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Ausgabe:

1885

Spalte:

210-212

Titel/Untertitel:

Eusebii canonum epitome ex Dionysii Telmaharensis chronico petita, sociata opera verterunt notisque illustrarunt Carolus Siegfried et Henricus Gelzer 1885

Rezensent:

Lipsius, Richard Adelbert

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lecta sacra H und ///. Inhaltlich neue Aeufserungen
des O. hätten diefelben aber nicht geboten. Man wird der
fachlichen Vollftändigkeit der dankenswerthen ') B.'fchen
Nachweifungen vertrauen dürfen. Die Nachweifungen
nun beweifen, dafs Origenes in Bezug auf jeden einzelnen
der genannten 6 Punkte das mönchifche Ideal als das j
von der hl. Schrift geforderte Ideal anerkennt. Eine
Combination aller 6 Punkte liegt zwar noch nicht vor, |
und die Aeufserungen über die avax^e^aig fchillern j
zwifchen allegorifcher und realer Auffaffung derfelben
und die Ideen von einer vita communis find//« desiderta—,
dennoch hat B. die Behauptung Harnack's, dafs Origenes
zu den wirklichen Vätern des chriftlichen Mönchthums
zu rechnen fei, bewiefen. —

Dies in grofsen Grundzügen der Gedankengang der
Schrift. Die Einzelausführung ift nicht nur im zweiten
Theile wichtig. Im erften Theile ifl fie (in den Anmerkungen
) befonders ausführlich bei Befprechung deffen, j
was als durch VVeingarten's Unterfuchungen zweifelhaft
geworden bezeichnet wird. B. hat bei Abdeckung diefes
Gebiets fich B. gegenüber vielleicht etwas zu befangen i
gezeigt und dadurch, fowie durch fein nicht fehr ver-
ftändliches und nicht fehlerfreies Latein (vgl. das sin
autetn S. 2 Z. 13, das dummodo S. 12 Z. 10 v. u. S. 53
Anm. 18 Z. 5 v. u., den quodsi-Satz S. 3 Z. 9; ortus c.
ab/, rci S. 3 Z. 7; nec hoc S. 5, etiamsi . . . est (quod
dubitare potest) ftatt sit ib.) ein Mifsverftändnifs feiner j
Stellung (f. Theol. Literaturblatt) möglich gemacht. Ich
will nicht betonen, dafs er S. 3 von allen jenen Quellen
fagt Jure dubia facta sunt1, — denn dies jure kann ich
nur für eine Unbedachtfamkeit halten, die B.'s eigenen
Anfchauungen widerfpricht —, jene Befangenheit zeigt
fich überhaupt in dem Ganzen der Ausführung. Weshalb |
z. B. hält es B. für gewifs, dafs das Mönchthum in |
Aegypten entftanden ift? Doch nur, weil W. dies nicht
bezweifelt hat. Sollte es aber nicht geftattet fein, zur |
Zeit auch dies zu Gunften der Priorität oder der Gleich- j
zeitigkeit des fyrifchen Mönchthums als zweifelhaft zu
bezeichnen? Andererfeits rechnet B. zu den ditbiis auch !
die Aphraateshomilien, und doch gilt hier jedenfalls (und
ebenfo wohl gegenüber dem Pinnesbrief; die praescriptio:
folange W. nicht weitere Gründe vorgebracht hat, kann
gegenüber dem einftimmigen Urtheil der Orientaliften die
Zeit jener Homilien, die aus directen Angaben in ihnen
erhellt, nicht als dubiutn bezeichnet werden. B. hätte
auch nicht als des Syrifchen unkundig fich des Urtheils
völlig zu enthalten brauchen, denn wenn auch leider
Bickell (vgl. Herzog-Plitt R.E. sub voce Jacob MarMattai)
die 6. Homilie de devotis nicht mit überfetzt hat, fo enthalten
doch auch die 8 von ihm gebotenen Homilien
manche für die Frage nach dem Alter und Urfprung
des Mönchthums wichtige Stelle, z. B. hotn. 3 Bickell S.
53, hom. 7 S. 101, hont. 18 S. 119. 122. — Es ift recht, ,
B. war durch fein Thema nicht genöthigt, hierauf einzugehen
, allein er behandelt in den Anmerkungen zum
erften Theile auch andere nicht nothwendig unter fein
Thema fallende Fragen: er fpricht ausführlich über Ens.
h.e.U, 17—Eufebius fieht nach B.'s richtigem, aber auf eine
unnatürliche Spitze getriebenem Urtheil in den Therapeuten
zunächft die vollkommenem Chriften der apofto-
Hfchen Zeit und beweift damit (die Richtigkeit diefes
Bchluffes ift fehr zu bezweifeln), dafs er cönobitifches
Mönchthum noch nicht kennt —, weiter giebt er fein

I) Da Ref. überzeugt ift, damit nicht einem gereiften Eorfcher Unrecht
zu thun, der nur vergehen hätte, wie allmählich er fein Wiffen erwarb,
fo fei es geftattet, hier eine Aeufserung eines anonymen Recenfenten der
vorliegenden Schrift im Theol. Literaturblatt .höher zu hängen': ,Was foll
überhaupt', heifst es hier, ,eine folche fchematifche Aufzählung von Stellen.
Die Erkenntnifs des Mönchthums und feines Urfprungs wird dadurch
kaum gefördert, denn welcher Korfcher könnte es wagen, ein Urtheil über
die vornicänifche Kirche abzugeben, ohne die Commentare des Origenes
Cap. für Cap. gelefen zu haben'. Dem Anonymus fcheint das Sprichwort
ars brevis vita longa zu lauten.

m. E. richtiges Urtheil ab über den Pinnesbrief und die
Anachorefe desNarciffus, kritifirtWeingarten'sBehauptung,
dafs die echten Schriften des Athanafius vom Mönchthum
nichts wufsten, durch Mittheilung einiger Stellen, welche
das Gegentheil beweifen, giebt Beiträge zur Gefchichte
des Begriffs iiövaxog u. f. w. Man wird für viele diefer
Beigaben dankbar fein müffen, allein der Charakter der
Zufälligkeit und Unabgefchloffenheit (vgl. z. B. Anm. 25
und 26 über den Begriff iiorayog), der ihnen anhaftet,
ftört und drängt zu der Frage, ob es nicht unbefchadet
der Methode möglich gewefen wäre, die Anmerkungen
des erften Theiles zu einer durchgreifenderen negativen
Kritik Weingarten's zu verarbeiten, um dann mit dem pofi-
tiven Aufbau zu beginnen. —■ Auch bei dem zweiten
Theile könnte man fich zu einer ähnlichen Frage gedrängt
fehen, denn die mitgetheilten Stellen des Origenes rücken
ja erft in das rechte Licht, wenn man fie mit den Auf-
faffungen der zwei erften Jahrhunderte vergleicht. B. hat
folche Vergleichung in den Anmerkungen auch gelegentlich
angeftellt, — allein auch diefe Vergleichungen
haben den Charakter der Zufälligkeit, gefliffentlich wird
Origenes als das eigentliche und einzige Object der
Unterfuchung feftgehalten, — und hier mufs man der
Selbftbefchränkung, die B. trotz feiner Belefenheit in den
älteren Schriften fich auferlegt hat, Recht geben. Es
ift von grofsem Werthe, wenn auf unficherem Gebiete
erft einmal ein fefter Punkt gefchaffen wird. Einen
folchen feften Punkt hat B. gefchaffen, er hat gethan,
was er Weingarten S. 3 m. E. mit Unrecht nachfagt: er
hat der ganzen Frage weniger eine breite als eine fichere
Grundlage zu geben verfucht und man kann hoffen, dafs
er in fpäteren Arbeiten auch in die Breite zu gehen
nicht unterlaffen wird. Die Andeutungen, die er am
Schlufs und oft gelegentlich über .die Entftehung des
Mönchthums giebt — wefentlich in Ubereinftimmung mit
Harnack's fchönem Vortrag — find gewifs im Allgemeinen
die richtigen, fpeciell ift die Verweifung auf die alten
.Apoftel und Propheten' gewifs berechtigt und fruchtbar,
und zweifellos richtig ift der Grundgedanke der ganzen
Schrift, dafs die Gefchichte des Mönchthums zunächft
eine Gefchichte des Mönchsideals fein müffe. Die Perfön-
lichkeiten find hier ja in der That weit weniger wichtig
als die Ideen. Die Unterfuchung über die Anfänge des
Mönchthums mufs ineinander gehen mit einer kritifchen
Gefchichte der Askefe der erften Jahrhunderte.

Leipzig. F. Loofs.

Eusebii canonum epitome ex Dionysii Telmaharensis chro-
nico petita, sociata opera verterunt notisque illuftra-
runt Carolus Siegfried et Henricus Geizer. Lipsiae
Teubner, 1884. (VIII, 94 S. gr. 4.) M. 6.—

Die Annalen des Dionyfios von Telmahar, raono-
phyfitifchen Patriarchen von Antiochia 828—845 n- Cnr >
welche von Erfchaffung der Welt bis 775 n. Chr. reichen,
gehören zu den wichtigftcn Ueberreften der fyrifchen
Literatur. Wie Dionyfios felbft ausdrücklich berichtet,
hat er in dem erften Theile feines Werkes, welcher bis
auf Conftantin den Grofsen reicht, den Eufebios, d. h.
die xqoviY.oi y.avöveg ausgefchrieben. Diefer Theil des
I Werkes ift in der kürzeren Redaction, von welcher Affe-
j mani eine Handfchrift nach Rom brachte, von O. F.
Tullberg (Upfala 1850) im fyrifchen Originaltexte edirt
worden. Dennoch ift in der Ausgabe der eufebianifchen
Chronik von Alfred Schöne von diefem Haupthilfsmittcl
j keine Notiz genommen; ftatt deffen ift unter dem Namen
, des fyrifchen Eufebios ein ganz dürftiges und werthlofes
Clironikon aus dem Jahre 636 n. Chr. aufgenommen und
von Rödiger der Mühe einer Ueberfetzung werthgeachtet
worden. Die vorliegende Arbeit von Siegfried und
! Geizer, welche Adolf Schmidt zu deffen fünfzigjährigem
Doctorjubiläum gewidmet ift, ftellt fich daher als ein

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