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Ausgabe:

1882 Nr. 12

Spalte:

270-273

Autor/Hrsg.:

Duchesne, L.

Titel/Untertitel:

Vita Sancti Polycarpi Smyrnaeorum episcopi auctore Pionio. Primum graece edita 1882

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1882. Nr. 12.

270

halten werden können. Fraglich mag fein, ob nicht
wünfchenswerth gewefen wäre, dafs auch bemerklich gemacht
wäre, für welche Lesarten fich einzelne bedeutende
Exegeten entfcheiden, die zwar keine Ausgaben
des N. T. gr. veranftaltet. aber doch in ihren Com-

lich des griechifchen und des deutfchen Textes für den
täglichen Gebrauch von einer Handausgabe erwartet werden
kann. Dafs in ihr von jeglichem Hinweis auf den
f. g. textus reeeptus völlig abgefehen ift, halten wir für
einen grofsen Gewinn; es wird Zeit, dafs wir von jeder

mentaren einen vollftändigen Text (ausgedruckt oder I Spur einer Verehrung für diefen uns gründlich los

durch Bemerkungen zu einem andern) aufgeftellt haben;
wir möchten Bernhard Weifs für die Evangelien und
J. B. Lightfoot für einzelne Paulinen nennen; — aber fo
fehr die textkritifchen Arbeiten diefer und anderer auch
zu beachten find, es wäre fchwer gewefen, hier eine Auswahl
zu treffen, und die Arbeit des Herausgebers wäre

machen. Wieweit aber die von Gebhardt'fche Arbeit
vor allen bisher erfchienenen Diglotten den Vorzug verdient
, bedarf nach dem, was über ihren Inhalt mitge-
theilt ift, wohl keines Nachweifes mehr. Auch ganz abgefehen
von der Befchaffenheit und dem Umfange der
Aufgabe, die fich die bisherigen Herausgeber von Di

dadurch recht erfchwert worden; auf diefe drei Aus- glotten Hellten, wäre doch nur derjenige der im J. 1880
gaben des N. T.'s befchränkt, war fie jedenfalls eine be- erfchienenen eine ähnliche Arbeit zu liefern im Stande

ftimmt begrenzte, denn dafs neben diefe drei heute keine
vierte als gleichwerthig zu fetzen fei, darüber kann es
nicht zweierlei Meinungen geben. Unter den Lesarten

gewefen; aber diefer ift gerade von einer folchen Er-
faffung der Aufgabe befonders weit entfernt. Dafs auch
rückfichtlich der forgfamen Ausführung im einzelnen die

giebt die griechifche Seite dann noch eine reiche Aus- jetzt vorliegende Diglotte fich auszeichnet, glauben wir

wähl von Parallelftellen. nach dem Urtheile folcher, die fie fchon viel gebrauchr

Auf der deutfchen Seite findet fich die luthe- j haben, fagen zu dürfen; auch uns ift bisher kein Verfehen

rifche Ueberfetzung in dem Texte der ,revidirten Aus- 1 oder Druckfehler vorgekommen

gäbe', die zu Halle in der Canftein'fchcn Bibelanftalt er-
fchienen ift. Auf die Entftehung diefer Revifion und die
bei ihr befolgten Grundfätze kann hier nicht näher eingegangen
werden; vgl. die zur Orientirung über fie nöth-
igen Nachweife in den Vorbemerkungen S. X, Anm.
2; jedenfalls wird diefe Recenfion des lutherfchen Tex

Hamburg. Carl Bertheau.

1. Opera patrum apostolicorum. Textum recensuit, adno-
tationibus criticis, exegeticis, historicis illustravit, ver-
sionem latinam, prolegomena, indices addidit Prof.
teV demnächft durch die Bibelgefellfchaften die gröfste I Franc. Xav. Funk. Vol. II. Tübingen 1881, Laupp.

Verbreitung finden, und deshalb war es geboten, ihr
auch in diefer Diglotte den Vorzug vor allen übrigen
zu geben. Wir werden nicht irren, wenn wir annehmen,

dafs diefer Text der ,revidirten Ausgabe' in manchen orum episcopi auetore Pionio. Pnmum graece edita.

(LVIII, 371 S. gr. 8.) M. 8. —
Duchesne, Prof. L., Vita Sancti Polycarpi Smyrnae-

Paris 1881, Klinckfieck. (40 S. gr. 8.) Fr. 2.
Der zweite Band der Funk'fchen Ausgabe der Patres
Apostolici (f. über den erften Band Theol. Lit.-Ztg. 1878
Nr. 26) umfafst fechs Abtheilungen. Die umfangreichfte
und werthvollfte enthält die längere griechifche und la-

Kreifen erft durch den hier vorliegenden Abdruck bekannt
wird, da die einzige bisherige Ausgabe der Can-
ftein'fchen Bibelanftalt in Sedez fich wenig für den Stu-
dirtifch eignet. — (Der Abdruck diefer Ausgabe, den
die britifche u. ausländ. Bibelgefellfchaft veranftaltet hat,

ift zwar fchöner gedruckt, aber in gleichem Format, und teinifche Recenfion der Briefe "des Ignatius fowie die
weicht an einigen Stellen ab.) — Unter diefem Texte j Martyrien (p. IX—XLIX. 46—275). Für die Herftellung
giebt von Gebhardt die abweichenden Lesarten der letz- ; der Texte hat der Herausgeber fich keine Mühe ver-
ten Ausgabe, die unter Luther's Augen zu Wittenberg driefsen laffen und felbft die wichtigen und unwichtigen
im J. 1545 gedruckt ward, und die des gewöhnlichen Handfchriften (römifche, florentinifche, englifche, parifer
Canftein'fchen Textes an, foweit diefe Abweichungen j aufs neue verglichen oder doch eingefehen. So ift es ihm
nicht nur orthographifcher Art find, wobei durch Zeichen denn auch gelungen, den fchwerfälligen und unzureichen-
bemerkt wird, ob der revidirte Text etwa mit einer an- j den Apparat, mit welchem noch Zahn gearbeitet hat (f.
dem Ausgabe Luther's übereinftimmt, u. dgl. m. Aufser- Theol. Lit.-Ztg. 1876 Nr. 22) ganz wefentlich zu verein-
dem aber enthält die deutfehe Seite noch eine diefer ; fachen und manche Irrthümer, die eine Folge unvoll-
Ausgabe des N. T.'s ganz eigenthümliche Zugabe; fie fländiger Kenntnifse waren, zu befeitigen (f. übrigens
giebt nämlich am untern Rande noch die Abweichungen fchon die Vorarbeiten des Verf.'s zu der Ignatiusausgabe
der zweiten Ausgabe des N. T. gr. des Erasmus vom
Tifchendorf'fchen Texte an. Da Luther, wie nicht bezweifelt
werden kann, nach diefer Ausgabe überfetzt hat,

in der Tüb. Theol. Quartalfchrift 1879. 1880. 1881). Der
griechifche Text der Briefe wird vom Herausgeber unter
Zurückftellung aller Editionen aus 4(5) Codd. gewonnen,
fo läfst fich die lutherifche Ueberfetzung in vielen Fäl- Von diefen ift der Monacoisis 394 der wichtigfte. Da-
len nur aus den Lesarten diefer Ausgabe des Erasmus beur- neben kommen Vaticanns 859, Florentinus plut. LVII, n.
theilen. Aber diefe Lesarten gehörten nicht auf die griechi- j 7, {Regiiis 30) und der von Bryennius entdeckte CPa-

nus, welcher die Clemensbriefe und den Barnabasbrief
enthält, und von welchem der Herausgeber eine Colla-
tion erlangen konnte, in Betracht. Alle übrigen Hand-

fche Seite, weil fie als folche für den griechifchen Text
jetzt nicht mehr Bedeutung haben, fondern auf die deutfehe
als eine Art Erklärung der lutherfchen Ueberfetzung,

— und in diefer Hinficht verleihen fie der von Gebhardt'- fchriften find werthlos, weil aus den genannten genoffen

fchen Diglotte um fo mehr einen befonderen Werth, als
es bisher nicht ganz leicht war, fich im einzelnen Falle
über die Lesart der erasmifchen Ausgabe zu vergewif-
fern. Auch an diefem Punkte wäre eine Erweiterung
des von Gebhardt'fchen Planes denkbar; namheh dahin,
dafs auch aus der Vulgata in denjenigen Fallen die Lesart
angegeben würde, in welcher Luther erfichtheh der
Vulgata und nicht dem griechifchen Texte gefolgt ift;
aber auch das wäre eine keineswegs immer licher zu
löfende Aufgabe gewefen ; die Befchränkung auf die Angabe
aller erasmifchen Lesarten im Unterfchied vom
Tifchendorf'fchen Texte werden wir doch billigen muffen.

Es will uns fcheinen, als wenn die von Gebhardt'fche
Diglotte wirklich alles enthält, was jetzt hinficht-

(f. p. XXXVIII). Der CPanus {cum. 1056) ift, obgleich wenig
jünger als der Monacensis, doch diefem an Werth
nicht gleich. ,Quod jam in epp. Cletnentis et Barnabae
perspeximus, id lue quoque animadvertimus: librarius aut
hujus libri aut cxcmplaris, e quo descriptus est, textum non
Semper fideliter tradidit, sed plura ex ingenio suo mutavif.
Am dankenswertheften ift es, dafs Funk den Nydprue-
eiamts (d. h. die editio Tigurina anni 1559), auf welchen
Zahn fo grofses Gewicht gelegt hatte, in das Nichts
zurückverwiefen hat. Auch die Ueberlieferung des Vetus
Latinus ift vom Herausgeber in's Klare gebracht. Faber
Stapulenfis hat für die editio prineeps den Parisinus
1639 saec. XIF. benutzt, daneben allerdings auch —
wie Ref. wenigftens gewifs ift — den Baliolensis saee. XU.