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Ausgabe:

1883 Nr. 24

Spalte:

561-563

Autor/Hrsg.:

Lotz, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Quaestiones de historia Sabbati 1883

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1883. Nr. 24

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cm lang und zwifchen 11,5 und 3 cm breit, auf beiden hat. Denn der Sabbath ift keineswegs von Haufe aus
Seiten von derfelben Hand in f. g. Minuskelcurfive be- 1 der dem Saturn geweihte Tag, die fpätere Identificirung
fchrieben; es ift in Fayyum gefunden, gehört jetzt Herrn des Sabbaths mit dem Saturntag vielmehr rein zufällig
Theodor Graf in Wien und ift nach Weffely ,um 600, | (S. 12—23). Die aftrologifche fiebentägige Woche, die
alfo im 6. Jahrhundert' {sie!) gefchrieben. Auf der einen , erft etwa feit dem Anfang der Kaiferzeit auch im römi-
Seite befindet fich der Abfchnitt Luc. 6, 36—44, und fchen Reiche bekannt geworden ift, flammt wahrfchein-
auf der andern Luc. 10, 38—42; beide Abfchnitte find lieh aus Babylonien (S. 18. 36). Auch in Babylonien ift
durch Abfplitterung von Papyrusftücken an den Rändern, aber diefe Form der Woche nicht die ältefte, d. h. die
wie fchon die verfchiedene Breite des Blattes zeigt, lücken- , fiebentägige Woche beruht nicht von Haufe aus auf
haft, doch find die vorhandenen Stücke gut zu lefen der Siebenzahl der Planeten, vielmehr ift diefe aftro-
und aus der muthmafslichen Gröfse der fehlenden Theile ■ logifche Begründung der Woche bereits die fpätere Aus-
läfst fich auf das, was dort geftanden hat, oft ein ficherer geftaltung einer fchon vorhandenen Sitte. Aber auch
Schlufs ziehen. Beide Abfchnitte haben eine eigenthüm- > aus den Mondvierteln und deren religiöfer Feier kann
liehe Ueberfchrift, die wie auch der Umftand, dafs gerade nach Anficht des Verf.'s der Urfprung des Sabbaths nicht
diefe beiden Stücke auf den beiden Seiten eines und j abgeleitet werden. Er hält es vielmehr für wahrfchein-
desfelben Blattes flehen, darauf weifen, dafs das Fragment lieh, dafs derfelbe lediglich aus dem babylonifchen
vielleicht einem Evangeliftar angehört hat. (Doch ift , Zahlenfyftem, nämlich dem Sexagefimal-Syltem abzuleiten
das wohl nicht ganz ficher, da unter den bekannten fei. Da hiernach die Zahl fechs eine runde Zahl war
Evangeliftarien doch wohl keines ift, in welchem gerade ! (von derfelben Bedeutung wie für uns die Zahl zehn), fo
diefe beiden Abfchnitte füglich auf diefe Weife Vorder- [ habe fich die Sitte ausgebildet, dafs man fechs Tage
und Rückfeite eines Blattes bilden könnten?) Die Ueber- arbeitete und am fiebenten ruhte (S. 63). Und dies fei
fchriften lauten, wobei wir Weffely's Ergänzungen ein- J die ältefte und urfprüngliche Form der Woche gewefen.
klammern, nach Weffely fo: bei der Stelle aus Luc. 6: : Der Verf. giebt diefe Hypothefe, wie billig, mit aller
[tc]ayy[t?-]tov tov -/.vgioi hyjov und bei der aus Luc. 10: Referve. Die Thatfache felbft aber, dafs der fiebente
tvayytliov rov ayiov vtovv.a /.topty Tag in Babylonien als Ruhetag gefeiert worden fei

Weffely hat den Text mit dem kritifchen Apparat j (wenn auch in der Weife, dafs die Zählung nicht eine
in Tifchendorf's septima und aufserdem noch befonders continuirliche war, fondern mit jedem neuen Monat von
mit dem des Cod. Sinaiticus verglichen und beftimmt neuem begann, fo dafs alfo am Schluffe des Monats
danach, mit welchen Handfchriften fich im Texte des immer ein Reft von ein bis zwei Tagen blieb) — diefe
Papyrus wohl eine Verwandtfchaft nachweifen laffe. , Thatfache glaubt der Verf. aus den keilinfchriftlichen
Wir müffen darauf verzichten, auf diefen Nachweis hier i Urkunden beftimmt nachweifen zu können. Und fo
weiter einzugehen, da wir ohne eine weitläufigere Beur- | kommt er denn zu dem Refultate, dafs allerdings die
theilung desfelben es nicht zu thun vermöchten, fondern Babylonier eine dem jüdifchen Sabbath ganz
wollen uns daran genügen laffen, die Textkritiker auf ähnliche Inftitution gehabt hätten, dafs alfo die
Weffely's Arbeit und namentlich auf feinen Abdruck der ! mofaifcheGefetzgebung den Sabbath nicht erft gefchaffen,
Fragmente felbft hingewiefen zu haben, indem wir zum ! fondern nur geheiligt und in den Dienft der Offenbar-
Schlufs nur noch einige Lesarten notiren. Der Papyrus 1 ungsreligion genommen habe. — Gegenüber diefen Auslieft
Luc. 6,37 siöov 40 tlnsv 6 'Irioovg 43 dt nach (Uro- : führungen des Verf.'s kann ich als Laie doch ein Be-
xgi&eig Luc. 10, 40 eure; 42 ift die Lesart unficher, da denken nicht unterdrücken. Aus dem von ihm vorge-
die nöthigen Ergänzungen in den vorhandenen Raum auf legten Material geht nämlich zwar hervor, dafs der 7.,
keine Weife recht genau paffen wollen; W. lieft [oXl- 14., 21. und 28. Tag des Monats bei den Babyloniern
ytov öt] tottr XQtla [1; hog}. einebefondereBedeutung hatte, nicht aber, dafs er gerade

Hamburg. Carl Bertheau. ^if-^Vtung eines Ruhetäges analog dem hebräifchen
nam g.__i Sabbath hatte. Ja Lötz felbft fieht fich genöthigt, That-

Lotz ^Dr. WiiLLTOuaestiones de historia Sabbati. Jche" mitzuteilen, welche dagegen fprechen (S. 66: in

den Arbeits-Contracten erfcheinen diefe Tage ebenfo
wie die andern als dies negotii). Nimmt man nun hinzu

Leipzig, Hinrichs, 1883. (IV, 108 S. gr. 8.) M. 6. —

Der Verfaffer diefer Monographie über den Urfprung
und die Gefchichte des Sabbath's hat fich bereits als
Affyriologe vorteilhaft bekannt gemacht. Auch bei der
gegenwärtigen Unterfuchung fällt das Schwergewicht in
den affyriologifchen Theil. Eben darum kann Referent
als Nicht-Fachmann fich vorwiegend nur referirend verhalten
. Der Arbeit wird, auch wenn die Refultate proble

dafs die Siebentheilung nicht das Jahr hindurch con-
tinuirlich fortgeht, fondern mit jedem Monat von neuem
beginnt, fo wird es doch fehr unwahrfcheinlich, dafs die
fiebentägige Woche in der vom Verf. angenommenen
Weife entftanden ift; man wird vielmehr ftark zu der
Vermutung hingedrängt, dafs ihr Urfprung auf die Beobachtung
der Mond-Viertel zurückzuführen ift.

matifch find, jedenfalls das Verdienft bleiben, den Gegen- Im zweiten Theile (S. 69—108) wird unterfucht,

ftand zum erftenmal unter Heranziehung des affyriolo- j ob bei den Ifraeliten feit Mofis Zeit die Anfchauungen

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logifchen Materiales eingehend behandelt und dadurch
eine neue Grundlage für weitere Unterfuchungen gefchaffen
zu haben.

Das Ganze zerfällt in zwei Theile. Im erften Theil
(S. 3—68) unterfucht Lötz die Frage, ob fich im Alten
Teftamente oder bei den nicht-ifraelitifchen Völkern
Spuren davon finden, dafs die Feier des Sabbaths,
d. h. des je fiebenten Tages als Ruhetages in die vor

über Wefen und Bedeutung des Sabbaths immer die-
felben gewefen feien oder gewiffe Wandlungen erfahren
hätten? Das Refultat ift die Bejahung der erfteren Frage.
Zunächft wird gezeigt, dafs die Ifraeliten feit Mofis Zeit
ftets jeden fiebenten Tag als Ruhetag feierten ohne
Rückficht auf die Monats-Anfänge, dafs fie alfo nicht, wie
die Babylonier, mit jedem Monats-Anfang wieder von
neuem zu zählen begannen (S. 71—74). Sodann wird

mofaifche Zeit hinaufreiche. Im A. T. findet L. zwar ; ausgeführt, dafs der Sabbath ftets ein Ruhe-Tag
gewiffe Wahrfcheinlichkeitsgründe dafür, doch keine [ fchlechthin gewefen fei, dafs alfo das Verbot der Ar-
ficheren Anhaltspunkte (S. 11). Auch die Erwähnung beit fich nicht etwa urfprünglich nur auf die Feldarbeit
des Sabbaths und der fiebentägigen Woche bei den bezogen habe, wie Wellhaufen annimmt (S. 75—84).
Schriftftellern der römifchen Kaiferzeit kann nicht in Endlich wird darzuthun verfucht, dafs auch das Motiv des
diefem Sinne verwendet werden, da es fich hier theils ( Sabbathgebotes ftets dasfelbe gewefen fei, nämlich
geradezu um den jüdifchen Sabbath handelt, theils um ein religiöfes: die Weihung des fiebenten Tages als
die rein aftrologifche, nach den fieben Planeten benannte j eines Jahve geheiligten Tages, der nicht durch menfeh-
Woche, die nichts mit dem jüdifchen Sabbath gemein I liehe Arbeit profanirt werden dürfe; alfo nicht zunächft