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Ausgabe:

1883 Nr. 16

Spalte:

366

Autor/Hrsg.:

Robertson, Archibald

Titel/Untertitel:

St. Athanasius on the incarnation. Edited for the use of students, with a brief introduction and notes 1883

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1883. Nr. 16.

366

Meffias. Göttlicher Rathfchlufs und Willensfreiheit find !
zwei verfchiedene Formen, in denen fich der Menfch das !
Verhältnifs des göttlichen und des menfchlichen Wüllens
zu einander denken kann, beide verkehrt, wenn man fie
von einander trennt, jede an ihrem Ort richtig und
noth wendig.

Von Einzelnem ift z. B. intereffant, warum P. zur
Verantwortung feines Heidenapoftelamts 10, 14 ff. fich
nicht mehr auf den fog. Apoftelconvent beruft, wiefo diefe [
Uebereinkunft ihren praktifchen Werth verloren hatte
und fogar als Anklage gegen P. gebraucht werden konnte, j
Zu II, 17 ff. ift treffend auf 1 Kor. 7, 14 hingewiefen.
Verfehlt ift z. B., dafs Verf. 9, 3 das Hiftoricum nicht
conditionell faffen will (Gal. 4, 20. AG. 25, 22), ferner
feine Auslegung der näd rjiiata 7, 5 (Zuftände, nicht Leiden- .
fehaften; die Folgen und Wirkungen der Sünde durch
das Gefetz entftanden. Vgl. dagegen nur v. 8). Völlig
ungenügend ift fein Räfonnement über 3, 25, wie über- |
haupt die paulinifche Rechtfertigungs- und Verföhnungs- |
lehre gewifs nicht richtig interpretirt ift. An diefem
Punkte rächt es fich befonders, dafs der Verf. von der
ernften Arbeit, die in den letzten Jahrzehnten dem P. ift
gewidmet worden, keine Notiz genommen hat. Um fo
mehr Aufmerkfamkeit verdient der Grundgedanke, dafs j
Pauli Lehre in der Idee des meffianifchen Reiches wurzele,
denn dies ift das von vorn herein Wahrfcheinliche.

An dem unparlamcntarifchen Ton, in den der Verf.
bei feinen Auseinanderfetzungen oft verfällt, darf man
freilich keinen Anftofs nehmen. ,Das Chaos, das man
heutzutage proteftantifche Theologie nennt', ift ihm fehr 1
zuwider. Gegen Orthodoxe, Pietiften, Rationaliften und
gegen die modern-kritifche Schule ficht er mit Keulen-
fchlägen. Keine Richtung in Kirche und Theologie hat
fich über Parteilichkeit zu beklagen. Da ift die Rede von
jüdifchen Gelehrten und den ihnen geiftesverwandten
Theologen der kritifchen Schule' und von den ,feilen
Seelen' der Neuorthodoxen. ,Mit der Straufsifchen und
kritifchen Richtung ift die deutfehe Theologie fo zu fagen
geftorben, und die Neuorthodoxen hüten das Grab . . .
und hoffen dadurch eine Auferftehung . . . Zu verhindern'.
Die Lehre von der Dreieinigkeit ift eine unfinnige und
widerfprechende, von weltklugen Prieftern und gewiffen-
lofen Defpoten der Chriftcnheit aufgedrungene. Die Lehre
von der ftellvertretenden Genugthuung beruht auf einem
Rechenexempel der Scholaftik, empört Vernunft und Ge-
wiffen, enthält Wahnfinn. Die Lehre von der unio mystica
ift ein Unfinn und ein Unding, fie fetzt das Chriftenthum
in den Augen jedes ehrlichen und vernünftigen Mannes
herunter. Zu 6, 3 wird die Täufchung aufgedeckt, ,in
welcher fich feit l Jahrtaufenden fowohl die Anhänger
als die Gegner der kirchlichen Lehre von der Taufe befunden
haben'. Ein Wiedererwachen der echten und ur-
fprünglichcn chriftlichen Lehre ift zum Glück nicht mehr
fern (S. 189).

Vielleicht nimmt es der Verf. als eine Beftätigung
diefer frohen Zuverficht, wenn wir trotz aller Mafs- und
Rückfichtslofigkeiten, womit er uns in Erftaunen fetzt, feine
originelle, freimüthige und confequente Auslegung als
einen beachtenswerthen Beitrag zum Verftändnifs des
Römerbriefes anerkennen.

Schönbach bei Löbau i. S. Rade.

Hermann. Die Zahl 666 in der Offenbarung des Johannes

13. 18. Eine Unterfuchung. Güftrow, Opitz & Co.,
1883. (31 S. 8.) M. —. 50.

Bei der Zählung der Häupter (Kaifer) in der Offen-
barung ift mit Cäfar zu beginnen, der die Todeswundc
erhalten hat. Da es 17, 10 heifst: 01 uevte eueouv, fo
dürfen die Kaifer nicht gezählt werden, welche eines
natürlichen Todes geftorben find. Alfo ift der 5. Kaifer
Nero. ,Nun geht Johannes fogleich zu Domitian über;
denn die beiden Kaifer Vefpafian und Titus zählt er als

Nichtgefallene nicht mit, und die drei Gegenkaifer untereinander
(!), Galba, Otho und Vitellius find nicht zu
rechnen'. Domitian ift der 6. Kaifer, aber der 7., der nur
eine kleine Zeit bleiben wird — Nerva —, fteht fchon
vor der Thür. Das Thier, das wiederkommen wird, ift
Nero, refp. Johannes hat an den falfchen Nero gedacht.
Die Zahl 666 ift aus Daniel 3, 1 zu verliehen. So der
Verfaffer. Die Willkürlichkeit der Zählung liegt auf der
Hand.

Giefsen. Adolf Harnack.

Brüll, Dr. Andr., Der erste Brief des Clemens von Rom an
die Korinther und seine geschichtliche Bedeutung. Freiburg
i/Br., Herder, 1883. (VII, 66 S. 8.) M. 1. 20.

In dem Büchlein ift nichts Neues zu finden; auch
was der Verfaffer unter der Ueberfchrift: ,Die Lehre
des Clemensbriefes über die Eintheilung des kirchlichen
Amtes' und unter der anderen: ,Die Lehre des Clemensbriefes
über Wefen und Inhalt des kirchlichen Amtes'
ausgeführt hat, ift von feinen Glaubensgenoffen fchon
häufig behauptet worden. Die drei Excurfe (zufammen
10 S. umfaffend) ,das Chriftenthum des T. Fl. Clemens',
,der Epifkopat nach der Lehre des N. T.'s', ,die pfeudo-
clementinifche Literatur und die römifche Kirche' find
erftaunlich dürftig. Man fragt fich verwundert, welchen
Nutzen der Verf. wohl von denfelben erwartet haben kann.

Giefsen. Adolf Harnack.

Robertson, Archibald, St. Athanasius on the incarnation.

Edited for the use of students, with a brief intro-
duetion and notes. London, Nutt, 1882. (XII, 89 S.
gr. 8.) Cloth.

Eine handliche, gut gedruckte und billige Separatausgabe
des Tractates ,über die Menfchwerdung des
Logos' war ein entfehiedenes Bedürfnifs, dem nun abgeholfen
ift. Der Herausgeber hat den Text der Bene-
dictinerausgabe abgedruckt, nur an ein paar Stellen hat
er Lesarten der bodleianifchen Handfchrift mitgetheilt.
Die Einleitung und die fpärlichen Noten befchränken
fich auf das Allernothwendigfte. fchnen fachlichen Com-
mentar hat Robertfon nicht beigegeben.

Giefsen. Adolf Harnack.

Roos, Carolus, De Theodoreto Clementis et Eusebii compi-

latore. Accedit epimetrum de Piatonis codieibus. Malis
Saxonum, 1883. (69 S. gr. 8.)

Der Verfaffer Hellt die Stücke, welche Theodoret
für fein Werk ,Affect. Grave. Curat' aus den Stromata
des Clemens und der Präparatio des Eufebius entnommen
hat, zufammen und fucht den Werth der Citate bei
Theodoret für die Textkritik des Clemens und Eufebius
zu ermitteln. In Bezug auf jene formulirt er das Schliffs-
urtheil alfo: ,Quamquam Tlicodorvtus dementem fideliter
sequi solet, tarnen ad verba Clementis emendanda non nisi
summa cum cautione adhiberi potest, et quia ipse fortasse
excmplari Clementis iam non prorsus integro usus est et
quia non ubique constat ex ipso demente eum descripsisse
et quia Theodoreti Uber corruptelis minime vacaf. Bedeutend
günftiger fteht es für Eufebius, aus deffen Werk
Theodoret auch mehr entnommen hat. Am günftigften
für die 5 erften Bücher der Präparatio, welche uns von
Arethasdm Cod. Paris. Gr. 451 (f. meine Texte u.Unterf.
I, 1. 2 S. 24 f.) erhalten find. Die übrigen Bücher des
Werkes, welche wir nur in jungen Handfchriften befitzen,
die zudem interpolirt find (aus fchlechten Handfchriften
der Werke, die Eufebius excerpirt hat), ftimmen mit der
Textgeftalt, wie fie Theodoret bietet, nicht fo häufig
überein, wie die Arethashandfchrift, obgleich nachweislich
Theodoret fehr forgfältig und zuverläflig feine Vorlage
wiedergegeben hat. Roos führt eine ganze Reihe