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Ausgabe:

1884 Nr. 4

Spalte:

83-87

Autor/Hrsg.:

Voelter, Daniel

Titel/Untertitel:

Der Ursprung des Donatismus 1884

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 4.

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fein wollen. , Aber1 das beeinträchtigt doch nicht im 1 Ueberlieferung oft genug in hohe und reine Regionen
minderten feinen reactionären Charakter, was übrigens j verfetzt hat, richtig zu würdigen lernen. In diefer Hin-
der Verf. felbft einzufehen fcheint. Es ift ja für jede ficht giebt es, wie wir aus diefer Unterfuchung Voelter's
Reaction, und fo auch für diefe Reaction der Sitte, i belehrt werden, kaum einen wichtigeren Procefs als die
charakterirtifch, dafs fie als Hebel ein Moment der Entftehungsgefchichte des Donatismus. Fällt derfelbe
Neuerung bedarf. Alles aber, was der Verf. daran an- doch feinem Urfprunge nach in die Zeit, welche durch
fchliefst, dafs der Montanismus die von der ganzen Eufeb. h. e. VIII, 1 charakterifirt irt, d. h. in eine Epoche,
Kirche (!) getheilte Anficht, die von Chriftus verheifsene in welcher die Entwicklung der Kirche zu einem folchen
Sendung des Parakleten fei bereits in Erfüllung gegangen, Tiefpunkt gekommen war, dafs nicht mehr eine grofse
verworfen habe, dafs er noch ftrenger fupranaturaliftifch 1 Verfolgung, fondern nur die Verbindung mit dem Staate
gerichtet gewefen fei als die Urgemeinden, dafs nach ihm j fie vor dem Zerfall fchützen konnte,
dem h. Geift die erfte Stelle in der Trinität (logifcher , In der Monographie Voelter's haben wir eine auf
Weife) zukäme, dafs er ein Subordinationsfyftem ge- gründlichfter Quellenkritik beruhende Arbeit über den
fchaffen habe, aber mit umgekehrter Reihenfolge Urfprung desDonatismus erhalten. Der Verf. hatfichdurch
der Perfonen u. f. w. — das alles find haltlofe, auf j diefes Werk ein bleibendes Verdienrt erworben und feine
dem Abwege einer falfchen Methode gewonnene Er- ; Befähigung zu umfichtiger und eindringender Kritik er-
gebnifse, auf welche der Verf. freilich befonderen Werth ! probt. Die Arbeit zerfällt in zwei Theile. In dem erften
zu legen fcheint, weshalb er feine Arbeit wohl auch eine | werden die wichtigften Quellen kritifirt. Hier hatte der
religionsphilofophifche Studie genannt hat. Hätte Verf. fchlechterdings gar keine Vorgänger. Die Ergeb-
der Verf. ftatt diefer Speculationen die Unterfuchung in ; nifse haben die Mühwaltung reichlich belohnt; denn —
der Richtung weitergeführt, welche Weizfäcker (diefe von den Ueberarbeitungen abgefehen — ein Gewebe von
Zeitung 1882 Nr. 4) gewiefen hat, fo hätte er auch nach : tendenziöfenFälfchungenhat der Verf. nachweifen können,
der gründlichen Unterfuchung von Bonwetfch noch Gerade die zwei wichtigften Quellen, die Gesta purgati-
eine nicht ganz unergiebige Nachlefe halten können. ! onis Felicis episcopi Aptungitani und die Gesta optici Ze-
Was die Zeitbeftimmung betrifft, fo find die Nach- nophilnm beruhen auf grofsartigen Betrügereien (S. 11
weifungen des Verf.'s geradezu flüchtige zu nennen. Ich —91). Hier find dieKatholiken Schuld; aber von dem Vorvermag
auch nicht den Schatten eines Beweifes dafür j wurf der Fälfchung refp. Entftcllung find in anderen Fällen
in dem Buche des Verf.'s zu finden, dafs mit der feit- auch die Donatiften nicht ganz zu entladen. Die Be-
famen Nachricht des Epiphanius über Thyatira irgend ' weisführung des Verf.'s, wenn fie auch in manchen Ausetwas
anzufangen ift. Und dann — ein mehr als 30 Jahre
latenter Montanismus; hierauf noch ein zweites Stadium
der Verborgenheit: das ift zu viel! Selbftändige kritifche
Erwägungen über die für die Gefchichte des Montanismus

läufern anfechtbar ift, fcheint Ref. in allen Hauptpunkten
unantaftbar. Kürzer konnte fich der Verf. bei den fog.
Acta Synod. Cirt. faffen; ihre Unechtheit liegt auf der
Hand und ift auch fchon früher behauptet worden. Sehr

uns bekannten relativen Zahlen fehlen in der Schrift. : dankenswerth ift die kurze Unterfuchung des Scnno Do-
Das Urtheil konnte nicht günftiger ausfallen, als es natistae cniusdam etc., der bislang ungebührlich vernach-
hier fleht. Warum mufste diefe Arbeit gedruckt werden, ' läffigt worden ift (S. 101—107). Diefer Sermo ift des-
die doch weder unfere Kenntnifse vermehrt, noch unfer ! halb fo wichtig, weil er von einem Donatiften flammt und
Urtheil berichtigt? zwar, wie der Verf. wahrfcheinlich gemacht hat, vor d.

Giefsen. A. Harnack. J- 34° verfafst ift. Die Leidenfchaft des Berichterftatters

abgerechnet, ift das Stück eine zuverläffige Quelle. Der
Voelter, Repetent Lic. Dr. Daniel, Der Ursprung des Do- Verf. beendet mit demfelben feine Quellenfchau und geht

natismus, nach den Quellen unterfucht und dargeftellt.
Freiburg i. B., Mohr, 1883. (VII, 194 S. gr. 8.)-
M. 5. 60.

zur Darfteilung des Urfprungs des Donatismus über. Ref.
bedauert es, dafs der Verf. nicht in dem erften Theile
die Angaben des Optatus zufammenhängend unterfucht
hat. Dafür unterbrechen in dem 2. Theile umfang-

Die Gefchichte des Donatismus, namentlich aber die j reiche kritifche Erwägungen über die Relationen des
Entftehung desfelben, ift bisher noch nicht kritifch unter- j Optatus die Darfteilung in unliebfamer Weife. Der Verf.
fucht worden. Das Thema, Auguftin und der Donatismus' ; hat fehr viel für die Kritik diefes ,Hiftorikers' gethan
ift im dogmenhiftorifchen Intereffe allerdings nicht feiten (f. auch die zahlreichen Ausführungen in dem 1. Theil)
behandelt worden, aber unbearbeitet ift die ältere Ge- ; und ihn uns als einen recht unzuverläffigen Berichterftatter
fchichte des Donatismus geblieben, obgleich in der grofsen i vorgeftellt. Um fo mehr ift es zu bedauern, dafs man
Sammlung der Actenltücke von Dupin das Rohmaterial I fich die Kritik aus dem ganzen Buche, dem dazu noch
faft vollftändig vorlag. Walch ift der einzige, der auch I ein Index fehlt, zufammenfuchen mufs. Jedenfalls ift fo
hier mit unübertrefflichem Fleifse, mit Unparteilichkeit i viel aber deutlich, dafs z. Z. des Optatus und noch mehr
und Umficht gearbeitet hat (1768); aber wie überall fo zu der des Auguftin das Gedächtnifs des wahren Urfprungs
ift auch bei der Beurtheilung der in den donatiftifchen ! des ganzen Streites faft völlig — und zwar bei beiden
Streit einfchlagenden Quellenfchriften die Energie feiner j Parteien — ausgetilgt refp. durch Tendenzlegenden verKritik
eine höchft mäfsige gewefen. Es ift auf den erften I hüllt gewefen ift. Dies ift auch nicht auffallend. Denn
Blick auffallend, dafs Niemand in den mehr als 100 Jahren, I feiten wohl in der Kirchengefchichte hat der Ausbruch
die feit Walch's Arbeit verfloffen find, die Unterfuchung einer Bewegung fo wenig die Züge der fpäteren Ent-
wieder aufgenommen hat. Allein — von den allgemeinen ; Wicklung, getragen wie hier. Die Donatiften, mit denen
Erwägungen über die wirklichen Fortfehritte, die wir feit ; Auguftin es zu thun hatte, konnten fich in den alten
Walch gemacht haben, abgefehen, fo mag die Voraus- j Gegnern des Menfurius und Cäcilian nicht wiederfinden
licht nicht wenige Forfcher abgefchreckt haben, dafs das ; und Auguftin und fein Anhang ebenfowenig in jenen. In
Niveau, auf welchem der Donatismus entftanden ift, ein ' folchen Fällen kommt das geschichtliche Gedächtnifs in
fehr tiefliegendes gewefen, und dafs dasfelbe fomit weder i kürzefter Zeit abhanden.

einen weiten Ausblick geftattet, noch ungewöhnliche Ge- , Der Verf. hat feine Darftellung in vier Abfchnitte
genftände erblicken läfst. Diefe Vorausficht ift allerdings eingetheilt (,Der Ausbruch des Streits' ,Die Unterfuchung
zutreffend; aber für den wirklichen Fortfehritt unferer j in Rom' ,Die Synode von Arles' ,Die Unterfuchung in
Einficht in die Gefchichte der Kirche im Alterthum ift ; Mailand und die erfte Verfolgung bis zum Toleranzedict
es vor allem nöthig, dafs wir die Tiefebenen und die Vor- ! vom Mai 321'). In dem erften hat er es zur Evidenz gelänge
, die fich dort abgefpielt haben, gründlich kennen l bracht, dafs lediglich ein Vergehen gegen die kirchliche
lernen, damit wir die grofsen Hauptactionen, welche die I Verfaffung feitens des Vielen mifsliebigen Cäcilian den