fprachliche Be
handlung des Luther'fchen Textes in der Probebibe
Sturm laufen' Der Widerftand gegen die Probebibel
aus diefem Grunde fei ,unverftändige Ueberhebung und
Anmafsung'. Daher ift nach Schlottmann auch kein
Zweifel, dafs die im Herbft 1884 in Deffau gewählte ger-

„.gciicuj. 1.«.•» gediegenen und umfaffenden
unbedingt ertoraerf,L" RA fa zu einem wirklich com- aus .ftilvoll' ift, in anderem Zufammenhang für fchlecht-
Sprachkenntniise die £««»8 A._ r----UI:„,_ 1 I hin gefchmacklos und unzuläfftg erklärt. Genau fo verhält
es fich mit zahllofen Archaismen der Probebibel.
Dafs Luther Pfalm 38, 12 gefchrieben hat .meine Freunde
flehen gegen mir', glauben wir den Germaniften aufs
Wort; dafs aber ,gegenmir' heutzutage ein grober Sprachfehler
ift, der in einer Volks- und Schulbibel fchlechter-

- verfahren Frommann's gegen- | dings nicht geduldet werden darf, daran vermögen zehn-

maniftifche Commifhon aas v leichtfertigen Urthei- taufend Germaniften nichts zu ändern. Solche Sprach-

über den .übereilten und theü jncjpieu rechtfertigen i fehler find aber nicht allein zwecklos, fondern fchädlich;

len, die über ihn ergangen ÜB« P ^ p-iftjefslich anders j denn fie machen (wir erinnern noch einmal an Formen,

wird. Auch ,das deutfehe voi ^ deffen Sprechern j wie .feiren, Mauren'!) den Lindruck des Läppifchen und

urtheilen, als jene, die fich imoeJu von dem Verdient! geben fo dem Lefer ein Aergernifs. Gegen diefes Aerger-

aufwarfen' (S. 14), die nichts v11 ' .f j gefundem nifs werden wir fo lange proteftiren, bis man fich end-
Frommann's, der mit tiefem Verltandniis ,

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Takt die Lutherfprache von zahlreichen Lntftellungen
gefäubert und fie in ihrer Reinheit und Schönheit wieder-
hergeftellt hat'. Und wenn es einige durchaus nicht
laffen können, ,mit etwas oberflächlicher Kenntniis des
heutigen correcten Deutfch Luther zu fclmlmeiftern, io
tollten ftudierte Theologen, gegen die Zacher nicht ohne

lieh herbeilaffen wird, ftatt der oben gerügten Verdrehung
der Sachlage rund und rein die Frage zu beantworten:
was verfteht die Revifionscommiffion unter ,richtig und
verftandheh'? Diefem Hauptzweck hat fie nach S. LXII
des Vorberichts zur Probebibel angeblich alles andere
untergeordnet. Wie konnte fie fich dann mit gebundenen

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