Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1885

Spalte:

313

Autor/Hrsg.:

Oehninger, Frdr.

Titel/Untertitel:

Die Anfechtungen des Glaubens von Seite des modernen Zeitgeistes 1885

Rezensent:

Bassermann, Heinrich

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

3i4

beiden erften aufserordentlich ab; ein naiver Biblicismus, . Chriften etwas zu feiner Andacht geboten. Aus den
der gar nicht auf den Gedanken kommt, dafs der reli- i umfangreichen Predigtfammlungen des puritanifchen Pre

giöfe Werth der Bibel für uns lediglich auf dem Heils
werth Jefu Chrifti ruht, dafs demnach Liebe zur heil.
Schrift nur in der Liebe zu Chrifto begründet ift und
fein mufs, wenn fie echter Art fein foll, und dem alle
Theile der heil. Schrift auf demfelben Niveau der Werth-
fchätzung lediglich um deswillen flehen, weil fie Inhalt
der Bibel find; ebenfo ein mehr als naiver Practicismus,
der fich lediglich um formelle Dinge bekümmert und
unmäfsige Forderungen Hellt, um feine Gedanken durch-
zufetzen, beherrfcht den ganzen Vortrag. In der Dis-
cuffion, die hier fich ziemlich weit ausdehnte, wurden die
Fehler doch nur zu fehr geringem Theile corrigirt; das
bei weitem gehaltvollere Correferat wurde, weil die Dis-
cuffion fich an die Thefen des Referenten anfchlofs,
leider ignorirt. — Die bei den Congreffen übliche Predigt
hielt Prof. D. Kübel aus Tübingen, in ernfter, einfach
herzlicher Weife. Auch die fonftigen Reden und
Anfprachen, abgefehen von Schwachheiten, zu denen
ich das oft hervorbrechende Selbftlob der Schwaben und
die Parallelifirung des Schulcongreffes mit der Bundeslade
Ifraels in erfter Linie rechne, enthalten manches
gute und fruchtbare Wort. Nimmt man zu dem, was
gedruckt vorliegt, die Weihe gaftfreundlicher Liebe, fo
ift der begcifterte Eindruck vcrftändlich, mit dem die

digers Thomas Manton hat Spurgeon die beften
Gleichnifse (auch einige Erzählungen) ausgezogen, zu-
fammengeftellt und jeweils mit einer kurzen, auslegenden
oder anwendenden Betrachtung, welche öfter mit
einem Gebete fchliefst, verfehen. Der Werth von Gleich-
nifsen für die Predigt braucht nicht erft hervorgehoben
zu werden. Doch find fie hier keineswegs als Rede-
fchmuck gemeint, fondern als eigentliches Gedankenmaterial
für die rednerifche Geftaltung der religiöfen
Ausfprache. Sp. rühmt an den von ihm gefammelten
Gleichnifsworten Manton's mit Recht, dafs fie natürlich
und kräftig, lehrhaft und praktifch feien. Ganz nach
Gleichnifsart wird nicht blofs die Natur, fondern das alltägliche
Leben mit feinen kleinen, unbedeutenden, aber
Jedem bekannten und verftändlichen Vorgängen zur Illu-
ftration ewiger Wahrheiten verwerthet. Die deutfche
Predigt könnte hierin unftreitig mehr thun, als gewöhnlich
gefchieht; eine etwas realiftifchere Haltung dürfte
ihr nur förderlich fein. Dazu giebt dies Buch einen
fchätzenswerthen Beitrag, nicht fowohl indem es eine
Reihe von Gleichnifsen (oder Vergleichungen) zu unmittelbarer
Verwendung darbietet, als vielmehr indem
es anleitet, das fcheinbar fo Unbedeutende und Gleichgültige
in Natur und Leben durch diefe Gleichnifsbetrach-
Thcilnehmer von Stuttgart fchieden. Jedenfalls ift durch ! tung zu religiös und homiletifch Bedeutfamem und Wich-

diefen Congrefs die Sache wefentlich gefördert worden;
der Vorftand durfte es wagen, den nächften Congrefs
erft auf das Jahr 1886 anzuberaumen.

Marburg. Achelis.

Oehninger, Pfr. Frdr., Die Anfechtungen des Glaubens von
Seite des modernen Zeitgeistes. Augsburg, Preyfs,
1884. (76 S. 8.) M. —. 60.

Faft die Hälfte, nämlich 34 Seiten diefes Büchleins
nimmt der Abdruck von lobenden Recenfionen ein,
welche über frühere Werke des Verfaffers in allerhand
Blättern erfchienen find. Auf den übrigen 42 Seiten
wird der Gedanke durchgeführt, dafs alle die Anfechtungen
, welche heute ein Chrift durch Skepticismus,
Atheismus, Naturalismus u. f. w. erleidet, fchon in der
h. Schrift vorkommen. Der Zweck ift dabei der, die
Angefochtenen zu ftärken und fie zu ermuthigen, das
Offenbarungsbuch, welches alle diefelrrgänge desmenfch-
lichen Geiftes fo gut kennt, auch zum Führer zu erwählen,
um aus denfelben zum Licht zu kommen. Manche der zu
diefemBehufe citirten Schriftftellen find zutreffend, andere
wieder nicht. Die Angreifer kommen in nicht übler Weife
zu Wort; dagegen wird die Gegenpofition des Chriften-
thums zu kurz, zu flüchtig und wenig eindrucksvoll
vertreten. Defswegen dürfte die Hülfe, welche ein Angefochtener
hier findet, nicht gar grofs fein. Darin würde
freilich der Verf. vielleicht nur ein Zeugnifs finden, dafs
ein folchcr nicht zu denjenigen Individuen gehöre, welche
der Herr aus der Welt erwählt und ,aus der menfchlichen
Gefellfchaft heraus gerettet' hat (S. 35), und welche
die — ,nicht nationale, fondern chriftliche' (!) — Kirche
bilden. Wenn es S. 34 von der gegenwärtigen Kirche
heifst: fie ,ift daran, vom Kulturtiere, auf dem fie fo
lange ritt, abgeworfen und mifshandelt zu werden', fo
dürfte diefes Eine Beifpiel als Beweis für die auch fonft
zu belegende Behauptung genügen, dafs auch die Form
des Schriftchens Manches zu wünfchen übrig läfst.
Heidelberg. H. Baffermann.

Spurgeon, Pred. C. H., Illustrationen und Meditationen

oder: Blumen aus dem Garten eines Puritaners.
Deftilliert und dargeboten. Hamburg, Oncken's Nachf.,
1884. (VIII, 352 S. 8.) M. 2. 25; geb. M. 3. —
In diefem Bändchen wird ebenfowohl Predigern ein
homiletifches Hülfsmittel wie dem Erbauung fuchenden

tigern zu erheben. Ich verkenne freilich die Kehrfeite
diefes Verfahrens nicht: man kann durch dasfelbe dahin
kommen, dafs Einem Alles, um einen Ausdruck des
Aefthetikers Vifcher zu gebrauchen, nach Religion riecht.
Allein was hier geboten wird, hält fich im Ganzen von
diefem Extrem fern. Nur wenige mifsliche und bedenkliche
Bilder find mir aufgeftofsen, wie ,die Jelängerje-
lieber im Garten des Herrn' (S. 2), die ,himmlifche Apo-
thekerkunfl' (S. 5), der Wohlgeruch Jefu erftickt ,unfre
fchlechten Gerüche' (S. 6), das ,mit Gnade gefütterte'
Joch Chrifti (S. 275 f.). Im Ganzen darf das hier Dargebotene
als gefund bezeichnet werden; die Leetüre
ftimmt ernft und wirkt erbaulich, ohne langweilig zu fein.
Nur feiten treten auch bedenkliche religiöfe oder theo-
logifche Vorftellungen auf, obwohl fich die Grundrichtung
des Illuftrators wie des Meditators felbffverftändlich nicht
verleugnet: vom Teufel und von Bekehrung ift viel die
Rede, das Theater ift etwas Sündliches( ein weltflüchtiges
Ideal des religiöfen Lebens macht fich zuweilen fühlbar
. Die Meditationen Spurgeon's erfcheinen manchmal
neben dem an und für fich deutlichen Gleichnifswort
als überflüffig; öfter doch erklären fie dasfelbe, da es
an und für fich doch zum Wenigften vieldeutig ift, in
einem beftimmten, wie mir fcheint meift zutreffenden
Sinne, oder wenden es praktifch-erbaulich an, und zwar
ftets kurz, was als befonderer Vorzug bezeichnet zu werden
verdient. Ich liebe fonft homiletifche Hülfsmittel
nicht; derartige jedoch, wie hier eines geboten wird, find
nützlich, weil fie zu eigener Arbeit anregen, anftatt der
Trägheit Vorfchub zu leiften.

Heidelberg. H. Baffermann.

Broecker, Päd. A. v., Zu Jesu Füssen. 25 Predigten aus
der Schleswiger Amtszeit. Schleswig, Bergas, 1884.
(III, 288 S. 8.) M. 3. —

Diefe geift- und gedankenreichen Predigten mit ihrer
lebendigen, fchwungvollen Darftellung legen die Verfluchung
nahe, viele der ausgezeichnet fchönen Stellen
anzuführen. Da das nicht gefchehen darf, fcheut man
fich faft, das Wenige, was man anders wünfchen möchte,
auszufprechen. Der Verf. hält fich etwas vornehm und
hoch; als fehr wohlunterrichteter Mann berührt er
Mannigfaltiges aus den verfchiedenen Wiffens- und
Lebensgebieten; die oft eigenthümlich und in feinen
Bildern ausgedrückten Gedanken wechfeln rafch. Des-