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Ausgabe:

1882 Nr. 25

Spalte:

582-584

Autor/Hrsg.:

Cazet, Cl.

Titel/Untertitel:

Du mode de filiation des racines semitiques et de l‘inversion 1882

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 25.

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überwindender Urgedanke, er ordnete den Gottesdienft j Cazet, Abbe CL, Du mode de filiation des racines semi-
und legte den Grund zu einer neuen bürgerlichen ürd- tiques et de rinversion. Paris 1882, Maisonneuve &
nung (5$ 66-77). Aber fclbft wer den urfprünghchen : Cje , s Lex _g }
Dekalog auf Mofes zurückführt (p. 93), hat damit nicht

bewiefen, dafs Mofes Gefetze gegeben hat. Die Stel- Die hebräifche Sprachwiffenfchaft befindet fich nach

lung des'Mofes mufs als Religionsftifter begriffen wer- dem Verf. zur Zeit in einer Stagnation, aus der fie nur
dem Wenn die Gefetze Ifraels das Land Kanaan zur j heraustreten kann durch die Anwendung der philologi-
Heimath erhalten, fo ift der von der früheren Auffaffung fchen Analyfc, welche die Wurzeln ihrer triliteralen
übernommene Name ,Gefetzgeber' für Mofes nicht mehr Form entkleidet und das urfprüngliche — einfilbige —
gerechtfertigt; auch deckt er bei R. felbft nicht genau Thema reftituirt. Allerdings habe es an derartigen Ver-

fuchen fchon früher nicht gefehlt; aber zu allgemein anerkannten
Grundfätzen der Wurzelabzweigung fei man
durch diefclben nicht gelangt. Immerhin fei befonders
in der Präpofitional-Theorie Fürft'a ein fruchtbares Mo-

die folgende Darfteilung. 2) Die Offenbarung des Mofes
ift ein Jahrtaufend lang durch Propheten dem Volke eingeprägt
und dadurch erhalten worden ($ 70). R. ift weit
entfernt davon, die Anfchauung im Jeremias und Deutr.

über die Continuität des Prophetenthums feit Mofes als [ ment enthalten. Zur Herausftellung desfelben genüge
eine gefchichtliche Nachricht anzufehen. Er will feine j indefs nicht die von dem verftorbenen Abbe Anceffi
Meinung mehr als Poftulat aufgefafst wiffen, das man ' verflachte Befchränkung der Vorfatzfilben auf eine be-
brauche, wenn man nicht die gefchichtliche Perfon des ftimmte Serie von Präfixthemen, denen er eine befon-
Mofes felbft aufgeben wolle (p. 78 f.). Als die Pfleger dere Bedeutung zufchrieb (z. B. dem vorgefetzten X
der Gottesfurcht werden aber in Deutr. 33, IO die Prie- j Caufativbedeutung); vielmehr find zur Löfung der Auf-
fter bezeichnet. Diefes aus dem 9. Jahrhundert ftam- | gäbe noch mehrere andere Factoren herbeizuziehen,
mende fehr werthvolle Zeugnifs darf man zu einem j Diefe find nach Cazet: die Epenthefe von Confonanten
Rückfchlufs auf ältere Zeiten verwenden. Den alterten (bef. der fogenannten Halbvocale) innerhalb der Wurzel;
Prieftergefchlechtern oder Priefterfchaften gebührt das die Vermehrung durch einen Zufatzconfonanten hinten
Verdienft, das Erbe des Mofes dem Volke und auch j (von Cazet als crement bezeichnet) oder vorn (augment)
den nachherigen Propheten erhalten zu haben. Ihre 1 oder auch vorn und hinten; endlich die Umkehrung der
Arbeit war eine Hille, felbftverftändliche und ift darum ; Wurzel. Welche wichtige Rolle der letztere Factor für
fo wenig erwähnt worden. 3) Die älteren Propheten j den Verf. fpielt, zeigt fchon die Erwähnung desfelben
fcheint mir R. zu fehr nach den Gertalten eines Arnos auf dem Titel. Die Beweisführung im Einzelnen läfst
etc. gezeichnet zu haben. Dies zeigt fich befonders bei ; in Bezug auf die Methode leider viel zu wünfehen übrig.
Samuel, deffen Bild durch eine Harmonirtik der Berichte Offenbar hat der Verf. zur Begründung feiner Thefen
in Sam. I gewonnen wird, während diefe doch nur die 1 wiederholte Anfätze gemacht und diefe Einzelftudien

verfchiedenen Auffaffungen feiner Perfon von Seiten der

alsdann, fo gut es gehen wollte, zu einem Ganzen verfolgenden
Gefchlechter abfpiegeln. Damit fchon ift ein ! bunden. Daher die häufigen Wiederholungen und nicht
Wandel im Prophetenthum genügend bezeugt; er ergiebt j minder die Nöthigung für den Lefer, die in letzter In-
fich auch aus Sam. I. 9. Arnos 7, 14 und anderen Stel- j ftanz für den Verfi mafsgebenden Theorien aus den ver-
len, die fchärfer an das Licht hätten gezogen werden j fchiedenen Abfchnitten des Buches zufammenzuklauben,
follen. Diefer Punkt fcheint mir damit zufammenzuhän- ja zum Theil zu errathen. So giebt der Verf. nirgends
gen, dafs der gefetzlichc Stoff des A. T.'s überhaupt j eine beftimmte Erklärung ab, welchen Begriff er mit
von R. forgfältiger gefchieden und nach feinen Schien- j dem Worte ,racine' verbindet. Dagegen erfahren wir S. 23,
ten geordnet worden ift, als die Maffe der gefchicht- ; dafs er die Zahl der .primitiven' Wurzeln durch lanoe
liehen Ueberlieferungen. 4) In der zweiten Hälfte des Forfchungen auf zwanzig feftgefetzt hat. Diefelben find
Werkes wäre eine Darrteilung des Unterfchiedes zwi- fämmtlich einfilbig und beftehen oft nur aus einem einleben
prophetifcher und apokalyptifcher Literatur Ifraels zigen Confonanten als dem Träger eines allgemeinen
fehr erwünfeht gewefen, zumal da R. ein fo vortreff- Begriffs; fo haftet z. B. (nach S. 11) an a, D, 9 die Wur-
licher Kenner der letzteren ift. Ehe derfelbe nicht klar zelbedeutung comprimer, broyer; an der Wurzel 1 die
beftimmt ift, kann man ihn auch für die Beurtheilung Bedeutung rcunir, Her. Von biliteralen Wurzeln fcheint
literarifcher Erzeugnifse nicht ficher verwenden, wie es I der Verf. nur die mit anlautendem X als wirklich pri-
in neuerer Zeit z. B. von Merx und Stade gefchehen ift. märe gelten zu laffen; wenigftens bezeichnet er S. 9 die
Diefe Bemerkungen wird mir der geehrte Herr Verf. Wurzel TS ,/endre' als fecundäre Bildung gegenüber der
nicht mifsdeuten, wenn ich ihnen den Ausdruck des leb- primären Wurzel 1K creuser, percer, und S. 28 p als fe-
haften Dankes für den grofsen Genufs und die reiche cundär gegenüber 1«. Doch find auch diefe fecundären
Belehrung hinzufüge, die mir die Leetüre und die Prüf- Wurzeln noch Beftandtheile der Urfprache; aber nicht
ung feines fchönen Buches gewährt haben. Dasfelbe ift : fo die Verlängerungen (durch crement und augmeiit).
eine gründliche Widerlegung des Vorwurfes, den die Letztere find vielmehr der Lostrennung gewiffer Völker
hiftorifche Kritik oft hat hören muffen, dafs fie das von dem Kern der Menfchheit erft nachgefolgt (S. 24f.).
A. T. herabwürdige. Seine ganze Darfteilung fchildert , Bezüglich der Vermehrung durch einen Zufatzconfonan-
das ftets gefteigerte Ringen Ifraels um den Befitz der ten lefen wir fchon S. 9: wenn die fecundäre Wurzel
himmlifchen Güter (Matth. 11, 12), bezeugt aber zugleich, j "» ohne wefentliche Modificirung der Grundbedeutuno
dafs Gottes Gedanken fich in der Gefchichte doch im- : 14 verfchiedene Confonanten zu fich nehmen könne (N"IB^
mer als höher und beffer erweifen, denn die bellen Ab- j TIE u. f. w.), fo könne der fo wandelbare dritte Confo-
fichten und der ernftlichfte Wille der Menfchen. — Der nant kaum noch ein radicaler genannt werden. Bezüg-
Verf. hat das Buch feinem Strafsburger Collegen Eduard ; lieh des .Augments' ift der Verf. durch Tjy und np?,
Cunitz gewidmet; er nennt es feine Lebensarbeit, fein die ja beide .krönen' bedeuten, darauf gekommen, dafs
letztes Werk. Es ift alfo gewiffermafsen fein wiffen- auch der Vorfatzconfonant im Ganzen ein beliebiger fein
fchaftliches Vermächtnifs, und als folches verdient es kann. Zugleich aber zeigt ihm diefes Beifpiel, dafs auch
von den .aufftrebenden Fachgenoffen' (p. XI), zu denen 1 in der Wurzel felbft Veränderungen durch Lautwechfel
auch der Ref. gehört geehrt zu werden. vor fich gehen können; bei der Aufzählung der mög-

Leipziß H. Gut he. liehen Verwechslungen befchränkt er fich indefs weislich

v auf die fogen. homorganen Confonanten. Was fich nun

_ aus allen den erwähnten F"actoren, inclusive der Theorie

der Intercalation oder Epenthefe und der Wurzelumdrehung
, machen läfst, zeigt der Verf. S. 12 f. zuerft an