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Ausgabe:

1884 Nr. 2

Spalte:

41-44

Autor/Hrsg.:

Nathusius, Martin von

Titel/Untertitel:

Katechismuspredigten, nach der Ordnung des Kirchenjahres gehalten. 1. Teil 1884

Rezensent:

Löber, Richard

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 2.

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iLr Mittheilungen jenes. Der Begleiter des Prinzen, von
dem Verf. des Herc. Pr., um ihn von fich zu unter-
fcheiden, als Corona Pighius bezeichnet, ift der Freund
des J. Lipfius. Beide Pighius haben Beziehungen zu
Granvella. Ob fie mit dem bekannteren Correfpondenten
des Contarini, Albertus Pighius, zufammenhängen, bleibt
unerörtert. 3) Eene geloofsbelijdenis uit de ißde eeuw.
Ein niederländifches Bekenntnifs aus dem Jahre 1566.
S. giebt den Text und befpricht die Fragen nach dem
Verfaffer und dem Entftehungsort, die nicht zu beantworten
find. Das Schriftchen ift fehr verbreitet und Gegenftand
heftiger Polemik von katholifcher Seite gewefen. Es fcheint
halb und halb ein Proteft gegen die Einführung befon-
derer evangelifcher Lehrbekenntnifse zu fein, ohne doch
gegen die Aufftellung der fog. Confessio Belgien direct
Einfprache zu erheben. Intereffant war mir, dafs das
Schriftchen bei aller Betonung der Bibel als einziger
Lehrquelle nicht umhin kann, fich fofort im Eingange
doch nachdrücklich auch zu den ,tzvaelf Arliculen des
Geloofs' und den ,vier algemcyncn Concilien' zu bekennen.
4) Tzvee gcscliriften van A. Corranus. Nachträge zu S.'s
ausführlichen Abhandlungen über diefen eigenthümlichen,
bedeutenden Mann (f. meine Notizen in diefer Zeitfchr.
1881, Col. 574). 5) Voor de letterkundige geschiedenis
vanCalzyns institutio. Befonders über die holländifchen
Ausgaben und Ueberfetzungen diefes Werkes, zumal
diejenigen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Zu der
Schlufsnotiz über den Frankfurter Superintendenten, der
noch in unterem Jahrhundert es der Mühe werth gefunden
, anzumerken, wo er bei feiner letzten Leetüre
des Werkes wegen fchlechter Augen abgebrochen, bemerke
ich, dafs es noch Gegenden in Deutfchland giebt,
wo Calvin's institutio Bauernlectüre ift. So in der
Graffchaft Mors. 6) De bibliotheek eener koningin — der
Königin Maria von Ungarn. Die Veröffentlichung des
Katalogs diefer Bibliothek giebtS. Anlafs mit Anknüpfung
an den theologifchen Nummern eine höchft inftruetive
Gefchichte überhaupt der Stellung diefer hohen Frau
zur Reformation zu bieten. Es find noch immer, wie
fchon in der Reformationszeit felbft, mancherlei Vor-
urtheile über ihre frühere und fpätere Haltung im Umlauf
. Sie ift der Reformation, fpeciell Luther, nie fo
zugethan gewefen, dafs hernach von einem ,Abfall' die
Rede fein könnte. Diefe Abhandlung, von der nur zu
bedauern ift, dafs fie keinen bezeichnenderen Titel hat,
ift bei Weitem die wichtigfte in dem Buche, wie fie auch
an Umfang die bedeutendfte ift. 7) Een brief van Eranck
vertaald door de Zuttere. Ein Nachtrag zu der Abhandlung
über de Zuttere, genannt Overhaag oder Hyper-
phragmus in ,drie evangeliedienaren uit den tijd der
liervomiing' (f. Theol. Lit.-Ztg. 1879, Col. 525). 8) riet
uieuzi'-grieksclie tcstainent van it}38. Neben dem, was
Bibliographen des Neuen Teftaments intereffiren wird,
kommt eine Anzahl neuer Daten zur Gefchichte des
Cyrillus Lucaris und der holländifch-griechifchen Beziehungen
zu jener Zeit zum Vorfchein. 9) Onuitgege-
vene opstellen van Alhart de Raedt. Ein kurzer Beitrag
zur Gefchichte diefes eine Weile dem Gichtel'fchen Kreife
naheftehenden Pietiften.

Giefsen. IL Kattenbufch.

Nathusius, Paft. Martin v., Katechismuspredigten, nach der
Ordnung des Kirchenjahres gehalten. 1. Tl.: Vom 1.
Advent bis Quafimodogeniti. Leipzig, Hinrichs, 1883.
(VII, 254 S. gr. 8.) M. 4. 50.; geb. M. 5. 50.

Die Katechismuspredigten des Herrn von Nathufius
wenden fich nicht insbefondere an die Katechumenen,
fondern an die Gemeinde; der Verf. hat diefe eigen-
thümliche Bezeichnung gewählt, um anzudeuten, dafs er
durch feine Predigten chriftliche Erkenntnifs fordern will.
Da dies aber der Zweck aller Predigten ift und da der

Verf. nicht über den Katechismus, fondern, wie andere
| Leute, über Bibeltexte predigt, fo dürfte die Bezeich-
j nung: ,Katechismuspredigten' nicht ganz zutreffend fein.

1 )afs der Verf. bei der Wahl feiner Texte fich von den
1 im Katechismus dargeftellten Grundgedanken leiten liefs,
ift ja ganz lobenswerth; aber da er zugleich von der
Ordnung des Kirchenjahres fich beftimmen läfst, fo ent-
■ fleht die Unzuträglichkeit, dafs er die Katechismusftücke
durcheinanderwirft und fo in der Adventszeit die drei
erften Bitten des Vaterunfers behandelt, völlig losgetrennt
von den anderen Bitten.

Der Verf. weift in dem Vorwort fo viele Zumuthungen
I als unberechtigt ab, dafs es nicht leicht ift, feine pofitive
Meinung feftzuftellen. Aus der Verficherung, dafs er
mit diefen Katechismuspredigten nicht den ganzen Umfang
der chriftlichen Lehre habe erfchöpfen können, leitet
er die Folgerung ab: alfo follte auch ein .Lehrfyftem'
in den vorliegenden Predigten nicht geboten werden.
Nun ift es allerdings richtig, dafs von einem Erfchöpfen
auch hier nicht geredet werden kann, und dafs die Pre-
i digt überhaupt nicht die Aufgabe hat, ein theologifch.es
Lehrfyftem zu liefern. Aber da nun einmal in den Gedanken
Gottes, mögen wir fie nun im wirklichen Leben
oder in der heil. Schrift ausgeprägt finden, nicht ein
ungeordneter Haufen von Aphorismen, fondern ein
wohlgefügtes, objectives Syftem von Wahrheiten, That-
fachen, Ideen und Gefetzen uns entgegentritt, fo werden
wir felbft bei der elementarften Heilsverkündigung darnach
ftreben müffen, diefen Zufammenhang irgendwie
I zum Bewufstfein zu bringen. Da der Verf., wie er ver-
j kichert, chriftliche Erkenntnifs fördern und wirklich begründete
Ueberzcugungen beibringen will, fo hätte er
j wohl gegen die weitverbreitete Neigung, fich in .zufälligen
Andachten' und frommen Einfällen zu ergehen, nicht
aber gegen die heilfame Zucht zufammenhängenden
Denkens fich ereifern follen. Er ift überhaupt auf die
Denkarbeit unferer Univerfitäten nicht gut zu fprechen
und felbft feine Katechismusgemeinde überrafcht er unmittelbar
nach dem Verlefen eines das paftorale Ge-
wiffen fchärfenden Textes (S. 121) mit der Mittheilung,
dafs die auf deutfehen Hochfchulen ftudirenden Japanefcn
immer Heiden bleiben, während die in Amerika ftudirenden
meiftens Chriften werden. Der Verf. wendet fich
daher gegen die anfpruchsvolle Behauptung, dafs die
I Theologie in die praktifche Thätigkeit des Predigers
mit hineinzureden habe; er bezeichnet es nicht als
einen Mangel feiner Predigten, dafs fie von den Gefetzen
der Homiletik fich dispenfiren und ,unferen Homileten'
legt er das kühne Urtheil in den Mund: ,Diefe Predigt
kann nicht correct fein, denn fie hat Erfolg und das ift
unnormal'. Wenn folche Homileten fich wirklich fänden,
fo würde der Verf. allerdings berechtigt fein, am Schliffs
feines Vorwortes zu fagen: ,Ich bitte den Herrn der
Kirche, dafs er unferer lieben deutfehen evangelifchen
Chriftenheit etwas Luft mache vor der vielen fie faft
erdrückenden Theologie und theologifchen Homiletik
und dafs er ihr viele Prediger erwecke, die davon
zeugen, was fie gefehen und gehört haben und fo zeugen,
wie ihnen der Schnabel gewachfen ift'.

Ich bin weit entfernt davon, die Inbrunft diefes Ge-
betes zu bezweifeln; aber andere in Segen wirkende Pre-
j diger beten wohl noch inniger, dafs Gott fie durch treue
i Arbeit in ftrenger Zucht erhalte, damit fie das, was fic
gefehen und gehört haben, frei von fremdartigen Zufätzen
fchlicht und einfaltig verkünden und alfo nicht reden
wie ihnen der Schnabel gewachfen ift. Die gröfsten
unferer Theologen, Schleiermacher voran, haben eine
gute Predigt als den Gipfel aller theologifchen Leiftungen
bezeichnet und daher gefordert, dafs die theologifchen
Vorarbeiten einen Vereinfachungsprocefs durchmachen
müffen, ehe fie der Gemeinde zu Gute kommen können.
Solche Theologen dürfen aber auch erwarten, dafs fie
von dem Prediger nicht wie läftige Eindringlinge abgt-