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Ausgabe:

1885 Nr. 15

Spalte:

350-352

Autor/Hrsg.:

Uhlhorn, G.

Titel/Untertitel:

Die christliche Liebesthätigkeit. 2. Bd. Das Mittelalter 1885

Rezensent:

Weizsäcker, Carl

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Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. 15.

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ausgedehnter Kenntnifs auch die Fragen der bibli- | richtig beantworten können, wenn er zugleich mit der
fchcn Geographie. Mit lobenswerthem Eifer ift er ftets Kirchengefchichte fpeciell der angelfächfifchen wirklich
bemüht, feine Gelehrfamkeit durch Beobachtungen an vertraut ift. Das aber ift bei dem Verf. vorliegenden
Ort und Stelle zu ergänzen. So fucht er 81 f. Gebim Büchleins nicht der Fall. Die grofsen principiellen
Jef. 10, 31. Jer. 14, 3 auf der cifternenreichen Höhe füd- ! Fragen, welche die angelfächfifche Kirche bewegten, hat
lieh von 'Anata. In der Ruine .Farhan' (v. d. Velde?) er trotz des Fleifses, den er auf feine Arbeit verwendet
will er das alte Ephron Jof. 15,9 entdecken. Dagegen ' hat, doch nicht verbanden, gefchweige denn zur Dar-
vgl. die genaue Schreibung des jetzigen Namens bei ftellung gebracht. Davon, dafs die britifche und iro-
Guerin I. 1, 263. ZDPV. II, 150 und Carton der Tafel fchottifchc Kirche bis jetzt noch fehr verfchieden beur-
IV. S. 73 ff. 85 ff. fpricht V. über die Lage des alten j theilt werden von verfchiedenen Kirchenhiftorikern,
Zion und entfeheidet fich für den SW.-Hügel. Für die , verräth er keine Kenntnifs. Befcheiden fagt er felbft in
,Neuanlage einer Stadt' foll der fchöne luftige SW.- | der Vorrede, dafs ihm von neueren Arbeiten nur Lappen-
Hügel geeigneter fein als der niedrige .geradezu im Back- berg, Gefch. Englands, Wright, Biograplüa litt. Brit.,
ofen liegende Sü.-Hügel'. Aber es handelt fich gar nicht Rettberg, Kirchengefchichte Deutfchlands und Monta-
um die ,Neuanlage einer Stadt'. Zion war eine mesuda, lembert, /es moines d'oecident bekannt geworden find,
keine Stadt, und David macht keine ,Neuanlage', fondern ; Da ift es nicht wunderbar, dafs die wenigen Angaben
erweitert die eroberte Burg. Aufserdem ift der SO.- über die ,britifche Secte' (wie der Verf. fagt, ohne zu
Hügel dem erfrifchenden Weftwinde durchaus zugäng- beachten, dafs die northumbrifche Kirche von der iro-
lich — er hat mich dort, fo oft er wehte, erquickt. Die fchottifchen, nicht aber von der britifchen beeinflufst war)
geringe Ausdehnung des SO.-Hügels, an der fich V. die gerechteften Anfprüche nicht befriedigen können,
ftöfst, macht ihn gerade dazu geeignet, eine Burg zu ; — Allerdings hat der Verf. mit grofser Sorgfalt, wenn
tränen. Wie umfangreich hätten die Befeftigungswerke 1 auch mit Weitfchweifigkcit bei Kleinigkeiten und mit

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fein müfien, um den SW. Hügel uneinnehmbar zu machen!
Der Verf. hat von den Machtvcrhältnifsen im alten Je-
bufitcrlande eine irrige, viel zu hohe Vorftellung. Die
Tradition für den SW.-Hügel ift nicht ,uralt', Hieronymus
kennt fie noch nicht. Der Fehler ift, dafs V. durchweg
an falfchen Vorausfetzungen feflhält. S. 99 f. trägt
der Verf. wieder die Anficht vor, dafs der ,Berg Mizear
(Ps. 42, 7)' der Gilboa fei, da ,der jetzige Name diefes
Gipfels el Mesar' laute, und dafs ,der Name Dfchaluo'
(bekanntlich einer Quelle und einem Fluffe nördlich vom
Gilboa angehörend) an Richter 7, 3 (Gebirge Gilead)
erinnere. Da er fchon früher (in einer Kecenfion d. Theol.
Literaturblattes) offenbar mir diefe Identificationen
zu bedenken geben wollte, fo benutze ich die Gelegenheit
, um ihm zu erwidern, dafs eine lautliche Ver-
wandtfehaft der betreffenden Wörter weder in dem einen
noch in dem anderen Falle exiftirt. ,E1 Mesar' ift .Wallfahrtsort
' und .Dfchalud' ift Goliath; diefer Riefe fpukt
fchon in der Nähe des alten Jefreel feit den Zeiten des
Pilgers von Bordeaux. Der Verfuch, Taricheae nach

allzufchnellem Abthun des Wichtigen, gearbeitet, die
Angaben über Wilfrid's Leben im engeren Sinn find richtig
, und es fehlen der Arbeit auch folche Refultate nicht,
die gegenüber der vom Verf. benutzten Literatur als
neu bezeichnet werden können, — aber alle Sorgfalt kann
doch den Hauptmangel nicht erfetzen, dafs der Verf. die
Zeit nicht recht kennt, in die er feine Biographie einzeichnet
(vgl. z. B. S. 33 Abf. 3). — Es hat bekanntlich
einen grofsen Reiz, eine gute Biographie zu lefen, weil
in dem Leben eines bedeutenden Mannes feine Zeit fich
fpiegelt, aber eben deshalb wird es meift jugendliche
Kräfte überfteigen, eine gute Biographie zu fchreiben.

Leipzig. F. Loofs.

Uhlhorn, Abt pr. G., Die christliche Liebesthätigkeit. 2. Bd.

Das Mittelalter. Stuttgart, Gundert, 1884. (VI, 531 S
gr. 8.; M. 7.—

Was über den erften Band diefes Werkes in diefer
Chan Minje zu verlegen, hat mich auch in der Begrün- Zeitung 1882, Nr. 8 gefagt ift, läfst fich ganz auf den vor-

dung V.'s (119 f.) nicht zu überzeugen vermocht Mei- liegenden zweiten anwenden. Das gelehrte Studium die
ftens verfolgen feine gelehrten Erörterungen den Zweck, i weite Umficht, die Wärme der Auffaffung ebenfo' wie
die Tradition zu vertheidigen. die einfach klare und angenehme Darftellung, alle diefe

Leipzig. H- Guthe

Obser, Dr. Karl, Wilfrid der Aeltere, Bischof von York. Ein

Beitrag zur angelfächfifchen Gefchichte des 7. Jahr-

hun£ts. Heidelberg, Bangel ^Schmitt, 1884- <I<* & j S^'^Ä E2 .Y.^

Vorzüge find hier ganz ebenfo vorhanden. Auch die
Einfügung des Stoffes in den Rahmen allgemeiner Kirchengefchichte
ift ebenfo durchgeführt. Das Buch ift
auch diesmal wichtig für den Gelehrten, aber ebenfo
nützlich und anfprechend für Lefer aller Art, Theologen

gr. 8.) M. 1.20.

trägen Wie einzelne Vorträge find auch alle Capitel
für fich verftandlich, indem fie jedesmal die Orientirung

fiit- rlAn Kofrt„,l----- f~*_____ rt 1 1 ... P

ferent nicht für den befonderen Gegenftand geben, während doch
Die Anzeige diefes DU^~" dasfelbe für die Lefer wieder das Ganze eine gefchloffene in fich zufammen-
fo lange verzögert haben,w Belehrung hängende Folge vorftellt. Die gefammte Darftellung zer-

diefer Zeitung «ebr_^.r<r,A,ufelbe die der Ver- fällt, wie fich das bei jeder kirchengefchichtlichen Bebrächte
, als es der Pall AK. t s„tJLffant r/enug Wil- ' trachtung des Mittelalters aufdrängt, in drei Bücher,
fafler fich geftellt hat, ift ^"JJ^l, niar in der für welche die Zeit des Werdens, die Blüthezeit und die
frid von York (geb. 634 t 7°9) rcbjchte wichtigften Zeit, I Zeit des Verfalles fo wie neuer Anfänge vorftellen, und
die ältere englifche Kirc he nge ,'icnzeiti en Landsleuten ' diefe Eintheilung ift auch hier vollftändig gerechtfertigt,
fondern war auch unter leinen g ^ Die Frage, in ; fobald man dabei nur fich vergegenwärtigt, dafs es fich

einer der bedeutendften und eintiui^jV^ ' feines vieibe- nicht um das Mafs der überhaupt geübten Wohlthätig-
welchem Zufammcnhange die ue angelfächfifch- keit, fondern um die eigenthümlich kirchliche Form der-

wegten Lebens fleht mit dem Kampi« * b:ft für die feibcn handelt. In dem erften Buche handelt es fich
römifchen Kirche gegen die ir0 örster' Wichtigkeit , wefentlich um die fränkiiche insbefondere die karolin-
englifche Kirchengefchichte von g cbcnhiftorikers gifche Zeit, dann um die Klofterhofpitäler und die An-
und kann deshalb das Intereile Jed" Scotorumque j fänge der Spitalorden. Im zweiten Buch bilden die letz-

beanfpruchen (vgl. meine Antiquae l>>"0> Frage ift , teren und zwar die ritterlichen und die bürgerlichen den

ecclesiac etc. 1882 p. 86 sqq.). A p%anh;fioriker — einen Hauptgegenftand, den anderen das ftädtifche
auch eine fchwierige. Ein junger lro,d Lindruck, Hofpital mit kirchlichem Charakter, und die befonderen
und das muffl der Verf. fein nach dem gaJF dann Anftalten wie für Ausfätzige, Pilger, Fremde, Gefangene,

den fein Büchlein macht, - würde diele frage 1