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Ausgabe:

1884

Spalte:

129-131

Autor/Hrsg.:

Grill, Julius

Titel/Untertitel:

Der 68. Psalm 1884

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint " . ^rel?

alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 6.

22. März 1884.

9. Jahrgang.

Grill, Der 68. Pfalm (Kautzfeh).

Harris, New Testament Autographs (Neftle).

Harris, Stichometry (Neftle).

Funk, Die Echtheit der ignatianifchen Briefe

(A. Harnack).
-Schaff, History of the Christian Church (Derf.).
Ribbeck, Die fog. divisio des fränkifchen

Kirchengutes (Loofs).

Loegel, Die Bifchofswahlen zu Münfter, Osnabrück
und Paderborn (K. Müller).

Sommer, Ueber das Wefen und die Bedeutung
der menfehlichen Freiheit (Gottfchick).

Sommer, Die Neugeftaltnng unferer Weltanficht
durch die Erkenntnifs der Idealität des
Raumes und der Zeit (Derf.).

Oldenberg, Johann Hinrich Wichern. 2. u.

3. Buch (Schlofier).
Hodenberg, von, Das Werk der Heidenmiffion

(Wurm).

Warneck, Die Heidenmiffion, eine Grofsmacht
(Derf.).

Gerhard, Gefchichte und Befchreibung der
Miffion unter den Kolhs (Derf.).

Grill, Sem.-Ephorus Lic. Dr.JuL, Der 68. Psalm. Mit bc- | Anbringung von ColnmnpnHf-»m

fonderer Rücklicht auf feine alten überfetzer und und Uäer?^ hSSSS&S&f*
neueren Ausleger erklärt. Tübingen, Laupp, 1883. ! geforgt hätte; bei der vorliegenden'Druckein5

(XI, 240 S. gr. 8.) M. 6. - de ^eff's MHmeift Ü2 nadl läni^em Suchen möglich,

Wenn irgend ein Pfalm eine umfaffende monograph- ' ' U"g uber einzelne Verf^ oder Worte zu

ifche Behandlung verdient, fo ift es der 68., der ,Titan'
unter den Pfalmen, deffen Auslegungsgefchichte fchon
Reufs ,ein Denkmal exegetifcher Noth und Kunft' errichtet
hat. Allerdings gefchieht es in derartigen Monographien
leicht, dafs im Intereffe der Vollftändigkeit auch
recht fernliegendes beigebracht wird, und auch unfer
Verfaffer hat diefer Verfuchung nicht ganz widerftehen
können. Referent denkt dabei weniger an die Citirung

_ zu

erfahren. Uebrigens aber hat Ref. bei dem Durchlefen
des ganzen Commentars nicht allzu viele Stellen gefunden
, in welchen er die Meinung des Verf.'s, refp.
die Entfcheidung für das ,Wahrfcheinlichfte', nicht zu
billigen vermochte. Zu diefen Stellen gehört allerdings
gleich der Anfang. Gegen die Faffung ,es flehe Gott
auf, dafs zerftieben feine Feinde', proteftirt nicht nur
die Form 3'pL mit der fich der Verf. (S. 53) mühfam
abzufinden fucht, fondern noch viel mehr der Umftand,

und Aburtheilung der Vorgänger, in welchem Punkte dafs der Dichter in diefem Falle ficherlich den Wortlaut

fich der Verf. bei aller Gründlichkeit nicht gerade eines
Uebermafses fchuldig gemacht hat, als z. B. an die in
Anhang I nach einem Codex des Brit. Mufeums mitge-
theilte perfifche Ueberfetzung des Pfalms. Kann eine
Verfion, die nach des Verf.'s eigenem Urtheil eine Mufter-
karte aus den bekannten Ueberfetzungen, vor allem dem
Targum und Saadja, fowie aus Rafchi, Ibn Esra und

der Grundftelle (Num. 10, 35) beibehalten haben würde,
zumal er ja fonft von V. 8 an der directen Anrede an
Gott nicht usweicht. Die Umbiegung des rizrp in DIW
kann alfo nur den Sinn haben: Ja, fo gefchiehts noeli
heut, was dort ausgefagt wird: Gott erhebt fich, da zerftieben
feine Feinde! Warum diefe Faffung ,den Eindruck
durch die Allgemeinheit des Gedankens fchwächen' foll

Kimchi bietet, noch irgend etwas zur Förderung der j vermag Ref. nicht abzufehen. Mit der Faffung des verTextkritik
oder Excgefe beitragen: Diefe beiläufige Be- zweifelten 9. Verfes (,die Himmel troffen vor Gott —
nierkuoe hindert iedoch nicht die Anerkennung, dafs der Sinai da! — vor Gott, Ifraels Gotte') kann fich

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der Verf. in diefer Monographie ein fehr achtenswerthes
Spccimen cruditionis vorgelegt hat. Neben der grundlichen
Gelehrfamkeit und umfichtigen Verwerthung des
gefammten textkritifchen und exegetifchen Apparats
möchte Referent befonders auch den Takt rühmend

Ref. auch nicht befreunden; 'o HT kann eigentlich doch
nur heifsen: ,das ift der Sinai!' 'und ift überhaupt un-
überfetzbar. — V. 14 überfetzt der Verf.: ,Ihr lagert
müfsig zwifchen Hürden?! Seht fie fliegen — die Tauben
filberweifs, im Goldglanz ihrer Schwingen!' und findet

hervorheben mit welchem der Verf. die Grenzen des dann einen Hinweis auf die jetzt noch (als Beute) zu

exegetifch Möglichen zu ziehen und fich in fchvviengen erringenden reichlichen Koftbarkeiten; übrigens gilt ihm

hallen mit dem Wahrfchcinlichftcn' zu begnügen ge- der Vers auch als Citat aus einem damals wohlbekann-

wufst hat. j Len Lief' 5er Zalmon in V- 'S w'rd als myftifcher

In der Einleitung wird zuerft der Charakter der
alten Ueberfetzungen, fodann (S. 9—16) die Auslegung^
literatur befprochen; Ref. hat hier nur (S. 14 f.) bei
Hengftenberg, Hitzig und Hupfeld die Angabe des betr.
Bandes, bei erfterem auch die der Auflage vermifst.
S 17—46 wird der Text des Pfalms mit fämmtlichen

Name des Hermon und zwar (freilich etwas künftlich)
aus Jef. 8, 23. 9, 1 als der Vorlage erklärt. Künftlich
ift und bleibt auch trotz des Conscnsus der Ausleger
die Faffung von V. 18: ,Der Herr in ihnen! Sinai im
Heihgthume!' Dagegen ift bei V. 19 die Verweifung auf
Jef. 24, 21 ff. beachtenswert!!, ebenfo bei V. 31 die

Varianten auch der Verfionen, vorgeführt, wobei dem , Deutung der vielventilirten pOD 121 als der ,filberwcis
hebr Text die Varianten von IO direct aus ihm ge- glanzenden Kiefel des Hagels' (der Verf. überfetzt dem-
floffenen' Verfionen, dem rechts gegenüberftehenden j gemafs ,mit Silberhagelfchlag'). Dabei wird das erfte

LXX-Text die Varianten aus den Tochterverfionen bei
gegeben find. Ref. ift diefen Collationcn nicht weiter
nachgegangen, kann jedoch fo viel conftatiren, dafs fich
der Verf. mit der Literatur zu den antiken Verfionen
bis auf die jüngfte Zeit herab vertraut zeigt. — An die
Schwungvolle und faft durchweg fliefsende Ueberfetzung
fchliefst fich endlich (S. 50—222) die Auslegung, von
der wir nur wünfehen möchten, dafs der Verf. durch
129

'3°

Hemiftich von dem ca. 550 gefchloffenen Bündnifs der
Babylonier, Lyder und Aegypter gegen Cyrus verftanden.
Diefe Anfetzung des Pfalms gegen Ende des Exils wird
S. 190 ff. von dem Verf. eingehend begründet, und zwar
vor allem (wie fchon S. 61 zu Vers 5—7) durch den
Nachweis der zahlreichen Berührungen mit Ausfprüchen
und überhaupt dem ganzen Gedankenkreis des Deutero-
jefaja — Berührungen, die, wie der Verf. richtig hervor-