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Ausgabe:

1885 Nr. 9

Spalte:

207-210

Autor/Hrsg.:

Bornemann, Fr. Wilh. B.

Titel/Untertitel:

In investiganda monachatus origine quibus de causis ratio habenda sit Origenis 1885

Rezensent:

Loofs, Friedrich

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Theologifche Literaturzeitung. 1885. Nr. 9.

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in welchem die mafsgebende Bedeutung der Stämme Levi
und Juda bereits hervorgehoben war. Er legt fich diefe
nun fo zurecht, dafs er Jefum aus den beiden Stämmen
Levi und Juda zugleich abilammen läfst, fei es nun, dafs
er die levitifche Abkunft der Maria vorausfetzt, oder
dafs er gar nicht an leibliche Abdämmung, fondern
an geiftige Zugehörigkeit denkt. Bemerkenswerth ift
dabei noch, dafs der chriftliche Interpolator im Wider-
fpruch mit feinem jüdifchen Vorgänger den Stamm Juda
in der Regel voranstellt.

Doch ich habe mit diefen Ausführungen über den
Rahmen eines Referates hinausgegriffen. Ich wollte damit
zeigen, dafs auf Grund der von Schnapp aufgestellten
Hypotheken der vorliegende Textbestand fich in der
That befriedigend erklärt. Im Einzelnen bleibt freilich
manches unficher, manches wohl auch der Berichtigung
bedürftig. Namentlich dürfte an einigen Stellen, wo die
christlichen Beziehungen fich häufen, dem .christlichen
Interpolator' eine etwas breitere Maffe des Textes zuzu-
weifen fein als Schnapp anzunehmen geneigt ift. Aneiner
Stelle im Teltamente Levi Cap. 8 fcheint mir Schnapp
den Text mifsverftanden zu haben. Die dort erwähnten
TQSig uQ%ai des Stammes Levi follen fchwerlich (wie
Schnapp S. 28 annimmt) ein Hinweis auf das dreifache
Amt des Meffias fein, fondern ein Hinweis auf die drei
concentrifchen Kreife des Stammes: 1) die Leviten,
2) die Aaroniden, 3) Christus. — Im Allgemeinen aber
fcheint mir mit den forgfältigen und fcharffinnigen Un-
terfuchungen des Verf.'s eine neue und haltbare Grundlage
für die Beurtheilung der Testamente gewonnen zu
fein, auf welcher von künftigen Forfchern weiter zu
bauen fein wird.

Giefsen. E. Schürer.

Bornemann, Lic. Fr. Wilh. B., In investiganda monachatus
origine quibus de causis ratio habenda sit Origenis. Göttingen
, Vandenhoeck & Ruprecht's Verl., 1885. (80 S.
gr. 8.) 2. —

Wilhelm Bornemann, feit Anfang des vergangenen
Winterfemefters Privatdocent in Göttingen, ift fchon 1878
mit einem Auffatze über das Tauffymbol Juftin's des
Märtyrers an die Oeffentlichkeit getreten (Zeitfchrift für
Kirchengefchichte III, 1 S. 1—28). Jetzt legt er feine
Habilitationsfchrift vor. Referent, ein Univerfitätsfreund
des Verfaffers, kann als folcher diefe Schrift nicht mit
Empfehlungen und Wünfchen der Art einführen, wie fie
ihm felbft (Jahrgang 1882 diefer Zeitung Nr. 18) von
einem wohlwollenden Neltor unferer Zunft zu Theil
wurden, bittet aber die Lefer, diefen perfönlichen Grund
für die kühle Art der Anzeige einer Erftlingsfchrift nicht
unbeachtet zu laffen.

Es ift ein Beitrag zur Frage nach dem Urfprung des
Mönchthums, die B. hier liefert, ein Beitrag, den man im
Grofsen und Ganzen nicht überfchätzen, fondern unter-
fchätzen würde, wenn man die engen Grenzen unbeachtet
liefse, die B. fich gedeckt hat.

B. hat für die Frage feines Themas eine doppelte
Antwort: Methodifche wie fachliche Gründe fordern, dafs
bei der Frage nach dem Urfprunge des Mönchthums auf
Origenes Rückficht genommen werde.

Die Ausführung des erften Grundes (S. 1 —14 mit
Anmerkungen S. 43—62) giebt B. die Gelegenheit zu
ausführlichen Erörterungen über die bei Erforfchung der
Entftehungsgefchichte des Mönchthums zu beobachtende
Methode, Erörterungen, die dadurch nicht unbedeutend
werden, dafs fie felbftverftändlich fein follten. Ueberblickt
man den Stand der durch Weingarten in Flufs gebrachten
Frage nach dem Urfprung des Mönchthums, fo beginnt
B., fo ift als fich er nur anzufehen, dafs das Mönchthum
in Aegypten entftanden ift, und dafs die erzählenden
Gefchichtsquellen über die Entfteliung des Mönchthums
entweder fchweigen (Eufeb) oder als unzuverläffig
erwiefen find (vitt. Pauli, Hilarionis, Antonii,Rufin, Palladius),
i noch ftrittig ift die Bedeutung der cp. Pinnetis {Athanas.
j apol. contra Avianos c. 67), der Therapeuten, ihrer Beurtheilung
durch Eufeb. h. c. II, 17, der eufebianifchen
j Stellen dem. ev. 1, 8 u. //. e. VI, 9. 10 (Narciffus), der
i Hierakiten und der Homilien des Aphraatas, entfchie-
I den gegen Weingarten mufs geltend gemacht werden,
dafs er 1) mit ungenügenden Begriffen vom Mönchthum
arbeitet, 2) die asketilchen Neigungen der alten Kirche
unterfchätzt, 3) willkürlich Quellen benutzt, die er felbft
j verworfen hat — indem er nämlich den vitt. Pauli, Antonii
etc. entnimmt, dafs das anachoretifche Mönchthum älter
ift als das cönobitifche, 4) mit Unrecht das Mönchthum
i aus aufserkirchlichen Anregungen ableite. — Wie ift bei
! diefem Stande der Frage ficherer Boden zu gewinnen?
Da, fo führt B. aus, der Begriff des mönchifchen Lebens
ebenfo fchwer fafsbar ift wie feine gefchichtliche Er-
fcheinung vielgeftaltig, da man gleich auf den erften
Blick fieht, dafs die mönchifche Askefe mit der urchrift-
lichen mannigfach zufammenhängt, da anderfeits die
j erzählenden Quellen über den Urfprung des Mönchthums
I unzuverläffig find, fo wird die Ünterfuchung über die
1 Entftehung des Mönchthums fo zu fuhren fein, dafs man
1) aus den Schriften der Zeit zwifchen 300 und 500 die
j Merkmale mönchifchen Lebens feftzuftellen fich bemüht,
2 fodann aus den Schriften der erften 3 Jahrhunderte
alles fammelt, was an die gefundenen Merkmale mönchifchen
Lebens erinnert: eine Vergleichung der älteren und
der fpäteren Anfchauungen wird alsdann ein zuverläffiges
Urtheil über die Entftehung des Mönchthums ermöglichen
. Ift dies die rechte Methode — und das ift m. E.
zweifellos —, fo darf natürlich Origenes, der einflufs-
reichfte Theologe der vornicänifchen Zeit, nicht unbeachtet
bleiben, wenn man nach der Entftehung des
Mönchthums fragt.

Der zweite Theil der Schrift (S. 15—42 mit Anmerkungen
S. 63—80) legt fodann dar, dafs auch fachliche
Gründe den Origenes als befonders wichtig erfcheinen
laffen für die Vorgefchichte des Mönchthums. B. begründet
dies, indem er aus den Werken des Origenes
alle Aeufserungen fammelt, welche mönchifchen Gedanken
verwandt find. B. anticipirt hier das Refultat einer genauen
Ünterfuchung der Schriften des vierten und fünften
Jahrhunderts, indem er als Merkmale mönchifchen Lebens
anficht 1) die paupertas, 2) die castitas, 3) die contcmpla-
tio, 4) die anacltoresis, 5) exercitia ascetica, 6) die vila
communis. Man wird vor genauerer Ünterfuchung dem
zu widerfprechen keinen Grund haben, doch mufs man,
was auch B. nicht verabfäumt, betonen, dafs diefe Cha-
rakteriftika mönchifcher Askefe in fehr verfchiedener
Form fich gezeigt haben und bei manchen Mönchen vor
Benedict nicht fämmtlich beifammen gewefen find. Ja
man wird auch Benedict von Nurfia nicht als fo epochemachend
anfehen dürfen, wie es B. der gewöhnlichen
Tradition folgend thut. Die eigenthümlichen Formen des
irofehottifchen Mönchthums z. B. treten erft im fechften
Jahrhundert uns entgegen, nicht Benedict ift der Unifor-
i mator des Mönchthums. Ift er doch, was auch B. nicht
leugnen wird, erft durch den fpäteren und fehr allmählichen,
von ihm gar nicht beabfichtigten Erfolg feiner Klofter-
gründung bedeutfam geworden. Gregor d. G. könnte
mit mehr Recht an feiner Stelle genannt werden, das
Jahr ca. 600 ift überhaupt vielleicht der paffendfte Grenzpunkt
zwifchen alter und mittlerer Zeit. — Doch zurück
' zu B. Die genannten 6 Merkmale mönchifchen Lebens
geben nun die Gefichtspunkte ab, nach denen B. des
Origenes asketifche Gedanken ordnet. Benutzt hat B.
alle in der Benedictinerausgabe vorliegenden Schriften.
Die Vollftändigkeit im Einzelnen entzieht fich der Beurtheilung
jedes aufrichtigen Referenten, der nicht etwa
den Origenes zum Specialftudium hat. Nicht verwerthet
find die bedeutenden Origenesfragmente in Pitra's Ana-

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