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Ausgabe:

1883

Spalte:

193-197

Autor/Hrsg.:

König, Friedrich Ed.

Titel/Untertitel:

Der Offenbarungsbegriff des Alten Testamentes. 2. Bd 1883

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Hartiack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

No. g 5. Mai 1883. 8. Jahrgang.

König, Der OfTenbarungsbegrifTdes alten Tefta-

mentes. 2. Bd. (Kautzfeh).
Nösgen, Commentar über die Apoftelgefchichte

des Lukas (Weifs).

Glock, Notburga. Ein Bild aus Badens Sagen- Dieffenbach, Evangelifche Haus-Andachten.

weit (Loofs). - , Band (Achelis).

Haupt, Die religiöfen Sekten in Franken vor „ , TI . . „ , ,c .i„ir„

der Reformation (K. Müller). Rebe> Unter elnem Dach (ScMoffer).

Flitt-Peterfen, Dr. Martin Luthers Leben Rebe, Die Schule kann helfen! (Schloffer).

und Wirken (Kawerau). Erklärung.

König, Privatdoc. Lic. Dr. Friedr. Ed., Der Offenbarungs- keit durch die Uebermacht der Willensregungen ge

begriff des Alten Testamentes. 2. Bd. Leipzig, Hin-
richs, 1882. (IV, 410 S. gr. 8.) M. 10. —

Wie Referent bereits in der Anzeige des ernten Bandes
dargelegt (Theol. LZ. 1882, Nr. 16), kommt obiges Werk
in der Hauptfache auf eine Erörterung der Selbftzeug-
nifse der Propheten über die ihnen zu Theil gewordene
Offenbarung hinaus. Die im 1. Bande behandelte ,erfte
Hauptausfage der Propheten' lautete: .Göttliche Berufung
und Ausrüftung mit dem Geifte Gottes befähigen uns
zum Offenbarungsempfang'. Der doppelt fo ftarke 2. Band
bringt nun die Erörterung der zweiten und dritten Hauptausfage
der Propheten: .Zeigen und Sprechen Gottes
gewähren uns den Offenbarungsinhalt' (p. I—l6b) und
.Nicht das eigene Herz ift die Quelle unferer Weisfagung'.
Dem Zeigen und Sprechen Gottes entfpricht das Sehen
und Hören der Propheten; dcmgemäfs behandelt der
Verf. zuerft 14—17 die Ausdehnung, Wirklichkeit, Eigentlichkeit
und Bewufstheit des offenbarungsempfangenden
Sehens der Propheten, unterfucht $ 18 die Ausfagen der
Gefchichts- und Lehrbücher über das Zeigen als göttl.
Offenbarungsthätigkeit (Anhänge dazu: die Angriffe auf
die Wirklichkeit und Eigentlichkeit der Vifionen; Anflehten
über die prophetifche Extafe) und bringt § 19 und 20
die Beweife für die Thatfächlichkeit und die Aufser-
menfchlichkeit des Redens Gottes. Verfuchen wir nun
zunächff, uns an einer Anzahl hervorragender Sätze über

lähmt.

In 5 18 werden die Ausfagen der Gefchichts- und
Lehrbücher mit obigen Canones in Einklang gefetzt;
darnach find die an Bileam ergangenen Offenbarungen
nicht als Vifionen dargeffellt (trotz 4 Mof. 24, 4 ff. und
16 ff.!!); unter x^aj 4 Mof. 12, 6 find fecundäre Propheten
zu verliehen (S. 64); Saul wurde in Rama nicht zu
einem eigentlichen Propheten, als er die Melodien der
Prophetenchörc hörte, fondern zu einem Thcilnehmer
an den Uebungen der fecundären Propheten (S. 84); bei
Gad als Schauer David's fei wohl der Fall eingetreten,
den der Verf. Bd. I, 51 als möglich hingeflellt hat, dafs
jemand zu gleicher Zeit mittelbarer und unmittelbarer
Prophet war. In den Schlufsbemerkungen (S. 100 ff.)
formulirt der Verf. das Refultat fo: nur ein im wachen
Zuftande wirklich mit den geöffneten äufseren Augen
und mit Selbftbewufstfein, fowie Selbftbeherrfchung vollzogenes
Sehen von Erfchcinungen, welche ihnen Gott
aus der gewöhnlich unfichtbaren Welt entgegentreten
liefs, konnte den Propheten diejenige Sicherheit verleihen,
welche ihnen ihre Gefichtc einflöfsten; alle Vifionen find
wirkliche Erlebnifse (nicht zum Theil oder ganz blofse
Darftcllungsmittel); die fymbolifchen Handlungen, welche
nicht äufserlich vollzogen worden find (z. B. Jer. 25, 15 ff.),
wurden vom Propheten im Denken, dem Willensentfchluffe
nach, gethan (S. 114). Dagegen fage der Prophet Ez. 4
und 5 gar nicht, dafs er die von Gott aufgetragene

die gefammte Beweisführung des Verf.'s zu orientiren. j Handlung auch vollzogen habe (aber v. 14 fetzt doch
Vor allem ift hier zu conftatiren, dafs nach ihm die Abficht der Ausführung voraus!,. S. 125 wird die
das Sehen und Hören der Propheten im allereigentlich- | Eigentlichkeit des Sehens auch durch die Erwähnung

ften Sinne, d. h. von einer Thätigkeit des Gefichts- und
Gehorfinns zu verliehen ift; nur die falfchen Propheten
fehen nicht wirklich oder fchöpfen ihre Offenbarungen
aus Träumen. Daher werde von den falfchen Propheten
nur nm, niemals (aufser mit Negation Ez. 13, 3) fllCl
gebraucht; umgekehrt finde fich in den prophetifclu.n
Schriften nirgends nm im Verbutn finitum und Partie.
von den Propheten feibft gebraucht (wohl aber die davon
abgeleiteten Subftantiva); Jef. 30, 10 f. fei entweder inter-
polirt oder die D*»th feien dort die Volks- und fecundären
Propheten (trotz Parallelismus und Context?). Als
folcher conftanter Gegenfatz zu ntn könne ftfl nur ein
eigentliches Sehen bezeichnen, möge das Wort auch anderwärts
metaphorifch gebraucht fein. Auch das ifraelitifchc
Volk war überzeugt, dafs das von Gott Gezeigte mit
dem körperlichen Auge wahrgenommen wurde (f. die
Belege S. 74 und die Widerlegung der mancherlei Einwürfe
S. 119—132). Bei dem prophetifchen Sehen aber
fand (S. 51 ff.) nicht eine völlige Erfchütterung des in-
tellectualen Theiles vom Seeleninhalte ftatt, noch trat

des Augenaufhebens begründet; S. 126: der Macedonier
Act. 16, 9 mufs eine Configuration von Aethertheilchen
zum Abbild eines Macedoniers vor dem äufseren Auge
des wachenden Paulus gewefen fein.

Die Thatfächlichkeit des Redens Gottes wird S. 142 ff.
vor allem aus den prophetifchen Bezeichnungen dafür
und der Hervorhebung Jahwe's als des redenden Subjects
bewiefen (in der Aufzählung der Wendungen in den Ge-
fchichtsbüchern S. 154 fehlt das pentateuchifche: und Gott
fprach [redete] zu Mofe u. f. w.j. Dem thatfächlichen
Reden aber entfprach ein thatfächliches Hören mit den
Ohren des Körpers (vergl. S. 159; auch S. 226!).

Der Beweis für die dritte Hauptausfage (f. o.) beginnt
mit einer zufammenhängenden Charakteriftik der falfchen
Jahwepropheten (£ 21), erörtert fodann die Tragweite
der Ausfage (§ 22) und die pfychologifchen Angaben,
welche fie unterftützen (8 23). Die übrigen Paragraphen
unterfuchen fämmtlich das Verhalten der menfehlichen
Individualität des Offenbarungsempfängers zum Inhalte
der Offenbarung; .Gottes Wort an die Propheten war

eine Lähmung der Seelenthätigkeit durch den Ueber- nicht irgendwie pfychologifch vermittelt' und zwar weder
fchwang der Gefühle ein, noch wurde die Seelenthätig- I durch ihr Berufsbewufstfein ($25), noch durch die Natur

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