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Ausgabe:

1884

Spalte:

142-146

Autor/Hrsg.:

Sommer, Hugo

Titel/Untertitel:

Ueber das Wesen und die Bedeutung der menschlichen Freiheit und deren moderne Widersacher 1884

Rezensent:

Gottschick, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 6.

142

entgegen; ftatt des grofsen Gegenfatzes zwifchen Kaifer- Das Intereffe an ihnen ift aber bekanntlich der haupt-
thum und Papftthum der Streit der Familien, die fich fachliche Hebel für die Provifionspraxis.
um die Befetzung der bifchönichen Stühle reifsen. Die '< Ganz richtig ift übrigens die Bemerkung S. 238 nicht,
Gefchichtc der Bifchofswahlen kann daher nur noch im dafs in der avignonefifchen Periode die Providirten als
Zufammenhang mit der Provin zialgefchichte behan- die rechtmäfsigen Oberhirten,die vom Kapitel nach altem
delt werden. Die Reichsgefchichte erweift fich mit ! Recht Erwählten dagegen als Eindringlinge gelten. Das
wenigen Ausnahmen als gleichgiltig. Ich vermag eben letztere ift wenigftens nicht immer der Fall. Als Ein-
darum hier das Einzelne nicht weiter zu controliren und dringhnge gelten der Curie aufser den unkanonifch
befchränke mich auf eine kurze Wiedergabe der forg- Gewählten doch nur diejenigen Erwählten der Kapitel,
fältigen und dankenswerten Unterfuchung. welche das Bisthum gegen den ausdrücklichen Willen

Die Befchränkung des Wahlrechts auf das Domkapitel : der Curie innehaben, fo dafs ihnen eine päpftlichc
tritt in Münfter zumeerften Mal .203, in Paderborn 1223 g?^*Ä ^pec.alrefervation entgegenfteht oder dafs
ein- übe Osnabrück fagt der Verfettet nichts. Von ■ f« fich *r pohifches Verhalten der Gnade der

da 'an bis zur Regierung Clemens' V verlaufen die Äll^

Wahlen bezw. Poftulationen der Domkapitel in allen j Aus den Excurfen hebe ich den vierten ,über das
drei ffisthümern der Art, dafs die felbftifchen ßeftre- Verfahren bei einer Provihon' bezw. bei Werbungen
buneeTdVr fobitoflfe von Köln, der Grafen von der eine fokhe, fowie den fünften, ,über die Geltung
Marl? von Berg, von Ravensberg,'der Herren von der ^Sf^^^gS^^^T^^
1 ippe von Dieft von Rietberg, von Holte, von Ifen- letzterer ganz richtig betont, dafs in Folge der Pro-
birgITfS der betreffenden Kapitel ünd bifchöf- v'f'oncn die ,Poftulat.on< des Kapitels zuletzt auch
Ken Städte" de^Lnnigfaltigften VVcife fich entgegen- ^^S^%SSSlS^ äS ~t
treten und verbinden und fo die Wahlen beherrfchen, Jen> U™«*" ^ r ? « ^ ?K

ohne dafs man von einem kirchlichen Intereffe oder ^ auch jeder weltliche Purft, Herr u. f. w. einreichen
auch nur von einem folchen für die Verwaltung des I • .

SU? zu°dneffene eigenem Beften irgend etwas wahr- | ^^ÄÄ ^ÄSS*" **
nehmen würde Am eheften tritt der letztere Gefichts- re y.ftjT^X! Urkunden veröffentlicht
unkt noch in den Wahlgedingen hervor, welche der I . ^um Schfefs noch eines: an den Arbeiten v. Below's

KaniteY beFchwö?en mufs. (Von eigent- s *« ^s'Werk n H^f!" "ft ^ T

wie das Werk von Hinfchius die Punkte fte hat finden
laffen, wo eine Detailunterfuchung weiter am Platze war,
fondern wie es ihnen auch überall die fefte Grundlage
und die weiteren Gefichtspunkte für eine folche geboten
hat. Ich bin überzeugt, dafs dort auch jüngere Kirchen-
hiftoriker lohnende Arbeit genug finden würden.

Berlin. Karl Müller.

Gewählte dem Kapitel befchwören mufs. (Von eigentlichen
Wahlkapitulationen fchon im 13. Jahrh. zu
reden, wie der Verfaffer thut, wird nicht angehen.)

Ein neues Stadium beginnt, wie überall, fo auch in
den drei genannten Bisthümern mit den Refervationcn
bifchöflicher Stühle feitens Clemen's V und Johann's XXII.
Jetzt fchiebt auf Grund der lezteren die Curie ihre Pro-
vifionen in das Wahlrecht der Kapitel hinein, und
zerftört dadurch im Lauf der Zeit die Wahlfrciheit der
letzteren total: von 6 Wahlen, die im Bisthum Münfter
zwifchen 1308 und 1382 ftattgefunden haben, ift keine
einzige freie Kapitelwahl. In 4 Fällen der Stuhlerledigung
in Osnabrück während derfelben Zeit und unter 5
jn Paderborn ift je dreimal päpftliche Provifion eines
Bifchofs erfolgt. Lögel hat es vielfach unterlaffen, den
Rechtsgrund derProvilionhervorzuheben. In demFall von
Münfter 1309 hat er ihn falfch beftimmt: nicht die päpft-

Sommer, Amtsrichter Hugo, Ueber das Wesen und die
Bedeutung der menschlichen Freiheit und deren moderne
Widersacher. Berlin, G. Reimer, 1882. (VIII, 100 S. gr.S.)

M. 2.

2. Sommer, Amtsrichter Hugo, Die Neugestaltung unserer
Weltansicht durch die Erkenntniss der Idealität des Raumes

.,che Vermeidung der Wahl Konrad's bildet denfelben,1— | u"d der Zeit. Eine allgemeinverftändliche Darftellung.
diefen Fall hat erft Johann XXII unter die Vorausfetz- > Berlin, G.Reimer, 1882. (VllI, 186 S. gr.S) M 3 —

&*s f^JT&^äsM' *■» ***** «äAs sss

Erft in den folgenden Fällen erfolgen die Provifionen
auf Grund der erweiternden Beftimmungen Johann's XXII,

durch Populanfirung der Philofophie Lotze's über den
Kreis der Fachmänner hinaus allen dienen, welchen das
Bedürfnifs nach Vertiefung und Klärung ihrer Weltauf-
und zwar meiftens wegen der papfthcherfe.ts vorgenorn- faffung uber den Werkeltagsgedanken noch nicht ver
menen Verfetzung des Vorgängers (z. B. S. 244 und 24Ö), ; loren gegangen ift, ja es ift die Rede davon, dafs dieft

auch wegen Annahme des Verzichts durch den Papft (z. B.
S. 260).

Auch in diefem Stadium ift bei den Befetzungen
von kirchlichen Interelfen der Curie keine Rede. Ja die
Bisthümer kommen meift noch fchlimmer weg, da die

Philofophiebeftimmtundgeeignet fei, die Weltanficht eines
ganzen Volkes ,auf die Höhe der Zeit', ,auf eine Höhe
zu heben, wo das Evangelium des Idealismus zur Wahrheit
wird'. Insbefondere wollen beide Schriften zurLöfung
des Confhctes zwifchen dem theoretifchen Erkennen und

Rückfichten auf die Wahl einer würdigen Perfon oder I den Bedürfnifsen des Gemüthes beitragen. Die beiden
auf Verwaltung im Intereffe des Bisthums oft genug — Probleme, die der Verf. behandelt, find ihm Anlafs zur
und viel mehr als bisher — geradezu mit Füfsen ge- wiederholten Entwicklung des Lotze'fchen Idealismus
treten werden. Ausfchlaggebend find die Werbungen und zur Widerlegung des Materialismus von den Principien
der betreffenden adligen Familien an der Curie fowie ; des erfteren aus. Treffend wird ausgeführt, wie des Mate-
die Tendenz der Curie felbft, Bisthümer möglichft durch j rialismus Grundfehler darin befteht, die hypoftafirten
Translationen zu befetzen, weil dann das neu erledigte hdemente der E rfche i nungswelt, Raum, Zeit, Atome,
Bisthum wieder ad curiam vacant wird. In Folge deffen Naturgefetze, mit denen die exaete Naturforfchung zur
kommen die Bisthümer eben jetzt auch ökonomifch Erklärung der Erfcheinungen operirt, zugleich als den

mafslos herunter._Provifionstaxen finde ich nur für zutreffenden Ausdruck der Elemente des Wirklichen zu

Münfter erwähnt' einmal 3000, ein anderes Mal 2000 fl, : betrachten. Dem gegenüber wird zunächft der richtigeEr-
relativ o-erin"e Summen. In andern Fällen find wohl ; kenntnifsbegriff dargelegt, welchen Lotze nach den An-
folche nachzuweifen aber ihrer Höhe nach unbekannt. | fatzenKant's klar präcifirt hat, dafs nämlich Wahrheit nicht