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Ausgabe:

1881

Spalte:

74

Autor/Hrsg.:

Heilprin, Mich.

Titel/Untertitel:

The historical poetry of the ancient Hebrews, translated and critically examined. Vol 2 1881

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack und D. E. Schürer, Proff. zu Giefsen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

]jo. 4_ 12. Februar 1881. 6. Jahrgang.

Scholz, Die alexandr. Ueberfetzung des Jefaias "
(Guthe).

Meilprin, The historical poetry of thc ancient

Hebrews (Baudiffm).
Wünfche, Bibliotheca Rabbinica (II. L. Strack).
Becker, Die heidnifche Weiheformel D ■ M

(Schultze).

Sayous, Jesus-Christ d'apris Mahomet (Baudiffm
).

Warfchauer, Ueber die Quellen zum Florentiner
Concil (^Lemme).

Lander er, Neuelte Dogmengefchichte (Ritfehl).

AUrbach, die ev. Kirche im neuen Deutfchen
Reich (Koehler).

Gefangbuch f. Kirche, Schule und Haus, Entwurf
für Hannover (Schwabe).

Theologifche Studien aus Württemberg (Schürcr).

Herb II, Encyklopädie der neueren Gefchichte
(Bertheau).

Ilenne-Am-Rhyn, Kulturgefchichte des Judenthums
(H. L. Strack).
Kurzgefafste Mittheilungen.

Scholz, Prof. Dr. Ant, Die alexandrinische Uebersetzung
des Buches Jesaias. (Eine Rectoratsrede.) Würzburg
1880, Woerl. (47 S. gr. 8.) M. 1. —

Diefe kleine Schrift, welche, abgefehen von den Anfangs
- und Schlufsfätzen, durchaus nicht den Charakter
einer Rede, fondern den einer ,Unterfuchung' (p. 8) hat,
empfehle ich jedem, welcher die Art und Weife, wie der
Herr Verf. die LXX für die Kritik des MT zu verwenden
fucht, kennen lernen will. Er findet hier in Kürze
diejenigen Anfchauungen beifammen, welche, mehr mit
gelehrtem Material und anderem Stoff verwoben, in den
beiden Arbeiten des Verf.'s zu Jeremias hervortreten. Auf
p. 2—8 legt Sch. feine Anficht über Entftehung der LXX
überhaupt dar: fie fei amtlichen Urfprungs, im Namen
der Synagoge Aegyptens (?) in Alexandrien hergeftellt.
Trotzdem er alfo die Nachricht des Arifteasbriefes über
die Initiative des Ptolemäus II. zu diefer Sache ziemlich
bei Seite fchiebt, hat diefes Document doch an ihm
feinen Zweck, den LXX-Pentateuch als officielles Buch
der ägyptifch-jüdifchen Gemeinden hinzuftellen, erreicht.
Speciell die Zeit der Ueberfetzung des Jefaias verfucht
der Verf. auf Grund von LXX 9, 12 zu beftimmen. Da
der gr. Text hier ftatt l'Wtj» tTPl^bs (MT 9, ir) voi>s
"E'Alt]vctg tt(f> fjUot) dvo/iUüv bietet, fo fei die Ueberfetzung
unter dem unmittelbaren Eindruck' des Angriffs des
Nikanor von Emmaus (Nikopolis) in Philiftäa aus (165
v. Chr.) entftanden. Dafs Nikanor diefes Mal, nachdem
Seron vorher von üften (oppu D"ns Jef. 9, 11) angegriffen,
gerade ein ,ftarkes griechisches Heer' gehabt habe,
ift in Mccb. I, 3, 38 ff. nicht angegeben. Es erfcheint
daher diefe fcharffinnige Combination doch nicht zuver-
läffig. Weiter beantwortet der Verf. die beiden Fragen:

1) Nach welchen Grundfätzen hat der Verf. überfetzt?

2) Was für ein Text lag ihm vor und in welchem Zu-
ftande war diefer? Der Ueberfetzer erhält das ihm im
Commentar zu Jeremias p. XXXII noch verfagte, jedoch
in der Vorrede zu demfelben (am Schlufs) mäfsig, jetzt
aber voll gefpendete Lob, dafs er ,feiten, fehr feiten
nennenswerth irre gegangen, wo der Text in Ordnung
war' (p. 18). Wo die Texte gleich find, folgt der Ueberfetzer
,im Wefcntlichen feinem Originale von Wort zu
Wort'; wo die Texte einander nicht gleich find, ,liegt
eine folche Verfchiedenheit, ganz unter Beibehaltung des
hebraifchen Colorits, vor, dafs fich faft nicht mehr feft-
ftellen läfst, was das Urfprüngliche gewefen fein möchte'
(p. 14). Viele Unterfchiede find herzuleiten von Varianten
, Abbreviaturen etc. des durch Dictiren hergeftellten
amtlichen hebr. Textes; dem Ueberfetzer find folche
Abweichungen nicht zur Laft zu legen, da er, zumal bei
einer fo fchwierigen Arbeit, fich jedes Wort und jeden
Buchftaben genau und öfter anfehen mufs (p. 20)! Das

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ift doch ein ftarkes Vorurtheil zu Gunften der LXX.
Es erinnert fehr an die katholifchen Theologen des
17. Jahrhunderts. Aber die Zeit ift vorbei, wo das Ur-
theil über den Werth der Verfionen des A. T. von der
Confeffionszugchörigkeit abhing, bleute handelt es fich
zuerft um eine Kritik der LXX, eine Aufgabe, die Sch.
allerdings nicht kennt; daher werden feine Arbeiten über
die LXX nur infofern Werth haben, als fie Material darbieten
(f. die nach Kategorien geordneten Beifpiele auf
p. 29—47). — Das onnn "ry des MT 19, 18 foll aus dem
pixn -py der LXX nach dem Kanon des Atbafch entftanden
fein. Ich fehe nicht ein, wie der Verf. diefe
Entdeckung gemacht hat, da p-iit nach dem Atbafch
npü ergiebt, wenn man die Buchftaben nach dem Mufter
von Mapab = Q-nba Jcr. 51, 1 zählt. Das hebr. Original
der LXX-Ueberfetzung (vgl. Scholz, der MT und die
LXX-Ueberf. des Jeremias [1875] am Ende) wiederzufinden
, hat jetzt der Verf. aufgegeben.

Leipzig. H. Guthe.

Heilprin, Mich., The historical poetry of the ancient Hebrews,

translated and critically examined. Vol. II. New York
1880, Appleton & Co. (213 pp. gr. 8.)

Ueber Bd. I diefes feltfam angelegten Buches habe
ich berichtet in diefer Zeitfchrift 1879 Nr. 25. Dem Verf.
hat es auch in diefem zweiten Bande nicht gefallen, über
Anlage und Plan feiner Arbeit, welche hiermit noch nicht
abgefchloffen vorliegt, fich auszufprechen. Meine hierauf
bezüglichen Vermuthungen fcheinen fich zu beftätigen,
und ich darf mich mit kürzefter Inhaltsangabe begnügen.
Nur das ergiebt fich als etwas Neues aus diefem Bande,
dafs auch die prophetifchen Bücher (fofern fie — was
ja allerdings für eine grofsen Theil dcrfelben gilt — als
Poefie angefehen werden können) ihren gefchichtlichen
Angaben nach in den Bereich der Darftellung gezogen
worden find. — Es werden zunächft einige von David
handelnde fpätere Pfalmen, dann die Salomo's Herrlichkeit
fchildernden Stellen des Hohenliedes befprochen;
darauf geht der Verf. über auf die in prophetifchen
Büchern gegebenen Schilderungen einzelner Könige und
ihrer Zeitverhältnifse. Nach diefer Richtung hin werden
Stücke aus Micha, Jefaja, Arnos, Hofea befprochen — wie
aus der Folge der Propheten zu fehen, ohne Rückficht
auf die Abfaffungszeit der Quelle, fondern (wie fchon
in Bd. I das Verfahren war) nach der Chronologie der
berichteten Ereignifse. Aber auch aufseraltteftamentliche
Quellen, Mefcha's Infchrift und die affyrifchen Denkmäler
find in fchwer zu begründender Auswahl herbeigezogen
worden. Einen grofsen Raum nimmt die Ueberfetzung
der befprochenen Abfchnitte ein. Den Band
fchlicfsen wieder Noten.
Strafsburg i. E. Wolf Baudiffin.

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