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Ausgabe:

1883 Nr. 14

Spalte:

319-322

Autor/Hrsg.:

Chwolson, D.

Titel/Untertitel:

Corpus inscription Hebraicarum 1883

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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319 Theologifche Literaturzeitung. 1883. Nr. 14. 320

Chwolson, D., Corpus inscriptionum Hebraicarutn, enthaltend
Grabfchriften aus der Krim und andere Grab-
und Infchriften in alter hebräifcher Quadratfchrift,

beigegebene 172 Cm. lange Tafel mit ihren 139 datirten
Columnen weitaus das vollftändigfte Material, das bisher
auf dem Gebiete der hebr. Faläographie exiftirt.

Doch nun zur Hauptfache, den Grabfchriften von

fowie auch Schriftproben aus Handfchnften vom ; Tfchufutkale. Chwolfon hat zur Unterfuchung derfelben
IX.—XV. Jahrhundert, gefammelt und erläutert. Mit zwei Reifen (1878 und 1881) in die Krim unternommen.
IV photolith. und II phototyp. Taf.; nebft einer ! Nach Ueberwindung der nicht geringen Schwierigkeiten,
Schrifttafel von Prof. Dr. Euting. St. Petersburg, j welche das Terrain jenes Kirchhofs, das dichte Geftrüpp,
1882. Leipzig, Brockhaus' Sort. in Comm. (XVIII, d[er ryfe und ungünftige Lage vieler Grablteine ver-
„ r | u urfachte, gelang es Chwolfon, ca. 25 Grablteine aus der

520 üp. gr. 4.). M. 20. - [ Zeit yor j zu finderlj Welche in die Sammlung

Firkowitfch nicht aufgenommen find. Letzterer Umftand
ift allerdings infofern nicht von grolsem Gewicht, als
Pirk, nach dem Zugeftändnifs Chwolfon's (S. 237) auch
einige Infchriften gefälfeht hat, die er nicht in feine
Sammlung aufnahm. Auf der zweiten Reile conftatirte
Chwolfon, dafs fich die alterten Grablteine gruppenweifean
den mehr flachen Stellen des Friedhofes finden, die natur-
gemäfs zuerft zur Anlegung von Gräbern benutzt wurden.

DasRefultat feiner Unterfuchungen formulirtChwolfon
S. 46 in einer Reihe von Thefen, die wir hier im Auszuge
mittheilen: 3) auf dem Friednofe zu Tfchufutkale giebt
es hebr. Grabfchriften vom Anfange des VII. chriftl.
Jahrh. an beltimmt, wahrfcheiiilich aber fchon vom
dritten an; ob es auch folche aus den früheren Jahrh.
giebt, ift zwar nicht zu erweifen, aber möglich ift es.
4) Die Schöpfungsära (rP'^b) kommt auf einem unzweifelhaft
echten Grablteine vor, der fpäteltens aus dem
Jahre 613 n. Chr. flammt, und da der Ausdruck hier in
verkürzter Form 's*b gebraucht wird, mufs man annehmen
, dafs diefe Aere fchon im 6. Jahrh. in der Krim

Der Streit über die Krim'fchen Grabfchriften, zu
deffen Beilegung das vorliegende Werk in der Hauptfache
verfafst ift, datirt bereits vom Jahre 1865, in
welchem Jahre Chwolfon zuerft ,18 [von Firkowitfch
gefundene] hebräifche Grabfchriften aus der Krim' veröffentlichte
. Das Intereffe, welches fleh an diefe Grablteine
knüpfte, galt nicht blofs dem angeblichen hohen
Alter (30, 89 n. Chr. u. f. w.), fondern auch dem Zu-
fammenhang der Datirungen mit den Datirungen der
von Firkowitfch gefammelten hebräifchen Handfchriften.
Nachde m nun Harkavy und Strack im ,Catalog der
hebräifchen Bibelhandfchriften' der Petersburger Bibliothek
(St. Petersburg 1875) die Fälfchung eines Theils
der Epigraphe in den Handfchriften erwiefen hatten
(was übrigens z. Th. fchon früher durch andere gefchehen
war), liefs Strack 1876 eine Brofchüre folgen u. d. T.:
,A. Firkowitfch und feine Entdeckungen. Ein Grabftein
den hebräifchen Grabfchriften der Krim'. In demfelben
Jahre erfchienen Harkavy's ,Altjüdifche Denkmäler aus
der Krim'. Beide Gegner Chwolfon's behaupten die

Fälfchung aller Grablteine, welche ein älteres Datum j verbreitet war. 5) Eulogien kamen in der Krim, wie
tragen, als 5009 der Schöpfung (1249 n. Chr.). Ange- j auch anderwärts, viel früher vor, als Harkavy auf Grund
fichts der fonltigen, auch von Chwolfon anerkannten 1 der jetzt veralteten Unterfuchungen Zunz's über den
raffinirten Fälfcherthätigkeit des Karäers Firkowitfch, | Gebrauch derfelben es zugeben will. [Zunz hat 1845 cine

Wormfer Eulogie von 1083 für die ältelte bekannte erklärt
.1, 6) Den Gebrauch der Aere naen dem famarita-
nilchen Fxile, fowie auch den der fog. krimfehen Aere
bei den Juden der Krim halte ich noch jetzt für möglich.

fowie angefichts der Thatfache, dafs die Vordatirung
zahlreicher Grablteine von Tfchufutkale um IOOO oder
600 Jahre unwiderleglich bewiefen ift, wurden auch die
übrigen Argumente von Strack und Harkavy in Baufch

und Bogen aeeeptirt und fo galt es feit 1876 wenigltens Die Exiltenz diefer Aeren kann aber aus den Grab-
in Deutfchland fo ziemlich als ausgemacht, dafs keiner j fchriften nicht mit Sicherheit bewiefen werden. 7)
von jenen Grabfleinen über das 13. jahrh. hinaufzu- | Der Gebrauch von Eigennamen perfifchen Urfprungs in
rücken fei. früheren Jahrhunderten und türkifch-tatarifchen vom 8.

Wenn auch Referent (Theol. Lit.-Ztg. 1876, Nr. 22) j Jahrhundert an unter den Juden der Krim ift meines Ergegen
Chwolfon Partei ergriffen hat — damals noch : achtens nicht zu bezweifeln. Regiftriren wir nun, welchen
unter dem frifchen Eindruck des moabitifchen Handels j Grad von Beweiskraft die ausführliche Begründung diefer
— fo hat er es jetzt um fo mehr für eine Ehrenpflicht j Thefen für uns gehabt hat. Bei Thefe 3 dreht es fleh
erachtet, die Vertheidigung Chwolfon's gewiffenhaft nach- vor allem um die Echtheit zweier Datirungen, und
zuprüfen und eventuell ehrlich zu geliehen, wo er durch ! zwar einer von 4373 der Sch. = 613 n. Chr. (S. 247 f.)
ihn eines anderen belehrt worden ift. Und Chwolfon | und einer von 4606 = 846 n. Chr. Für die Echtheit
hat gerechten Anfpruch, nunmehr auch ordentlich gehört
zu werden, nicht blofs nach dem Grundfatz, dafs
eines Mannes Rede keine Rede ift, und nicht blofs wegen
der mafslofen Schmähungen, mit denen ihn fein Gegner
Abraham Harkavy überhäuft hat, fondern auch wegen
der befonderen Anflrengungen, die er zu feiner Vertheidigung
gemacht, und wegen des zweifellofen Dienftes,
den er der hebräifchen Faläographie und Infchriftenkunde
damit geleiftet hat. Das Streben nach einer möglichft
foliden Fundirung feines Standpunkts liefs das Werk
zu einem wirklichen Corpus inscriptionum anfchwellen und
mag es nun mit den Krim'fchen Grabfchriften flehen,
wie es will, die Vorführung der fonltigen alten Infchriften
von der zu Araq-el-emir an bis zu den füditalifchen
und wefteuropäifchen (S. 55—183) verleiht dem Werke
einen dauernden Werth. Mag man auch bei einigen bezüglich
des Alters (fo Ref. bei Nr. 4. 11. 14) oder der

beider macht Chw. geltend 1) die Lage der Steine bei
ihrer Auffindung, welche eine Bekanntfchaft des Firk.
mit denfelben definitiv ausfchliefst; 2) den Schriftcharakter
, der eine Anfetzung um irjco Jahre fpäter unmöglich
mache; 3) das mit Namensunterfchrift beigefügte
Zeugnifs zweier Petersburger Orientalilten, Prof. W. Girgas
und Baron Victor Rofen, ,dafs die Photographien Tafel
A, Nr. 5 und 6 mit den im Befitze des Herrn Prof.
Chw. befindlichen Originalen vollkommen übereinftimmen
und dafs auf den Originalen eine nachträgliche Aenderung
des n in i unmöglich ftattgefunden haben kann'. Somit
flehen wir vor der Alternative, entweder diefem Zeugnifs
zu widerfprechen oder die Echtheit beider Grabfchriften
anzuerkennen, damit aber auch die Thatfache,
dafs gegen die fonfligen Daten nicht mehr mit dem
Axiom argumentirt werden kann, alle vor 1249 datirten
Grabfchriften feien co ipos gefälfeht. Leider erweckt nun

Deutung (fo bei 45. 49. 70) anderer Meinung fein, fo I aber das Facfimile felbft, deffen Genauigkeit die Herren

fcheint doch auf die Herftellung der Facfimile's nach ! Girgas und Rofen uns verbürgen, fkeptifche Bedenken.

Photographien, Abklatfchen oder Zeichnungen grofse Abgefehen von der Verftümmelung des Ajin in 5571» auf

Sorgfalt verwendet; befonders dürfte dies auch von den I Tafel A 5 ift das Daleth von ST bei der fchrägen Ab-

Handfchriftenproben gelten, die zu S. 184—234 des ! fägung des Steins fo verftümmelt, dafs nur die untere

Textes mitgetheilt werden. Dazu bietet die von Euting I Hälfte des fenkrechten Strichs zu fehen ift; fodann: ift