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Ausgabe:

1882

Spalte:

304-306

Autor/Hrsg.:

Roenneke, Karl

Titel/Untertitel:

Friede den Fernen und den Nahen. Evangelische Zeugnisse aus Rom 1882

Rezensent:

Fay, Friedrich Rudolf

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303 iheologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 13. 304

an, deren Inhalt, ihrem Zweck entfprechend, vielfach j Jacobi, Prof. Dr. J. L., Professor Schlottmann, die Hallesche
mehr von erbaulichem als von wiffenfchaftlichem Werth Facultät und die Centrumspartei. 2. verfchärfte Aufl.
ift Ihnen fchhefst fich ein Auf fetz über ,die vier Evan- j HaH 8g g j ( g g _
gehen' (S. 512 ff.) an, der die Aufregung wiederlpiegelt, & ' •>

in welche die englifche Theologie durch das Erfcheinen 1 In der Sitzung des preufsifchen Abgeordnetenhaufes
des die Tübinger Evangelienkritik auf englifchen Boden vom 11. März d. J. hat Freiherr von Fürth, Landge-
ubertragenden Buchs Supernatural Religion verfetzt ift, I richtsrath z. D. in Bonn, es für angemeffen erachtet, in
und demfelben gegenüber die Echtheit der kanonifchen j dreiviertelftündiger Rede ein von Profeffor Dr. Schlott-
Evangelien mit bekannten und nicht fehr in die Tiefe J mann in Halle in lateinifcher Sprache verfafstes,
gehenden Gründen vertheidigt. Das Gebiet der Dog- 1 Erasmus redivivus betiteltes Ofterprogramm vom Jahre
mengefchichte betritt der Verf. nur mit zwei Effays, 1881 fcharf zu kritifiren. Die liebenswürdige Abficht,
einer Vergleichung der Lehre Auguftins und der der : welche den Herrn Abgeordneten für den dritten Wahl-
Foderaltheologie über die Erbfünde (S. 355 ff.) und kreis des Regierungsbezirks Köln, Bonn-Rheinbach, er-
einer Unterfuchung über die Gefchichte der Lehre von füllte, war offenbar die, den wackern Hallenfer Profeffor

den Höllenftrafen (S. 410 ff.). Die meiften Auffätze
halten fich auf den ihm eigenen Gebiet der Kirchenge-
fchichte, und diefe find faft fämmtlich beherrfcht von
einem entfchieden proteftantifchen Intereffe. In dem Effay
über ,die Beziehung der Kirche Englands zu den übrigen
proteftantifchen Körperfchaften' (S. 176 ff.) kommt es
ihm hauptfächlich auf die Beziehungen der Führer des
Proteftantismus zu einander im Reformationszeitalter an.

öffentlich zu denunciren. Vom Miniftertifche aus wurde
auf diefen Angriff allerdings bemerkt, dafs die Uni-
verfität Halle-Wittenberg ihrer Stiftung nach eine rein
evangelifche fei, ein derartiges Programm alfo nicht
wohl Gegenftand einer Anklage fein könne; zugleich
aber liefs der Chef der Unterrichtsverwaltung durchblicken
, dafs es ihm eigentlich lieber gewefen wäre,
wenn Schlottmann den Erasmus hätte bei den Todten

Der über ,die Bartholomäusnacht' (S. I ff.) behandelt die ruhen haften. Jetzt ift dem fchwerangegriffenen, um die
bei diefem Ereignifs in Betracht kommenden hiftorifchen theologifche Wiffenfchaft feit mehr als dreifsig Jahren
Fragen mit Anfchlufs an Ranke's Beurtheilung. Eine j rühmlichft verdienten Manne ein Vertheidiger erftanden,
Reihe von Auffätzen befchäftigt fich mit der römifch- wie er einen befferen nicht leicht hätte finden können,
katholifchen Kirche: ,Der Einflufs des altrömifchen Es ift der als Kirchenhiftoriker fehr gefchätzte, würdige

Geiftes und der antiken Religiofttät auf die lateinifche
Chriftenheit' (S. 34 ff.), ,die weltliche Herrfchaft der
Päpfte' (S. 68 ff.), ,das Concil von Conftanz und das vati-
kanifche Concil' (S. 191 ff.), ,die Functionen des Papftes
und die PapftwahT (S. 141 ff.) find die Themata, fämmtlich
eingegeben durch den Gegenfatz gegen Rom, und
die auf der Verfammlung des evangelifchen Bundes in
New-York im Jahre 1873 gehaltene Rede über die .Beziehungen
des Proteftantismus und Romanismus zur
modernen Civilifation' (S. 161 ff.) wurzelt in demfelben
Gegenfatz.

Ausftellungen im Einzelnen würden bei der Mannig-

Senior der theologifchen Facultät Halle - Wittenberg,
Dr. J. L. Jacobi, der eine knapp und klar verfafste
Vertheidigungsfchrift, die bereits eine zweite ,verfchärfte'
Auflage erlebte, hat erfcheinen laffen. Jacobi pflegt
im ganzen feiten das Gebiet der Publiciftik zu betreten,
aber, wenn er es thut, fo fteigt er wohlgerüftet in die
Arena herab. So gefchah es feiner Zeit, als der Nuntius
in .Sicht' war. In einer kleinen, höchft gediegenen
Brofchüre wies er damals an der Hand der Gefchichte
auf die grofsen Gefahren hin, die für den deutfchen
Proteftantismus durch einen folchen päpftlichen Ab-
gefandten entliehen würden — und nicht ohne Erfolg;

faltigkeit der hier behandelten Gegenftände felbftver- denn es ift feitdem ziemlich Hille davon geworden,
(ländlich viel zu weit führen. Rühmend hervorheben Jetzt proteftirt er feierlich gegen diefen allerneueften
möchte ich aber an diefen Auffätzen die lichtvolle Klar- Angriff auf die Freiheit wiffenfchaftlicher Forfchung,
heit der Entwickelung, die knappe, energifche Dar- hinter welchem, wie der Minifter felbft .aufgedeckt'habe,
ftellungsweife, die lebhafte Anfchaulichkeit der Schil- die Abficht flehe, ,die Gefammtleitung des Unterrichts
derung und vor Allem die unmittelbare Berührung mit I foweit als möglich in römifche Hände zu bringen' (S. 18).
dem kirchlichen Leben. Freilich zeigen fte auch alle 1 Wir empfehlen die vortreffliche Apologie, die es
die bekannten Schwächen der englifchen Effay-Literatur. verdient, von Jedermann gelefen zu werden, der allge-
Aber F. ift mit der deutfchen Wiffenfchaft tüchtig ver- ! meinen Beachtung.

traut und verfolgt ihre Arbeiten mit regem Intereffe. Crefeld. F. R. Fay.

Vielfach freilich mehr wie ein Zufchauender als ein Theil- ._.__.-.----—

nehmender und Mitarbeitender. Nicht immer fleht er Roenneke, Botfchaftspred. Karl, Friede den Fernen und
auf der Höhe der wiffenfchaftlichen Forfchung. Wenn den Nahen Kvangelifche Zeugnifse aus Rom. Halle
er z. B. in dem Effay über den Einflufs des antiken . ° „

römifchen Geiftes auf die lateinifche Chriftenheit die Ent- : l88l> Stnen- (V1L 4°3 b- §r- 8 » M- 5- -
Wickelung der alten Kirche fo anfleht, als wenn fte bis Zur Zeit der päpftlichen Herrfchaft war, wenn wir

in das vierte Jahrhundert eine wefentlich reine genuin- nicht irren, die Kapelle des preufsifchen Gefandtfchafts-
ciiriftliche gewefen fei, und dann den Gründen nach- hotels in Rom, des Palaftes Caffarelli, die einzige Stätte
zugehen fucht, welche eine Wendung zu Gunften alt- j in der Hauptftadt der Chriftenheit, wo das lautereEvan-
heidnifcher Einflüffe veranlafsten, fo ift diefe Art der ; gelium von Jefu Chrifto verkündigt wurde. Hervor-
Gefchichtsbehandlung längft veraltet: das ganze Problem ragende Männer, wie Rothe und Tholuck, warteten
ftellt fich gegenwärtig für uns anders; wir haben fragen dort in jungen Jahren diefes fchönen Dienftes; andere
gelernt, wie weit überhaupt das Griechenthum und treffliche Prediger find ihnen fpäter nachgefolgt. Zu
Römerthum von den Vorausfetzungen antiker Denkweife ihnen darf mit Vollftem Rechte auch der jetzige K. Botaus
fähig war, fich die chriftlichen Grundanfchauungen ; fchaftsprediger, Karl Roenneke, gezählt werden, der
anzueignen und die apoftolifche Frömmigkeit in das früher in Florenz, jetzt bei der deutfchen Botfchaft am
eigene religiöfe Bewufstfein aufzunehmen und zu ver- Hofe des Königs Humbert von Italien fungirt. Schon
arbeiten. Der römifche Katholicismus beginnt im nach- 1 während feiner Wirkfamkeit in der Arnoftadt liefs der
apoftolifchen Zeitalter, nicht erft im vierten Jahrhundert. '. Verf. 1877 FYftpredigten aus der Diafpora in Italien er-
R , I T pmmp ' Icheinen, die fich in der deutfchen Heimath einer fehr

günftigen Aufnahme zu erfreuen hatten. Ihnen folgen
nun diefe .evangelifchen Zeugnifse aus Rom', deren
Inhalt dem finnig gewählten Haupttitel: .Friede den
Fernen und den Nahen' vollftändig entfpricht. Mit