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Ausgabe:

1882 Nr. 5

Spalte:

112-113

Autor/Hrsg.:

Lederer, Steph.

Titel/Untertitel:

Der spanische Cardinal Johann von Torquemada, sein Leben und seine Schriften 1882

Rezensent:

Tschackert, Paul

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Iii Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 5. Ii2

wähnten Punkt ift aber auch ficher ein gerechtfertigtes.
Die Bifchöfe haben freilich viel zu klagen, aber was fie
im Eingange ihrer Petition über das bifchöfliche Gericht
im Gegenfatz zum bürgerlichen fagen , erfcheint gegenüber
den Gräueln der Selbfthilfe des Damafus doch als I
eine niederträchtige Heuchelei, die wenigftens eine ge-
wiffe Grenze im Verwilligen forderte. Aufser der lehrreichen
Gefchichte des Schismas im Pontificate des Da- !
mafus behandelt der Verf. in diefem erften Theile be-
fonders noch zwei Gegenflände, nämlich in Kürze das
Gefetz des Valentinian gegen die Erbfchleicherei des
Klerus und die muthmafsliche Stellung des Damafus
hiezu, fowie zu Befitz und Glanz des römifchen Ponti-
ficates überhaupt. Es ift ohne Zweifel ganz richtig, dafs
der römifche Bifchof feine hiftorifche Miffioh nicht erfüllt
hätte durch ein armes Leben und befcheidenes Auftreten
(S. 49), aber auf der anderen Seite dürfen wir
doch auch zugeftehen, dafs diefes Kämpfen um den
Machtbefitz, wie wir es gerade in diefem Epifkopate vor
uns haben, ein befonders widerwärtiges Bild giebt. Eine
febr eingehende, durchaus feine und lichtvolle Unter-
fuchung ift fodann dem Verhältnifse zu Illyrien unter
Damafus gewidmet, woraus hervorgeht, dafs er das apo-
ftolifche Vicariat in Theffalonike mit voller Klarheit begründet
, und fo auch nach diefer Seite die Patriarchal-
gewalt ausgebildet hat. Uebrigens ift auch aus der ganzen
Darfteilung fehr deutlich zu erfehen, wie fich diefe
Gewalt gerade jetzt erft an die ältere, die der Römifche
Bifchof im Gebiet des Vicarius Urbis befafs, anreiht,
und wie wichtig gerade dafür die illyrifchcn Verhältnifse
find, während anderwärts noch entfchiedene Schwierigkeiten
aufhaltend wirken. Der zweite Theil handelt von
den Beziehungen des Bifchofs zu den Kirchen des
Orients. So wie diefe von Rom aus geftaltet werden,
handelt es fich zuletzt auch um die Verfaffungsfrage
oder um die Machtftellung des Römifchen Stuhles. Dafs
diefe Macht nicht über das Oftreich ausgedehnt werden
kann, ift damals fchon durch die Verhältnifse des Reiches
felbft entfchieden. Was aber den Einflufs betrifft,
welchen der Patriarch der alten Reichshauptftadt ausüben
kann, fo kann man nur mit dem Verf. urtheilen,
dafs der Bifchof Damafus nicht zu denjenigen gehört,
welche nach diefer Richtung mit befonderem Gefchick
und Erfolg operirt haben. Die Gefchichte diefer Beziehungen
hat indeffen von vorneherein ein hoch gefpanntes
Intereffe, denn wir werden dadurch in die ganze grofse
Zeitbewegung, den geiftigen Kampf der ganzen Kirche,
und den weiten Schauplatz, auf welchem die bedeutend-
ften Männer des Zeitalters auftreten, verfetzt. Der Verf.
hat das von der erften Anknüpfung, welche Bafilius der
Grofse in Rom fuchte, durch die mannigfaltigften Verwicklungen
hindurch bis zu den fehr ernfthaften Actio-
nen der Jahre 381 und 382 verfolgt, mit einer Klarheit
und Beherrfchung der oft verworrenen Fäden, fowie mit
einer natürlichen Frifche des Berichtes, welche die gröfstc
Anerkennung verdienen. Ohne die Gefchichte des Dogmas
felbft mehr als nöthig hereinzuziehen, hat er doch
auch, wo es zum Einblick in die Verhandlungen gehört,
darüber ebenfo treffende als gedrängte Erläuterungen
gegeben. Ueber eine Reihe von kritifchen Fragen ift
dabei nicht nur neues Licht verbreitet, fondern, wie ich
glaube, auch der richtige Abfchlufs herbeigeführt. So
fcheint mir S. 118—122 der Beweis überzeugend geführt
dafür, dafs zwifchen Meletius und Paulinus in Antiochien
zu den Lebzeiten des erfteren der Vergleich für den
Todesfall in der That nicht zu Stande gekommen war;
ich möchte dabei noch befonderen Nachdruck darauf
legen, dafs in dem Schreiben der Abendländer, welches
die Wiederwahl für den geftorbenen Meletius betrifft
(Mann III, 631), diefelb en fich eben nicht darauf berufen
, dafs eine folche Uebereinkunft gefchloffen war,
fondern nur dafs he ihrerfeits dazu gerathen haben.
Ebenfo ift S. 127 die richtige Reihenfolge zwifchen

den beiden Schreiben an den Kaifer Theodohus: Fidei
und Sanctum, das heifst dafür, dafs das letztere vorangegangen
fein mufs, überzeugend bewiefen. Eben fo
zufriedenftellend ift die Unterfuchung über die drei Fragmente
Römifcher Schreiben aus den Jahren 376 und 377
auf S. 106—108 und 113 f., fo weit überhaupt darüber
etwas ausgemacht werden kann. Was den V. Canon
Const. (381 oder vielmehr 382) betrifft, fo kann man nur
zuftimmen, wenn Rade S. 117 darthut, dafs unter dem
dort erwähnten zrüjoe tüv dovixäv nicht der in dem
Schreiben d&rSyn. Const. 382, bei Theodor, hist. cccl. V, 9
erwähnte Antiochenifche JOftog (der alfo von den Abendländern
ausgegangen und in Antiochien nur acceptirt
wäre) verftanden fein kann. Auch ift es ganz wahr-
fcheinlich, dafs der Canon V fagen will: in betreff des
lateinifchen touoc d. h. gegenüber von der Abficht des-
felben, erklären auch wir uns im Sinne der Anerkennung
derjenigen Antiochener, für welche die Lateiner eingetreten
find, nämlich welche die Eine Gottheit des Vaters
und Sohnes und heiligen Geiftes bekennen, alfo eben
der Altnicäner. Ob aber jener tö/xog t(Sv dvtmdiv in den
24 Anathematismen (bei Theodoret V, 11) zu . erkennen
ift, vgl. S. 133, mag dahin geftellt bleiben, wie es denn
auch Rade S. 134 für möglich hält, dafs wir denfelben eben
gar nicht kennen. Die fraglichen Anathematismen find
ohne Zweifel auch mehrfach interpolirt, fo dafs wir
ohnehin nicht viel mit ihnen anfangen können. Im dritten
Abfchnitt wird dann auch noch das Verhältnifs des
Damafus zu Hieronymus und zur asketifchen Partei be-
fprochen, fpeciell auch die Veranlaffung, welche er jenem
zur Revifion der lateinifchen Bibel gab, und im Zufam-
menhange damit die Spur eines Kanons des D. im de-
cretum Gelasii, wobei fich der Verf. an Credner an-
fchliefst, zuletzt die poetifche Thätigkeit des D. und
feine Sorge für die Märtyrergräber. Alles zufammen
zeigt doch ebenfo wenig eigenen Geift oder Gelehrfam-
keit des Bifchofs, oder auch eigene religiöfe Richtung,
wohl aber ein gewiffes Intereffe für diefe Dinge und Per-
fonen, wie es etwa ein Staatsmann hat, und gewiffe
Liebhabereien, die nicht ohne Eitelkeit gepflegt wei den,
oder auch den Volksglauben pflegen helfen. Es wäre
wohl auch der Mühe werth, einmal die Grabfchriften
des Damafus kritifch anzufehen, um fich klar zu werden,
ob diefelben einen Werth als Gefchichtsquelle bean-
fpruchen können, wie z. B. Nr. XII. Dem Verf. diefer
Schrift aber kann man nur dankbar fein für das Stück
Kirchengefchichte, welches er uns gegeben hat, und aufrichtig
Glück zu diefem fchönen Anfang wünfehen.
Tübingen. C. Weizfäcker.

Lederer, Pfr. Dr. Steph., Der spanische Cardinal Johann
von Torquemada, fein Leben und feine Schriften. Gekrönte
Preisfchrift. Freiburg ißr. 1879, Herder.
(XI, 270 S. gr. 8.) M. 3. 40.
Der Verfaffer behandelt in diefer Schrift einen pa-
paliftifchen Theologen und Kanoniften des fünfzehnten
Jahrhunderts, welcher fich in der Richtung eines Alvarus
Pelagius und Auguftinus Triumphus bewegte: es ift Johannes
von Turrecremata (Torquemada), nicht zu ver-
wechfeln mit dem bekannteren Thomas von Torquemada
, dem berüchtigten Grofs-Inquifttor. Wie diefer,
fo war auch Johann von T. von Geburt Spanier und gehörte
dem Dominikanerorden an. Er erfcheint zu Con-
ftanz 1417 als Mitglied der caftilianifchen Gefandtfchaft,
ward 1431 Magister sacri palatii in Rom und erprobte
fich von da an bis zu feinem Tod, der ihn im Alter von
80 Jahren 1468 traf, als unentwegter Kämpe für die
Prärogativen des Papftthums. Man darf ihn einen
hyperpapaliftifchen Schriftfteller des ausgehenden Mittelalters
nennen; denn er fpricht dem Papfte mehr Macht
zu, als felbft das vaticanifche Concil feftzufetzen für gut
fand: Der Papft ift, fo meint Torquemada, der princi-