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Ausgabe:

1884 Nr. 6

Spalte:

148-149

Autor/Hrsg.:

Warneck, G.

Titel/Untertitel:

Die Heidenmission, eine Grossmacht in Knechtgestalt 1884

Rezensent:

Wurm, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 6.

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erforfchen, fei nicht allein ein Gebot der Freiheit, fondern I 2. Warneck, Paft. Dr. G., Die Heidenmission, eine Gross-

der Pflicht. Das Regierende und Lebenfpendende in der macht in Knechtsgestalt. Halle, Fricke's Verl., 1883.

Schrift fei nicht die Form, fondern der durch fie zeugende | (p S ?r 8) M _ 2;

Gottesgeift, deffen Wehen eine lautere Prüfung nimmer 1 ' ' . * 5*

hemmen werde'. Aber die Wiffenfchaft fleht ihm im 3. Gerhard, Diak. Paul, Geschichte und Beschreibung der

Dienfte des Lebens. Wiffenfchaftlich.es und fittliches Mission unter den Kolhs in Ostindien. Mit 1 (lith.) Karte.

Streben, fo bezeugt er, müffen gleichmäfsig miteinander
fortfchreiten. In Berlin, wohin er am 31. März 1830
überfiedelt, werden einerfeits Neander und Schlciermacher,
andererfeits der Baron v. Kottwitz für ihn von bleibender
Bedeutung. Was er Schleiermacher für die Klärung feines

Berlin, Buchh. der Gofsnerifchen Miffion, 1883. (r42 S.
gr. 8.} M. 1. 50.

Nr. 1 ifl eine eigenthümliche Schrift. Man bekommt
den Eindruck, der Herr Staatsminifter benütze diefe Geinneren
Lebens und feines theologifchen Denkens ver- 1 legenheit, um fein Syftem der theologifchen Ethik (nach
dankte, hat er zeitlebens nicht vergeffen. Näher trat er
Neander. Die nachhaltigften Spuren in feinem Leben
hat wohl der Umgang mit jenem Patriarchen chriftlicher
Barmherzigkeit, Kottwitz, und der Anblick feiner füllen
Wirkfamkeit gezogen. Schon damals keimten in ihm die
Pläne, die dann durch Gottes Führungen in Hamburg
zur Reife kamen. Plöchft intereffant und lebendig find
die Mittheilungen aus dem kirchlichen Leben Hamburgs,
dem Kampf des abfterbenden Rationalismus gegen das
neu erwachende Glaubensleben. Im April 1832 trat
Wichern da hinein. Nach wohlbeftandenem Examen
begann er im Bunde mit gleichgcfinnten Freunden eine
fich immer mehr ausbreitende und vertiefende Wirkfamkeit
in Hamburg. Seinen Lebensunterhalt mühfam mit
Privatftunden erwerbend, übernahm er die Leitung der
von Paftor Rautenberg in's Leben gerufenen Sonntags-
fchule, trat in den ebenfalls von Rautenberg begründeten
Befuchsverein ein, und nahm zugleich an der Heraus-

Vilmar) zu entwickeln, das mit einer befonderen Terminologie
manchen Lefer abftofsen könnte. Dabei wollen
wir aber nicht verkennen, dafs er gegenüber der Behaup-
tungBeck's, unfere verdorbeneKirche fei nicht im Stande,
Miffion nach dem Sinn Jefu Chrifti zu treiben, mit Recht
hervorhebt, wie ,in Gottes Haushalt der äufsere Bau der
Kirche gerade dem Jünglingsalter des Erweckungsfeuers
überlaffen fei' (S. 19), wie man deshalb nicht an der
Knechtsgeftalt der Kirche fich ärgern und nur vollkommene
Leute fordern dürfe zur Ausbreitung des Evangeliums
. Auch betont er, dafs ,die Männer, welche im
Anfang diefes Jahrhunderts das Werk der Miffion wieder
aufnahmen, nicht nur Heiden bekehren, die Kirche nach
aufsern erweitern, fondern fie zugleich nach innen bauen
wollten' (S. 56), und hier weift er namentlich auf Harms
in Hermannsburg hin. Allein nach dem Titel erwartet
man, dafs die Bedenken Beck's durch Thatfachen aus der
Miffion oder durch die Methode derfelben widerlegt
gäbe des ,Bergedorfer Boten' theil. Unter feiner Arbeit würden. Das ift nicht der Fall. Man erfährt über das
an der Sonntagsfchule und im Befuchsverein gewann J Werk der Miffion, insbefondere der Hermannsburger,
der Plan, in Hamburg ein Rettungshaus zu begründen, j eigentlich nichts, und hat Mühe, dem Gedankengang des
durch innere und äufsere Anregungen eine fefte Geftalt. ! Verfaffers zu folgen.

Wie diefer Plan durch viel Schwierigkeiten hindurch, I Nr. 2 ifl frifch und anregend gefchrieben und fucht
aber dennoch unter den fichtbaren Beweifen der väter- j durch allejahrhunderte hindurch nachzuweifen, wie die Mif-
lichen Hülfe Gottes zur Wirklichkeit wurde, wie W. dabei | fion eine Grofsmacht in Knechtsgeftalt fei. Bei der
in die fo fegensreiche Verbindung mit dem Syndikus j mittelalterlichen Miffion erfcheint die Vergleichung etwas
Sieveking trat, ift bekannt. Es hier, zum Theil mit W.'s j gefucht, wenn die verweltlichte Kirche auch eine Knechts-
Worten, wieder zu lefen, gerade in der Zeit des geftalt genannt wird (S. 11), denn damit ift das Wort
50jährigen Jubiläums des gewaltigen Werkes, das aus ; in einem ganz anderen Sinne genommen als fonft. Der
fo unfcheinbarem Anfang fich entwickelt hat, ift be- Verf. hätte gewifs auch in der mittelalterlichen Miffion
fonders beweglich. j zeigen können, wie die wirklichen Erfolge auf religiöfem

Die Biographie ift meifterhaft gefchrieben. In der j Gebiet, die Pflanzung chriftlichen Lebens, nicht von der
fich erfchliefsenden Knospe des Jünglingslebens fleht man : Taufe der Könige und von weltlicher Machtentfaltung
alle Züge des fpäteren Manneslebens vorgebildet. In abhing, fondern von Männern, die in der Niedrigkeit einfeiner
eigenen Entwicklung, in den von aufsen gegebenen i hergingen, von der füllen Wirkfamkeit einzelner Klöfter,
Anregungen werden überall die Anfätze aufgewiefen, u. dgl., und wie der Mangel an folchen Lebenszeugen
aus denen fpäter fo grofses fich entfalten follte. W.'s j auch die Verderbnifs der Kirche immer mehr fteigerte.
eigenthümliche Gabe weiter Perfpectiven, der Einreihung Nr. 3 ift eine Gefchichte der Gofsner'fchen Miffion

des einzelnen und kleinen in grofse und allgemeine Zu- 1 unter den Kolhs in ihren Hauptzügen bis auf die Gegen-
fammenhänge, die Liebesfülle feines Gemüthes, feine wart. Heutzutage ift ein Gefchlecht herangewachfen,
ganze kraftvolle, hochgeftimmte Perfönlichkeit treten hier ; das die Anfänge der gegenwärtigen deutfeh-evangelifchen
fchon auf Schritt und Tritt entgegen. Vielleicht dürfte Mifflonsgefellfchaften, insbefondere die erften grofsen
die natürliche Individualität W.'s noch etwas fchärfer Erfolge der Gofsner'fchen Miffion unter den Kolhs, nicht
und beftimmter gezeichnet fein. felbft erlebt hat. Wer Intereffe für das Werk gewinnt

Eine feffelndere und in beftem Sinne anregendere j und die Miffionsblätter lieft, follte mit der früheren Ge-
Lectüre, namentlich für das heranwachfende Theologen- ; fchichte des Arbeitsfelds einigermafsen bekannt fein,
gefchlecht, kann ich mir nicht denken, als diefes Buch, fonft kann er in den gegenwärtigen Berichten manches
Für feine Fortfetzung fpreche ich nur noch den Wunfeh nicht verliehen. Aber es würde zu grofse Mühe erfor

nach einer forgfältigeren Correctur aus.

Giefsen. Gg. Schloffer.

Missionsschriften.

dem, wollte man eine Reihe von früheren Jahrgängen
der Miffionsblätter durchgehen. Darum ift es fehr dankens-
werth, wenn nach und nach jede Mifflonsgefellfchaft einen
Ueberblick über ihr Arbeitsfeld und ihre bisherige Arbeit
giebt. Die Basler Miffion hat in diefer Weife ihre Arbeit
in Afrika durch Miff. Buhl, ihre Arbeit in China durch

Hodenberg, Frhr. v., Das Werk der Heiden-Mission i Miff. Lörcher befchreiben laflen. Hier liegt ein ähnliches
Schriftchen über die mit grofsem Erfolg gefegnete
und von grofsen Nöthen betroffene Kolhsmiffion vor,
das gewifs vielen Lefern ein willkommener Führer fein
wird; denn es ift fchlicht und anfpruchslos gefchrieben,
nach der Schrift' S. 131). Leipzig Bidder. 1882, I behandelt alle Hauptmomente der Entwicklung und ver-
(72 S. gr. 8.) M. —. 75. I fchweigt auch die Schattenfeiten nicht. So Wirdes neben

(insbefondere der Hermannsburger) und feine Bedeu
tung für die heutigen Aufgaben der Kirche in Rückficht
auf die Warnung Beck's (.Gedanken aus und