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Ausgabe:

1884

Spalte:

81-82

Titel/Untertitel:

Gregorii Barhebraei in duodecim prophetas minores scholia 1884

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 4. 23. Februar 1884. 9. Jahrgang.

Gregorii Barhebraei in XII prophetas scholia
rec. Moritz (Nellle).

Belck, Gefchichte des Montanismus (A. Harnack
).

Voelter, Der Urfprung des Donatismus (Derf).

Below, von, Die Entftehung des ausfchliefs- Funcke, Englifche Bilder in deutfcher Beleuch-

lichen Wahlrechts der Domkapitel (Derf.). (ung (Fay).

Evers, Analecta ad fratum minorum historiam ,r _ . ,,, , „.

(K Müller) Harnmer(lein , von, Kirche und Staat vom

Erfurter Lutherfeft-Almanach hrsg. von Lorenz Standpunkte des Rechtes aus (Köhler).

(Kawerau). I Thönes, Predigten (Löber).

Gregorii Barhebraei in duodecim prophetas minores j Fixirung des fyrifchen Bibeltextes; um fo mehr ift zu
SCholia. Ad trium codicum fidem recensuit Bernh. ! bedauern, dafs fie uns immer noch nicht ganz, und theil

Moritz. [Diss. inaug.] Lipsiae, typis B. G. Teub-
neri, 1882. (32 S. gr. 8.)

Ich habe in früheren Nummern eine Anzahl Göttinger
Publicationen angezeigt, die aus dem grofsen
biblifch-exegetifchen Scholienwerk des Barhebräus einzelne
Theile zugänglich machten (1878, 15. 17; 1879, 23;
1880, 9); es wird erlaubt fein, hier auch diefe Berliner
Differtation zu befprechen, die mir von befreundeter
Seite zukam. Sie ift ganz wie die Göttinger eingerichtet,
beruht zum Theil auf denfelben Handfchriften (zwei
Berlinern, von denen eine durch Sachau zugänglich
wurde, und einer in Göttingen) und bietet uns wie die
früheren manche exegetifch oder archäologifch inter-
effante Notizen, die zur Bereicherung und Berichtigung
auch des hebr. Wörterbuchs dienen können. Ich nenne
beifpielsweife, was zu Hof. 2, 1 über die ,Honigkuchen'
gefagt wird, die ohne Honig verfertigt worden feien.
Ich erinnere an die etymologifche Deutung der einzelnen
Prophetennamen, deren Urfprung mir zum Theil
nicht klar ift; Joel nach Einigen = Gottesgabe, Jonas =
XtTiya Bitte; bei Arnos wird der Text zu ändern,
MÖTlräte zu lefen fein = iayj güg, fortis etc. Noch bei
Barhebräus bilden die 12 kl. Propheten ein Buch, das
in 25 Abfchnitte zerfällt; einem jeden wird feine Lebens-
befchreibung aus Pfeudo-Epiphanius vorausgefchickt, bei
Jonas diefelbe auf Ephräm zurückgeführt; die Ordnung
der einzelnen Schriften ift, wie in der Pefchittho, die
der hebr. Bibel. Von Einzelheiten hebe ich hervor:
Hof. 3, 2 fei eine Hinweifung auf den isten als Tag des
Auszugs und auf den 45^11 Tag nach dem Auszug als
Tag der Gefetzgebung. 5, 12 der König J;lr,ib bezeichne
Aegypten, 10, 8 On fei ein Götze. Die 4 Heufchrecken-
arten bei Joel, die eigenthümlich befchrieben werden,
bedeuten Tiglat Pilefer, Salmanaffar, Sanherib und Ne-
bukadnezar; eben diefe 4 werden auch unter den 4 Hörnern
bei Sacharja wieder erkannt. Joel 2, 32 gehe auf
den Tod des Holofernes durch Judith; ,Spanien' in
Obad. 20 fei Rom, Tarfchifch fei Tarfus. Nach Micha
1,13 find es Leute von Lachis gewefen, die den Amazia
tödteten, als erften, der unter den Nachfolgern Salomo's
das Leben verlor. Zu Hab. 2, 15 wird erzählt, Nebu-
kadnezar habe den vornehmen Juden vergifteten Wein
eingefchenkt, der fie um fo fchneller um den Verftand
brachte, fie in kurzen Röcken tanzen laffen und an ihren
befchnittenen Gliedern feine Freude gehabt. Bei Sacharja
wird die bekannte Differenz dahin ausgeglichen,
dafs Berechja für feinen .Blutsvater', Iddo für feinen
geiftlichen Vater erklärt wird. Sachar. 12 geht auf die
Makkabäer. Wichtiger natürlich als für die Gefchichte
der exegetifchen Tradition find diefe Scholien für die

weife nicht nach den beften Handfchriften vorliegen.
Mindefiens 15 mal wurden nun fchon einzelne Stücke
veröffentlicht (feit 1832 von Bernftein, Larfow, Schröter,
Winkler, Tullberg, Rhode, Knobloch, Korän, Wennberg,
Wittlock, Sundberg, Spanuth, Schwarz, Klamroth, de
Lagarde); wie lange wird es anflehen, bis wir das ganze
Werk befitzen? Einftweilen fei uns jeder, auch diefer
Beitrag willkommen.

Ulm a. D. E. Neftle.

Belck, stud. ehem. Waldemar, Geschichte des Montanismus.

feine Entftehungsurfachen, Ziel und Wefen, fowie
kurze Darfteilung und Kritik der wichtigften darüber
aufgeftellten Anflehten. Eine religionsphilofophifche
Studie, preisgekrönt von der theol. Fakultät der
Friedrich-Wilhel ms - Univerfität zu Berlin. Leipzig,
Dörffling & Franke, 1883. (VIII, 86 S. gr. 8.) M. 1. 50.

Jede theologifche Facultät hätte ohne Zweifel diefe
fleifsige Studentenarbeit mit dem Preife gekrönt, aber zur
Veröffentlichung durch den Druck hätte man dem Verf.
nicht rathen können. Neues Material konnte derfelbe
nicht beibringen; aber auch die Behandlung des Stoffs
ift eigentlich nirgendwo originell, ja in vielen Partien
folgt er .recht treu den Spuren der Vorgänger' (Urtheil
der Berliner Facultät). Methodifche Umficht kann man
dem Verf. für umfangreiche Abfchnitte feiner Arbeit
nicht abfprechen; aber man darf nicht vergeffen, dafs
das methodifche Meifterftück, welches Ritfehl in der
2. Aufl. feiner ,Entftehung der Altkathol. Kirche' gerade
in Bezug auf den Montanismus geliefert hat, es allen
Nachfolgern nahezu unmöglich gemacht hat, hier unmetho-
difch zu verfahren. Am fühlbarften macht fich in der
Arbeit der Mangel einer gründlichen Kenntnifs des
2. Jahrhunderts; er hat Dutzende von höchfl naiven
Urtheilen und fehlerhaften Anfätzen verfchuldet, die fich
in allen Theilen der Arbeit verftreut finden. Dem Verf.
trifft hier nur der Vorwurf, dafs er mit feinen Kennt-
nifsen in die Oeffentlichkeit getreten ift: dafs er mehr
weifs, als ein Durchfchnittscandidat der Theologie, foll
nicht geleugnet werden.

Das eigenthümlich Neue, was der Verf. gefunden
haben will, befteht darin, dafs der Charakter des Montanismus
letztlich nicht reactionär, fondern fortfehritt-
lich gewefen fei, ferner, dafs Montanus fchon geraume
Zeit vor dem J. 126 aufgetreten, aber erft feit 156
in weiteren Kreifen bemerkbar geworden fei. Das Erftere
anlangend, fo ift m. W. niemals überfehen worden, dafs
der Montanismus eine neue und letzte Stufe in der Offen-
barungsgefchichte — wenigftens nach Tertullian — hat
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