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Ausgabe:

1882 Nr. 20

Spalte:

468-469

Autor/Hrsg.:

Friedrich, J.

Titel/Untertitel:

Beiträge zur Geschichte des Jesuiten-Ordens 1882

Rezensent:

Möller, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 20.

468

XI) verglichen mit Par. 1454 (saec. X). Zur Zugrundelegung
der erfteren Handfchrift leitete an das noch vorhandene
grofse Fragment des erften Buchs der Eudokia,
und Tie ift entfchieden zu billigen, da der Text in Par.
1454 fich bereits geglättet erweift, mag man auch ihm in
manchen der Fälle, wo die doppelte Recenfion der latei-
nifchen Ueberfetzung mit ihm ftimmt, den Vorzug geben.
Auch Zahn's Ueberfetzung des 3. Buches ruht vornehmlich
auf dem Text des Par. 1468. — Die drei Bücher
bilden kein zufammenhängendes Ganze. Das Bekenntnifs
Cyprian's im 2. Buch entbehrt nicht nur des Anfchluffes
an Buch I, es fetzt auch die Sage in vielfach anderer
Geftalt voraus, als fie in B. I mitgetheilt wird. Allerdings
mufs das Bekenntnifs und Gebet Cyprian's (B. II) auf
einer objectiven Gefchichtsdarftellung beruhen, ohne dafs
es jedoch felbft Beftandtheil einer folchen wäre. Seinem
felbftändigen Charakter gegenüber Buch I und III ent-
fprechend, ift B. II auch ftets nur unabhängig von diefen
gefunden worden. Gregor von Nazianz in feiner Rede
auf den Märtyrer Cyprian kennt B. II, aber nicht B. I
und III in ihrer gegenwärtigen Geftalt. Dagegen um-
fafsten die fyrifche und die urfprüngliche lateinifche
Ueberfetzung nur B. I und III, und der Metaphraft und
die Menologien bearbeiteten nur diefe Bücher. In Griechenland
hat Eudokia, im Abendland ein fpäterer Bearbeiter
B. II zwifchen I und III geneilt. — Zwifchen

Buch I und III beftehen keine Widerfprüche, nur kleine Friedrich j Beiträge zur Geschichte des Jesuiten-Ordens.

Differenzen. Daher ift Zahn's Vermuthung nicht unbe- rA ' f' „ , „r.-m
gründet, dafs der Verf. von B. III zugleich der Redac- [Aus : ,Ab-handlgn. der k. b. Akad. d. Wilf. ] Mun-
tor von B. I war. Wie weit diefe Redaction gegangen, | chen 1881, Franz in Comm. (89 S. gr. 4.) M. 2. 70.
läfst fich nicht mehr feftftellen, jedenfalls enthielt die j Der Verf. theilt in diefen Beiträgen Früchte feiner
urfprüngliche Form nichts über Cyprian's Bifchofthum. Studien im K. B. Reichsarchive und den Handfchriften
Ueberzeugend hat Zahn nachgewiesen, dafs nicht die I der Münchener Bibliothek wie der der Akademie mit,
Perfon des karthagifchen Bifchofs den Ausgangspunkt | welche eine Vorftellung davon geben, welche reiche
für die Cyprianslegende gegeben hat. Vielmehr mufs Fundgrube für Jefuitica ihm hier offen fleht. Er bietet
eine antiochenifche Localfage zu Grunde liegen, mag ! uns eine Reihe von fchätzenswerthen einzelnen Mittheilun

den Teufel wird nachgeahmt in der Sage von Anthe-
mius, Proterius, auch Theophilus. Calderon hat feine
Kenntnifs der Cyprianfage aus der Legenda aurea entnommen
, fowie der Rede Gregor's, die ihm in der Le-
gendenfammlung Lipomans lateinifch vorlag. Aus der
Legenda aurea hat aber auch das Fauftbuch gefchöpft,
und neben anderen Sagen, namentlich der von Simon
Magus, hat auch die von Cyprian auf die Fauftfage eingewirkt
. In der Cyprianslegende ift nach Zahn die Geftalt
des himmelftürmenden und dann zufammenbrechen-
den Titans zuerft zu beftimmter Ausprägung gelangt.
Allen griechifchen Erzählungen ift eigenthümlich die
fchliefsliche Rettung ihres Helden. Das gefchieht auch
in der ruffifchen Erzählung von Samwa Grutzin, der
fich dem Teufel verfchreibt, aber durch ein wunderbares
Einfehreiten der Gottesmutter gerettet wird (Denkmäler
alten Schriftthums, Bericht für 1880, Hft. 3; ruff.). Anders
im Fauftbuch, während Goethe fcheinbar aber un-
bewufst zur Idee der altkirchlichen Sage zurückkehrt.
Indem aber Goethe nur von einer Erlöfung ohne Reue
und ohne Sühne weifs, vermag Zahn bei ihm gerade auf
die ernfte Frage, welcher die Sage von Cyprian und Ju-
ftina ihren Urfprung verdankt, die Antwort nicht zu
finden.

Dorpat. Bonwetfch.

man auch nicht geneigt fein, mit Zahn einen Zufammen-
hang mit der dämonifchen Befeffenheit eines Mädchens,
die Macedonius nach Theodoret's hist. relig. 13 geheilt
haben foll, anzunehmen. Später hat dann die Kunde
von dem abendländifchen Cyprian auf die Geftaltung
der Cypriansfage eingewirkt, und ift die kirchliche Feier
des Karthagers auch auf den Antiochener übertragen
worden, der nun auch zum Bifchof und Märtyrer vorrückte
.

gen, die an mehr als einer Stelle den dringenden Wunfeh
nahe legen, der Verf. möchte die berührten Dinge weiter
verfolgen. Zu der Gefchichte der viel befprochenen
monita secreta (vgl. Giefeler KG. III, 2, 656 ff.), die zuerft
1612, dann wieder in der Anatomia societatis Jesu
1633 (Scioppius) gedruckt, fo oft, und in Frankreich
noch in der neueften Zeit (Ausgabe von Paul Souvestre),
als willkommene Waffe gegen den Orden benutzt worden
find, bringt Fr. (S. 89 ff. der durchlaufenden Seitenzahl

Zwei Gedanken beherrfchen nach Zahn die Cy- j der Akademiefchrift) aus dem Reichsarchiv eine Instruc-
prianslegende. Einmal erfcheint Cyprian als Repräfen- 1 tio (S. 151) bei, welche für den Jefuiten Forer und deffen
tant des feine letzten Kräfte zur Oppofition gegen das Bekämpfung der Anatomia (in der Anatomia anatoniiae,
Chriftenthum zufammenraffenden Heidenthums, fpeciell Oenip. 1634) beftimmt war, und worin Fr. die alte, aber

der chriftenfeindlichen neuplatonifchen Philofophen und
Myftagogen, fodann aber zeigt fich an feiner Bekehrung,
dafs der Menfch auch den innigften Bund mit dem
Teufel mit Gottes Hilfe brechen könne. Im 2. Buch
kommt der letztere Gedanke zu deutlichem Ausdruck,
und diefem hat jedenfalls Zahn ihn entnommen. Für
das 1. Buch fleht aber die Möglichkeit der Bekehrung
eines Chriflus und die Kirche haffenden Magiers nicht
fo im Vordergrunde des Intereffes. Ebenfo fehr foll die
Ohnmacht des Teufels und feiner Dämonen gegenüber
der erlöfenden Kraft des Chriflengottes und der Tugend
feiner ihm nacheifernden Diener gezeigt werden. Sehr
ftark erweift fich dabei der Einflufs der Theklaacten auf
die Erzählung (Zahn S. 110 ff.). Auch fonft fehlt es ja
in der Legendenliteratur nicht an Beziehungen auf diefe

noch von Cretineau-Joly als ,grobe hiftorifche Lüge' bezeichnete
Behauptung beftätigt findet, dafs in der That
die Monita im Prager Jefuiten-Colleg felbft bei der Plünderung
desfelben (1611) gefunden wurden; wie denn
überhaupt nicht weggeleugnet werden könne, dafs alle
die Exemplare, nach denen die Ausgaben gefertigt wurden
, in Jefuiten-Collegien gefunden wurden. ,Aus den
Jefuitenpapieren im Kgl. Bair. Reichsarchiv kann man
noch heute die Aufregung und die fieberhafte Thätig-
keit erkennen, in welche der Orden in Deutfchland, Italien
, Spanien in Folge der neuen Publication der Monita
(1633) gerieth'. Freilich bleibt auch nach Fr. der
Urfprung der Schrift im Dunkel. Der Verf. derfelben
zeige genaue Bekanntfchaft mit den Einrichtungen und
dem Brauche des Ordens. Auch die Kenntnifs des InActen
, wie z. B. im Martyrium des Onefiphorus (griech. j ftitutum des Ordens und vielleicht einzelner Verordnun-
im Codex 162 v. J. 1022 der Moskow. Synodalbibl.; 1 gen der Generale fpreche fich in der Schrift aus. Indem
auch der Anfang der Akten des Onefiphorus ftimmt mit j Fr. auf die Annahme, welche fchon Gretfcr hat, zurück-
denen Cyprian's). Der Bericht über Juftina ift aber bis kommt, dafs der Verf. wohl Exjefuit fei, meint er, der-

in Einzelnes abhängig von der Theklalegende. — Ihrer-
feits hat nun aber die Legende von Cyprian und Juftina
wieder grofsen Einflufs auf die fpätere Literatur ausgeübt
. Eine Reihe griechifcher erbaulicher Erzählungen
fteht in Zufammenhang mit ihr. Die Verfchreibung an

felbe habe einzelne Mifsbräuche und wirkliche Vorfälle
verallgemeinert. Der 2. Beitrag gilt den Bemühungen
der Jefuiten, fich mit der ihnen fo unbequemen'Schrift
Mariana's de regimine societatis abzufinden, der dritte
giebt einige Mittheilungen über Darlehen der Jefuiten