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Ausgabe:

1884 Nr. 14

Spalte:

337-343

Autor/Hrsg.:

Higenfeld, Adph.

Titel/Untertitel:

Evangeliorum secundum Hebraeos, secudum Petrum, secundum Aegyptios, Matthiae traditionum, Petri et Pauli praedicationis et actuum, Petri apocalypseos,... Ed. 2., aucta et emendata 1884

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1884. Nr. 14.

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gegenteiliger Belehrung, Th. L.-Z. 1884, p. 265) grund-
falfchen Deutung des ^/(o/tun«1 als ,Identität' (p. 162)
ift die Behauptung zu 8, 3, dafs ,auch Chriftus' bezuglich
feiner fleifchernen Natur .unter die Sünde verhau
ft'('.), dafs auch fein Wefen ,von Natur nicht gut'
und Gott wohlgefällig war, fondern erft durch das Leben
Chr. im Geift Jon. 4, 34) gut wurde! In 8, 11 foll das
CwnTinttßtei ta tlvryü aibfiaza ifttüv ,die aus der inneren
Lebendigkeit folgende geiftig fittliche Belebung
des Erfcheinungslebens' (p. 170) bedeuten! Die 1
[liXkovoa äo§a in 8, 18 paraphralirt O. mit: ,der im
Glaubensleben liegende herrliche Inhalt' oder die
,Geiflesernte aus der Leidensfaat'! Die Deutung von
9, 5: ,Der (4* Chriftus) da ift über Allen, Gott, ge-
priefen in Ewigkeit' (p. 191) halte ich, weil fie der paulin.
analogia widerfpricht, trotz hoher Autoritäten für un-
zuläffig. In, IO, 15 fr., werden die Begriffe sictyytliov
und tvayyt/.i'ltatrai ganz unberechtigt zu: Jede Verkündigung
von Frieden und Gutem in der Welt' verallgemeinert
(p. 213 ff.) und fo fchief umgedeutet. ( j

Zu 11, 15 endlich (ti t) a7ioßolit aiiziov y.azalXayij j
y.oafiov, zig j) crqnahntv'ig ti /u) Cioij est vey.Qvi v;) trägt
der Verf. die ganz phantaftifche Auslegung vor, dafs
die Verwerfung des .mittlerifchen' Volkes Israel ,ge-
wiffermafsen der Verföhnungstod für die Welt ift',
während ,das geiftlich auferftandene Israel fein neues
Leben auch der Mitmenfchheit einpflanzt' (p. 227 f.).
lllaivi}, llavXt

Um indeffen einem fo trefflichen Buche gegenüber
nicht mit Widerfpruch zu fchliefsen, fei zuletzt noch auf
O.'s öfters wiederholte nachdrückliche Mahnung (vgl.
p. 86. 109. 193. 201. 208 u. a.) hingewiefen, die fouveräne
paulin. Behandlung A. T.-licher Stellen fo aufzufaffen,
wie fie aufgefafst fein will, nämlich nicht als eigentliche
Beweisführung oder logifche Demonftration, fondern als ,
eine geiftreiche und künftlerifch frei fich bewegende
, Illuftration' der dem P. an fich gewiffen Glaubenswahrheiten
durch die Darftellungsform A. T.-licher,
die Dinge des Gottesreichs ,vorbildlich abfehatten- '
der' Schriftftellen. Gewifs ein höchft fruchtbarer, aber
noch nicht genügend in der Exegefe der paulin. Briefe
gewürdigter Gefichtspunkt! — Ref. refumirt fein Urtheil
dahin, dafs die forgfame Leetüre der O.'fchen ,Bibel-
ftudien' nur befruchtend und vertiefend auf die eigene
Kenntnifs des Röm.-Br.'s zurückwirken kann.

Friedberg i. Hell Wilh. Weiffenbach.

Hilgenfeld, Adph., Evangeliorum secundum Hebraeos,
secundum Petrum, secundum Aegyptios, Matthiae
traditionum, Petri et Pauli praedicationis et actuum, |
Petri apocalypseos, didascaliae apostolorum anti-
quioris quae supersunt, addita doctrina XII apostolorum
et libello qui appellatus ,Duae viae' vel
Judicium Petri', collegit, disposuit, emendata et aueta
iterum edidit et adnotationibus illustravit A. H. Ed.
IL, aueta et emendata. Leipzig, T. O. Weigel, 1884.
(129 S. gr. 8.) M. 4. —

Diefevor achtzehn Jahren in erfter Auflage erfchienene
Ouellenfammlung verdient eine befondere Aufmerkfam-
keit- denn eine Reihe von wichtigen Fragmenten aus
der altchriftlichen Literatur ift zur Zeit lediglich in ihr
überfichtlich geordnet zugänglich. Zwar findet man nicht
Weniges auch bei Grabe und Fabricius; aber ein
beträchtlicher Theil von Fragmenten war jenen Gelehrten
doch noch unbekannt und ift erft hier aus neu entdeckten
Schriften oder aus dem Verftecke hervorgezogen,
gereinigt und in Kürze befprochen. Die neue Auflage
erweift fich aber in vieler Hinficht als eine vermehrte und
verbefferte und der Verf. fich hat fomit gerechten Anfpruch
auf unferen Dank erworben. Möge derfelbe vor allem
durch fleifsige Benutzung des Werkes abgetragen werden;

die in der Sammlung enthaltenen Schriften und Fragmente
find nicht nur faft durchweg überaus lehrreich, fondern
fie bedürfen auch noch des fortgefetzten Studiums.

Im folgenden feien die wichtigften Zufätze und Ver-
befferungen des Verf.'s aufgeführt und mit einigen Bemerkungen
begleitet.

I) u. 2) Evangelium secundum Hebraeos. Ebionaeorunt
Evangelium. Hier hat der Verf. die Dispofition der Fragmente
, wie er fie in der 1. Auflage gegeben, beibehalten
und auch nur ein neues Fragment hinzufügen können
(p. 34 Schlufs, nach Anaftafius Presb.), deffen Echtheit,
refp. Zugehörigkeit zu dem evang. Ebiou. indefs bezweifelt
werden mufs. Auch die Beurtheilung der juden-
chriftlichen Evangelien ift in der neuen Auflage diefelbe
geblieben. Bcrückfichtigt ift die fleifsige, jedoch in
ihrem Schlufsergebnifs nicht haltbare Schrift von E. B.
Nicholfon, 7/h* gospel accOrding to tlie Hebrezvs etc.
(London 1879); f. über diefelbe auch Ztfchr. f. wiffenfeh.
Theol. 1884, S. 188—194. Die Anmerkungen find bereichert
worden. Was die Identificirung des Evangeliums
,secundum {duodeeim) apostolos1 mit dem Hebräerevangelium
betrifft (S. 8), fo ift diefelbe mindeftens nicht ficher.
Die in Anm. 2 S. 8 angeführten Zeugnifse aus Ambrofius,
Hieronymus und Theophylakt für die Exiftenz eines
Evangeliums ,seeundum {duodeeim) aposiolos' haben fchwer-
lich einen felbftändigen Werth, da fie wohl fämmtlich auf
das Zeugnifs des Origenes zurückzuführen find. Eine vor
Auffindung des Evangeliums nicht zu beweifende Behauptung
ift es, dafs der Titel yazcx zovg öiitöey.a äizo-
azolncg' die Verwerfung des Paulus bedeute (S. 14).
Die gefammelten Fragmente werden fich bei einer ftrengen
Sichtung manche Fragezeichen gefallen laffen müffen.
Dafs z. B. der Verf. der pfeudoeyprianifchen Schrift de
rebaptismate durch Vermittelung der ,Praedicatio Pauli'
Stellen aus dem Hebräerevangelium hat wiedergeben
können (f. p. 15. 20), ift doch fehr unwahrfcheinlich.
Auch die Einfchiebung des bekannten Spruches: ,yivtolre
ZQicntlizai. doy.iuni' in das Hebräerevangelium ift aus der
Gefchichte des Spruchs in der Kirche nicht zu rechtfertigen
. Auf welche Gründe hin Hilgenfeld behauptet
(p. 29): ,Matthaeus hebraeus a eanonico in historia resur-
rectionis ita discrepat, ut nihil narrasse videtur, quod Jesum
e moriuis resuseitatum apostolis in Galilaea demiau visum
esse tradat', ift nicht erfichtlich. Die Nachricht, die das
Hebräerevangelium neben Paulus (1 Cor. 15, 7) allein mittheilt
, dafs Jefus dem Jakobus befonders erfchienen fei
(aber das Evang. sec. Hebt: fagt: ,dominus autem cum de-
disset sindonem suum servo sacerdotis, ivit ad Jacobum et
apparuit ei, etc.', läfst alfo die Erfcheinung vor Jacobus
der Auferftehung unmittelbar folgen), ftellt es wenigftens
nicht ficher, dafs der Bericht über die Erfcheinungen in
Galiläa im Hebräerevangelium gefehlt hat. — S. 34 ift
in der Ueberfchrift ,Ebionaeorum evangelium' zu lefen.

3) Evangelium secundum Petrum. Hier war nichts zu
dem in der erften Auflage Ausgeführten hinzuzufügen.
Der Satz (p. 41): ,Evangclium secundum Petrum iam a
Serapione proltibitum Eusebius Ii. c. III, 25, 6. 7 iniquius
quam par est damnavit, tamquam haereticum ncque ab
ullo vetere scriptore ecclcsiaslico memoratum', befremdet
fowohl in Hinblick auf das ,iam' als auf das ,iuiquius
quam par est'.

4) Evangelium secundum Aegyptios. Das hier Zu-
fammengeftelltc wird vom Herausgeber felbft als nicht
völlig ficher bezeichnet. Neu hinzugefügt ift je eine Stelle
aus dem 2. Clemensbrief, aus Pfeudo-Linus Lipfius,
Quellen d. röm. Petrusfage S. 122 f.) und aus den Act.
PhilippH) (c. 34, f. Lipfius, Apokr. Apoftelgefchichten
II, 2 S. 19), ferner (,incerta fragmenta') je eine Stelle aus
Clem. Alex., Excerpt. ex Theod. 2 und aus Didymus (comm.

1) Die Ada Petri Vcrcell. hat auch Hilgenfeld nicht erlangen könr
(p. 47): ,v. cl. Sludemund roganti mihi (Acta) non transmisit. Uli*
Uta Acta mox ederet!

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