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Ausgabe:

1885

Spalte:

321-326

Autor/Hrsg.:

Meyer, Eduard

Titel/Untertitel:

Geschichte des Alterthums. 1. Bd. Geschichte des Orients bis zur Begründung des Perserreichs 1885

Rezensent:

Guthe, Hermann

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Theologische Literaturzeitung..

I lerausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

m 14.

11. Juli 1885.

10. Jahrgang.

Meyer, Gefchichte des AHerthums L Bd. (Guthek
Ri t f c hl, Cyprian von Karthago(Zöpffel) [Schlufs].
Keller, Die Reformation und die älteren Reformparteien
(Tfchackert).

Plümacher, Der Peffimismus in Vergangenheit
und Gegenwart (Härtung).

Weckeffer, Der empirifchePeffimismus(Derf).

Rohmer's Wiffenfchaft und Leben, bearb. von

Seyerlen (Reifchle).
Ahlfeld, Letzte Predigten (Rade).
Zu Hermas. Notiz von Overbeck.

Meyer, Eduard, Geschichte des Alterthums. I.Bd. Gefchichte j pfychologie und Sprachwiffenfchaft XIV (1883; 435 an

des Orients bis zur Begründung des Perferreichs. i die Spitze einer Recenfion geftellt hat, und man wird

e.. .. r ,00, ,viv e ~- q t m t-> 1 verwirrt oder — erheitert werden durch den fchroffen

Stuttgart, Cotta, 1884. (XIX, 647 S. gr. 8.) M. 12. Gegenfatz der Meinungen! Vielleicht ift derfelbe zum

Diefe intereffante und viel neues Material verwer- ' Jh?ü darin begründet, dafs die Frage zu allgemein ge-

thende Darftellung der Gefchichte des alten Orients um- | dedt "nd™ allgemein beantwortet wird Was fpeciell

fafst ein fo weites Gebiet der Zeit und dem Räume nach, j J1-s Behauptung anlangt, fo kann ich diefelbe nur in

dafs es Mühe macht, darüber eine Anzeige zu fchreiben, 1 £^ als d scutabel anerkennen, wenn es geftattet

,. r , . . . , «' , „ , „ <-^i„^„ j :„ ,11 lein lohte, dielelbe lo zu formuhren, dafs die Phantafie

die fich nicht, der Anregung des Buches tolgend, in ah- , c„m;f' ■ „ a a u j t _/i j w

D ' . . ?. sj. . .. n a,,„r0^r der bemiten uberwiegend durch den Verltand — nicht

gemeine Betrachtungen über die alteften Anlange unlerer , , . r=m-n :u r 1 u a -i t •..

% tl r .. r j • j u ti,0;c j0_ durch das Lremuth — ihren Inhalt und ihre Leitung

Cultur verliert, fondern einen oder mehrere 1 heile der 1__u„u„ v r a- r ■ a tu <. t/t . «1 ■ ö

,. , 11 •' , ...r , ü , *.~„„,i,ct. ,,„h 1 emptangen habe. Uafs diefes in der lhat M. s Meinung

Darfteilung einer kntifchen Beleuchtung unterwirft und ; .n r 5 uri i-uj u a- er u &

doch die Gefahr eines einfeitigen Urtheils vermeidet. p'w.r^

Für den Referenten fowohl als auch für die Lefer diefer fatzllche Charakteriftik der Arier, der letzten in diefem

Zeitung ift es geboten, den die Gefchichte Israels be
handelnden Theil zu befprechen. Doch will ich dadurch
nicht im entfernteften dem in ähnlichen P"ällen häufig
beliebten Verfahren das Wort reden, nur die die GeBande
behandelten Völkergruppe. M. fchreibt derfelben
eine ,grofse Beweglichkeit und Lebendigkeit ihrer Phantafie
' zu. ,Es giebt kaum einen indogermanifchen Stamm,
bei dem nicht der Sinn für das Dichten und Singen

M. ift jedoch bei diefer Individualifirung der Völker
des alten Orients nicht flehen geblieben, fondern hat es
im .Verlauf der Arbeit als wiffenfchaftlich zuläffig und
deshalb als geboten' erkannt, ,die internationalen Beziehungen
, welche fchliefslich zu der grofsen Völkerver-
fchmelzung geführt haben, in der Politik wie im Cultur-
leben nicht nur in den allgemeinften Umriffen, fondern
vielfach auch im einzelnen zu zeichnen und damit den
einzelnen Völkern ihre Stellung in dem grofsen Ganzen
des hiftorifchen Lebens anzuweifen'. Für die Gefchichte
Israels ergeben fich dabei fehr intereffante Beobachtungen
, die, wie ich fchon oben andeutete, nur bei gebührender
Rückfichtnahme auf die Gefammtdarftellung M.'s

fchichte Israels betreffenden Paragraphen des Buches zu lebendig hervortritt der nicht Mythus und Sage reich
lefen und fich um den übrigen Inhalt nicht zu kümmern. | und originell entwickelt hat' (S. 518
Es wurde dadurch eine der lehrreichften Seiten der
M.'fchen Darftellung verloren gehen, nämlich die Eingliederung
des Einzelnen in das Ganze. Freilich hat es
M. für die Gefchichte des alten Orients als feine nächfte
Aufgabe betrachtet, ,die Eigenart der einzelnen Völker
möglichft beftimmt hervortreten zu laffen und der kritik-
lofen Vermengung alles «Orientalifchen», welche die ältere
Auffaffung von der Gefchichte, dem Leben und dem
Denken der ganz verfchicdenartig veranlagten Nationen
beherrfcht hat und auch jetzt noch in weiten Kreifen die
Herrfchaft behauptet, nach Kräften entgegenzuwirken'.
DiefemStreben entfpringt zunächftdieSchilderungüber die
ältefte Form der Cultur und der Religion der Aegypter

($ 46 ff.). Ihr tritt der Entwurf über die frühefte Cultur gewonnen werden können. Ich will einige hervorheben.
Babyloniens gegenüber (§ 142 ff.), und hier wird wieder ! 1) Die Befetzung Kanaans durch die Ifraeliten gefchah
der Verfuch gemacht, eine Umgeftaltung der Religion zu einer Zeit, wo weder eine auswärtige Macht über die
durch die eingewanderten Semiten zu beftimmen ($152). Geftaltung der Verhältnifse Syriens gebot, noch ein ein-
Während M. felbft die Darftellung der altbabylonifchen , heimifcher Staat die Kräfte der bisherigen Bewohner zu
Gefchichte als wenig gefichert bezeichnet, giebt er die | energil'chem Widerftande vereinigen konnte. Die Herr-
Charakteriftik der Semiten zu Anfang des dritten Buches fchaft der Aegypter über Syrien war durch den Einbruch
(S 170 ff.) in fchärferen Zügen. .Grofse Nüchternheit barbarifcher Völker aus Kleinafien und Griechenland
des Denkens, fcharfe Beobachtung des Einzelnen, ein verloren gegangen (§ 263; nach M.'s Anfatz um 1175
berechnender, ftets auf das Praktifche gerichteter Ver- ; v. Chr. § 265), das Reich der Hethither (Cheta) war macht-
ftand, der die Gebilde der Phantafie durchaus beherrfcht ; los geworden, die fyrifchen Landfchaften in einzelne
und jedem freieren Fluge des Geiftes in ungemeffene , Kleinftaaten zerfpalten. In diefer Zeit, rund um 1150 v.
Regionen abhold ift das find Züge, die den Araber und ; Chr. (nach Einwanderung der Philifter = Pursta $ 266),
den Phoemker, den Hebräer und den Affyrer kennzeich- ; haben fich die Hebräer des Landes bemächtigt. Diefer
nen. Sie erklären fich völlig aus dem fortwährendem ; Anfatz pafst zu verfchiedenen Angaben des A. T. fehr
Kampfe mit den Gefahren der Wüfte' (Arabien nimmt ; gut, freilich nicht zu dem Syftem der atl. Chronologie.

nämlich M. mit Sprenger u. A. als Heimath der Semiten
an). Das an diefer Stelle (S. 208 f.) von M. gefällte Ur-
theil, dafs man von einer Phantafie der Semiten nicht
reden dürfe, füge man zu der .kleinen Sammlung' von
diefelbe Frage betreffenden Ausfprüchen, die Profeffor
A. Müller in Königsberg in der Zeitfchrift für Völker-

321 322

2) Die Hebräer kamen in ein Land, deffen Cultur vollkommen
von der ägyptifchen und babylonifchen abhängig
war. Diefe bedeutungsvolle Thatfache hat M. in
dem Abfchnitte .Handel und Cultur der fyrifchen Länder
' § 183 ff. in umfaffender Weife dargethan. ,Das
Gefammtergebnifs befteht vor allem darin, dafs durch