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Ausgabe:

1884 Nr. 14

Spalte:

344-345

Autor/Hrsg.:

Rabaud, Edouard

Titel/Untertitel:

Histoire de la doctrine de l‘inspiration des saintes écritures dans les pays de langue française de la réforme à nos jours 1884

Rezensent:

Krauss, Alfred

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 14.

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allerdings nicht in Form einer directen Widerlegung, da
der Druck bereits weit vorgefchritten war, als ich die
Hilgenfeld'fche Ausgabe erhielt. Zu Modificationen
meiner Ergebnifse hat mich diefelbe nicht veranlafst.

Im Anhange giebt H. die Kavoveg SY.y.lrj6iaazi/.m die
er auch jetzt noch, trotz der Unterfuchung Krawutzky's
und der Entdeckung der Aidayr], mit dem Judicium Petri1
des Hieronymus und Rufinus identificirt. Vielleicht hätte
ihn ein genaueres Studium der Gefchichte der Kavoveg
iy./.lriG. in der Kirche an dieferldentificirung irre gemacht.
Nicht nur für die Textconftruction ift aus den Verfionen
— fchon aus dem, was bei Lagarde, Rcliq. p. XXI
fteht — Manches zu lernen, fondern in höherem Grade
für die Kenntnifs des Anfehens, welches die Kavoveg
genoffen haben. In meiner oben genannten Ausgabe
habe ich den Verfuch gemacht, das zufammenzuftellen,
was fich heute über diefe Kavoveg,- die z. Th. aus der
alten Jidayjj gefloffen find, fagen läfst. —

Wie reichhaltig die von Hilgenfeld veranftaltete und
mit hoher Sorgfalt edirte Sammlung in diefer neuen
Geftalt ift, wird aus dem hier Bemerkten hervorgehen.
Auf dem Gebiete diefer Literatur der Fragmente gehen
die Meinungen noch weit auseinander; wer die mühfame
Aufgabe des Herausgebens fo gewiffenhaft durchgeführt
hat, der darf des Dankes Aller ficher fein.

Giefsen. A. Harnack.

Ryssel, Privatdoz. Lic. Dr. V., Ein Brief Georgs, Bischofs
der Araber, an den Presbyter Jesus, aus dem Syrifchen
überfetzt u. erläutert. Mit einer Einleitung über fein
Leben und feine Schriften. [Aus: ,Theol. Stud. u
Krit.'j Gotha, F. A. Perthes, 1883. (118 S. gr. 8.)
M. 3. -

Der betr. Brief, ein literarifch-theologifches Refpon-
fum auf 9 Fragen eines Presbyters und Einfiedlers
Jefchua ift im fyrifchen Urtext von de Lagarde, Analec-
ta Syriaca, p. 108—134 veröffentlicht, die erften Capp.
desfelben auch von Wright in feiner Ausgabe der Ho-
milien des Aphraates. Ryffel hat ihn überfetzt und ihn
mit Einleitung und Erläuterungen verfehen. Die erftere
orientirt uns über Leben und Schriften des hervorragenden
fyrifchen Gelehrten, eines Freundes des berühmten
Jakob von Edeffa (j- 708), den er überlebte, wie vorhandene
Briefe aus den Jahren 714 u. 718 zeigen, fowie
derUmftand, dafs er deffen Gedicht über das Hexaemeron
zumAbfchlufs gebracht hat; wieJakob gehört erderjakobi-
tifchen Kirche an, daher er fich auch in dem Briefe auf den
heiligen Patriarchen Severus beruft. Seine fchriftftelleri-
fche Thätigkeit ift eine fehr vielfeitige, in der That geeignet
, die Blüthe fyrifcher Kirchengelehrfamkeit jener
Zeit zu veranfchaulichen. Auf feine Bedeutung als
Ueberfetzer logifcher Schriften des Ariftoteles hät Hoffmann
[de Jiermen. ap. Syros Arist. Lps. 1869) hingewiefen. j
Gern gelten feine Bemühungen auch chronologifchen
Fragen; felbftverftändlich geht daneben die herkömmliche
dogmatifche Polemik, fowie die Behandlung ritueller
unddisciplinarerFragenher. — Da die dreierften Capp.des
hier mitgetheilten Briefes fich auf den ,perfifchen Weifen'
Aphraates beziehen, fo nimmt der Ueberfetzer davon
Anlafs, S. 29—35 das Wenige, was uns bisher und ins-
befondere feit Wright's Veröffentlichung feiner Homi-
lien über ihn kund geworden ift — vgl. bef. Sasse, Pro-
hgomena in Aphr. sap. Persae sermones liomil. Lps. 1878
— zufammenzuftellen, ohne, wenn ich recht fehc, Neues
beizubringen. Zu den einzelnen Fragen giebt dann der
Verf. zweckdienliche Erläuterungen. Die Beantwortung
der erften Frage über die Perfon des perfifchen Weifen,
welche bereits mehrfach zur Aufhellung über denfelben
herangezogen worden ift, zeigt, dafs auch G. über deffen
Verhältnifse nichts weiter weifs, als was er durch be-
fonnene Prüfung aus feinen Homilien erfchliefst. Die

zweite Frage, betr. die Anficht des Aphr. über die Weltdauer
von 6000 Jahren, beurtheilt er kenntnifsreich —
er verweift auch auf die Berechnung des Bardefanes nach
dem Zufammentreffen der Planetenläufe (vgl. Merx,
Bardefanes S. 61). Die dritte Frage bezieht fich auf die
Anficht, dafs im Tode der .pfychifche Geift' des Men-
fchen, in Bewufstlofigkeit verfenkt, mit dem Leibe begraben
werde bis zur Auferftehung, wo dann der himmlifche
Geift den feelifchen in fich verklärt. Die von unferem
Verf. angeführten jüdifchen Analogien erläutern doch
die Sache nicht recht und decken fich wenig mit dem
i Specififchen der vorliegenden Anfchauung, fo richtig
fonft die Wahrnehmung fein mag von einer bedeutenden
Einwirkung jüdifcher Anfchauungen, mit denen Aphr.
in lebhaftem Contact war, worauf auch Nöldeke bereits
j hinwies. Dagegen ift es höchft bemerkenswerth, was
dem Verf. ganz entgangen ift, dafs hier eine Anfchauung
1 zu Grunde liegt von dem an fich niedern, animalifchen
Naturwefen des Menfchen, der wie in der urfprünglichen
Schöpfung, fo nach dem Fall durch die Erlöfung (Taufe)
I erft vermöge Einwohnung des göttlichen Geiftes zu feiner
| Vollkommenheit kommt, kurz jene Anfchauung, welche
I der gerade für die fyrifche Kirche fo bedeutungsvoll gewordene
Tatian vertritt, dafs ferner auch die von
! Eufebius berührte Streitfrage der fogen. Thnetopfychiten,
in welche Origenes eingriff (Eufeb. 6, 37 vgl. Redepenning
, Origenes II, 105ff.) uns auf arabifches Gebiet
führt. Dabei ift es von geringer Erheblichkeit, dafs fich
Tatian [prat. c. 13) mehr thnetopfychitifch, Aphraates
mehr hypnopfychitifch ausdrückt, denn die Sache geht
völlig zufammen. — Von den übrigen Fragen hebe ich
nur noch die 5. über Gregorius Illuminator hervor als
einen willkommenen Beitrag zur Beleuchtung der übrigen,
neuerlich von Gutfchmid (Z. d. DMG. XXI) kritifch geprüften
Quellen. Auch Georg weifs nichts von der
Abdämmung Gregor's von dem parthifchen Mörder des
Chosrov, Anag, fondern bezeichnet ihn als einen Römer.
Sehr charakteriflifch ift, wie Georg im Vollgefühl der
entwickelteren griechifch-fyrifchen Wiffenfchaft und Orthodoxie
mit Hochachtung aber doch zugleich Nachficht
fpricht von Aphraates, der nicht in der Lage war, die
bewährten Lehren der bewährten Lehrer zu lefen
(S. 48. 53).

Kiel. W. Möller.

Rabaud, Paft. Confift.-Präf. Edouard, Histoire de la doc-
trine de l'inspiration des saintes ecritures dans les pays
de langue francaise de la reforme ä nosjours. Paris,
Fischbachcr, 1883. (XIX, 351 S. gr. 8.) Fr. 7. 50.

Wenn das Thema diefer gekrönten Preisfchrift auch
nur die Länder franzöfifcher Zunge und die Zeit von
der Reformation bis auf unfre Tage umfpannte, fo
konnte der Verf. doch nicht umhin, auch die frühern
Jahrhunderte wenigftens einleitungsweife zu behandeln
und in Kürze auch die Gefchichte, die das Dogma in
Deutfchland erlebte, zu erzählen. Ueber die Reformatoren
felbft berichtet er im Ganzen gut und treffend.
Dafs Luther von Anbeginn an mit Nothwendigkeit die
Schrift der Hierarchie entgegenfetzte, wird p. 32 vielleicht
nicht genügend hervorgehoben; fall erfcheint fein
Zurückgreifen auf die Bibel nur als ein genialer Einfall;
aber feine Stellung zum gefchriebenen Worte findet
richtige Würdigung. Zwingli befitzt die meifte Sympathie
des Verfaffers; ob aber Zwingli's Gedanke immer
richtig erfafst oder nur durch moderne Brillen angefehen
worden, ift mir in Hinblick auf die Anmerkung auf
p. 51 fraglich. Gewifs ift fein Einflufs viel mächtiger,
als man gemeinhin ahnt; aber es würde manche Dis-
cuffion erfordern, wenn fo allgemeine Sätze vor allem
Mifsverftändnifs bewahrt bleiben follten. Ueber Calvin
wird ohne Liebe, nicht durchweg der Billigkeit ent-
fprechend, aber in der Hauptfache getreu berichtet.