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Ausgabe:

1883 Nr. 15

Spalte:

339-340

Autor/Hrsg.:

Vilmar, Aug. Frdr. Chr.

Titel/Untertitel:

Collegium biblicum 1883

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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339

Theologifche Literaturzeitung. 1883. Nr. 15.

340

Richtigkeit der Abbildung vorausgefetzt, könnte aber
das zur Keule verlängerte Endftück den Boden des
Poftamentes gar nicht berührt haben. Die .Keule' müfste
alfo, was an fich annehmbar wäre, frei in der Hand
getragen worden fein. Vor allem aber ift, wie dem auf
feine Entdeckung befonderen Werth legenden Befitzer
nicht entgeht, von dem Hercules als einem Gott der
Zeugung nichts bekannt. Es fcheint mir (wie den Herausgebern
der Gazette archeol) kaum zweifelhaft, dafs wir
es mit einem fynkretiftifchen Gebilde des ausgehenden
Heidenthums zu thun haben. Zur Charakteriftik desfelben
ift die Statuette in ihrer Widerwärtigkeit von Intereffe.
Der Mond, im orientalifchen, insbefondere femitifchen
Alterthume Princip der Fruchtbarkeit, fteht gewifs in
Zufammenhang mit dem phallifchen Charakter. Die .Löwenhaut
' möchte die des Herakles fein, welcher bekanntlich
mit dem femitifchen Sonnengotte identificirt wurde.
Infoweit könnte vielleicht die Statuette als ein Hercules
zu bezeichnen fein. Der Gegenftand in der rechten Hand
möchte etwa ein Bogen (nach den vom Verf. befragten
Archäologen ein Caduceus) gewefen fein, etwa der des
Apollon. Der Statuette wird von dem Befitzer, ich fehe
nicht ein weshalb, provengalifche Herkunft zugefprochen.
— Paul Regnaud hat eine Eröffnungsrede des Sanfkrit-
curfes an der Faculte des Lettres zu Lyon geliefert über
,das Pantfcha-Tantra oder die grofse Fabelfammlung des
alten Indiens' (S. 45—60).

Marburg i. H. Wolf Baudiffin.

Vilmar, weil. Prof. Dr. Aug.Frdr.Chrn., Collegium biblicum.

Praktifche Erklärung der heiligen Schrift Alten und
Neuen Teftaments. Aus dem handfchriftlichen Nach-
lafs der akademifchen Vorlefungen hrsg. von Pfr.
Chrn. Müller. Des Alten Teftaments 3. Tl. Die Lehrbücher
: Hiob bis Klagelieder Jeremiae. Gütersloh,
Bertelsmann, 1882. (VIII, 319 S. gr. 8.) M. 5. —

,Dem jungen geiftlichenNachwuchs in der felbftändigen
evangelifch-lutherifchen Kirche, zunächft den acht heffi-
fchen angehenden Dienern derfelben, feinen jugendlichen
Freunden, welcher Namen bleiben mögen in dem Buch J
des Lebens, zur Weifung, Warnung und Tröftung im
Amte dargereicht vom Herausgeber', umfaffen diefe
Vorlefungen zunächft das Buch Hiob (S. 3—77). Von
einer durchgehenden, von Vers zu Vers fortfchreitenden [
Erklärung desfelben in Bibelftunden wird nicht blofs |
wegen der Schwierigkeiten des Textes und der mangel- j
haften Ueberfetzung abgerathen (S. 21 £); Predigten 1
darüber würden, weil das Buch von ausnahmsweifen |
Führungen handelt (S. 20 f.), über die Köpfe weggehen j
(S. 77). ,AUe Anftöfse ohne Ausnahme und widerfpruchs-
los aus dem Wege zu räumen dürfte vielleicht nicht gelingen
' (S. 18). Mit dem chriftlichen Jenfeits find die
Räthfel des Buches gewifs nicht gelöft. Denn 19. 25. 26
ift von Auferftehung nicht die Rede (S. 55), und ,ein
Gott, welcher jenfeits mancherlei wieder gut zu machen
hätte, wäre ein kläglicher Gott, welcher fein Regiment
in diefer Welt fremden Händen, den Geiftern der Feind-
fchaft, überlaffen hätte' (S. 19). Auch nicht ein Prüfungsleiden
, wie allerdings nur die Oberflächlichkeit behaupten
kann, war Hiob's Noth, fondern ein Verfuchungsleiden
(S. 10 f.), und feine eigentliche Sünde war lohnfüchtiges
Rechten mit Gott (S. 64. 76 f.). Das aber bringen ihm
nicht die drei Freunde, die übrigens nebenabrahamitifche
Nomadenfürften gewefen fein follen, fondern erft Elihu
zum Bewufstfein, der die Uroffenbarung vertritt (S. 65),
fo dafs auch Gott felbft nur das Wort nimmt, um Elihu's
Weisheit zu beftätigen (S. 18 f. 71). Der Kern des
Ganzen würde fomit in den Verfen 33, 12. 29. 30 zu
fuchen fein (S. 17. 66), darum aber doch eine recht über-
flüffig dicke Schale zu liegen käme.

Die Pfalmen (S. 79—221) verlangen behufs ihres Ver-
ftändnifses .Erfahrung von dem Kampf der Welt mit
dem Reich Gottes' (S. 83). Die Auslegung hält fich in
beftändiger Beziehung zur afketifchen Literatur der
Lutherkirche, und von befonderem Belange find die
Hinweife auf die Verwerthung der einzelnen Pfalmen
im lutherifchen Liederfchatze.

Die Sprüche (S..223— 263) rühren mit Ausnahme der
beiden letzten Capitel von Salomo her, da ,fie aus einer
Zeit flammen, in welcher der Götzendienft nicht vorhanden
, vielmehr ein Feftftehen in Gottes Wort, Werk
und Weisheit allgemeine Eigenfchaft des Volkes war,
alfo die Trennung unter Rehabeam noch nicht eingetreten
fein konnte' (S. 226)!

Der Prediger (S. 265—293) ift gleichfalls kein Buch
für zufammenhängende Auslegung in der Gemeinde und
fetzt Erfahrungen voraus, welche nur feiten und von
fehr Wenigen gemacht werden (S. 267). Als nachexilifche
Schrift (S. 268) fpricht er die zeitweilige Refultatlofigkeit
auch der Werke von Dienern des lebendigen Gottes aus
und mahnt, perfönliche Frömmigkeit auch in Lagen, wo
nichts zu erreichen und zu hoffen ift, feftzuhalten (S. 271).
Neben Hiob fteht diefes Buch ,damit es in der heiligen
Schrift an dem Ausdruck keiner Seelenftimmung fehle'
(S. 274), denn auch hier liegt der Kern der Verfuchung
fchliefslich in einem Streben nach Lohn: man will eben
irgend einen Erfolg erleben, perfönlich eines Sieges froh
werden (S. 277).

Das hohe Lied (S. 295—309) ift auch kein Buch für
Alle, .nicht geeignet, vor der Gemeinde ausgelegt oder
nur zum Lefen empfohlen zu werden'. ,Das Lied gehört
für das Alter' (S. 301), wird erft durch Eph. 5 ver-
ftändlich (S. 300), bezieht fich mithin, wiewohl ein realer
Liebesvorgang gefchildert wird (S. 299 f.), auf die Kirche
und ift in den pietiftifchen Jefusliedern mifsbraucht worden
(S. 301).

Die Klagelieder (S. 311—319) geftatten zwar keinen
unmittelbaren Gebrauch, aber dafür fruchtbare Anwendung,
namentlich in liturgifcher Beziehung.

Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

Cassel, Dr. Paulus, Die Hochzeit von Cana, theologifch
und hiftorifch in Symbol, Kunft und Legende ausgelegt
. Mit einer Einleitung in das Evangelium Johannis
. Berlin, Fr. Schulze's Verl., 1883. (VIII, 178
S. gr. 8.) M. 3. -

Obiges Büchlein hatte die Neue Evangelifche Kirchenzeitung
ihren Lefern auch darum empfohlen, weil es ,mit
Recht' die von mir zugelaffene Annahme eines Vor-
fehungswunders zurückweife. Ich hoffte darum, darin
eine eingehende Behandlung diefer mir fehr wichtig er-
fcheinenden Frage zu finden, die in der That fchwierig
genug ift, um auch von verfchiedenen Anfchauungen aus
fruchtbar verhandelt werden zu können, fand mich aber
darin fehr enttäufcht. , Wer mit den Jüngern glauben wird,
der wird keine Auswege nöthig haben'. Darin fafst der
Verf. feine Abweifung jener Annahme zufammen, die
ihm .wunderbarer und unerklärlicher' dünkt, als die
Wafferverwandlung. Es find doch recht befcheidene wif-
fenfchaftliche Anfprüche, denen das genügt. Auch die
Annahme, dafs Maria an natürliche Abhülfe dachte,
weift der Verf. fehr energifch zurück, aber S. 84 f., wo
er das Gegentheil motiviren will, kommt er darauf
hinaus, dafs Maria im 4. Evang. eine andere Stellung
zu Jefu einnimmt, wie in den drei andern. Da dies,
foviel ich fehe, nur zur Unechtheiterklärung desfelben
führen kann, habe ich allerdings verfucht, von den
Vorausfetzungen der ältern Evangelien aus die Ge-
fchichte zu verftehen, die Johannes dadurch beftä-
tigt, dafs er dies Zeichen als erftes bezeichnet. Defto
mehr lobt der Verfaffer einen Satz von Straufs, der
bei den Johanneifchen Wundern alles .durchaus fym-