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Ausgabe:

1882 Nr. 18

Spalte:

412-414

Autor/Hrsg.:

Deane, Will. J.

Titel/Untertitel:

Sophia Salomon. The book of widsom 1882

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 18.

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ein folcher Elementarunterricht nach dem Sinne des
Verf.'s ausnehmen würde, wird durch einige fpecielle
Rathfchläge, welche er an die Hand giebt, deutlicher.
Es foll geboten werden ,eine Auswahl von Erzählungen,
welche nach moralifchen und rationellen Gefichtspunkten
ftreng gefichtet {severement expurges) find'. ,Ich würde,
mufs ich geftehen, unbedenklich ausfchliefsen oder we-
nigftens auffchieben den Schöpfungsbericht und namentlich
die Erzählung vom Sündenfalle, welche als Thema
oder als Vorwand gedient hat für die verabfcheuens-
werthefte aller Theorieen; ebenfo würde ich es machen
mit der Gefchichte von der Sintfluth und vom babylo-
nifchen Thurmbau' (S. 319). In diefe auszufcheidende
Kategorie gehört auch die Anfchauung von dem .erwählten
Volke' (S. 318). Hinfichtlich des Neuen Tefta-
mentes wird nur allgemein die Sonderung zwifchen Le-
gendarifchem und Gefchichtlichem gefordert (S. 320).
Der vom Verf. angerathenen .Vorficht' entfprechend ift
anzunehmen, dafs jene Beifpiele nur aus der Peripherie
des Auszufcheidenden gewählt find. — Der bekannte,
jetzt verftorbene Littre bemerkt in einem Anhang des
vorliegenden Buches über diefe Vorfchläge von M. Vernes
: ,Er zeigt, dafs die Umgeftaltung möglich ift, ohne
das religiöfe Gewiffen zu verletzen, da der Staat ja nicht
gezwungen ift, das Wunder zu lehren, fondern jeder
Kirche überlaffen kann, es ihrerfeits, wie fie will, ihre

thum und anderen Religionen nicht kennt. Dann mag
die Kirche zufehen, wie fie auf einer folchen Grundlage
ihre Lehre aufbaut. Wohl darf fie überzeugt fein, dafs
fie vor der allgemeinen Religionswiffenfchaft fo wenig
zu bangen hat wie vor irgend einer andern Wiffenfchaft;
aber fie hat das Recht und die Pflicht, ihre Kleinen davor
zu bewahren, dafs diefen vor dem urtheilsfähigen Alter
eine der kirchlichen widerftreitende Darfteilung der Religionen
eingeimpft werde. Immerhin möchte man der Schule
ihren confeffionellen Charakter nehmen, aber dann thue
man es auch ganz und tafte nicht ein Gebiet an, welches
das Fundament der Kirchenlehre bildet. Die bib-
lifche Gefchichte fo lehren, wie fie nach diefen Vor-
fchlägen von Laien-Lehrern foll gelehrt werden, heifst
doch nichts Anderes als fie zu lehren vom Standpunkte der
Religion des Herrn Maurice Vernes und feiner Gefin-
nungsgenoffen ; denn es giebt hier keine abfolute Unparteilichkeit
. Deffen ift der Verf. fich auch vollbewufst:
,Die Umwandlung, welche wir fordern, wird vielen unangenehmer
fein als eine reine und einfache Ausfcheid-
ung ; darüber verftändigt man fich doch ä demi-mot, (S.
322J. Wir zweifeln gar nicht, dafs auf dem vorgefchlag-
enen Wege diefe oder jene Einzelheit der biblifchen
Gefchichte in ein richtigeres Licht geftellt würde als in
katholifchem oder auch in manchem orthodox-evange-
lifchem Religionsunterricht. Trotzdem aber würde diefes

Gläubigen zu lehren' (S. 345). Wie nun aber, wenn der ! Gebiet der Kirche zu entreifsen nicht minder ein GeStaat
— und das ift die unverkennbare Meinung jener 1 waltact fein, wie es ein folcher wäre, wenn man jüdifche
Vorfchläge — die Leugnung des .Wunders' lehrt? Und j Kinder zur Theilnahme an biblifchem Unterricht bei
zwar ift dabei deutlich unter mir arte der ganze Offen- i einem chriftlichen Geiftlichen zwingen wollte. Will man
barungscharakter der biblifchen Religion zu verliehen. I die Kirche aus der Schule ausfcheiden, fo thue man es
Die Einwendungen, welche gegen einen vom Staat in reinlicher Weife und beanfpruche für die Schule nur
erzwungenen .profanen' Unterricht in der heiligen Ge- folche Gebiete, welche mit dem kirchlichen fich nicht
fchichte gemacht werden müffen, entgehen dem Verf. '< berühren. Ganz durchführbar wird das niemals fein,
natürlich nicht. Man möge, läfst er die Gegner fagen, und eben in diefem Umftande ift unter Anderem ein
dem Staat immerhin die Umgeftaltung der theologifchen Bedenkliches der confeffionslofen Schule an und für fich
Facultäten überlaffen; Niemand ift ja gezwungen, fie zu zu finden.

befuchen; anders aber fleht es mit dem obligatori- , Marburg i. H. Wolf Baudiffin.

ichen Schulunterricht. ,In den niederen Schulen ratio-

Deane, Rect. Will. J., M. A., 2O0IA SAuiQMQN.
The book of wisdom. The greek text, the latin
Vulgate and the authorized english version, with an

nelle(!) Anfchauungen von der jüdifchen Gefchichte an
die Stelle der ,heiligen Gefchichte' fetzen, das heifst
doch die Refultate der kritifchen Religionsgefchichte der
Menge aufzwingen . . . und da diefer Unterricht mit der

Kirchenlehre nicht übereinftimmen wird, heifst dies, das j introduction, critical apparatus and a commentary.
Gewiffen der Eltern verletzen, welche ihre Kinder im j Oxford 1881, at the Clarendon Press. [London,
katholifchen Glauben erzogen wiffen wollen' (S. 324). j H Frowde.l (VII, 224 S. 4.) Cloth.
So die Einwendung. Der Verf. beftreitet nicht im min- I J

deften, dafs er bezweckt, was fie in feinem Plan erkennt. Die englifche Literatur befitzt bis jetzt nur einen

Er antwortet den Kirchlichen, fie möchten dankbar fein,
dafs der Staat in der Vor - und Urgefchichte des Chri-
ftenthums etwas fo Wichtiges erkenne, dafs er fich dies
nicht nehmen laffen wolle. Um möglichft wenig Aer-
gernifs zu erregen, folle man ,mit Takt und Mäfsigung'
auf .eines der wichtigften Capitel der allgemeinen Gefchichte
der Menfchheit das Verfahren der zeitgenöfü-
fchen Methode anwenden'. Die Kirche freilich wird fich
beklagen; ,aber fie beklagt fich ja immer!' (S. 326).
Sie mag damit zufrieden fein, dafs man ihr den eigentlichen
Religionsunterricht beläfst (S. 327)

wiffenfchaftlichen Commentar zu den Apokryphen, den
fchon vor mehr als hundert Jahren erfchienenen von
Arnald {A critical commentary upon the Apocryphal
Books, 1744—1752). Derfelbe ift nach Deane's Urtheil
,zwar reichhaltig aber fchwerfällig und oft fpeculativ und
unkritifch'. Die Bearbeitung eines den heutigen Anforderungen
entfprechenden Commentares ift alfo ein dringendes
Bedürfnifs. Inder hier vorliegenden Bearbeitung der
Weisheit Salomonis wird diefes Bedürfnifs wenigftens
für eines der wichtigften apokryphifchen Bücher in trefflicher
Weife befriedigt. Dem Verfaffer ift es aber ebenfo

Die Kirche — und zwar die evangelifche fo gut als | auch um Herftellung eines kritifchen Textes zu thun
die katholifche — mufs dem Verf. verbunden fein dafür, und auch dafür wird man ihm trotz der verdienftlichen
dafs fein Programm an Deutlichkeit nichts zu wünfchen j Ausgabe Fri tzfch e's nur dankbar fein können. Er giebt
übrig läfst. Wir zweifeln nicht daran, dafs diefes Pro- ] in drei Columnen nebeneinander: 1) den griechifchen
gramm im wefentlichen das aller Jener ift, welche in die | Text, 2) die alte lateinifche Ueberfetzung, 3) die
Schulen ein enseignement tdiqne der allgemeinenReligions- j autorifirte englifche Ueberfetzung. Für den griechi-
gefchichte eingeführt wiffen wollen. Die Scheidewand zwi- fchen Text giebt er eine felbftändige Recenfion, welche

fchen den Religionen foll fallen für die künftige Generation
von ihrer frühen Jugend an. Alt- und neuteftamentliche
Gefchichte follen nur erfcheinen wie eins unter vielem
Gleichartigen. Ein modernes Gefchlecht foll grofs gezogen
werden, welches nicht confeffionslos ift, fondern voreingenommen
gegen die beftehenden Confefiionen, welches
einen wefentlichen Unterfchied zwifchen Chriften-

zwar mit derjenigen Fritzfche's in den meiften Fällen zu-
fammentrifft, fich aber doch noch enger an den jetzt erft
zuverläffig bekannt gewordenen Text des Vaticanus an-
fchliefst. Aufser dem Vaticanus hat Deane auch die
übrigen vier Uncialhandfchriften, in welchen das Buch
erhalten ift (den Sinaiticus, Alexandrinus, Cod. Ephrämi
und Venetus) verglichen, wie es fcheint felbftändig nach