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Ausgabe:

1883 Nr. 5

Spalte:

99-100

Autor/Hrsg.:

Bruston, Charles

Titel/Untertitel:

Le chiffre 666 et l‘hypothèse de retour de Néron 1883

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1883. Nr. 5.

IOO

lichung des Verwandtfchattsverhältnifses alles bisher Ge- ! - darüber läfst fich wenigftens disputiren - , das Maul
leiftete weit übertrifft (W. G. Rushbrooke, Synopticon, der Läuterung (13, 5) fei Caligula (um der 42 Monate
A11 cxposition of ilie common matter of tlie synoptic gospcls, willen), mit 13, 7 werde auf die Judenverfolgung des
London 1880—1881, Macmillan & Co.). Mit aufserordent- Claudius angefpielt, aber auch auf die Chriftenverfolgung
licher Akribie find hier 1) die allen drei Synoptikern des Nero; mit V. 8 komme der Apokalyptiker auf die
gemeinfamen Worte, 2) die je zweien paarweife gemein- Gegenwart zu fprechen, 13, IOb beziehe fich auf den Tod
famen, 3) die jedem Einzelnen eigenthümlichen Worte j des Nero, der aber noch nicht eingetreten fei, da das
durch befonderen Druck hervorgehoben (die allen dreien ' Buch aus der Zeit kurz vor dem Tode des Nero flamme,
gemeinfamen durch rothen Druck!). Leider ift das Buch So mufs der Verf. urtheilen, da es nach c. 17, 10 unter
fo theuer, dafs nur eine reiche Bibliothek wie die ] dem 6. Kaifer, d. i., wenn man mit Cäfar beginnt, unter
Göttinger, wo Ref. es vor einiger Zeit fah, es anfehaffen Nero abgefafst id. Der Verf. mufs daher die Deutung
kann. Auf Grund diefes Synopticon's von Rushbrooke | des 17. Capitels auf die Erwartung, Nero werde wiederhat
nun Schaff unter Beihülfe jüngerer Kräfte eine
Wortftatiftik hergeftellt, deren Refultate er zuerft in
einem kleinen Artikel der Zeitung The Independent (vom
30. März 1882) und nun wieder in dem hier angezeigten
Buche />. 596 sq. mitgetheilt hat. Hiernach ift die ungefähre
Gefammtzahl der Worte

in Matthäus.......18,222

„ Marcus (mit dem Anhang) . 11,158

„ Lucas........19,209

Hiervon find gemeinfam:

1) allen dreien......2,651

2) dem Matthäus und Marcus . 2,793

3) „ Matthäus und Lucas . 2,415

4) „ Marcus und Lucas . . 1,174
Dagegen jedem Einzelnen eigenthümlich, und zwar:

dem Matthäus......10,363

„ Marcus.......4>54°

„ Lucas.......12,969

Was hier Jedem auffallen wird, ift die verhältnifs-
mäfsig kleine Zahl der gemeinfamen, und die verhält-
nifsmäfsig grofse Zahl der den Einzelnen eigenthümlichen
Worte. Und fo findet fich denn Schaff in der That
durch diefe Statiftik in der Anficht beftärkt, dafs überhaupt
kein literarifches Abhängigkeits verhältkehren
, ablehnen. Er trifft hier mit den Forfchern zu-
fammen, welche die Apokalypfe unter Vefpafian refp.
noch fpäter anfetzen. Gilt ihm nun c. 12 u. 13 als eine
Gcfchichtserzählung, die von der Geburt Jefu bis zum
Jahre 64, refp. etwas weiter, reicht (die Flucht des Weibes
c. 12, 6 bedeute die Zeit von der Himmelfahrt Chrifti
bis zur Steinigung des Stephanus — c. 12, 13 die grofse
Verfolgung Act. 8, 1 — c. 12, 15 die Verfolgung durch
Saulus u. f. w.), fo foll c. 17 eigentlich nur c. 13 reca-
pituliren. Ich verzichte darauf, die Hypothefen des Verf.'s
fämmtlich anzuführen, und bemerke nur zum Schlufs,
dafs feine Kritik der jetzt verbreitetften Auffaffung nicht
ohne Werth ift, fo gefucht auch die Deutungen find, die
er felber vorträgt.

Giefsen. Adolf Harnack.

Brüll, Dr. Andr., Der Hirt des Hermas. Nach Urfprung
und Inhalt unterfucht. Freiburg i. Br., Herder, 1882.
(IX, 62 S. 8.) M. 1. 20.

Der Hirt des Hermas, ein einheitliches Buch — der
Verfaffer vertheidigt diese Thefe gegen Hilgenfeld —
ift zwifchen d. J. 150—160 von dem Bruder des römifchen
Bifchof Pius, der wahrfcheinlich Presbyter gewefen und
nifs anzunehmen fei, fondern alle drei Synoptiker un- deffen Name unbekannt, verfafst worden. Das Buch geabhängig
von einander gefchrieben haben (/>. 605 sq.). . hört infofern zu den unechten Schriften, als fein Verf.
Man kann eben aus den Zahlen der Statiftik fehr ver- für einen Zeitgenoffen des Clemens, für einen nicht weiter
fchiedenes herauslefen, je nachdem man fie unter diefem bekannten Laien Namens Hermas, hat gelten wollen

oder jenem Gefichtswinkel betrachtet. In Wahrheit lehren
fie hier doch das Gegentheil. Wenn z. B. Marcus von feinen
11,158 Worten faft die Hälfte (nämlich 26514-2793 = 5444)
mit Matthäus gemein hat, fo wird daraus jeder Unbefangene
nur den Schlufs ziehen können, dafs zwifchen

(dies wird namentlich gegen Nirfchl ausgeführt). Der
Hirte zerfällt in zwei ungleicheTheile; den grundlegenden
(Vis. I—IV) und den ausführenden, der wieder in drei
Abfchnitte zu zerlegen ift (Maiid.,Simil. I—VIII, Simil. IX).
Die Tendenz des Hirten, welcher die montaniftifche Re-

ihnen ein literarifches Abhängigkeitsverhältnifs ftattfinden action fchon berückfichtigt, ift durchaus antimontaniftifch,
mufs. Bemerkenswerth ift aber noch ein anderes. Wäh- j wenn auch verföhnlich. Die Chriftologie ift wefentlich

rend Matthäus und Marcus 5444 Worte gemeinfam haben,
haben Lucas und Marcus nur 3825 Worte (2651 4- 1174)
gemeinfam, m. a. W.: Lucas hat von dem Wortlaut
des Marcus nicht fo viel aufgenommen wie

orthodox; doch hat Brüll auffallender Weife darauf verzichtet
, das 5. Gleichnifs zu unterfuchen. Was der Hirte
vom Epifkopat und Primat lehrt, ift correct, fofern er
höchft wahrfcheinlich die drei Aemter als apoftolifche

Matthäus. Dies ift wohl Manchem überrafchend, denn Einrichtung betrachtet und die oberbifchöfliche Stellung

Lucas fchliefst fich ja im Ganzen viel enger an den
Gang der Erzählung des Marcus an als Matthäus. Aber
die Statiftik zeigt uns nun, dafs Matthäus, obwohl er die
Perikopen des Marcus in fehr freier Weife umftellt, doch
mehr Material aus Marcus beibehält als Lucas.

Giefsen. E. Schürer.

Bruston, Charles, Le chitfre 666 et l'hypothese du retour
de Neron. Etüde sur les cc. 12—19 de l'apocalypse.
Paris, Sandoz et Fischbacher, 1880. (52 S. gr. 8.)

,C'est le 28 septembre 1879 que, dans l'espace d'un
quart d'/ieure environ, fobtins ce resultaf-. Mit diefem
Zufatz ftellt der Verfaffer den Lefern (p. 11) feine Erklärung
der Zahl 666 vor; diefelbe bedeute ©13 p TVÖJ,
und das römifchc Reich fei alfo als das Reich Nimrod's
vorgeftellt. Nach diefer Probe, die beweift, dafs der
Verf. die fetten Vorftellungen der Juden von den vier
Weltmonarchien nicht zu fchätzen weifs, wird man auf

des Clemens, d. h. des Papftes, anerkannt hat. Ueber-
haupt kommt der Schrift ein ,fpecififch katholifcher Charakter
' zu, wenn fie auch die Lehre vom Fegfeuer nicht
enthält, die fich in das ,Syttem' des Hermas übrigens
gut einfügen läfst.

So der Verfaffer. Seine Ausführungen über die einheitliche
Compofition und den Urfprung des Buches
enthalten manches Beachtenswerthe, befonders in den
polemifchen Abfchnitten; die Darlegung der Lehre des
Hirten aber ift oberflächlich und unhiftorifch.

Giefsen. Adolf Harnack.

Kihn, Prof. Dr. Heinr., Der Ursprung des Briefes an Diognet.

Freiburg i. Br., Herder, 1882. (XV, 168 S. gr. 8.)
M. 3. 50.

Der Brief an den Diognet, einfchliefslich c.
11 u. 12, ift ein Brief des chriltlichen Philo-
fophen Ariftides an den Kaifer Hadrian (Diognetus-
die folgenden Ausführungen nicht gefpannt fein. Das I Juppiterfohn), gefchrieben im Frühjahre 126. Diefe
Haupt, welches die Todeswunde trägt, fei Julius Cäfar | Thefe will der gelehrte Verfaffer fo beftimmt erwiefen