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Ausgabe: | 1884 Nr. 5 |
Spalte: | 114-118 |
Autor/Hrsg.: | Springer, Anton |
Titel/Untertitel: | Raffael und Michelangelo. 2., verb. Aufl 1884 |
Rezensent: | Rade, Martin |
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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 5.
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eigenen in diefem Punkte durchaus zutreffenden Auslegung 1 Gefammtinhalts, als auch um des Zieles willen, welches
(S. 72) eines befferen belehren konnte, und dafs man die- Tie am Schluffe Pteckt. — Die grofse Bedeutung, welche
felben fchon in jener Zeit entweder wie heilige Schriften t der Reformator für die Ausbildung unferer neuhoch-
oder wie Quellenfchriften im Sinne des Gefchiclitsforfchers deutfehen Schriftfprache gehabt hat, wird ja allfeitig
behandeln mufste, was doch eben erft zu beweifen war, anerkannt und hervorgehoben. Aufserhalb des Kreifes
dann kann man freilich diefe Frage wenig fördern. Ich der Fachgermaniften jedoch dürften nur Wenige eine
glaube nicht, dafs die neue Hypothefe des Verf.'s die bis- klare Anfchauung darüber haben, worin denn diefe Ein-
herigen kurzer Hand todtfchlagen wird; aber ich habe Wirkung Luther's im Einzelnen befteht. Auf diefe
den Eindruck, dafs fein Buch dazu dienen kann, von dem Fragen giebt Pietfch eine dem jetzigen Stande unferer
Streit über die kritifchen Einzelfragen zu eingehender ; Kenntnifse entfprechende Auskunft. Er fchliefst fich
Erörterung der principiellen Fragen über das Wefen der ; dabei in erffer Linie an H. Rückert an, deffen Behandmündlichen
Ueberlieferung und der evangelifchen Schrift- lung Luther's im zweiten Bande feiner unvollendet ge-
ftellerei überzuführen, die "ich in dem Quellenbuch meines bliebenen Gefchichte der nhd. Schriftfprache aus felb-
Lebens Jefu anzuregen verfucht habe. Dann könnte fich Bändiger Forfchung gefloffen iff und den brauchbarften
der Verf. m. E. zum Erfolge feines Buches gratuliren. Theil des im übrigen doch wenig genügenden Buches
•o r £>r Weifs bildet. Aber auch die übrige Literatur hat der Verf.
mit grofsem Fleifse und einfichtigem Urtheile ausgenutzt,
fo wie er auch durch eigene Beobachtungen unfere
Kenntnifs in manchen Beziehungen erweitert. — Wenn
wir alfo glauben dürfen, über die Entwicklung unferer
Storz. Dr. J-, Die Philosophie des hl. Augustinus. Freiburg
{/Bf. 1882, Herder. (VI, 260 S. gr. 8.) M. 4.—
Dies Buch ergänzt in dankenswerther Weife eine Schriftfprache und Luthers Bedeutung für diefelbe im
Lücke unferer Literatur, indem es eine eingehende Ge- Ganzen das Richtige zu fehen, fo bleiben doch noch
fammtdarftellung der Philofophie Auguftin's giebt, an der fehr viele Einzelfragen offen, fowohl über die Anfätze
es bisher fehlte. Der Verf. hat das Material recht voll- zu einer Gemeinfprache, an welche Luther fich anfchlofs,
Händig beigebracht, dem Lefer die Controlle durch als auch ganz befonders über die Einwirkung Luther's
reichliche Citate unter dem Text erleichtert und Auguftin's ^ auf die nach ihm folgenden Schriftfteller, — Einzelfragen,
Gedanken mit überfichtlicher Klarheit dargeftellt. Er | durch deren gründliche Beantwortung doch auch das
bekennt, Ritter, Huber, Gangauf, Bindemann u. f. w. j Gefammtbild vielfach an Sicherheit gewinnen würde,
kritifch benutzt zu haben. Ref. ift befonders der An- | Das hebt auch Pietfch nachdrücklich!! hervor und weift
fchlufs an Huber entgegengetreten. Das Buch zerfällt daraufhin, dafs folche Arbeiten in erfolgreicher Weife
in 4 Theile. Der I. ,Das Princip der Auguftinifchen j erft dann zu machen find, wenn zuvor der gefammte
Philofophie'.fchildert den intellectuellenEntwicklungsgang Sprachfehatz Luther's felbft aufgenommen ift. Er ftellt
Auguftin's und leitet aus dcmfelben die ,pfychologifche deshalb die dringende Forderung eines vollftändigen
Richtung' feines Philofophirens und die Concentration Lutherwö rterbuchs auf, welches ja nicht nur den
desfelben auf die beiden Probleme Gottes und der Seele Philologen, fondern auch allen fonftigen Benutzern von
her. Der II. Theil ftellt die Erkenntnifslehre, der III. die [ Luther's Werken ein wünfehenswerthes Hülfsmittcl fein
Pfychologie, der IV. die fpeculative Theologie dar. 1 mufs. Ein Anfang dazu war fchon gemacht in dem
Weniger als der hiftorifche Bericht befriedigt die leider unvollendeten Wörterbuche von Ph. Dietz, das
philofophifche Auffaffung und Beurtheilung der Gedanken in feiner fragmentarifchen Geftalt nun freilich nicht viel
Auguftin's. Er meint, die pfychologifche Richtung des nützt. Da Dietz's Wörterbuch jedoch manche Mängel
Denkens habe in den modernen Syftemen fich in Subjec- zeigt, fo wäre eine blofse Fortfetzung desfelben nicht
tivismus verirrt. Da befremdet es denn allerdings nicht, erwünfeht. Pietfch legt daher den Plan eines neu
dafs die eminente Tragweite des auguftinifchen Aus- | auszuarbeitenden Lutherwörterbuchs vor, welches auf
gangs vom Bewufstfein, die den principiellen Bruch mit die neue grofse Lutherausgabe gegründet fein müffe
der objectivenMetaphyfik bedeutet, doch nicht g ewürdigt j (Dietz citirt nach den feltenen Einzeldrucken), und wel-
und der Abfall von diefem Princip, der in der Rückkehr , ches den Sprachfehatz Luther's mit einer relativen Voll-
zum platonifchen Objectivismus liegt, nicht als folcher ftändigkeit der Belege vorzuführen habe. Pietfch's
bezeichnet wird. Dafs Auguftin's Vereinigung der neo- Vorfchläge find im Einzelnen wohl erwogen und ver-
platonifchen Metaphyfik, die nur einen gefchichtslofen dienen den wärmften Beifall. Es wäre fehr zu wünfehen,
logifchen Weltzufammenhang kennt, mit der chriftlichen dafs fie zur Ausführung kämen. Ein in diefer Weife her-
Weltanficht von der Verwirklichung des Planes eines fitt- geftelltes Lutherwörterbuch würde ein würdiges Seiten-
lichen Reiches durch eine Gefchichte heterogene Gedan- Hück fein zu der grofsen Ausgabe der Werke Luther's
kenreihen verknüpft, und dafs daraus überall fchliefslich und wäre wie diefe einer Fürforge der preufsifchen
unlösbare Antinomien fich ergeben, ift ihm verborgen ge- Akademie fehr zu empfehlen. Würde mit der Ausblieben
. Ihm ift Auguftin der katholifche Kirchenlehrer, ! führung desfelben Pietfch felbft beauftragt, fo würde
der überall die correcte Lehre führt. Z. B. foll der I man das befte Refultat erwarten dürfen. In jeder Hin-
GegenfatzzuManichäismusundPelagianismuses ihm leicht ficht aber zu bedauern wäre es, wenn die von Pietfch
gemacht haben, in der Freiheitslehre die richtige Mitte gegebene Anregung unbeachtet vorüber gehen follte.
zu finden. Er foll nur die traditionelle Lehre von der Giefsen W B
Schöpfung aus Nichts vorgetragen haben. Die bedenk- vv- v>raun •
liehen Confequenzen des Neoplatonismus, die auf diefem
Puncte dochHuber anerkannt hat, werden fortinterpretirt. | Springer, Ant, Raffael und Michelangelo. MitIlluftrationen.
Aber bei der Anfpruchslofigkeit, mit der der Verf. feine 2 verb Aufl 2 ßde Leipzi Seemann, 1883. (IV, 344
Arbeit darbietet, fchliefst das nicht aus, dafs die um- vm p„»tffrti rart M 21 —
a„ i?0^H,,rtion dpq Stoffes allen Dank verdient. U" V1U> 39« b. gr. »•) Englllch cart. M. 21. —
in
faffende Reproduction des Stoffes allen Dank verdient. • > jjy •
T G t f 1 ' 1" Halbtrzbd. M. 25
Gie___J" ° C 'C Die Arbeiten des Leipziger Kunfthiftorikers haben
Pietsch Doz DrTPaul, Martin Luther und die hoch- allem Anfchein nach bisher von Seiten der Theologen,
r reisen, xsv*. m. 1 insbefondere der Kirchenhiftonker, die verdiente Auf-
deutsche Schriftsprache. Breslau, Koebner, 1883. (122 merkfamkeit nicht gefunden. Am auffallendften und be-
S. gr. 8.) M. 2. 40. dauerlichften ift das bei denjenigen Veröffentlichungen,
Vorliegende Schrift verdient unter der Maffe der bei welchen der Verf. in erlter Linie auf das Intereffe
Lutherliteratur beachtet zu werden, fowohl wegen ihres | der theologifchen Kreife rechnen mufste: bei den Ar-