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Ausgabe:

1882 Nr. 16

Spalte:

368-374

Autor/Hrsg.:

Schultze, Vict.

Titel/Untertitel:

Die Katakomben. Die altchristlichen Grabstätten. Ihre Geschichte und ihre Monumente 1882

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 16.

368

Lagarde, Prof. Dr. Paul de, The question; whether mar- I
riage with a deceased wife's sister is, or is not, prohibi-
ted in the Mosaic writings, answered. Reprinted from
the Nachrichten der königlichen Gefellfchaft der Wif-
fenfchaften und der Georg-Augufts-Univerfität zu
Göttingen 1882, XIII. Göttingen 1882, (Dieterich's
Verl.). (S. 393-408. gr. 8.) M. —. 40.

Lagarde's Auffatz ift wichtig durch den Nachweis,
dafs Visb Lev. 18, 18 denominativ fei von dem I Sam.
1, 6 erhaltenen fTlS, das im Syrifchen als und

im Arabifchen als %2j& wiederkehrt, dafs letzteres

technifcher Ausdruck für das zu einer Frau oder zu
mehreren hinzugeheirathete Weib ift, und als folcher
recipirt war, ehe Hebräer, Syrer und Araber fich trennten
. — In derfelben Nummer, aus welcher diefer mit
Rückficht auf England englifch gefchriebene Artikel be-
fonders abgedruckt ift, findet fich von de Lagarde noch
der Nachweis, warum die Nachfolger der 3 Päpfte Namens
Xyftus fich Sixtus nannten [Xyftus mufste im Mund
der Italiener Sifto werden und aus diefem durch falfchen
Rückfchlufs Sixtus], und die Frage beantwortet, woher
das x der Mathematiker flammt [aus fpanifchem xei =
arab. sai (Ding, cosa); die arabifche Bezeichnung felbft
ift vielleicht aus griechifchem a, der diophantifchen Abkürzung
von c<Qii>/.io<j entftanden]. Alle drei Artikel bezeugen
aufs neue die umfaffende fprachliche wie fachliche
Gelehrfamkeit ihres Verfaffers. Die zu Lev. 18, 18
und I Sa. 1, 6 beigebrachten arabifchen Parallelen find
nicht zu überfehen, die Klagen über die hebr. Wörterbücher
fpeciell bei dem in Frage kommenden Artikel
nicht unbegründet.

Münfingen, Württemberg. E. Neftle.

Merrill, Selah, Archacologist of theamerican exploration
society, East of the Jordan. A record of travel and Observation
in the countries of Moab, Gilead and Bashan
during the years 1875—1877. With illustrations and
a map. With an introduction by Prof. Roswell D.
Hitchcock, D. D. New York 1881, Charles Scrib-
ner's Sons. (XVI, 549 S. gr. 8.) 4. —

Diefes durch einige kurze Worte des Präfidenten der
amerikanifchen Paläfiinagefellfchaft eingeleitete Werk
enthält das Reifejournal der Expeditionen, welche Selah
Merrill im Auftrag jener Gefellfchaft in das Oftjordan-
land unternommen hat. Der Verfaffer berichtet darin
über feine perfönlich en Erlebnifse und trägt feine individuellen
Anflehten vor; ein gröfserer officieller Bericht
über die Thätigkeit der Amerikanifchen Paläftinagefell- >
fchaft fteht leider immer noch aus. Vor Allem fcheint es, [
dafs jene Expeditionen nicht genügt haben, um die von
den Amerikanern verfprochene Karte des üftjordanthales
zu liefern; die kleine Karte, welche Merrill's Buche beigegeben
ift, kommt uns mehr als ungenügend vor. Leider .
find uns aber auch die Materialien zu einer Karte, welche
doch entfehieden gefammelt worden find, ebenfowenig [
zugänglich gemacht worden, als fonftige genauere, mehr I
für den efoterifchen Kreis der Paläftinakenner wichtige
Details; vor Allem weife ich auf die neuen Infchriften
hin, die nach Merrill's Angaben gefunden worden find,
z. B. die nabataeifche Infchrift von Umm el-gemäl S. 84
und bef. S. 98; die nabataeifche von el-Kamma S. 297
wurde leider nicht einmal copirt; auch die kufifchen Infchriften
von Fik S. 323 würden von Intereffe fein.

Das vorliegende Buch ift freilich feiner ganzen Anlage
nach eher auf ein gröfseres Publicum berechnet und
will daher auch von diefem Standpunkte betrachtet fein.
Wir wollen durchaus nicht leugnen, dafs manche Lefer
an den grofsentheils lebendigen Schilderungen, welche |

es enthält, Schilderungen, die fich auch auf die perfön-
lichen Erfahrungen, Leiden und Freuden, Jagdabenteuer,
fowie auf die politifchen Zuftände des Oftjordanlandes
und das Leben und Treiben feiner Bewohner (z. B. Cap.
36—38 über Beduinenfitten) erftrecken, Intereffe haben
werden. Das Buch ift frei von Ucbertreibung, obwohl die
Gefahren, welche den Reifenden, weniger zwar von Men-
fchen, als von Seite des mörderifchen Klima's des Jordanthaies
drohten, nicht gering anzufchlagen find (vgl. Cap. 8j.
Es ift Schade, dafs der Verfaffer, welcher ziemlich leicht
mit den Eingeborenen verkehrt zu haben fcheint, fo
wenig fprachliches Material bietet; das kurze arabifche
Volkslied S. 513 ift nicht ohne Intereffe.

Aus den verfchiedenen Expeditionen will ich hier
das Wichtigfte hervorheben. Im Spätfommer 1875 wurde
der Hauran bereift, Musmijc, Brak, Edhrac, die kyklopi-
fchenBauten vonKiratah, die Ortfchaften Suleim, Schohba,
Kanawät, Atil u. a. m. unterfucht, befonders aber die
intereffanten Ruinen von Salchat, Bosra und Umm el-
dschemal durchftöbert. Auf der zweiten Expedition im
Frühjahr 1876 wandten die Reifenden ihre Aufmerkfam-
keit hauptfächlich dem Jordanthale zu, von der Decapolis
im Norden (Cap. 22), der Umgegend von Gadara und
Gamala (Cap. 9—13) bis nach Dfchcrafch, Amman und
den Ruinen von Mafchita im Süden; mit Recht wird
gegen die Anficht FYrguffon's, dafs die letzteren aus
der Perferzeit des VII. Jahrh. flammen, Proteft eingelegt.
Im Frühling 1877 gingen die Amerikaner über Fik und
Tfeil nach Mezörib; im Anfchlufs an die Befchreibung
diefer Ortfchaft werden in Cap. 26 einige Details über
die Pilgerfahrten nach Mekka gegeben. Weiterhin werden
befonders ,el-Hufn' und ,Kulat er Rubad' befchrie-
ben; einige Zeit hielten fich die Reifenden in der Gegend
des Jabbok (Cap. 29 und 30) auf. — Von Jerufalem aus
wurde dann in demfelben PYühjahr nochmals das Jordanthal
befucht, die vielen künftlichen Hügel, welche da-
felbft gruppenweife an den Ausgängen der Wädi's liegen,
verdienen, wie Merrill richtig bemerkt, befondere Auf-
merkfamkeit. — Hier find auch noch die Bilder hervorzuheben
, welche fich in dem Buche finden; theilweife
find diefelben recht gut; neben manchen neuen finden
fich zwar auch folche, die aus den Werken von de Vogue
und des Duc de Luynes entlehnt find. Den fchwächften
Theil des ganzen Werkes bilden nach unferer Anficht die
Identificationen der heutigen Ortslagen mit alten; die
meinen derfelben kommen uns bedenklich vor. Ob
Dfcherafch wirklich = Ramoth Gilead, ,Yajuz' = Gadda,
Kulat er Rubad — Ramath Mizpeh, Sukkoth = Ter al-
lah, Penuel = Teil edh-dhahab, Mahanaim — ,Khurbet
Sulcikhat' ift, wird kaum je ausgemacht werden können;
es find dies nicht mehr als Conjecturen, zum Theil etwas
wilder Art. — Trotz diefer Ausheilungen bleibt das Buch
werthvoll; ein Index erhöht die Brauchbarkeit desfelben.
Wir hoffen, dafs der Verfaffer feine neue Stellung als
Conful der Vereinigten Staaten in Jerufalem benutzen
werde, um die Paläftinakunde auch weiterhin namhaft
zu fördern.

Tübingen. A. So ein.

Schultze, Doc. Vict, Die Katakomben. Die altchrift-
lichen Grabftätten. Ihre Gefchichtc und ihre Monumente
. Mit 1 Titelbild u. 52 Abbildgn. im Texte.
Leipzig 1882, Veit & Co. (X, 342 S. gr. 8.) M. 10. —
Der Verfaffer, der unter den proteftantifchen Theologen
vielleicht die umfaffendften Kenntnifse auf dem
Gebiete der Katakombenforfchung befitzt, hat in diefem
Werke ein Compendium derfelben vorlegen wollen.
Diefe Abficht ift in der That in dankenswerther Weife
hier erreicht. Wer die grofsen Originalwerke von
de Roffi u. A. zu ftudiren nicht in der Lage ift, wird
fich jetzt vortrefflich an diefem Compendium orientiren
können, und er wird, abgefehen von manchen neuen